Sind die Europäischen Grundwerte sicher?

Foto: Stefan Groß

Vor kurzem hat der Luxemburgische Außenminister Jean Asselborn dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán eine massive Verletzung der EU-Grundwerte vorgeworfen, die sich wohl von den Grundwerten außerhalb der EU massiv unterscheiden.

Wer wie Ungarn Zäune gegen Kriegsflüchtlinge baut oder wer die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz verletzt, der sollte vorübergehend oder notfalls für immer aus der EU ausgeschlossen werden.

Wir schließen daraus, dass es den EU-Grundwerten widerspricht, wenn Zäune gegen Kriegsflüchtlinge gebaut oder die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz verletzt werden.

Beginnen wir mit den Zäunen. Es geht nicht um marode Lattenzäune, sondern um hohe Zäune, die mit Stacheldraht bewehrt sind, um ein Eindringen in die zu schützenden Areale zu verhindern. Spanien hat solche Zäune um seine besetzten und besiedelten nordafrikanischen Gebiete gezogen. Sie sind alle 6 m hoch und mit Stacheldraht gekrönt. Die Zäune sind auf Wunsch, Veranlassung und mit Geldern der EU errichtet worden. Die Zäune halten Asylsuchende und Kriegsflüchtlinge aus Nord- und Zentralafrika vom Betreten der EU ab.

In Calais bezahlt Großbritannien 4 m hohe Betonmauern, die derzeit gebaut werden, um die bisherigen ineffektiven Zäune zu ersetzen. Die Mauern werden auf Wunsch und Bezahlung Großbritanniens durch Frankreich errichtet. Ob den Mauern Stacheldraht aufgesetzt wird, ist von der zukünftigen Effektivität der Betonmauern abhängig. Die Mauern sollen Asylsuchende und Kriegsflüchtlinge aus Nord- und Zentralafrika vom Betreten Englands abhalten.

Niemand, auch nicht der Luxemburgische Außenminister Jean Asselborn, hat bisher Spanien, Frankreich oder Großbritannien massive Verletzung der EU-Grundwerte vorgeworfen.

In der Türkei werden die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz verletzt. Aus diesem Grund hat Österreich gefordert, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu beenden oder auszusetzen. Aus moralisch höheren Gründen, die nicht nur der Luxemburgische Außenminister Jean Asselborn und die Deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel kennen, werden die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei nicht unterbrochen, was nicht bedeutet, dass sie von Erfolg gekrönt sein werden. Die EU-Grundwerte Pressefreiheit und Unabhängigkeit der Justiz werden sowohl in Ungarn und Polen, als auch in der Türkei verletzt. Für Ungarn fordert der Luxemburgische Außenminister Jean Asselborn den Ausschluss aus der EU, für die Türkei den Einschluss. Über Polen schweigt sich der sehr gut verdienende Berufseuropäer aus.

Die dargelegten Widersprüche lassen sich lösen: Wenn es für die EU (Luxemburg) vorteilhaft ist, dann dürfen EU-Grundwerte verletzt werden. Salopp ausgedrückt: Es gibt keine EU-Grundwerte.

In Anbetracht dieser Erkenntnis könnten in der gesamten EU bald ungarisch-türkisch-französisch-britisch-spanisch-polnische Zustände herrschen. Nicht nur bezüglich Zäunen, Mauern und Stacheldraht, sondern auch, was die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz betrifft. Für Deutschland tut sich ein angenehmer Nebeneffekt auf: Niemand braucht die AfD zu wählen!

Über Nathan Warszawski 535 Artikel
Dr. Nathan Warszawski (geboren 1953) studierte Humanmedizin, Mathematik und Philosophie in Würzburg. Er arbeitet als Onkologe (Strahlentherapeut), gelegentlicher Schriftsteller und ehrenamtlicher jüdischer Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Gesellschaft zu Aachen.

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