Paradise lost. Die Darstellung des Irdischen Paradieses auf der Mappamondo von Fra Mauro (Venedig, um 1450)

Und GOTT der HERR pflanzte einen Garten in Eden, gegen Morgen, und setzte den Menschen darein, den er gemacht hatte. / Und GOTT der HERR ließ auswachsen aus der Erde allerlei Bäume, lustig anzusehen, und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten, und den Baum des Erkenntnisses Gutes und Böses. / Und es ging aus von Eden ein Strom zu wässern den Garten, und theilete sich daselbst in vier Hauptwasser. / Das erste heißt Phison, das fließet um das ganze Land Hevila, und daselbst findet man Gold. / Und das Gold des Landes ist köstlich, und da findet man Bedellion, und den Edelstein Onyx. / Das andere Wasser heißt Gihon, das fließet um das ganze Mohrenland. / Das dritte Wasser heißt Hidekel, das fließet von Assyrien. Das vierte Wasser ist der Phrath. / Und GOTT der HERR nahm den Menschen, und setzte ihn in den Garten Eden, daß er ihn bauete und bewahrete. Genesis 2.8-15

1. Einleitung

Als Christoph Columbus im Jahre 1498 während seiner dritten Reise in die Neue Welt die Mündung des Orinoco an der Küste von Südamerika sichtet, fallen ihm die folgenden Worte zu diesem gerade von ihm entdeckten Fluss ein:

„Ich glaube, dieses Wasser muss aus dem Paradies kommen, auch wenn es vielleicht weit weg sein mag und sich hier – wo ich bin – in Form eines Sees sammelt. Dies sind große Anzeichen für das Irdische Paradies, denn der Augenschein bestätigt die Meinung der heiligen und weisen Theologen und auch die Zeichen stimmen mit dieser Vorstellung überein, denn ich habe niemals zuvor von einer so großen Menge Wasser gelesen oder gehört, das sich in der Nähe des Salzwassers sammelt. Und das milde Klima bestätigt auch diese Ansicht.”[1]

Dieser Mann – mehr Abenteurer als Gelehrter –, der es im Auftrag der Spanier unternahm, die Grenzen der bekannten Welt weit über das bis dahin gültige Maß zu erweitern und damit begann, ein Kolonialreich zu schaffen, das sich über den Atlantik hinaus bis in die Neue Welt nach Mexiko und Peru erstrecken sollte, fühlte sich angesichts der Schönheit Südamerikas und der Milde des Klimas als erstes an das Irdische Paradies erinnert. Der Orinoco müsse – so meinte er – einer der vier Paradiesflüsse sein, die in der Genesis als die Verbindung zwischen dieser Welt und dem Garten Eden beschrieben worden sind.
Vor den Spaniern hatte Columbus seine Dienste und Hoffnungen einem kleineren Land angeboten, den Portugiesen. Diese hatten schon 100 Jahre vor der spanischen Krone begonnen, die Grenzen ihres Handels und ihrer Tätigkeit zu verlagern über die bekannten Grenzen der Alten Welt hinaus – und zwar auf neuen Wegen, nicht mehr über das Mittelmeer und über Land, das in Asien und Afrika versperrt war über die Zeiten durch Mongolen und Türken und islamische Herrscher in Arabien und Afrika, sondern über die offene See in der Umschiffung Afrikas. Ebenso wie Columbus mit dem Ziel, Indien zu finden (freilich auf anderem Wege), vielleicht auch den sagenhaften Presbyter Johannes und um (ebenso wie Columbus) Reichtum zu gewinnen – vielleicht auch Welterfahrung und neues Wissen von der Welt, welche Motivationen zusammengehen – und ohne Ökonomie lassen sich Erkundungen nicht finanzieren.

Und um womöglich das Irdische Paradies zu entdecken, dem nicht nur Columbus sich 1498 so nahe zu sein glaubte. Der Portugiese Pero Vaz Caminha zum Beispiel beschrieb Brasilien und dessen Einwohner in einem Brief[2] an König Manuel um 1500 als eine Gegend, die das Irdische Paradies sein müsse; der portugiesische Humanist Pedro Margalho stellte um 1520 die Frage, ob die Portugiesen, die die ganze Welt durchquert hätten, nicht hier vielleicht doch endlich das Irdische Paradies gefunden hätten.[3]

So ist Columbus` Assoziation am Orinoco nicht so abseitig oder nur literarisch-metaphorisch, wie sie uns heute vielleicht erscheint; sondern entspricht einer religiös geprägten Weltsicht, die tief verinnerlicht war und in der das Irdische Paradies in der Welt präsent war. In der Tat ist die Reiseliteratur des Mittelalters und der Renaissance voller Bezüge zum Garten Eden. Allerdings hat es nahezu niemand seit der Beschreibung des Paradiesaufenthaltes in der Brendan-Legende aus dem 6. Jahrhundert mehr dorthin geschafft.
Alle Berichte, die man im Abendland über den Garten Eden zu hören bekam, basierten – wie könnte es auch anders sein – auf Hörensagen. Weder die Asienreisenden des 13. Jahrhunderts (Marco Polo, Wilhelm von Rubruck, Johannes Plano de Carpini u. a.) haben das Irdische Paradies finden können, noch war das den Reisenden im 14. und 15. Jahrhundert (seien sie nun fiktiv wie John of Mandeville oder real wie Niccolo de` Conti, der seine Erfahrungen an den italienischen Humanisten Poggio Bracciolini weitergeben konnte) möglich.

Dennoch war die Vorstellung, dass das Irdische Paradies irgendwo auf der Erde zu finden sein müsse, auch im 15. Jahrhundert noch äußerst präsent, wie die Beispiele Columbus` und der Portugiesen zeigen. Auch wenn man es nie erreicht hat, hoffte man doch immer, es zu finden. Das zeigt sich nicht nur in den verschrifteten Hoffnungen und Erfahrungen der Reisenden und Abenteuerer, die sich gerade im 15. Jahrhundert systematisch aufgemacht haben, um unbekannte Wege und Gegenden der Welt zu entdecken; sondern auch für diejenigen, die die Fortschritte der Abenteuerer auf ihren Karten verzeichnet haben, war das Irdische Paradies ein realer Ort in der Welt: gemeint sind die Gelehrten und Kartographen, die erst das Bild von der Welt gegeben haben, die es zu entdecken galt. So wäre Columbus ohne den praktischen Zuspruch eines Toscanelli oder die theoretischen Spekulationen eines Pierre d`Ailly wohl kaum auf die Idee gekommen, eine Westroute nach Indien zu suchen – ohne sie hätte er das im Sinne des Gewinns wirkliche Paradies, das die Neue Welt für die Spanier werden sollte, nicht gefunden. Hier überkreuzen sich die Absichten und Motivationen der Abenteurer – wie Columbus – und der Gelehrten. Die einen wollen Gewinn für sich und ihre Auftraggeber, die anderen Erkenntnis: Abenteuer ist beides! Und Abenteurer sind alle, die bei diesen Unternehmen beteiligt sind. Die einen Abenteurer auf dem Papier, auf dem sie ihre Karten zeichneten, die anderen auf den hochgehenden Wellen der wirklichen See.

Mit einem dieser in portugiesischen Diensten stehenden gelehrten Abenteurer des Geistes wollen wir uns in dieser Arbeit beschäftigen: mit dem venezianischen Kamaldulensermönch und Kartographen Fra Mauro, der um 1450 eine Weltkarte gezeichnet hat, auf der auch das Irdische Paradies zu finden ist. Allerdings in einer Darstellung, die in ihrer Art einzigartig ist und die es Columbus mit Sicherheit schwer gemacht hätte, es zu finden, da er es nicht mehr in dieser Welt verortet hat.

2. Fra Mauro „cosmographus incomparabilis“ und seine Mappamondo von 1450

2. 1. Datierung und Zweck der Mappamondo

Leider ist sehr wenig über den Protagonisten dieser Arbeit und seine Weltkarte (Mappamondo) bekannt. Seit 1409 war Fra Mauro Mitglied des Kamaldulenserkonventes auf der Insel San Michele da Murano vor Venedig. Für uns greifbar wird er vor allem durch seine Mappamondo, die ihm schon zu Lebzeiten die Bezeichnung „cosmographus incomparabilis“ eingetragen hat.[4] Zwischen dem 8. Februar 1457 und dem 24 April 1459 war Fra Mauro mit der Herstellung einer Weltkarte für die Portugiesische Krone beschäftigt, die Alphons V. bei ihm in Auftrag gegeben hatte[5] – nur ein Beispiel für die engen Verbindungen zwischen den Portugiesen zur Zeit ihres Expansionsprojektes und den Italienern, allen voran den Venezianern und Genuesern.[6] Diese Weltkarte war sehr wahrscheinlich eine Kopie der Mappamondo, die heute in der Biblioteca Marciana in Venedig hängt und die der Gegenstand dieser Arbeit ist. Fra Mauro hat sie wohl zwischen 1448 und 1453 für die venezianische Signoria angefertigt. Genauer lässt sich diese Karte leider nicht datieren, weil die Register des Konventes für die Jahre vor 1453 zu großen Teilen verloren sind. Wir wissen jedoch mit Sicherheit, dass die Portugiesen eine Weltkarte von Fra Mauro erhalten haben.[7] Dass Fra Mauro seinerseits auf die Informationen der Portugiesen Zugriff hatte, wird anhand einer Legende auf der Mappamondo deutlich, in der sich Fra Mauro bei der Diskussion der Umschiffbarkeit Afrikas – eine für die Portugiesen entscheidende Annahme – explizit auf die empirischen Daten der Portugiesen beruft, die ihm zur Verfügung gestanden haben müssen:

Molte opinion e leture se trova che in le parte meridional l'aqua non circunda questo nostro habitabile e temperado çona, ma aldando molte testimoniançe in contrario e maxime queli i qual la maiestà del Re de portogallo à mandato cum le suo caravele a çerchar e veder ad ochio, i qual dice haver circuito le spiaçe de garbin più de 2000 mia oltra el streto de çibelter in tanto che a voler seguir quel camin hano convenuto dar la proda quarta d'ostro inver sirocho e per suo çudisio hano passato l'indromo de tunisto e quasi son çonti a quel d'alexandria, per tuto trovando bone spiaçe cum puoco fondo e navegar assai bon e sempre sença fortuna. E i diti hano fato nuove carte de quel navegar e hano posto nomi nuovi a fiumere, colfi, cavi, porti, di qual ne ho habuto copia. Unde se'l se vorà contradir a questi i qual hano visto ad ochio, maçormente se porà non assentir né creder a queli che hano lassato in scriptis quelo hi non vete mai ad ochio, ma cusì hano opinado esser.”[8]

Abgesehen von den Verbindungen zwischen Fra Mauro und der portugiesischen Krone, auf die näher einzugehen vor allem für die frühe Entdeckungsgeschichte interessant ist[9], ist Fra Mauros Karte auch sonst der Beschäftigung wert. Die Mappamondo ist mit 196 x 196 cm die größte erhaltene Weltkarte, die ein Musterbeispiel für die Kartographie der Übergangsperiode im 15. Jahrhundert ist. Sie enthält einige Charakteristika, die für mittelalterliche Weltkarten typisch sind: wie z. B. die runde Form der abgebildeten Ökumene, gleichzeitig aber auch Renaissanceelemente wie die Kartensüdung (wahrscheinlich aufgrund arabischer Einflüsse), die äußerst exakte Darstellung der Küstenlinien im Mittelmeerraum, die auf die seit dem 13. Jahrhundert gebräuchlichen Portolankarten zurückgehen, sowie eine rege Auseinandersetzung mit Ptolemäus, dessen Geographia – vermittelt durch Manuel Chrysoloras – dem Abendland ab 1409 wieder bekannt geworden war, der aber bei Fra Mauro oft gegenüber den empirischen Evidenzen der Handelsreisenden (allen voran Marco Polo und Niccolo de Conti) zurückstehen muss. Sich mit all diesen Problemfeldern auseinanderzusetzen ist hier nicht der Ort[10], uns interessiert nur eine unter vielen Besonderheiten auf der Mappamondo: die Darstellung und Lokalisation des Irdischen Paradieses.

2. 2. Das Irdische Paradies auf der Mappamondo

Die Mappamondo ist – wie oben schon erwähnt – im Stil einer mittelalterlichen Radkarte gezeichnet. Das heißt, dass die Ökumene – der bewohnte und bekannte Teil der Erdkugel – in einem Kreis auf der quadratischen Grundkartenform eingezeichnet ist. In den vier Ecken der Mappamondo befinden sich im Gegensatz zu geographischen Beschreibungen in dem Kartenkreis kosmologisch-naturwissenschaftliche Betrachtungen, die die bekannte Welt in den weitgespannteren Rahmen des Kosmos einbeziehen. Im linken oberen Kartenrand findet man eine Beschreibung und Diskussion der verschiedenen Himmel, die die Erde umgeben. Rechts oben diskutiert Fra Mauro die Frage, wieviele Erdteile es auf dem Globus gibt und warum die Erdmassen überhaupt aus dem Wasser ragen. Rechts unten schließt sich die Frage an – deren positive Beantwortung für die Portugiesen äußerst wichtig war –, ob die Erde südlich des Äquators bewohnbar sei.
Links unten – wohlgemerkt: ausserhalb des Kartenrandes der Ökumene – ist das Irdische Paradies dargestellt. Das Paradies ist auf der Mappamondo ebenso kreisförmig wie die Ökumene gezeichnet. Im Paradiesgarten, der von einer Mauer umgeben ist, deren Tor durch einen Cherubim bewacht wird, sehen wir im Mittelpunkt des Gartens Gottvater sowie Adam und Eva, kurz nachdem sie vom Baum der Erkenntnis gegessen haben. Die vier Paradiesflüsse fließen an dem Cherubim vorbei in eine bergige Gegend, die keine Verbing zur Ökumene im runden Kartenraum hat.
Die Darstellung des Irdischen Paradieses auf einer Weltkarte ausserhalb der Ökumene ist überraschend – meines Wissens ist Fra Mauro der einzige Kartograph seiner Zeit, der diese Form der Darstellung wählt.

3. Das Irdische Paradies in der christlichen Tradition

Um nachvollziehen zu können, was hieran so besonders ist, muss kurz auf die Vorstellungen vom Irdischen Paradies und seine Darstellung auf anderen Weltkarten eingegangen werden. In seiner das Irdische Paradies betreffenden Legende sagt Fra Mauro:

El paradiso de le delicie non solamente ha sentimento spiritual ma etiam quello esser uno luogo ne la terra situado mette sancto Augustino sopra el Genesis et ancora nel libro De Civitate Dei, el qual luogo è molto remoto da la habitation e cognition humana, posto ne le parte oriental segondo la doctrina del sacro doctor Beda per la cui auctorità el maistro da le sentencie tal oppinion aferma, avegna ch'el comentator Alberto Magno nel libro de la natura di luogi metta quello oltra el circulo equinotial, pur ne la region oriental.”[11]

Alle Meinungen über das Irdische Paradies wiederzugeben ist hier nicht der Raum. Halten wir uns also vor allem an die von Fra Mauro zitierten Autoritäten, die für die Vorstellung vom Irdischen Paradies für ihn zentral waren. Um es grob zu umreissen, gab es zu Fra Mauros Zeiten drei Ansichten zum Irdischen Paradies.

Einige – wie z. B. die von Fra Mauro zitierten Autoritäten Beda Venerabilis und Petrus Lombardus – vertraten die Ansicht, dass die Beschreibung des Irdischen Paradieses im Buch Genesis im literalen Sinne (also buchstäblich) verstanden werden müsse, d. h., dass das Irdische Paradies ein wirklich existierender Ort auf der Erde sei, der sich im äußersten Osten befinde. Dieser Meinung gibt Beda in seinem Genesiskommentar Ausdruck, auf den Fra Mauro nicht ohne Grund verweist:

„Ab illo utique principio plantasse Deus paradisum credendus est, ex quo terram omnem, remotis quae eam operuerunt aquis, herbas et ligna fructifera producere jussit, in quo tamen hominem die sexton, quo et ipsum formaverat, posuit. Neque ullatenus dubitandum est paradisum, in quo positus est homo primus, etsi vel Ecclesiae praesentis, vel futurae patriae typum tenet, ad proprietatem tamen litterae intelligendum esse, locum scilicet amoenissimum, fructuosis nemoribus opacatum, eumdemque magnum, et magno fonte fecundum. Pro eo autem quod nostra Editio, quae de Hebraica veritate translata est, habet a principio, in antiqua translatione positum est ad Orientem; ex quo nonnulli volunt quod in orientali parte orbis terrarum sit locus paradisi, quamvis longissimo interjacente spatio, vel Oceani, vel terrarum, a cunctis regionibus quas nunc humanum genus incolit secretum. […] Verum seu ibi, seu alibi, Deus noverit, nos tantum locum hunc fuisse et esse terrenum dubitare non licet.”[12]

Beda spricht in dieser Textpassage nicht nur seine Meinung bezüglich der wirklichen Existenz des Irdischen Paradieses aus, sondern gibt auch eine äußerst zutreffende Erklärung für dessen Verortung im Osten. Vor der Übersetzung der gesamten Bibel aus dem Griechischen und Hebräischen ins Lateinische durch Hieronymus im 5. Jh. n. Chr., die als Vulgata bekannt ist, benutzte derjenige, der kein hebräisch oder griechisch konnte (wie z. B. Hieronymus` Zeitgenosse Augustinus), die ältere – aber unvollständige – Übersetzung der Septuaginta ins Lateinische, die Vetus Latina.In der Vetus Latina heißt es vom Paradies im Gegensatz zur Vulgata nicht, dass Gott das Paradies im Anfang (in principio), sondern im Osten (in oriente) geschaffen habe. Aufgrund dieser unterschiedlichen Übersetzung kam es in der Folge zu Unsicherheiten bezüglich der Verortung des Irdischen Paradieses.[13]
Ist es nun ein wirklicher Ort im äußersten Osten der Erde, oder ist es ein zeit- und ortloser Ort, ein Symbol für die Schöpferkraft Gottes und der schließlichen Abwendung des Menschen von Gott? Auf diese Frage gab es andere Antworten als die eines Beda Venerabilis und Petrus Lombardus.

Andere – vor allem die griechischen Kirchenväter wie etwa Origines – waren nämlich der Meinung, dass der Bericht der Genesis rein allegorisch[14] zu verstehen sei, dass das Irdische Paradies also nicht ein wirklicher Ort auf der Erde sei. Allerdings setzte sich diese Ansicht im lateinischen Abendland aufgrund der schlechten Kenntnis der griechischen Kirchenväter nicht durch.

Die dritte Meinung fasst das Irdische Paradies sowohl im Literalsinn als wirklichen Ort wie auch als Symbol. Der einflussreichste Vertreter dieser Genesisauslegung war sicherlich der auch von Fra Mauro zitierte Augustinus, bei dem es im Genesiskommentar zu dieser Stelle heißt:

„Non ignoro de paradiso multos multa dixisse; tres tamen de hac re quasi generales sunt sententiae. Una eorum qui tantummodo corporaliter paradisum intellegi volunt: alia eorum qui spiritaliter tantum; tertia eorum qui utroque modo paradisum accipiunt; alias corporaliter, alias autem spiritaliter. Breviter ergo ut dicam, tertiam mihi fateor placere sententiam.[15]

Augustinus schlägt zwar einen Mittelweg ein, doch auch für ihn ist das Irdische Paradies ein real existierender Ort auf der Erde. Fra Mauro zitiert in der Legende über das Irdische Paradies also nur Autoritäten, die an die wirkliche Existenz eines Irdischen Paradieses auf der Erde geglaubt haben. Sowohl Beda Venerabilis und Petrus Lombardus als auch Augustinus und Albertus Magnus waren dieser Ansicht. Indem Fra Mauro das Irdische Paradies bildlich aber ausserhalb der Ökumene zeichnet, widerspricht er durch die Art der Darstellung des Irdischen Paradieses genau der Meinung, der er – gestützt durch die für diese Problematik üblichen Autoritäten – in der Legende Ausdruck verleiht.

Bevor wir darauf näher eingehen, läßt sich zusammenfassend festhalten, dass das Irdische Paradies in der christlichen Tradition als wirklich existierender Ort verstanden worden ist, der sich ganz im Osten der Ökumene befinden müsse. Dementsprechend gibt es keine Weltkarte bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, auf der das Irdische Paradies als ihr Bezugs- und Ausrichtungspunkt nicht abgebildet worden wäre.[16] Das Irdische Paradies war nicht nur ein Gegenstand gelehrter theologischer Diskurse, sondern auch – wie wir schon angesprochen haben – ein Ort, den zu finden nicht nur Kolumbus, sondern auch die Portugiesen, für die Fra Mauro gearbeitet hat, sich vorgenommen hatten. Die Vorlagen für diese Vorstellung fanden sie auf allen Weltkarten bis um 1500, die das Irdische Paradies gemäß den Überlegungen der kirchlichen Autoritäten auf der Erde lokalisiert haben.
Sowohl in der Südung der Karte als auch in der Darstellung des Irdischen Paradieses ausserhalb des Erdkreises bildet die Mappamondo des Fra Mauro eine Ausnahme gegenüber anderen Karten des 15. Jahrhunderts.

4. Die traditionelle Einzeichnung des Irdischen Paradieses und die Veränderung im 15. Jahrhundert

Allerdings ändert sich gerade im 15. Jahrhundert die Art der Darstellung des Irdischen Paradieses.
Ab der ersten uns bekannten Paradiesdarstellung auf einer Weltkarte des Kosmas Indikopleustes aus dem 6. Jahrhundert[17] bis ins frühe 15. Jahrhundert bleibt sich die Darstellung des Irdischen Paradieses recht ähnlich. Es wurde immer im äußersten Osten der Welt eingezeichnet und war von der Welt – um seine Unerreichbarkeit zu betonen – auf irgendeine Weise zeichnerisch getrennt. Meist durch ein Meer, eine Mauer oder hohe Berge. Auf fast allen mittelalterlichen Weltkarten hat das Irdische Paradies die Form einerVignette, wie wir es etwa auf der berühmten Herefordkarte um 1300 sehen können.[18] Hier ist das Paradies kreisförmig dargestellt, Adam und Eva essen gerade vom Baum der Erkenntnis, der sich in der Mitte des Kreises befindet. Ausgehend von ihm sieht man die vier Paradiesflüsse, die die Verbindung zur Ökumene bilden. Rechts von dieser Vignette sieht man die Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies. Ähnliche Darstellungsformen finden wir auch auf der Psalterkarte aus dem 13. Jahrhundert sowie auf der Ebstorfkarte aus dem 14. Jahrhundert, um nur die bekanntesten zu nennen.

Im 15. Jahrhundert ändert sich sowohl die Art der Darstellung des Garten Eden als auch seine Lokalisierung. Teilweise wird er auf einem hohen Berg liegend dargestellt, teilweise – wie auf der Weltkarte von Andreas Walsperger von 1448[19] oder auf der Karte von Giovanni Leardo von 1452[20] – als eine Burg, die keinen Einblick in ihr Inneres mehr gewährt. Das Paradies ist nun häufig in Ostafrika zu finden, wie wir auf der Katalanischen Karte von ca. 1450 sehen können, die sich heute in Modena befindet, oder auf dem Katalanischen Atlas von 1502, der heute in der Bayerischen Staatsbibliothek einsehbar ist. Die sogenannte Borgia-Karte, ebenfalls aus dem 15. Jahrhundert, situiert es an der östlichen Küstenlinie Indiens, und die Genueser Weltkarte aus dem Jahre 1457 findet einen Platz dafür im Südosten Afrikas.[21]
Es ist auffällig, dass man sich im 15. Jahrhundert im Unklaren darüber befindet, wo das Irdische Paradies sein soll. Man findet zwar auch Ende des 15. Jahrhunderts noch ganz traditionelle Darstellungen des Paradieses (etwa auf einer Weltkarte von Hans Rüst um 1490[22]), aber diese sind selten. Vor allem in Afrika beginnt man das Paradies zu vermuten – schließlich ist das der Kontinent, der noch weitgehend unbekannt ist und der erst ab der Eroberung Ceutas 1416 durch die Portugiesen langsam erschlossen wird. Über Asien weiß man mittlerweile – vor allem durch die zahlreichen Reisen zum Hofe des Khans des mongolischen Großreiches aus dem 13. Jahrhundert – zu viel, als dass man dort das Irdische Paradies noch vermuten könnte. Also muss man es in Afrika suchen oder wie Kolumbus in einem imaginären Indien.
Fra Mauro jedoch sucht es gar nicht mehr auf der Welt. Mit zunehmend sicherem Wissen verschwindet ihm das Paradies ebenso wie die Mirabilia und Adam und Eva. Wieweit das Ausdruck einer Entleerung der vorgestellten Welt von Gottes Wundern und Schöpfung ist, also einer Säkularisierung der Welt, ihre Zurückführung auf das tatsächlich Vorhandene resp. „Sichtbare“, soll hier nicht weiter erörtert werden. Hier muss es bei der Feststellung bleiben, dass der „turning point“ bei der Darstellung des Irdischen Paradieses – mit der einen Ausnahme: eben Fra Mauro – zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert anzusetzen ist.
Man muss nur irgendeine Sammlung gedruckter Weltkarten aufschlagen (z. B. Rodney Shirleys The Mapping of the World[23]) und man wird dort ab etwa 1500 vergeblich nach dem Irdischen Paradies suchen. Weder auf auf der Weltkarte zu Benedetto Bordones Isolario (1528)[24], noch auf Sebastian Münsters Weltkarte (1532)[25] ist das Irdische Paradies zu finden. Über die Gründe läßt sich spekulieren. Viele Faktoren mögen hier – neben der schon angesprochenen praktischen Welterweiterung durch die Asienreisenden im 13. Jahrhundert und die Portugiesen im 15. Jahrhundert – zusammengekommen sein.
Zum einen – auf kartographischem Gebiet – bringt die Wiederentdeckung der Geographia des Ptolemäus eine starke Säkularisierung der Kartographie mit sich, weil der Westen hier ein anderes Konzept der Weltdarstellung kennenlernt. Auf einer nach Ptolemäus gezeichneten Karte ist kein Platz mehr für Legenden, hier geht es darum, die Welt maßstabsgerecht und mathematisch in einem Koordinatensystem darzustellen. Nur zu sagen, das Irdische Paradies befinde sich „entfernt von der bewohnten Welt“ war nun nicht mehr genug. Ein schönes Beispiel für dieses Dilemma ist eine Koordinatentabelle von ca. 1436, die wir von Johannes Gmunden haben, der aller Wahrscheinlichkeit nach der sog. Wien-Klosterneuburg-Schule angehört hat. Das Irdische Paradies ist der erste Ort in dieser Tabelle.[26] Er hat bezeichnenderweise die Koordinaten 0 Grad Nord, 180 Grad Ost. Aber diese Lösung konnte natürlich auch nicht befriedigen, weil er letztendlich genauso spekulativ war wie die älteren Versuche. Denn für das Irdische Paradies gibt es keine Koordinaten.
Zum anderen ist zur Erklärungdie Entwicklung der Hochscholastik zu berücksichtigen, insbesondere des Nominalismus. Als Beispiel – weil dies hier nicht weiter verfolgt werden kann – sei nur an das Prinzip erinnert, das als Ockhams Rasiermesser in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen ist: „Pluralitas non est ponenda sine necessitate.“[27] Und das Irdische Paradies ist eine Annahme, ohne die man auskommen kann.
Auf jeden Fall bleibt festzuhalten, dass Fra Mauro durch seine Verortung des Irdischen Paradieses eine Entwicklung vorwegnimmt, die im 16. und 17. Jahrhundert maßgeblich sein wird: Das Irdische Paradies ist auf diesen Karten kein Ort mehr, den es auf der Welt zu finden geben könnte. Nur noch Schmuck auf dem Kartenrand, ein Zugeständnis an eine lange Tradition und an die ästhetische Gefälligkeit.[28]

5. Das Irdische Paradies im Kontext der Mappamondo

Fra Mauro nimmt diese Entwicklung zwar vorweg, allerdings stellt sich die Frage, welchen Status wir der Lösung, die Fra Mauro um 1450 für die Verortung des Irdischen Paradieses gefunden hat, zuschreiben wollen.
Die Mappamondo gibt der Forschung seit der ersten akademischen Beschäftigung mit ihr durch Placido Zurlas Arbeit „Il Mappamondo di Fra Mauro“ aus dem Jahre 1806 noch immer Rätsel auf.[29] Meist wird sie als Vertreter eines neuen Kartentypus interpretiert, der sich streng nach empirischen Kriterien richtet und deshalb die christliche Tradition oft ausser Acht läßt, resp. sich bewußt gegen sie wendet. Auf der anderen Seite gibt es Forscher, die sich gegen diese für ihre Begriffe einseitige Interpretation aussprechen und die im Gegenteil die mittelalterliche Tradition betonen, in der Fra Mauro ihrer Meinung nach steht.[30] Sie sehen die Mappamondo eher als Beispiel für den End- und Höhepunkt der mittelalterlichen Kartographie, denn als Beginn der modernen Kartographie. Typisch für diese Widersprüchlichkeit in Bezug auf die Einschätzung der Mappamondo ist eine Bemerkung von Alessandro Scafi in seiner Monographie über die Darstellung des Irdischen Paradieses auf mittelalterlichen Weltkarten aus dem Jahr 2006. Dort heißt es:

„Fra Mauro found a solution to the problem of mapping the earthly paradise. […] His depiction of the earthly paradise fills one of the four corner spaces left between the circular map of the inhabited earth and its square frame. Although Fra Mauro has been hailed as the herald of modern cartography, and his cornered paradise as an anticipation of the imminent triumph of Renaissance science and empirical geography over medieval credulity, Fra Mauro`s intention was certainly not to downgrade paradise into a decorative detail, as is often assumed. He has been rightly praised by modern scholars for recording the contemporary impressive advance in geographical knowledge and for devising a new image of the world. At the same time, however, in his treatment of paradise, Fra Mauro was both true to medieval Christian tradition and an acute and ingenious cartographer, with the intellectual flexibility necessary to handle the different mindsets of his day.”[31]

Die Widersprüchlichkeit der Einschätzungen in der Sekundärliteratur, die Verortung des Irdischen Paradieses auf der Mappamondo betreffend, resultiert m. E. aus der gewollten Widersprüchlichkeit des Kartographen Fra Mauro, der, um mit Alessandro Scafi zu sprechen, „die intellektuelle Flexibilität besaß, die notwendig war, um mit den verschiedenen Vorstellungen seiner Zeit umzugehen.“ Über diesen zutreffenden Satz hinaus möchte ich mich der Meinung, die in dem obigen Zitat von Alessandro Scafi ausgedrückt wird, jedoch nicht anschließen. Denn auch Alessandro Scafi bildet sich eine definitive und verbindliche Meinung über die Darstellung und Verortung des Irdischen Paradieses auf der Mappamondo: es sei im Gegensatz zu häufigen Vermutungen sicherlich kein dekoratives Detail, sondern halte sich eng an die christliche Tradition. Damit tappt er m. E. in dieselbe Falle wie alle Forscher, die der Mappamondo und der auf ihr dargestellten Welt ihre Meinung zuschreiben und ihn darauf festlegen wollen, womit sie gerade die differentia specifica der Mappamondo des Fra Mauro ausser Acht lassen.
Meines Erachtens läßt sich auf die Frage, warum Fra Mauro gerade diese Lösung für das zu seiner Zeit drängende Problem der Verortung des Irdischen Paradieses gefunden hat, eben keine eindeutige Antwort geben. Das liegt an der Konzeption Fra Mauros, auf die ich unten (5.3, S. 18 ff.) noch weiter eingehen werde.
Der Widerspruch zwischen der Legende auf der Mappamondo, die sich eng an die Tradition anlehnt und nur Autoritäten zitiert, die ausdrücklich die wirkliche Existenz des Irdischen Paradieses auf der Erde nahelegen, und der Einzeichnung desselben ausserhalb der bekannten und bewohnbaren Welt, läßt sich nicht auflösen. Er bleibt als Widerspruch bestehen.
Die Portugiesen haben das Irdische Paradies gesucht. Kolumbus glaubte, es am Orinoco gefunden zu haben. Für Fra Mauro ist es kein Teil dieser Welt – man kann es suchen, aber nicht finden. Wir wollen zur Illustrierung seiner Methodik an zwei weiteren Beispielen auf der Mappamondo deutlich machen, wie Fra Mauro mit den Widersprüchen, die sich aus den umwälzenden sozialen und geistigen Umbrüchen des 15. Jahrhundert ergeben, umgeht.

5. 1. Jerusalem auf der Mappamondo

Neben dem Irdischen Paradies als östlichster Ausrichtungspunkt ist Jerusalem – im Zuge der Kreuzzüge – auf sehr vielen Weltkarten seit dem 13. Jahrhundert als deren Zentrum von großer Bedeutung. Jerusalem wurde als Weltmittelpunkt fast immer genau in der Kartenmitte eingezeichnet. Dieses Zentrum verliert die Karte Fra Mauros – sie hat kein Zentrum von Bedeutung mehr (der Mittelpunkt auf Fra Mauros Karte ist ein Landstrich ohne Bedeutung in der Nähe Babylons). Fra Mauro hat auf seiner Mappamondo Probleme mit der Situierung Jerusalems, weil es für ihn aufgrund der Erfahrungen der Asienreisenden – deren empirisch gewonnenes Wissen er nicht übergehen kann – nicht mehr möglich ist, Jerusalem ins Zentrum der Welt zu setzen. Denn für diese Fiktion ist die West-Ost-Ausdehnung Asiens zu groß geworden. Er zieht die Konsequenz und zeichnet Jerusalem nicht in den Mittelpunkt seiner Karte. Die Mappamondo hat – wie gesagt – keinen signifikanten Mittelpunkt mehr: aber er zieht diese Konsequenz nicht ganz. Sein Ausweg aus diesem Jerusalem-Dilemma ist für seine Art der Argumentation bezeichnend: geographisch gesehen steht Jerusalem zwar nicht mehr im Mittelpunkt der Welt, aber da in Europa mehr Menschen leben würden als auf den übrigen Kontinenten, sei es von der Populationsverteilung her keine Frage, dass Jerusalem im Mittelpunkt der Welt liege:

„HIERUSALEN è in mezo de la terra habitabile secondo la latitudine de la terra habitabile, benché secondo la longetudine la sia più occidental, ma perché la parte ch'è più occidental è più habitada per l'europa perhò l'è in mezo ancora secondo la longitudine, non considerando el spatio de la terra ma la moltitudine di habitanti.“[32]

Wie soll man diese Äußerung nun interpretieren? Erlaubt sich Fra Mauro einen Scherz, oder meint er dieses Argument ernst? Man weiß es nicht. Die Frage bleibt offen. Man kanndas Argument akzeptieren oder nicht. Fakt ist, dass Jerusalem nicht mehr Mittelpunkt der Welt sein kann. Fra Mauro befindet sich als Kartograph in der Situation, die Tradition, in der Jerusalem als Weltmittelpunkt galt und als solcher dargestellt wurde, mit den ihm zugänglichen empirischen Evidenzen irgendwie vereinen zu müssen. Daraus ergibt sich auf der Karte die Verschiebung Jerusalems, die er in der Legende zu erklären versucht – jene Verschiebung konterkarierend, die er als solche einzeichnet. Ebenso – nur genau anders herum – verhält es sich bei ihm mit dem Irdischen Paradies. Es ist auf der Mappamondo eindeutig nicht Teil dieser Welt. Fra Mauro gibt dafür jedoch keine Begründung an. Im Gegenteil: er zitiert eben die Autoritäten, die das Gegenteil von dem behaupten, was Fra Mauro einzeichnet.

5. 2. Die Dreiteilung der Welt

Zur Unterstützung meiner These möchte ich noch ein weiteres Beispiel anführen. Neben der Stadt Jerusalem, in der mittelalterliche Weltkarten ihren heilsgeschichtlichen Mittelpunkt hatten, und dem Irdischen Paradies, das der Ausrichtungspunkt nahezu jeder mittelalterlichen mappamundi bis ins 16. Jahrhundert hinein war, war durch die Dreiteilung der Welt die allgemeinste äußere Erscheinung der Welt auf mittelalterlichen Weltkarten fest im Kreuz bestimmt.

Auf mittelalterlichen Karten wurden die drei vor der Entdeckung Amerikas bekannten Kontinente Asien, Afrika und Europa in einer Darstellungsform abgebildet, die man T-O-Kartenschema nennt. Es besteht aus einem Kreis, der die Ökumene repräsentiert, der durch ein Dreierschema in die Kontinente Asien, Afrika und Europa eingeteilt wird, wobei der Don, der Nil und das Mittelmeer die vertikalen und horizontalen Balken eines Kreuzes bilden.
Das Kreuz ist im Christentum das Symbol schlechthin. In einer der ersten bildlichen Darstellungen einer T-O-Radkarte, einem Isidorkodex aus dem 8. Jahrhundert, wird das T in der T-O-Karte auch entsprechend interpretiert: Direkt über dem T – der Achse von Nil, Don und Mittelmeer – befindet sich eine Zeichnung von Christus am Kreuz.[33] Diesem Interpretationsansatz folgend hat auch Lanman vorgeschlagen, das T im T-O-Schema könnte die crux comissa oder das tau-Kreuz symbolisieren[34], eine Interpretation, die durch einige Abbildungen gestützt wird, in denen die Enden des vertikalen Kreuzstückes abgeschnitten sind.[35]
Dem einfachen T-Schema mit den drei Kontinenten schließt sich in Isidorhandschriften häufig ein weiteres Schema an: Unmittelbar neben oder unter dem Ökumenebild findet sich ein von einem „V“ in drei Dreiecke zerlegtes Rechteck mit den Inschriften Sem, Iafeth und Cham, das in die beigegebenen Himmelsrichtungen eingespannt gedacht ist, wie man es z. B. in einer Isidorhandschrift aus dem 12. Jahrhundert sehen kann, die sich heute in der Bayerischen Staatsbibliothek befindet.[36] Die Erklärung dieser Skizze wird unter der Abbildung gegeben: „Ecce sic diviserunt terram filii noe post diluvium.“[37] Die drei Kontinente der antiken Ökumene werden in dieser Tradition mit den drei Söhnen Noahs verbunden, von denen es in der Bibel im Anschluss an die Sintflut heißt:
„Erant ergo filii Noe, qui egressi sunt de arca, Sem, Cham, et Jafeth […]. Tres isti sunt filii Noe, et ab his disseminatum est omne genus hominum super universam terram.“[38]

Damit wird die Dreiteilung der Welt christlich interpretiert und in einen christlichen Kontext einbezogen: der geographische Raum ist Teil der biblischen Geschichte, die sowohl durch das T selbst (als crux comissa), wie auch durch die Kontinente und ihre Verbindung zu den Noahsöhnen symbolisiert wird. Oft werden die Kontinentbezeichnungen mit den Namen der Söhne Noas direkt bildlich gleichgesetzt (wie wir es z. B. auf dem Erstdruck der Etymologiae Isidors sehen können), oder – noch darüber hinausgehend – die Kontinentbezeichnungen werden ganz zugunsten der Namen der Noahsöhne weggelassen. Die Gleichsetzung der Kontinente mit den Noahsöhnen ist in der mittelalterlichen Kartographie so häufig, dass man sie in der Forschungsliteratur seit Heinrich Wuttke mit der Bezeichnung „Noachidenkarten“ zu einer eigenen Untergruppe zusammenfasst.[39] Die Verbindung Asiens mit Sem, Europas mit Japhet und Afrikas mit Ham ist ein Topos der Kartographie, der sich bis in die Inkunabelzeit behauptet.

Fra Mauro erwähnt die Söhne Noahs auf seiner Karte mit keinem Wort. Und zur traditionellen Dreiteilung der Welt lesen wir folgendes:

Circa la division de la terra, çoè de la affrica da l'asia e similiter de la europa da l'asia, ne trovo apresso cosmographi et istoriographi diverse opinion de le qual se poria parlar diffusamente, ma per esser materia tediosa a demorar in questa controversia farò qui un poco de nota de le opinion de questi e quelo se de' tignir lasserò eleçer ai prudenti. Alguni che siegue li antichi, di quali son Messala orator che scrive la progenie de Otavian Augusto e Pomponio Mela e queli che'l siegue, vuol che'l nilo divida l'asia da l'affrica, et thanai la europa. Alguni dice che Tolomeo vuol che quela costa de monti de arabia, che sono da ladi de nubia e tirano per abassia e oltra quela ethyopia austral, faça la division de l'affrica. Alguni çoè i autori moderni vedando che questa division de l'affrica o per el fiume nilo o per queli monti fa l'affrica tropo picola, fa altra division e dice che'l mar rosso over sino arabico divide questa affrica. Item vedando che'l fiume edil el qual intra nel mar chaspio e vien de più al dreto de verso tramontana cha'l fiume thanai, dicono che questo fiume divide meglio la europa da l'asia, e questa ultima opinion par che sia aperta et più manifesta et habi men bisogno de linea imaginaria, chome par che voiano queli che fano le prime division. Unde conforto quele che vedeno questa opera che non vogli tropo occuparse in desputar questa division non essendo molto necessaria ma tegna quelo li par più rasonevole e approbabile e quanto a l'ochio e quanto a l'intelleto, non de men io ricordo esser laudevele acostarse a la autorità deli più auten[ti]ci.”[40]

Fra Mauro stellt in der Legende bezüglich der Einteilung der Welt die gängigen Meinungen vor und entscheidet sich theoretisch für die moderni – zeitgenössische Schriftsteller und Kartographen –, die eine andere Einteilung als die traditionelle des T-O-Kartenschemas vorschlagen. Sofort relativiert er diese Äußerung jedoch wieder durch die Bemerkung, dass dies eigentlich ein langweiliges Thema sei und dass jeder selbst entscheiden solle, was für ihn am wahrscheinlichsten sei. Zudem – und das ist besonders bemerkenswert – finden wir diese Äußerungen auf einer Karte, die in der Art der Zeichnung der mappamundi-Tradition verpflichtet ist. Denn Fra Mauros Karte ist in ihrer Grundkonzeption eine T-O-Radkarte.
Andere Darstellungsformen waren Fra Mauro durchaus bekannt: Sowohl die Form der Portolankarten wie auch graphische Darstellungen der Geographia des Ptolemäus waren um 1450 in Umlauf und Fra Mauro zeigt sowohl durch die genaue Darstellung der Küstenlinie des Mittelmeeres wie durch Diskussionen die Autorität des Ptolemäus betreffend, dass er sowohl die Portolankartographie wie auch Ptolemäus` Werk sehr gut gekannt hat. Wir wissen auch, daß Mitarbeiter Fra Mauros nicht nur die verschiedenen Kartenformen kannten, sondern sie auch in einer Synchrondarstellung produziert haben[41], was entweder ein weiterer Hinweis sein kann, daß wir uns in einer Zeit des Übergangs befinden, oder dafür, daß in der Kartenwerkstatt des Fra Mauro eine Kultur der Offenheit gepflegt wurde – jedenfalls soweit es die Darstellung der Welt betraf. (Denn daß Fra Mauro ein Mann der Entschiedenheit und Kompetenz war, belegt die Tatsache, daß ihn die venezianische Seignoria mit der Regelung verschlammter wichtiger Kanäle beauftragte, was einem als unentschieden bekannten Mann bei der Wichtigkeit der Sache kaum anvertraut worden wäre.[42] Wir können daher nur davon ausgehen, daß sein Auftrag von Alfons V. dahin lautete, eine Mappamondo in Form einer T-O-Radkarte zu liefern.
In der Form, die ihm durch die Wahl der Abbildung der Welt auf einer Radkarte gegeben ist, kritisiert Fra Mauro jedoch bewußt die bekannte und damit traditionell verbundene Form der Weltdarstellung, die sich durch die Tradition der Kartographie bis zu ihm hin zieht.
Allerdings – das sollten die Beispiele des Irdischen Paradieses, Jerusalems und der Aufteilung der Welt in ihrer grundlegenden Funktion der Einteilung des Kartenraumes zeigen – auf eine ihm ganz eigene Art, die keine klare und genaue Bestimmung zuläßt. Im Falle des Irdischen Paradieses widerspricht die Verortung des zeichnerischen Abbildes des Irdischen Paradieses direkt den in der Legende zitierten Autoritäten. Im Falle Jerusalems widerspricht die Legende der Verortung. Im Falle der Einteilung der Erde bezieht Fra Mauro nach ausführlicher Diskussion der verschiedenen Meinungen zwar Stellung. Diese relativiert er jedoch sofort wieder mit der Bemerkung, dass die Frage nach der Einteilung der Welt – durchaus religiös aufgeladen und theologisch eine lange Zeit hindurch bedeutsam – ein unwichtiges und langweiliges Thema sei, zu dem jeder sich seine eigene Meinung bilden könne.

5. 3. Fra Mauros skeptische Haltung

Was sich an diesen drei Beispielen zeigt, läßt sich auf zahlreiche andere Themengebiete auf der Mappamondo ausdehnen. Aber schon an diesen drei Beispielen wird Fra Mauros Methode deutlich. Es ist eine Methode der Gegeneinanderstellung von Widersprüchen und der daraus resultierenden Darstellung von Möglichkeiten. Der Begriff für diesen methodischen Zugang zur Welt läßt sich m. E. am besten mit Skepsis umschreiben. Die Art, in der Fra Mauro die ihm bekannte Welt wiedergibt, ist quasi die zeichnerisch-geographische Darstellung der Skepsis, wie wir sie bei Sextus Empiricus – der im 15. Jahrhundert ebenso wie Ptolemäus in Italien wieder bekannt und rezipiert wird[43] – beschrieben finden. Im Grundriß der pyrrhonischen Skepsis heißt es: „Die Skepsis ist die Kunst, auf alle mögliche Weise erscheinende und gedachte Dinge einander entgegenzusetzen […].“[44] In eben jener Kunst versteht sich Fra Mauro aufs Trefflichste! Nicht nur die Diskussion über das Irdische Paradies, Jerusalem, die Dreiteilung der Welt, Monster und Mirabilia, über die Umschiffbarkeit Afrikas oder über die Verortung des legendären Priesterkönigs Johannes zeigt das.
Fra Mauro führt zu jedem Thema immer alle ihm bekannten Informationen an. Und er behandelt alle ihm zugänglichen Informationen – und das macht seine Karte so besonders – gleichwertig. Die Widersprüche, die sich daraus zwangsläufig ergeben, läßt er als solche stehen. Das Irdische Paradies kann einfach nicht in Asien sein, denn man kennt Asien mittlerweile. Und man hat es dort nicht gefunden. Aber die Theologen behaupten das Gegenteil der empirischen Evidenzen. Und den Autoritäten sollte man sich – gerade als Kamaldulensermönch wie Fra Mauro es war – doch verpflichtet fühlen. Also schreibt man beides auf. Sollen doch andere entscheiden!

Jene anderen sind die Betrachter der Karte, mit denen Fra Mauro indirekt in Kontakt tritt. Diese Subjektivierung des Autors wie auch des Publikums und des vermittelten Inhaltes auf der Karte ist beachtenswert. Auf keiner anderen Karte der Zeit tritt der Kartograph so persönlich auf. Aus Fra Mauros Legenden spricht ein Bewußtsein dafür, dass es der Kartograph mit seinem eigenen Blick ist, der die Welt darstellt. Für ihn gibt es keine ewigen Wahrheiten mehr. Vielleicht Fortschritt, aber nur einen tendenziellen in einer Welt, die sich verändert. Aus diesem Grund erlaubt er sich auch – in einer für das Verständnis der Mappamondo zentralen Legende – Ptolemäus zu kritisieren:

Questa opera, fata a contemplation de questa illustrissima signoria, non ha in sì quel compimento che la doveria, perché certo non è possibile a l'intellecto human senza qualche superna demostration verificar in tuto questa cosmographia over mapamundi, de la qual se può haver qualche noticia più a degustation cha a supplimento del desiderio. Unde se algun contradirà a questa perché non ho seguito Claudio Tolomeo, sì ne la forma come etiam ne le sue mesure per longeça e perlargeça, non vogli più curiosamente defenderlo de quel che lui proprio non se defende, el qual nel secondo libro capitulo primo dice che quele parte de le qual se ne ha continuapratica se nepuò parlar corretamente, ma de quele che non sono cussìfrequentade non pensi algun se ne possi parlar cussì correctamente. Però intendando lui non haver possudo in tuto verificar la sua cosmographia, sì per la cossa longa e difficile e per la vita brieve e l'experimento fallace, resta che'l conciede che cum longença de tempo tal opera se possi meglio descriver over haverne più certa noticia de quel habuto lui. Per tanto dico che io nel tempo mio ho solicitado verificar 1a scriptura cum la experientia, investigando per molti anni e praticando cum persone degne de fede, le qual hano veduto ad ochio quelo che qui suso fedelmente demostro.“ [45]

Auf diese in diesem Zitat deutlich werdende Subjektivierung sowohl des Kartographen als auch des Wissens von der Welt auf der Mappamondo weist auch Patrick-Gaultier Dalché hin:

„Wie jede mittelalterliche Weltkarte ist die Karte von Fra Mauro eine Mischung aus Text und Bild; und wie es dem Herkommen dieser Gattung entspricht, ist jede Legende eine Stellungnahme des Autors, der sie zeichnet, bzw. des Schreibers, der sie kopiert […]. Von diesem Punkt aus betrachtet, befinden wir uns ganz im Rahmen des Üblichen: Fragt man nach der Formulierung seiner Legenden, so sind sie allesamt persönliche Stellungnahmen zu verschiedenen Möglichkeiten der Interpretation und Darstellung. Doch eine wesentliche Tatsache, welche diese Karte von allen anderen unterscheidet, besteht in der permanenten und somit nachdrücklichen Anwesenheit des Selbst des Kartographen, welches in einer großen Zahl von Legenden in der ersten Person in Erscheinung tritt. Nach meinem Kenntnisstand gibt es keine andere mittelalterliche Karte, bei der sich der Autor selbst in der Weise Nachdruck verleiht, indem er sich über den rhetorischen Grundsatz der modestia hinwegsetzt und seine Einstellung dem aufzwingt, was in den Bereich der göttlichen Schöpfung fällt; kein Kartograph setzt sich selbst durch ein so häufiges und ebenso systematisch auftauchendes io in Szene. Insgesamt erscheint dieses io mehrere Dutzend [ungefähr 80, Anm. N. E.] Mal. […] Im Vergleich zu Werken gleicher Art ist diese Anwesenheit des Selbst notgedrungen als ein Anliegen bedeutsam, die subjektive Einstellung des Autors ins Zentrum der Mitteilungen zu setzen. Die Weltkarte muss als Herstellung eines Gegenstandes mit einer vom Kartographen beabsichtigten, doppelten Dialog-Funktion betrachtet werden: auf der einen Seite der Dialog zwischen ihm und seinen einstigen und aktuellen Informanten, auf der anderen Seite zwischen seinem Selbst und denjenigen, die seine Karte anschauen und lesen sollen und somit sein Publikum ausmachen.“ [46]

6. Schluss

In diesem Deutungsmuster sollte das Phänomen der Verortung des Irdischen Paradieses gesehen werden. Hier verliert die in der Forschungsliteratur so oft diskutierte Frage nach der Modernität der Mappamondo im Sinne des Streites zwischen experientia und auctoritas ihre Bedeutung. Was an der Mappamondo auffällt – das Irdische Paradies ist nur ein Beispiel dafür – ist weniger der Bruch mit der Tradition, als vielmehr ihr diskursiver Charakter zwischen dem Selbst des Kartographen und seinem potenziellen Publikum. Fra Mauro zieht es vor, auf seiner Karte Widersprüche nebeneinander stehen und bestehen zu lassen. Es bleibt dem Betrachter der Karte überlassen, ob er diese Widersprüche auflösen oder bestehen lassen möchte.[47]
Vielleicht macht Fra Mauro hier den Widerspruch alles Verschriftlichten deutlich, den für sich in seiner Weise gelöst hat: dass die Dinge im Prozeß fließend sind. Der Erkenntnisprozeß ist ein fließender Prozeß. Der Erkennende weiß, während er erkennt, dass sich alles – also auch seine Erkenntnis – verändert. Aber er ist gezwungen, zu einem Ende zu kommen und etwas Veränderliches als etwas Stationäres darzustellen. Und Fra Mauro ist sich bewusst, dass die Welt, in der er lebt und die er abbildet, sich ständig verändert. Die Welt eines Ptolemäus war eine andere als seine oder die eines Augustinus. Die ewigen Autoritäten werden hier in erster Linie Autoritäten ihrer Zeit. Man kann sie nicht ignorieren, aber man kann ihnen diskret – durch die Darstellung neuen Wissens – eine andere, eigene Welt entgegensetzen.

Die ab dem 13. Jahrhundert einsetzende Welterweiterung hat hier nicht ein Gewisserwerden über die Gestalt der Welt zur Folge, sondern vielmehr ein deutlich werdendes Bewußtsein sowohl ihrer Unbestimmtheit wie der Zufälligkeit der eigenen Beschreibungsmuster und–strukturen. Die Welt gewinnt bei Fra Mauro an Erklärungsbedarf, der um 1450 für ihn noch nicht ausreichend befriedigt ist. Die Mappamondo ist ein Dokument des Überganges zwischen dem Nicht-mehr bis dato gängiger Vorstellungen bezüglich der Welt und dem Noch-nicht neuer, ausschließlich auf Ptolemäus beruhender Darstellungs- und Vorstellungskonventionen, die sich auf kartographischem Gebiet erst mit dem Einsetzen der breiten Rezeption Ptolemäischer Methodik gegen Ende des 15. Jahrhunderts durchsetzt. Diese Übergangssituation setzt bei Fra Mauro großes kritisches Potenzial frei: Ungebunden an ein bestimmtes Paradigma ist es ihm möglich, dem einfachen Seefahrer eine ebenso große Bedeutung zuzumessen wie Isidor von Sevilla und Ptolemäus. Das führt zu einer geistigen Offenheit, die jedes Argument unabhängig von dem, der es sagt, gelten läßt, sofern es wahrscheinlich erscheint. Jene prinzipielle Offenheit, das Nicht-entscheiden-wollen ist – um auf das Thema meiner Arbeit zurückzukommen – m. E. die Ursache für die seltsame, in sich widersprüchliche Verortung des Irdischen Paradieses ebenso wie die Verschiebung Jerusalems und die Diskussion über die Dreiteilung der Welt. Auf der Mappamondo ist eine Welt dargestellt, die unbestimmt ist und die zu einer skeptischen Haltung einlädt. Diese Haltung ist jedoch keine Verunsicherung, sondern produktiv und positiv. Selbstbestimmt entscheidet der Kartograph sich dafür, die prinzipielle Offenheit und Veränderlichkeit der Welt nicht nur einzugestehen, sondern sie zu wollen. Fra Mauro zeigt uns, welch großes geistiges Abenteuer die Entdeckung der Welt ist. Auch wenn wir nun – aller Wahrscheinlichkeit nach – ohne das Irdische Paradies auskommen müssen.

7. Literaturverzeichnis

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[1] Selected Documents Illustrating the Four Voyages of Columbus, übers. u. hg. v. L. Cecil Jane, 2 Bde., London 1930-33, Bd. 2, S. 38, [Übersetzung N. E.].
[2] Vgl. Pero Vaz de Caminha, Lettre au Roi Dom Manuel, in: Pero de Magalhaes de Gandavo, Histoire de la province de Santa Cruz qur nous nommons le Brésil, übers. u. hg. v. Henri Ternaux u. Philippe Billé, Nantes 1995, S. 125-149.
[3] Vgl. Luis de Matos, L`Expansion portugaise dans la littérature latine de la Renaissance, Lissabon 1991, S. 427.
[4] So ist es auf einer Münze zu lesen, die für sein Andenken geprägt worden ist. Auf ihr steht: „Frater Maurus S. Michaelis Muranensis de Venetiis ordinis Camaldolensis cosmographus incomparabilis“, zitiert nach: Placido Zurla, Il mappamondo di Fra Mauro Camaldolese descritto e illustrato da Placido Zurla, dello stess`ordine, Venedig 1806, S. 11.
[5] Siehe dazu: Angelo Cattaneo, Fra Mauro Cosmographus Incomparabilis and his Mappamundi: Documents, Sources, and Protocolls for Mapping, in: La cartografia europea tra primo rinascimento e fine dell`Illuminismo, Firenze 2003, S. 19-48, S. 26.
[6] Vgl. für weitere Beispiele vertiefend: Jerry Botton, Trading Territories. Mapping the Early Modern World, New York 1997, S. 51 f.
[7] Dass die Portugiesen die Weltkarte von Fra Mauro erhalten haben, wird anhand eines Dokumentes deutlich, das sich heute im Arquivo da Torre do Tombo in Lissabon befindet. Siehe dazu: Angelo Cattaneo, Fra Mauro Cosmographus Incomparabilis and his Mappamundi: Documents, Sources, and Protocolls for Mapping, a. a. O., S. 30.
[8] Piero Falchetta, Fra Mauro`s World Map. With a Commentary and Translations of the Inscriptions, Brepols 2006, No. 149. – Alle Legenden auf der Mappamondo werden im Weiteren mit den Nummernangaben dieser Edition zitiert.
[9] Vor allem deshalb, weil in der Sekundärliteratur die Meinung noch immer weit verbreitet ist, dass die Umsegelung Afrikas ein rein portugiesisches Unternehmen gewesen sei, von dem wenig nach außen gedrungen ist. Als Beispiel für diese Meinung sei hier nur Donald F. Lach zitiert, der in seiner ansonsten hervorragenden Studie über Europa und Asien schreibt: „That the Portuguese sought to keep to themselves the details of their overseas discoveries beginning in the time of Prince Henry is neither a new observation nor a remarkable fact.” (In: Donald F. Lach: Asia in the Making of Europe, Bd. 1, Chicago 1965, S. 151. – Dort auch weitere Literatur zur Geheimhaltungspolitik: Ebd., S. 151, Anm. 6.) – siehe hierzu auch: J. B. Harley, Silences and secrecy: the hidden agenda of cartography in earlymodernEurope, in: Imago Mundi 40 (1988), S. 57-76. – Fra Mauro liefert mit seiner Weltkarte ein Gegenbeispiel hierzu: er hat seine Mappamondo nicht nur im Auftrag der Portugiesen gezeichnet, sondern dafür auch Karten der Portugiesen benutzen können.
[10] Für einen einführenden Überblick über diesen Kartentypus, für den Fra Mauro der bekannteste Vertreter ist siehe: David Woodward, Medieval Mappaemundi, in: J. B. Harley u. David Woodward, The History of Cartography, Bd. 1, Cartography in Prehistoric, Ancient, and Medieval Europe and the Mediterranean, S. 286-370, zu Fra Mauro insbesondere S. 314 ff. – siehe auch: Evelyn Edson, The World Map 1300-1492, Baltimore 2007. – Eine hervorragende Arbeit über Fra Mauro mit Edition der Mappamondo ist: Piero Falchetta, Fra Mauro`s World Map. With a Commentary and Translations of the Inscriptions, Turnhout 2006.
[11] No. 2926.
[12] Beda Venerabilis, Hexaemeron, sive libri quatuor in principium Genesis usque ad navitatem Isaac et electionem Ismaelis, in: Patrologia Latina, Bd. 91, Sp. 43f.
[13] Vgl. Alessandro Scafi, Mapping Eden. A History of Heaven on Earth, London 2006, S. 32 ff.
[14] Zur allegorischen Auslegung siehe: Alessandro Scafi, Mapping Eden. A History of Heaven on Earth, a. a. O., S. 36 ff.
[15] Augustinus, De Genesi ad Litteram libri duodecim, in: S. Aurelii Augustini, Opera Omnia Tomus Tertius, in: Patrologia Latina Bd. 34, Sp. 371.
[16] Das Irdische Paradies ist ein so elementarer Bestandteil mittelalterlicher mappaemundi, dass Alessandro Scafi den Begriff „mappamundi“ sogar über die Darstellung des Irdischen Paradieses definiert. Vgl. Alessandro Scafi, Mapping Eden: Cartographies of the Earthly Paradise, in: Mappings, hg. v. Denis Cosgrove, London 1990, S. 50-70, S. 63.
[17] Zu Cosmas Indikopleustes: O. A. W. Dilke, Cartography in the Byzantine Empire, in: History of Cartography Bd. 1, S. 261 ff., Abbildung ebd. S. 263 (Fig. 15. 2).
[18] Vgl. Scott D. Westrem,, The Hereford map: a transcription and translation of the legends with commentary Turnhout 2001. – Vgl. auch Abb. 3.
[19] Vgl. Die Weltkarte des Andreas Walsperger, Faks.-Wiedergabe, Bibliotheca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1362 B,Zürich 1981.
[20] Vgl. John Kirtland Wright, The Leardo Map of the World 1452 or 1453, New York 1928.
[21] Siehe zu den Nachweisen der Karten: Fred Plaut, Where is Paradise? The Mapping of a Myth, in: The Map Collector 29, 1984, S. 2-7, S. 5.
[22] Abbildung in: Alessandro Scafi, Mapping Eden: Cartographies of the Earthly Paradise, a. a. O., S. 62.
[23] Rodney W. Shirley, The Mapping of the World: Early Printed World Maps 1472-1700, London 1993.
[24] Ebd., S. 64 f.
[25] Ebd., S. 74 f.
[26] Abbildung der Tabelle in Alessandro Scafi, Mapping Eden. A History of Heaven on Earth, a. a. O., S. 231.
[27] Wilhelm v. Ockham, Scriptum in primum librum sententiarum, Prologus, Quaestio 1, in: Ockham, Opera theologica, Band 1, New York1967, S. 74.
[28] Vgl. Fred Plaut, Where is Paradise?, a. a. O., S. 6.
[29] Placido Zurla: Il Mappamondo di Fra Mauro, Venezia 1806.
[30] Vgl. zu dieser Kontroverse einführend: Wojiech Iwanczak, Entre L`espace Ptolemaique et L`empirie: Les cartes de Fra Mauro, in: Medievales 18, 1990, S. 53-68; Ingrid Baumgärtner, Weltbild und Empirie. Die Erweiterung des kartographischen Weltbilds durch die Asienreisen des späten Mittelalters, in: Journal of Medieval History 23, 1997, S. 227-253; Ingrid Baumgärtner: Kartographie, Reisebericht und Humanismus. Die Erfahrung in der Weltkarte des venezianischen Kamaldulensermönchs Fra Mauro, in: Das Mittelalter 3, 1998, S. 161-193. – Kritik an der Reduzierung der Mappamondo auf die Pole auctoritas/experientia übt dagegen Patrick Gautier Dalché, in: Patrick Gautier Dalché: Weltdarstellung und Selbsterfahrung: Der Kartograph Fra Mauro, in: Kommunikation mit dem Ich, hg. v. Heinz-Dieter Heimann, Bochum 2004, S. 39-51.
[31] Alessandro Scafi, Mapping Eden. A History of Heaven on Earth, a. a. O., S. 235.
[32] No. 1011.
[33] Isidor, Etymologiae, Weltkarte 8. Jh., St. Gallen, Stiftsbibl., MS 237, s. 1, Abbildung in: : Jörg-Geerd Arentzen, Imago Mundi Cartographica, Studien zur Bildlichkeit mittelalterlicher Welt- und Ökumenenkarten unter besonderer Berücksichtigung des Zusammenwirkens von Text und Bild, München 1984, Abb. 15a.
[34] Jonathan T. Lanman, The Religious Symbolism of the T in T-O Maps, in: Cartographica 18, 4, 1981, S. 18-22, S. 18 f.
[35] Wie zum Beispiel in einem Manuskript zu Sallust`s De bello Jughurtino aus dem elften Jahrhundert, das sich heute in der Biblioteca Medicea Laurenziana befindet, Florenz, Plut. 64. 18, fol. 63v. Eine Abbildung davon in: David Woodward, Reality, Symbolism, Time, and Space in Medieval World Maps, in: Annals of the Association of American Geographers 75, 1985, S. 510-521, S. 516. – Zahlreiche weitere Abbildungen dieses Typus mit abgschnittenem Kreuzstück in: Jörg-Geerd Arentzen, Imago Mundi Cartographica, a. a. O., Anhang (Abbildungen).
[36] Vgl. Ökumenenschema, 12. Jh., in: Isidor, Etymologiae, München, Bayerische Staatsbibliothek, clm 22227, fol. 138, abgedruckt in: Jörg-Geerd Arentzen, Imago Mundi Cartographica, a. a. O., Abb. 28.
[37] Ebd.
[38] Gen. 9, 18 f.
[39] Vgl. Heinrich Wuttke, Ueber Erdkunde und Karten des Mittelalters, Leipzig 1853, S. 25.
[40]No. 2489
[41] Wie wir es auf dem Atlante Nautico des Andrea Bianco von 1436 sehen können. Andrea Bianco – ein Mitarbeiter an der Mappamondo des Fra Mauro – hatte 1436 einen Seeatlas gezeichnet, in dem sich eine mittelalterliche Mappamondo neben einer Ptolemäischen Weltkarte findet, ebenso wie verschiedene Portolankarten. Vgl. Andrea Bianco, Atlante Nautico, hg. v. Piero Falchetta, Venedig 1993.
[42] Vgl. Angelo Cattaneo, Cosmographus Incomparabilis and his Mappamundi: Documents, Sources, and Protocolls for Mapping, a. a. O., S. 26.
[43] Zur Rezeptions- und Bedeutungsgeschichte des Sextus Empiricus: Gian Mario Cao, The Prehistory of Modern Scepticism: Sextus Empiricus in fifteenth-century Italy, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 64, 2001, S. 229-279; Luciano Floridi, Sextus Empiricus. The Transmission and Recovery of Pyrrhonism, Oxford 2002.
[44] Sextus Empiricus, Grundriß der pyrrhonischen Skepsis, Frankfurt/Main 1968, S. 94.
[45] No. 2834.
[46]Patrick Gautier Dalché, Weltdarstellung und Selbsterfahrung: Der Kartograph Fra Mauro, a. a. O., S. 43.
[47] Alphons V., an den Fra Mauro seine Mappamondo geschickt hatte, hat die Karte – wie wir aus einem Dokument wissen – nicht gefallen. Die Sicht der Welt, die Fra Mauro vermittelt, war nicht im Sinne dieses Betrachters. Die Frage ist: warum? Vielleicht weil die Portugiesen, die es gerade unternahmen, einen Seeweg nach Indien zu finden, wissen wollten, wie die Welt ist. Und genau das hat ihnen Fra Mauro nicht sagen können. – Siehe dazu: Angelo Cattaneo, Fra Mauro Cosmographus Incomparabilis and his Mappamundi: Documents, Sources, and Protocolls for Mapping, a. a. O., S. 30.

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Über Nikolaus Egel 13 Artikel
Dr. Nikolaus Egel, geboren 1984 in Berlin, studierte von 2004-2008 Philosophie an der LMU München, Abschluß der Promotion 2014 im Fach Philosophie, zur Zeit tätig am Historischen Seminar der LMU München.

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