Sigmar Gabriel und die Wertefrage

In seiner Ansprache vor den Delegierten konnte der Vorsitzende Sigmar Gabriel den Eindruck erwecken, dass die Sozialdemokraten sich an die Werte der Partei wieder erinnern. Selbstverständlich ist er nicht darauf eingegangen, dass die Partei aufgrund einer pseudowissenschaftlichen Weltanschauung, dem Neoliberalismus, eine Gehirnwäsche durchgemacht hat von der sich diese offensichtlich noch nicht erholt hat.
Offensichtlich ist Herrn Gabriel aufgegangen, dass die Agenda 2010 und deren Folgen als das schwärzeste Kapitel in der Nachkriegsgeschichte der SPD eingehen werden. In diesem Zusammenhang wird der Zwang zur Selbstunterwerfung in Sachen ALG II und der Verfassungsbruch dieser Gesetzgebung, welcher mit dem Begriff eines „aktivierenden Sozialstaates“ vertuscht wurde, erwähnt. Im Jahre 2008 äußerte Gerhard Baum von der FDP, dass ihn die ständigen Verfassungsbrüche von denjenigen, die auf das Grundgesetz vereidigt wurden, umtreiben.
Als bemerkenswert wurde seine Aussage in Sachen Thilo Sarrazin empfunden. Herr Gabriel hatte den Mut auf dessen intellektuelle Entgleisung hinzuweisen und auf die Tatsache, dass in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Regierung in Schweden ca. 60 Tausend Sterilisationen vornehmen ließ. Dieses erfolgte aufgrund einer pseudowissenschaftlichen Weltanschauung. Leider hat er es versäumt im Detail auf die Geschehnisse in Deutschland hinzuweisen. Wer Interesse hat, der möge unter Youtube unter dem Titel Rassenhygiene das Kapitel „Alles Kranke ist Last“ ansehen, wo die Tötung zur Rettung des Gemeinwohls nach Josep Mayers Schriften aus dem Jahre 1927 dargelegt wird.
Nach der insgesamt jedoch als positiv zu bezeichnenden Rede, wurde dieses sofort wieder durch den emphatischen Dampfredner Steinbrück in Zweifel gezogen. Man muss sich tatsächlich fragen, was in dessen Hirn eigentlich vor sich geht, wenn er die wirtschaftspolitische Kompetenz damit anmahnt, dass es nicht reichen würde, sich um ALG II Empfänger und Rentner zu kümmern. Er war es, der gezwungenermaßen eine zusätzliche Verschuldung von mindestens 500 bis 600 Milliarden Euro befürworten mußte um die Fehler des Systems zu kitten. Dieses geschieht vor dem Hintergrund, dass von Attac und anderen Orginisationen jahrelang auf die Mißstände auf den Märkten hingewiesen wurde und gegen diese beim G8-Treffen in Heiligendamm man vehement protestierte. Es bleibt festzustellen, dass sich eine merkwürdige wirtschafts- und finanzpolitische Kompetenz hinter seinen Äußerungen verbirgt, wenn dieser u. a. jahrelang die Theorie von Keynes verteufelt und dann diese zur Rettung des Systems als tolle Erfindung der damaligen Regierungskoalition darstellt.
Die Inkompetenz von Herrn Steinbrück dürfte nur noch von Herrn Brüderle, Frau Dr. Merkel und Herrn Schäuble übertroffen werden, die in diesem Zusammenhang mit der Finanzkrise von einem schmerzlichen Lernprozess gesprochen haben.
Aktuell ist nunmehr bekannt geworden, dass Giftpapiere in der Summe von ca. 191 Mrd. Euro angekauft werden müssen um das Bankensystem zu stabilisieren. Weitere Finanzspritzen von 50 Mrd. Euro werden zusätzlich benötigt.
Im Gesamtzusammenhang ist anzunehmen, dass sich die Sozialdemokraten in Richtung Sozialdemokratie wieder zurückbewegen werden. Ob eine notwendige Glaubwürdigkeit erreicht wird um ein Koalitionspartner für die Linkspartei werden zu können, hängt auch davon ab, welche Einstellung sich nunmehr hinsichtlich der Einsätze der Bundeswehr, welche zu einer Berufsarmee umfunktioniert wird, herauskristallisiert.
Interessant ist in diesem Zusammenhang wieder die Vertuschung dass man eine Berufsarmee schaffen will. Erfahrungen mit einer solchen liegen genug vor. Nicht umsonst, hat man im Grundgesetz eine Verankerung der Bundeswehr in die Gesellschaft (Staatbürger in Uniform) vorgenommen. Es wurde u.a. der merkwürdige Begriff „Freiwillige Wehrpflicht“ geschaffen. Offensichtlich kann man für die Auslandseinsätze keinen Bürger in Uniform gebrauchen. Im 3. Reich hat man das Problem für den Spanienkrieg durch Schaffung der „Legion Condor“ befriedigend gelöst.
Mit Interesse sollte man die Ergebnisse des Sonderparteitages aufnehmen. Immerhin bekennt sich wohl ein großer Teil dieser Traditionspartei für eine grundlegende Korrektur des ALGII Gesetzes, welche vom rechtskräftig verurteilen Peter Hartz erfunden wurde und eine Einführung durch die mit Vorurteilen gespickte Propaganda von Schröder, Clement und Müntefering erfahren hat.
Es bleibt abzuwarten, ob die Neoliberalen innerhalb der SPD endlich aus den Parteiämtern verschwinden oder entmachtet werden.

Finanzen

Über Westphal Rainer 94 Artikel
Rainer Westphal, geboren 1944, ist seit 2 Jahren freiberuflich auf dem Sektor „Betriebswirtschaftliche Beratung und Betreuung“ mit dem Schwerpunkt Controlling tätig. Nach Abschluss der Mittleren Reife studierte er nebenberuflich Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft und Arbeitsrecht. Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit im Geld- und Devisenhandel verfügt er über entsprechende interne Branchenkenntnisse.

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