Um unsere Schulen steht es nicht gut: Keine Satire – höchstens Parodie

Erste Hilfe Kurs, Foto: Stefan Groß

Die nun nicht mehr so neue CDU-FDP-Regierung in Nordrhein-Westfalen beschließt, den  Unterrichtsausfall an allen NRW-Schulen zu dokumentieren. Wozu die sensiblen Daten erhoben werden, ist noch nicht bekannt, resp. steht noch nicht fest. Vorgesehen ist die einmal wöchentliche (nicht die tägliche) Erhebung des Unterrichtsausfalls. Allein für die Entwicklung der notwendigen Computer-Software sind 300.000 € eingeplant. Nach bisherigen Erfahrungen wird die doppelte bis vierfache Summe erforderlich sein, bevor die Programme laufen.

Zusätzlich sind 183 Lehrer-Ausgleichsstellen notwendig, um die Lehrer zu entlasten, die ab dem kommenden Schuljahr den Unterrichtsausfall erheben werden. Denn nur Lehrer, die im Schulalltag eingebunden sind, sind nach einigen (kostenlosen? billigen?) Vorbereitungskursen in der Lage und fähig, einen Unterrichtsausfall zuverlässig und fehlerfrei zu dokumentieren. Eine Abschlussprüfung in schriftlicher oder mündlicher Form, um den Erfolg an der Teilname an den Vorbereitungskursen zu verifizieren, ist wegen Lehrermangels nicht vorgesehen.

— Das erinnert an Armin Laschet, der vor zwei Jahren an der Universität Aachen ehrenhalber Vorlesungen in Politik gegeben hat. Sogar eine Abschlussprüfung ist vorgesehen gewesen, die der ehrenamtliche Dozent wegen Zeitmangel nicht korrigiert. Er gibt die Prüfungsblätter nicht an der Universität ab, sondern behauptet, sie nicht mehr zu finden. Die Noten habe er jedoch zuvor notiert. So erhalten alle Studenten die Bestnote „1“.  Armin Laschet geht davon aus, dass sich kein Student beschweren wird. Doch dummerweise kommt heraus, dass auch Studenten, die an der schriftlichen Prüfung gar nicht teilgenommen haben, die Bestnote erhalten haben. Universität und Laschet einigen sich, die ehrenvolle Zusammenarbeit zu beenden. Die Studenten müssen die Prüfung bei einem zuverlässigen Dozenten wiederholen, Armin Laschet wird Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. —

Lehrer werden öfters krank oder sind aus anderen mannigfaltigen Gründen nicht an ihrem Arbeitsplatz aufzufinden. Es ist berechtigt anzunehmen, dass darunter auch diejenigen Lehrer fehlen werden, die den Unterrichtsausfall ein mal pro Woche regelmäßig erheben werden. In einem solchen Ausfallfall wird ein gewöhnlicher, mit Schülern arbeitender Lehrer, der nicht Unterrichtsausfälle dokumentiert, den erkrankten oder sonst wie abwesenden Unterrichtsausfälle dokumentierenden Kollegen ersetzen müssen, was zwangsweise zu einer weiteren Zunahme der Unterrichtsausfälle führen wird.

Somit ist geklärt, dass auch die Unterrichtsausfälle derjenigen Lehrer dokumentiert werden, die neben ihrem Unterricht Unterrichtsausfälle dokumentieren.

Unter der vorherigen rot-grünen Landesregierung hat es nur stichprobenartige Erhebungen in größeren Abständen (2–3 mal jährlich, falls überhaupt) gegeben. Der Unterrichtsausfall im Schuljahr 2014/15 ist von den Rot-Grünen mit lediglich 1,7 % beziffert worden, was Lehrer, Hausmeister, Schüler und Eltern als geschönt ansehen. Unklar ist bisher, ob – wenn eine Lehrkraft (Lehrer aller sozialen Geschlechter) einspringt, die auf Grund des Lehrermangels zwei Schulklassen gleichzeitig betreuen muss – dies als Unterrichtsausfall bewertet werden wird. Hierbei setzt sich der beaufsichtigende Lehrer auf einen Stuhl – zuweilen mit Pult – mitten auf dem Gang, von wo aus er bei offenen Türen einen Teil der Lernkräfte (Schüler aller sozialen Geschlechter) in den Klassenzimmern beobachtet. Die Schüler werden in diesen speziellen Fällen zwar beaufsichtigt, jedoch nicht beschult (mit Schulunterricht versorgt). Unter der rot-grünen NRW-Vorgängerregierung ist diese häufige Konstellation nicht als Unterrichtsausfall gewertet worden, da alle Schüler bestuhlt gewesen sind.

Über Nathan Warszawski 535 Artikel
Dr. Nathan Warszawski (geboren 1953) studierte Humanmedizin, Mathematik und Philosophie in Würzburg. Er arbeitet als Onkologe (Strahlentherapeut), gelegentlicher Schriftsteller und ehrenamtlicher jüdischer Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Gesellschaft zu Aachen.