BAS – Opfer für die Freiheit. Eine Ausstellung in Bozen

Spuren im Schnee, Foto: Stefan Groß

Die rechtliche Verankerung der Selbstverwaltung des 1919 Italien zugeschlagenen und auch nach dem Zweiten Weltkrieg im Stiefelstaat verbliebenen südlichen Landesteils Tirols in Form einer mit Sonderautonomie ausgestatteten Provinz wird bisweilen als „Modell“ für die Entschärfung oder gar Lösung anderer Konflikte mit nationalen Minderheiten genannt. So „friedlich“, wie die „Lösung des Südtirol-Konflikts“ letztlich durch Installation eines Autonomiestatuts für das Gebiet zwischen Brenner und Salurner Klause meist im sonntagsrednerischen Rückblick gepriesen wird, verlief sie ganz und gar nicht.

„Pariser Abkommen“ – von Italien nicht erfüllt

Das am 5. September 1946 in Paris zwischen dem italienischen Ministerpräsidenten Alcide de Gasperi und dem österreichischen Außenminister Karl Gruber getroffene Übereinkommen hatte zwar eine autonome Gesetzgebung und Verwaltung vorgesehen. Doch im Ersten Autonomiestatut von 1948, mit dem Rom vorgab, das „Pariser Abkommen“ erfüllt zu haben, wurde die Selbstverwaltungsbefugnis auf die Region Trentino-Alto Adige übertragen, worin die Provinzen Bozen-Südtirol und Trentino zwangsvereint und die Südtiroler aufgrund des weit überwiegenden Bevölkerungsanteils ethnischer Italiener majorisiert wurden. Überdies führte das „demokratische” Italien die faschistische Zuwanderungs- und Entnationalisierungspolitik ungehemmt weiter.

Kanonikus Gamper: „Auf dem Todesmarsch“

Weshalb Kanonikus Michael Gamper, sozusagen der geistige Führer der deutschen Volksgruppe, am 28. Oktober 1953 in der Zeitung „Dolomiten” schrieb:

„Die gewollte Unterwanderung unseres Volkes geht weiter. Viele Zehntausende sind nach 1945 und nach Abschluß des Pariser Vertrages aus den südlichen Provinzen in unser Land eingewandert, während zur gleichen Zeit die Rückkehr von einigen Zehntausenden unserer umgesiedelten Landsleute unterbunden wurde … Es ist ein Todesmarsch, auf dem wir Südtiroler uns befinden, wenn nicht noch in letzter Stunde Rettung kommt.”

Der massive, staatlicherseits geförderte Zuzug von Italienern nach Südtirol, das Errichten von „Volkswohnbauten“ und das Schaffen von Arbeitsplätzen nahezu ausnahmslos für sie, diskriminierte nicht nur die angestammte Bevölkerung und die rückkehrenden Optanten, sondern führte zur unübersehbaren Abwanderung junger Südtiroler. Weshalb Gamper zurecht vom „Todesmarsch“ sprach – und es zu erstem, auch gewaltbereitem Aufbegehren dagegen kommen musste.

Von ersten Anschlägen zum „Los von Trient“

So verübte die „Gruppe Stieler“ zwischen September 1956 und (ihrer Verhaftung und Misshandlung im) Januar 1957 Sprengstoffanschläge auf besagte „Volkswohnbauten“, um Zeichen zu setzen. 1957 kam es auch zu einer – in ihrer historischen Bedeutung nachhallenden – politischen Großkundgebung gegen die römische Politik. Der italienische Arbeitsminister Guiseppe Togni hatte am 1. Oktober 1957 den Bau eines neuen Bozner Stadtviertels mit 5000 Wohneinheiten für italienische Zuwanderer angekündigt. Woraufhin Silvius Magnago, Obmann der Südtiroler Volkspartei (SVP) und nachmals auch langjähriger Landeshauptmann, in seiner Ansprache vor den am 17. November auf Sigmundskron zusammengeströmten ca. 35 000 Teilnehmern die „Erfüllung des Pariser Vertrages“ und unter der Devise „Los von Trient!” eine „echte Autonomie für Südtirol“ verlangte.

Aufwühlende Jahre der Repression

Bis es dazu mit der 1969 auf der SVP-Landesversammlung nur äußerst knapp gebilligten Grundlage zum dann erst 1972 in Kraft getretenen Zweiten Autonomiestatut kam, durchlebten die Südtiroler aufwühlende Jahre, die sie und ihr Dasein nicht nur daran erinnerten, sondern geradezu in die schlimmsten Zeiten längst überwunden geglaubter faschistischer Herrschaftsmethoden zurückführten. Die einheimische, will sagen: ethnisch nicht-italienische Bevölkerung war fortwährend staatlicher Repression, Verhöhnung, Anpöbelung und Diffamierung ausgesetzt. Italienische Schlägertrupps, vornehmlich aus Parteigängern und Sympathisanten des neofaschistischen Movimento Sociale Italiano (MSI), störten Versammlungen der ethnisch deutschen respektive ladinischen Südtiroler. Rigoros wandte die italienische Justiz die politischen Unterdrückungs-Paragraphen des nach wie vor in Geltung befindlichen faschistischen Strafgesetzbuches „Codice Rocco“ an. Das Bemalen von Fensterläden in den Tiroler Landesfarben wurde ebenso strafrechtlich geahndet wie das Hissen der Landesfahne.

Zahlreiche Südtiroler wurden wegen angeblicher Schmähung des Staates bzw. der „italienischen Nation” verurteilt. Die staatlichen „Ordnungshüter” der diversen Polizei-Organe waren darauf aus, jedwede Regung gelebter Tirolität (Sitten, Gebräuche, Riten etc.) im Keim zu ersticken. Eines von vielen Beispielen: Als Messebesucher am 21. Februar 1960 nach dem Gottesdienst an dem auf dem Platz vor der Bozner Pfarrkirche befindlichen Denkmal für Peter Mayr, den Freiheitskämpfer von 1809, einen Kranz niederlegten und das Andreas-Hofer-Lied anstimmten, schlugen Polizisten der Einsatzgruppe „Celere” mit Knüppeln auf sie ein („Knüppelsonntag“). „Rädelsführer“ wurden verhaftet und vom Gericht als „Unruhestifter” zu Haftstrafen verurteilt.

Verhärtung Roms trotz UN-Resolutionen

Eine graduelle Besserung schien in Aussicht zu kommen, nachdem sich Österreich als Vertragspartner von 1946 und somit als „Schutzmacht“ Südtirols auf Initiative des damaligen Außenministers Bruno Kreisky an die Vereinten Nationen (UN) gewandt und die Weltorganisation am 31. Oktober 1960 mit der Resolution 1497 Italien und Österreich zu Verhandlungen über die Erfüllung des Pariser Abkommens aufgefordert hatte. Doch Rom betrieb, um jegliche Zugeständnisse mit der Parole von der „inneren Angelegenheit Italiens“ vermeiden zu können, eine Destruktionspolitik und ließ alle Verhandlungen ergebnislos enden. Daran änderte sich auch nach der zweiten hinsichtlich des Südtirol-Konflikts ergangenen UN-Resolution 1667 vom 28. November 1961 zunächst nichts Wesentliches.

Sepp Kerschbaumer und seine Getreuen

Weil sich Italien nicht nur nicht bewegte, sondern alle politischen Verhandlungen ins Leere laufen ließ, trat in dem von Hoffnungslosigkeit bis Verzweiflung schwankenden südlichen Tirol eine bereits seit 1957 insgeheim wirkende Gemeinschaft von für die Freiheit des Landes und dessen angestammte Bewohner kämpfenden Aktivisten stärker denn je zuvor seit ihrer Gründung ins Rampenlicht. Sie wollte mittels spektakulärer Maßnahmen die internationale Öffentlichkeit auf den Konflikt und auf die kujonierende Entrechtung der deutschen und der ladinischen Volksgruppe Südtirols aufmerksam zu machen. Die um den Frangarter Kaufmann (und anfänglichen SVP-Ortsobmann) Sepp Kerschbaumer im „Befreiungsausschuß Südtirol“ (BAS) versammelten Gleichgesinnten aus beiden Teilen Tirols – einige auch aus anderen österreichischen Bundesländern sowie der Hauptstadt Wien – protestierten zunächst mittels Flugblättern, Rundbriefen und an öffentlichen Gebäuden sowie auf Straßen angebrachten Aufschriften. Kerschbaumer hatte auf Sigmundskron BAS-Flugblätter unter den Kundgebungsteilnehmern verteilen lassen, auf denen es hieß:

„Landsleute! Noch nie in den fast 40 Jahren italienischer Herrschaft hat sich unser Volk in einer so gefährlichen Lage befunden wie heute. Was dem Faschismus in nahezu 20 Jahren mit gewaltsamen Unterdrückungsmethoden nicht gelungen ist, hat das demokratische Italien in nahezu 10 Jahren beinahe erreicht. Trotz des Pariser Vertrages! Noch 10 Jahre ‚christlich-demokratische‘ Herrschaft in Südtirol und sie haben es erreicht, was sie sich von Anfang an zum Ziele gesetzt haben: Die Südtiroler im eigenen Lande in die Minderheit zu drängen … Landsleute! Es ist fünf vor zwölf … Südtirol erwache! Rüstet euch zum Kampf! Zum Kampf um unsere Existenz. Es geht um Sein oder Nichtsein unseres Volkes! Es geht um den Bestand unserer Kinder, unserer Kindeskinder! Frei wollen wir wieder werden in unserem Lande, frei wie unsere Vorväter es gewesen über 1000 Jahre im deutschen Südtirol!”

Der BAS schlägt punktuell zu

Doch mit derartigen Mahnungen und Aufrufen war es umso weniger getan, als sich die Unnachgiebigkeit Roms zusehends verhärtete. So gingen die BAS-Aktivisten – einfache Bauern, Arbeiter, Handwerker, Kleingewerbetreibende – zu gezielten Anschlägen gegen Symbole der unterdrückenden Staatsmacht über. In der Nacht vom 29. auf den 30. Januar 1961 sprengten BAS-Leute aus Nord- und Südtirol beispielsweise den sogenannten „Aluminium-Duce”, ein überdimensioniertes Mussolini-Denkmal vor dem Kraftwerk in Waidbruck, welches zu dessen Lebzeiten die verherrlichende Widmung „Al Genio del Fascismo” („An den Genius des Faschismus”) trug. Und am 1. Februar 1961 sprengte der Neumarkter BAS-Aktivist Josef Fontana ein Loch in die Wand der Villa des faschistischen Senators Ettore Tolomei, der einst die Maßnahmen zur Entnationalisierung der Südtiroler entworfen hatte. Es kam auch zu weiteren Anschlägen auf Neubauten, in denen Wohnungen für italienische Zuwanderer errichtet werden sollten.

Mitwisser dies- und jenseits des Brenners

Österreichische Politiker wie Kreisky (SPÖ) und die Nordtiroler Landesräte Aloys Oberhammer (ÖVP) sowie Rupert Zechtl (SPÖ) und weitere bedeutende Persönlichkeiten waren mehr oder weniger „eingeweiht“, wussten von den Plänen der Freiheitskämpfer des BAS. Dessen Ziel war es, lediglich Sachschäden anzurichten; Menschen sollten auf Weisung des tiefgläubigen Kerschbaumer keinesfalls zu Schaden kommen. In Südtirol zählten der SVP-Obmannstellvertreter und Landtagsabgeordnete Hans Dietl, die SVP-Landtagsabgeordneten Friedl Volgger und Peter Brugger sowie einige andere SVP-Funktionäre – wie etwa das Parteiausschussmitglied Franz Widmann – zu den Vertrauensleuten des BAS. Ihre Namen wurden von den nachmals Verhafteten trotz erlittener Folter nicht preisgegeben.

Auch Parteiobmann und Landeshauptmann Magnago war in groben Zügen unterrichtet, denn Kerschbaumer und sein enger Mitstreiter Georg („Jörg“) Klotz – der Schützenmajor und Schmied aus Walten im Passeier war einer der leidenschaftlichsten Freiheitskämpfer – hatten ihm unmissverständlich klargemacht, dass sie Widerstandshandlungen begehen würden. Magnago bestritt dies Jahrzehnte später auch nicht, erklärte aber, Kerschbaumer und Klotz von illegalen Aktionen abgeraten zu haben. Wie auch immer – in Einzelheiten bevorstehender Aktionen wurde Magnago tatsächlich nicht eingeweiht; man wollte ihn nicht kompromittieren und seine Partei nicht gefährden.

Der „große Schlag“ – die „Feuernacht“

Zum wirklich „großen Schlag“ des BAS sollte es indes erst in der denkwürdigen „Feuernacht“ kommen. Dem waren abermals ergebnislos verlaufene Südtirol-Verhandlungen Kreiskys mit dem damaligen italienischen Außenminister Antonio Segni am 25. Mai 1961 in Klagenfurt vorausgegangen. In der Nacht zum „Herz-Jesu-Sonntag“ vom 11. auf den 12. Juni wurden an markanten Stellen Südtirols, besonders rund um Bozen, mehr als 40 Hochspannungsmasten durch Sprengladungen zerstört oder stark beschädigt. Die Freiheitskämpfer suchten ihre Anschlagsziele so aus, dass nach menschlichem Ermessen Menschenleben nicht gefährdet waren. So hatte es Sepp Kerschbaumer von seinen Kameraden verlangt, und alle waren sich darin einig gewesen: Der Freiheitskampf sollte unblutig sein. Dennoch kam es zu einem tragischen Vorfall: Der Straßenarbeiter Giovanni Postal entdeckte nahe Salurn eine nicht detonierte Sprengladung, wollte sie eigenhändig vom Mast entfernen, wobei sie nunmehr losging und er zu Tode kam. Es sollte hinfort nicht der einzige Tote bleiben.

Mit der „Feuernacht” hatte der BAS ein wesentliches politisches Ziel erreicht: Die Welt blickte auf Südtirol, auf einen Konfliktherd im Herzen Europas. Dorthin beorderte Rom zusätzliche Carabinieri-, Polizei- und Heereskräfte, sodass alsbald ungefähr 40.000 bewaffnete Uniformträger das Land in ein Heerlager verwandelten.

Purgatorium der Freiheitskämpfer

Im Juli war in Laas der Schützenmajor Franz Muther verhaftet und in der Carabinieri-Kaserne von Meran einer „Sonderbehandlung” unterzogen worden, bis er unter der Folter Namen von Mitverschwörern preisgab. Die nächsten Verhaftungen mit anschließender Folter galten Schützenmajor Jörg Pircher aus Lana und Sepp Kerschbaumer selbst. Bis Ende September 1961 wurden mehr als 140 BAS-Leute verhaftet und skrupellos der Folter ausgesetzt; höhnisch erklärten ihnen ihre Peiniger, Innenminister Mario Scelba persönlich habe ihnen „carta bianca” – „freie Hand” – gelassen, damit sie mit den Häftlingen anstellen könnten, was immer ihnen beliebe. Infolge der Folterung starben die Südtiroler Franz Höfler und Anton Gostner; und die Folter-Folgen führten auch bei Sepp Kerschbaumer im Gefängnis von Verona 1964 zum Tode. Weitere Folteropfer trugen, wie der Unterhasler-Bauer Sepp Mitterhofer, lebenslange Gesundheitsschäden davon, andere verstarben vorzeitig.

Rom: „Vorbildlicher Einsatz“ der Folterknechte

44 Südtiroler Häftlinge erstatteten gegen 21 namentlich bekannte Carabinieri Anzeige wegen Folterns. Lediglich deren sieben wurden justiziell berücksichtigt und nur zehn „Foltercarabinieri“ 1963 in Trient vor Gericht gestellt, die anderen amnestiert. Im laufenden Verfahren wurden zwei Carabinieri verurteilt und unmittelbar nach dem Urteilsspruch amnestiert, die übrigen Folterer sofort freigesprochen. Anschließend wurden sie allesamt in Rom von General Giovanni De Lorenzo, dem Oberbefehlshaber der Carabinieri, Geheimdienstchef und späteren neofaschistischen Kammerabgeordneten, öffentlich für ihren „vorbildlichen Einsatz” belobigt, ausgezeichnet und einige sogar befördert.

Die meisten der verhafteten BAS-Aktivisten wurden indes zu hohen Haftstrafen verurteilt, ihre gesamte Habe wurde eingezogen. Einige wenige blieben trotz der Verhaftungswelle nach der „Feuernacht“ unerkannt, andere konnten in letzter Minute über die Grenze nach Österreich entkommen: So der legendäre Schützenmajor Georg Klotz (1919 – 1976), der Schützenleutnant Luis Amplatz aus Bozen-Gries (1926 – 1964) und die „Pusterer Buben“ (im Volksmund „Puschtra Buim”) Siegfried Steger, Sepp Forer, Heinrich Oberlechner und Heinrich Oberleiter. Sie flüchteten nach Österreich und kamen zu gegebenen Anlässen allein oder zusammen mit österreichischen Kameraden immer wieder über die Grenze, um ihren Kampf weiterzuführen – nach Bekanntwerden der Folterungen bewaffnet weiterzuführen: Denn sie waren fest entschlossen, eher im Feuergefecht zu sterben, als Folterern in die Hände zu fallen. Es kam zu weiteren bewaffneten Aktionen, und es gab Opfer auf der Seite der italienischen Sicherheitskräfte wie auf Seiten der Freiheitskämpfer.

Die Rolle der italienischen Geheimdienste

Eine besonders düstere Rolle spielten die beteiligten italienischen Geheimdienste. Luis Amplatz wurde in der Nacht auf den 7. September 1964 in einem Heustadel auf den „Brunner Mahdern” im Passeier von Christian Kerbler, einem vom Militärgeheimdienst Servizio Informazioni Forze Armate (SIFAR) – danach Servizio Informazioni Difesa (SID) – gedungenen Mörder, im Schlaf erschossen. Sein Kamerad Georg Klotz wurde dabei schwer verwundet und konnte sich wie durch ein Wunder aus eigener Kraft über die Grenze nach Nordtirol in Sicherheit bringen.

Im Zusammenhang mit späteren Vorkommnissen dürften Geheimdiensteinflüsse eine noch weit größere Rolle gespielt haben. Jüngere Forschungsergebnisse des österreichischen (Militär-)Historikers Hubert Speckner legen offen, dass die meisten Anschläge/Attentate, die dem BAS verbundenen nachmaligen Freiheitskämpfern und Gruppierungen zugeschrieben wurden, eher auf das Konto italienischer Dienste respektive von Angehörigen der von Geheimdienstlern und neofaschistischen Parteigängern bzw. Sympathisanten durchsetzten „Gladisten“, Angehörigen des italienischen Zweigs der „Stay behind“-Verbände der Nato, gehen dürften.

„Attentate“, die keine waren

So zeigen Speckners auf bis dato unausgewerteten sicherheitsdienstlichen und juristischen österreichischen Unterlagen fußenden Untersuchungen, dass der als „schlimmstes Attentat“ geltende „Porzescharte“-Vorfall vom 25. Juni 1967 (vier Tote) keinesfalls so abgelaufen sein konnte wie er von italienischen Stellen offiziell dargestellt und von politischer Seite Österreichs sowie von der journalistischen wie wissenschaftlichen Publizistik als gegeben erachtet wurde und bis zur Stunde wird. Die völlige Rehabilitierung der 1971 in Florenz verurteilten, in Österreich hingegen freigesprochenen Beschuldigten Erhard Hartung, Peter Kienesberger (verstorben 2015) und Egon Kufner steht indes aus. Desgleichen gilt für eine zweite, ebenso voluminöse Studie Speckners, in welcher er anhand von 48 Geschehnissen, für welche (nicht allein) Italien den BAS verantwortlich machte, nachweist, dass die offizielle Darstellung nicht der Wirklichkeit, folglich auch nicht der Wahrheit entspricht.

Ohne Wirken des BAS kein Autonomiepaket

Ob die Aktionen des BAS der Südtiroler Sache geschadet oder genutzt haben, ist insofern umstritten, als Befunde im Kleide „wissenschaftlich begründeter“ Aussagen dazu stets unter der Prämisse des sogenannten „erkenntnisleitenden Interesses“ zustande gekommen und zu bewerten sind. Der unter maßgeblichem Einfluss der „Innsbrucker Schule“ der Zeitgeschichtsforschung und -schreibung sozusagen als wissenschaftliche „Opinio communis“ geltenden „Erkenntnis“, wonach die Autonomie(lösung) für Südtirol „nicht wegen, sondern trotz“ (!) der Anschläge des BAS zustande gekommen sei, stehen nicht minder begründete fundierte Aussagen von Politikern und Zeitzeugen der Erlebnisgeneration gegenüber, wonach die entscheidende Neunzehner-Kommission, welche „Paket-Maßnahmen“ sowie „Operationskalender“ als Grundlagen für das Zweite Autonomiestatut ausarbeitete, ohne die öffentlichkeitsaufrüttelnden Taten der Freiheitskämpfer kaum eingesetzt worden und somit das Einlenken Roms kaum zustande gekommen wäre.

Eine Ausstellung aus der Verpflichtung zum Gedenken

Aus alldem leitet sich die Verpflichtung zu redlichem Gedenken für die BAS-Aktivisten ab, die infolge ihres selbstlosen Einsatzes im Freiheitskampf zu Tode gekommen sind, sowie für jene, die infolge ihres Wirkens für das angestammte Tiroler Volk im südlichen Landesteil Gesundheit, Hab und Gut, Familie(nangehörige) sowie Heimat verloren. Ihnen allen, den Toten wie den (noch) Lebenden, gilt die zeitgeschichtlich bedeutsame, auf Dauer angelegte Ausstellung „BAS – Opfer für die Freiheit“, welche das Geschehen während der 1960er Jahre in all seinen Facetten vergegenwärtigt und veranschaulicht.

 

Die Ausstellung befindet sich in Bozen, Lauben 9, und ist von Dienstag bis Samstag (jeweils von 10–12 Uhr und von 15-17 Uhr) geöffnet. Nach Vereinbarung

( Kontakt: https://bas.tirol ; Tel. 0039 0471 214 169; E-Post: info@bas.tirol ) sind Gruppenführungen auch außerhalb dieser Zeiten möglich. Initiatoren sind der Andreas-Hofer-Bund Tirol (AHB; Innsbruck) und der Südtiroler Heimatbund (SSB; Bozen). Großzügiges Mäzenatentum der (von der in Australien lebenden Österreicherin Dr. Helga Christian 1966 eingerichteten) Laurin-Stiftung (Liechtenstein) hat ihre Einrichtung als Dauerausstellung erst ermöglicht.

„BAS – Opfer für die Freiheit“ verherrlicht keineswegs Gewalt und/oder Terrorismus. Sie legt anhand von Einzelobjekten offen, wozu Männer und Frauen imstande sein können (und müssen), die keinen anderen Weg mehr sehen, als zur Tat zu schreiten, um die im Lügengewand des „demokratischen Staates“ ausgeübte Gewaltherrschaft gegen die in fremdnationaler Umgebung zu leben gezwungenen Landsleute durch gezielte Attacken zu unterminieren – wenn der gütlichen Worte genug gewechselt sind, ohne dass sich Besserung/Befriedung einstellt.

Erstmals öffentlich präsentierte Exponate

Die Ausstellung „BAS – Opfer für die Freiheit“ erinnert an Verdienste, Leiden und Opfer der Verfolgten und ihre(r) Familien – auch und gerade weil sie in der überwiegenden Zahl der Fälle ohne Dank geblieben sind. Die meisten der erstmals in aller Öffentlichkeit präsentierten Exponate entstammen der „Mitterhofer-Sammlung“. Sepp Mitterhofer aus Meran-Obermais, ein bisher von der Südtiroler Politik unbedankt gebliebener BAS-Aktivist der ersten Stunde, jetzt Ehrenobmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB), in dem sich am 9. Februar 1974 ehemalige Freiheitskämpfer zusammenschlossen, hat sie über Jahrzehnte hin zusammengetragen und beherbergt. Seine Sammlung bildet den Kern der Ausstellung „BAS – Opfer für die Freiheit“.

Ausgestellt werden zudem weitere Objekte aus dem Besitz von BAS-Aktivisten bzw. deren Nachkommen. Aus dem „BAS-Archiv“, dem im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck vorhandenen Vorlass der BAS-Aktivisten Herlinde und Klaudius Molling, sind Leihgaben ausgestellt, welche die mitunter einfachen Methoden veranschaulichen, derer sich die Freiheitskämpfer bedienen mussten. Ein reichhaltig ausgestatteter Ausstellungskatalog stellt in Wort und Bild eindrucksvoll den inneren Zusammenhang von Exponaten und Geschehenshistorie her.

Herausforderungen

Eine Herausforderung für diese erstmalige Ausstellung über den BAS bestand darin, dass sowohl die „offizielle“ italienische, als auch die wissenschaftliche und journalistische Publizistik im deutschsprachigen Raum deren Aktivisten politisch in die „recht(sradikal)e Ecke“ stellt(e). Das wird jedoch weder den handelnden Personen noch ihrer Sache gerecht. In den für die damalige Südtirol-Politik entscheidenden Jahren waren unter den BAS-Leuten (in Südtirol wie in Österreich und Deutschland) fast alle gängigen politischen Weltanschauungen vertreten; ihren führenden Köpfen ging es vor allem darum, dass „etwas geschehen muss“.

Die allen Bevölkerungsschichten entstammenden Südtiroler BAS-Aktivisten handelten schlicht und ergreifend aus dem Beweggrund, als Tiroler Patrioten Heimat und Volkskultur vor der schieren Gefahr „ewiger Italianità“, der vom „demokratischen Italien“ bruchlos übernommenen Zielsetzung des Faschismus, somit vor dem von Kanonikus Gamper beschworenen „Todesmarsch der Südtiroler“ (s.o.) zu bewahren. Dies just auch für die Anschauung Nachgeborener nachvollziehbar zu machen, ist das hehre Ziel dieser durch und durch für gelungen zu erachtenden Ausstellung.

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Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt war seit 1. November 1985 politischer Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und seit 1. September 1994 bis zu seinem Ausscheiden am 31. August 2012 mit Sitz in Wien deren politischer Korrespondent für Österreich, Ungarn, Slowenien, zeitweise auch für die Slowakei. In der FAZ hat er die meiste Zeit seines beruflichen Wirkens zugebracht; daneben nahm er Lehraufträge an deutschen und österreichischen Hochschulen sowie in Budapest wahr. Seit 1990 ist er Träger des Tiroler Adler-Ordens, seit 2013 des Großen Adler-Ordens. 1993 erhielt er den Medienpreis des Bundes der Vertriebenen. 2003 zeichnete ihn der österreichische Bundeskanzler mit dem Leopold-Kunschak-Preis aus, und der Bundespräsident verlieh ihm im gleichen Jahr den Titel Professor. 2004 wurde er als erster von diesem mit dem "Otto-von-Habsburg-Journalistenpreis für Minderheitenschutz und kulturelle Vielfalt geehrt"; ebenfalls 2004 wurde ihm das Goldene Ehrenzeichen der Steiermark verliehen. 2012 ernannte ihn die Eötvös-Loránt-Universität in Budapest zum Ehrendoktor (Dr. h.c.) sowie Professor, und 2013 verlieh ihm der österreichische Bundespräsident das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst. Geboren wurde Olt 1952 als Sohn eines Bauern im Odenwald. Sein Abitur bestand er 1971 in Michelstadt. Nach Ableistung des Wehrdienstes studierte er Germanistik, Volkskunde, osteuropäische Geschichte und Politikwissenschaft in Mainz, Freiburg und Gießen bis zur Promotion 1980. Es folgte an der Universität Gießen eine Assistententätigkeit. Dann begann 1985 seine Zeit in der FAZ.