Erstmalsbeschäftigt sich ein Kinderbuch mit Konrad Adenauer

Alexandra Fischer-Hunold / Philipp von Ketteler: „Konrad, der Kanzler. Konrad Adenauer, sein Leben für Kinder erzählt“, Aschendorff-Verlag 2009, 47 Seiten, 12,80 Euro, ISBN: 978-3-402-12809-1

„Mach ihn nicht wach“, mahnt die Mutter ihren Sohn August, als er an der Wiege seines Bruders Konrad steht. Viele Kinder werden solch eine sanfte Ermahnung sicherlich aus eigenem Erleben nachempfinden können. Manch ungläubiges Staunen wird sich wohl einstellen, wenn die jungen Leser ein paar Seiten später erfahren, dass Konrad als Student seine Füße in eine Schüssel kaltes Wasser eintauchte, um nicht müde zu werden. Höchst unterhaltsam, nicht nur für Kinder, ist es zu lesen, dass Konrad der Erfinder des leuchtenden Stopfeis sowie eines Toasters mit Spiegel ist. Und welche Kinderseele wird nicht angerührt sein bei der liebevollen Beschreibung der Szene, als Konrad stundenlang am Bett seiner todkranken Frau Emma wachte, bis diese starb. Bücher über Konrad Adenauer gibt es viele, doch keines für Kinder. Mit dem Buch „Konrad, der Kanzler“ wird diese Lücke nun geschlossen und das Leben des ersten Kanzlers der Bundesrepublik Deutschland altersgerecht der jungen Generation nahegebracht. Dabei stehen nicht die politischen Leistungen Adenauers im Vordergrund. Vielmehr will das Buch von Alexandra Fischer-Hunold – wunderbar und farbenfroh illustriert von Philipp von Ketteler – den Menschen sowie den Lebensweg und das persönliche Schicksal des ersten Kanzlers der Bundesrepublik erzählen.
Fischer-Hunold, die bei der Redaktion ihres Textes auf das reichhaltige Wissen ihres Cousins sowie ältesten Kanzlerenkels Konrad Adenauer zurückgreifen konnte, schreibt seit Jahren erfolgreich Kinder- und Vorlesebücher. In ihrem neuesten Werk gelingt es der Autorin, die vielen historischen Daten und Fakten im Zusammenhang mit dem Leben des Bundeskanzlers geschickt als Geschichte mit Geschichten zu erzählen und Geschichte eben nicht als die Aneinanderreihung von staubtrockenen Daten und Fakten abzuarbeiten. Sehr hilf- und lehrreich am Ende des Buches ist die Zeitleiste mit den wichtigsten Daten und Ereignissen. So ist insgesamt ein lesenswertes Buch entstanden, das seinen Charme durch seine geglückte Mischung aus lebendiger Erzählung, exakter Historie sowie kindgerechter Illustration erhält und dabei sicherlich auch für Adenauerkenner und politisch Interessierte manch Überraschendes berichtet.
Allerdings sollte die Lektüre jungen Lesern nicht allein überlassen werden. Kinder werden während des Lesens oder Vorlesens zahlreiche Fragen stellen, schließlich enthält die Darstellung viele schwierige Aspekte, die einzuordnen und zu erklären nicht immer leicht sind. Das gilt etwa für das Kapitel über den Ersten Weltkrieg und den Übergang zur Weimarer Republik oder die Darstellung über Adenauers Schwierigkeiten und Inhaftierung in der Zeit des Nationalsozialismus. Das gilt aber auch für die vielen schicksalhaften Todesfälle aus dem engstem Familien- und Freundeskreis, die Adenauer während seines langen Lebens zu verkraften hatte. Und das gilt sicher auch für Begrifflichkeiten wie „Erster Beigeordneter“, „vier Besatzungszonen“ oder „Parlamentarischer Rat“, die aus Sicht eines Kindes nur unzureichend erklärt oder einfach als bekannt vorausgesetzt werden. Dabei wird anderes wiederum so treffend und kindgerecht erklärt, beispielsweise die Verfassung als „Bauplan und die Regeln für das Land“.
Sehr eingängig zieht sich das Bild des Gartens, gleichsam wie ein grüner Faden, durch das Buch. „Man muss die Dinge geduldig wachsen lassen“, hatte Konrad Adenauer von seinem Vater mit auf den Lebensweg bekommen. Ein Ratschlag, an den der spätere Kanzler oft in seinem Leben denken musste und der oftmals für sein Wirken gelten sollte, etwa die Aussöhnung mit Frankreich und Israel. Kinder werden so erspüren, was Geduld und Ausdauer zu bewirken vermögen. Aber sie werden darüber hinaus bei der Lektüre dieses Buches ein wenig davon erfahren können, was Familie und Zusammenhalt, Liebe, Verantwortungsbewusstsein für unschätzbare Werte und Tugenden im Leben dieser herausragenden Person deutscher Geschichte waren.
Nachdem der Aschendorff-Verlag in der Reihe „Menschen, die Geschichte machten“ mit Lebensdarstellungen über Clemens August Kardinal von Galen, Papst Johannes Paul II., Elisabeth von Thüringen, Anna Katharina Emmerick, Adolph Kolping und den heiligen Liudger bislang ausschließlich die Lebensdarstellungen von Heiligen, Seligen und Menschen, die im Rufe der Heiligkeit stehen, an die junge Leserschaft gewandt hatte, wird nun erstmals ein Politiker und Staatsmann vorgestellt. Der tief gläubige Konrad Adenauer, der ohnehin wie ein Säulenheiliger der deutschen Politik verehrt wird, passt gut in diese Reihe. In diesem Sinne endet das Kinderbuch auch mit der anrührenden Beschreibung von Adenauers Tod: „An der Wand hingen die Bilder seiner Eltern, genauso wie ein Kreuz. ,Nur nicht weinen’ hatte er zu seinen traurigen Kindern gesagt und auf das Kreuz gedeutet.“

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Über Constantin Graf von Hoensbroech 74 Artikel
Constantin Graf von Hoensbroech absolvierte nach dem Studium ein Zeitungsvolontariat über das "Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses - ifp". Nach Stationen in kirchlichen Medien war er u. a. Chefredakteur von "20 Minuten Köln", Redaktionsleiter Rhein-Kreis-Neuss bei der "Westdeutschen Zeitung", Ressortleiter Online bei "Cicero" sowie stellvertretender Pressesprecher der Industrie- und Handelskammer zu Köln. Seit März 2011 ist er Mitarbeiter der Unternehmenskommunikation der Rheinland Raffinerie der Shell Deutschland Oil GmbH.

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