Wie viel Geld bekam Martin Schulz als Präsident des Europäischen Parlamentes?

Martin Schulz, Foto: Stefan Groß

Sehr geehrte ARD, sehr geehrte Tagesschau, Ihr „freier Redakteur/Content Manager“ Wulf Rohwedder hat in Ihrem „tagesschau faktenfinder“ meine Recherchen und Berechnungen aufgegriffen und dazu einige Bemerkungen zum Besten gegeben. Zunächst einmal vielen Dank, dass Sie sich endlich diesem Thema widmen, was längst überfällig war.

Wenn jemand sich als Regierungschef des wichtigsten Landes Europas mit der größten Volkswirtschaft des Kontinents bewirbt, der zeitweise schon fast sicher war, der nächste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden, womöglich der „neue Führer der freien Welt“ wie es bisweilen so schön heißt in Bezug auf die jetzige Amtsinhaberin, wenn zudem die meisten Deutschen diesen Mann, der außer dem Bürgermeisteramt in Würselen in seinem ganzen Leben noch nie Teil der Exekutive war, noch nie irgendein anderes Regierungsamt inne hatte, weder als Bundesminister noch als Ministerpräsident eines Bundeslandes und auch nicht als Landesminister, dann sollten die Menschen doch wissen, mit was für einer Person sie es hier eigentlich zu tun haben, die so schrecklich gerne Bundeskanzler werden würde. Ich denke, da sind wir uns einig.

Etwas schade finde ich, dass Sie sich bislang weitgehend vor dieser Aufgabe gedrückt haben, hier Aufklärungsarbeit zu leisten. Ich weiß nicht, warum Sie trotz Ihres Informations- und Bildungsauftrages so wenig Interesse daran haben und möchte darüber auch nicht spekulieren. Gut, dass Sie dieses Eisen nach mehr als vier Monaten, seit feststeht, dass Martin Schulz der Herausforderer von Angela Merkel wird, jetzt endlich aufgreifen. Vielen Dank auch, dass Sie meinen Namen mehrfach nannten. Auch das freut mich. Nun zum Inhalt Ihrer Faktenfindungsversuche.

Warum nennen Sie nicht die Summe der Gelder, die Schulz bezog?

Sie nennen die einzelnen Posten, die Martin Schulz als Präsident des Europäischen Parlamentes erhielt, zitieren mich hier vollkommen korrekt. Klasse! Das ist doch schon mal was. Fast bin ich gewillt, dies als echte journalistische Aufklärungsarbeit zu werten.

Seltsamerweise versäumen Sie es aber, die einzelnen Posten aufzuaddieren. Ich bin sicher, dass Sie dies einfach vergessen haben. Auf keinen Fall möchte ich Ihnen unterstellen, dass Sie die Zahl, die sich bei einer Aufaddierung ergibt, bewusst und vorsätzlich verschweigen wollten, damit Ihre Leser sie erst gar nicht zu Gesicht bekommen. Nein, das will ich Ihnen auf keinen Fall unterstellen.

Vielleicht gab es auch einfach nur mathematische Probleme beim Addieren. Es sind ja doch schließlich relativ große Zahlen bei denen man leicht ins Straucheln kommen kann, so dass Sie hier vielleicht einfach einem möglichen Rechenfehler vorbeugen wollten. Wenngleich ja gerade die ARD mit großen Zahlen und deren Addition mehr Erfahrung hat als die meisten von uns.

Im Grunde hätten Sie das Ergebnis der Addition auch einfach bei mir abschreiben können. Ich bin ja mal Finanzspezialist gewesen – ja, ja, das war ich wirklich, ich gebe das nicht einfach nur so an, weil es so schön klingt -, und habe zumindest nicht alles vergessen. Das Addieren von Zahlen, auch von ganz großen, gehört da eher zu den leichteren Übungen.

Wie viel Geld bekam Martin Schulz als Präsident des Europäischen Parlamentes?

Um es kurz zu machen. Sie haben ja auch nicht so viel Zeit, haben viel zu tun, Ihrem Informations- und Bildungsauftrag nachzukommen und unser Staatsvolk neutral und fair zu informieren und etwas für das Bildungsniveau der Bürger zu tun. Hier ist das Ergebnis der Addition. Fachleute nennen das bisweilen Summe. Ich will Sie aber nicht unnötig mit Fachbegriffen quälen, Sie müssen ja schließlich Ihrem Bildungsauftrag nachkommen.

Also die Summe der einzelnen Posten, die Martin Schulz als Präsident der Europäischen Parlamentes seit 2012 einstrich, nein, entschuldigen Sie bitte, nicht einstrich, abkassierte, nein auch nicht, die er bezog, ja, das ist der richtige Ausdruck, die er bezog, belief sich auf mehr als 170.000 EUR p.a. (= 14.000 – 15.000 EUR mtl.) netto.

Dabei habe ich eine Abgabenquote auf das steuerpflichtige Grundeinkommen von 40 Prozent zu Grunde gelegt, was zu hoch sein dürfte. Ich habe also die Abgaben eher zu hoch, mithin das Nettoeinkommen eher zu niedrig berechnet. Das tatsächliche Einkommen von Martin Schulz inklusive Kostenpauschale und aller Zulagen (Grundgehalt + allgemeine Kostenpauschale + Residenzzulage + Repräsentationszulage) dürfte also sogar noch höher gewesen sein.

Steuerfreie Sitzungspauschale on top

Diese mehr als 170.000 EUR (14.000 – 15.000 EUR mtl.) netto reichten aber Herrn Schulz noch nicht. Denn es gab ja noch eine Sitzungspauschale von 304 EUR pro Tag. Und diese „Situngspauschale“ bekam Herr Schulz nicht wie normale EU-Abgeordnete nur an Sitzungstagen, nein, Herr Schulz bekam die „Sitzungspauschale“ jeden Tag, auch wenn gar keine Sitzung war, zumindest keine im Europäischen Parlament.

Nicht wenige EU-Abgeordnete machen es ja wie die ARD selbst berichtete so, dass sie sich freitagmorgens in aller Frühe schnell in eine Sitzungsliste eintragen und dann sofort nach Hause fahren ins Wochenende, die Sitzungspauschale für diesen Freitag in dreistelliger Höhe aber noch mitnehmen. Ein solch unwürdiges, betrügerisches Verhalten hatte Herr Schulz natürlich nicht nötig. Davon entband man ihn wohlweislich, indem man konstatierte, dass ein Parlamentspräsident immer sitzt, auch wenn es gar keine Sitzungen gibt. Also zahlt man ihm an 365 Tagen im Jahr nochmals über 300 EUR pro Tag on top. Bei Martin Schulz waren das 365 mal 304 EUR = 110.960 EUR, die auf die über 170.000 EUR nochmals oben drauf kamen. Steuerfrei!

Gesamtbezüge

Somit ergeben sich insgesamt, inklusive dieser Sitzungspauschale, die Martin Schulz, ab 2012 bezog: mehr als 280.000 EUR (23.000 – 24.000 EUR mtl.). Netto! Auch diese Zahl, sehr geehrte Tagesschau, taucht bei Ihnen an keiner einzigen Stelle auf. Sie greifen die persönlichen Finanzen des SPD-Kanzlerkandidaten auf, nennen aber an keiner Stelle, was für ein Monstergehalt Herr Schulz seit 2012 nicht einstrich, nein, auch nicht abkassierte, nein, sondern bezog. Er bezog es einfach.

Das war doch auch sein gutes Recht, oder nicht? Ja, natürlich, das hatten ja alle gemeinsam so beschlossen, dass der Präsident des EU-Parlamentes das bekommen soll. Einfach so, ohne Ausgabennachweise, ohne tatsächliche Sitzungen an 365 Tagen. Warum sollte der SPD-ler, der Mann der „sozialen Gerechtigkeit“ das denn nicht nehmen, wenn man es ihm doch alle geben wollten?

Warum nennen Sie auch diese Zahl nirgends?

Aber warum nennen Sie auch diese Zahl nicht, verehrte Kollegen? Haben Sie Angst vor diesen Zahlen? Sollen diese vielleicht lieber nicht publik werden, weil das so gar nicht zum Image des SPD-lers passt? Warum nennen Sie diese Zahl nirgends, wenn Sie sich nach mehr als vier Monaten endlich dazu aufraffen können, darüber überhaupt mal zu berichten? Warum informieren Sie die Bevölkerung nicht darüber, was der SPD-Kanzlerkandidat jahrelang an Geldern, die aus Steuermitteln, also aus Zwangsenteignungen von Bürgern, stammten, bezog? Warum?

Ich bitte um eine Antwort. Nicht für mich, sondern für die deutschen Staatsbürger und die Gebührenzahler, die zu informieren und zu bilden Ihr Auftrag ist. Warum nennen Sie diese Zahl nirgends? Nochmals, ich bitte um eine Antwort auf diese Frage.

Persönliches Wort an Martin Schulz

Und an Herrn Schulz gerichtet: Lieber Herr Schulz, ich habe kein Problem damit, dass Leute, die etwas Besonderes leisten, deutlich mehr verdienen als andere, deutlich mehr als der Durchschnitt und viel, viel mehr als die finanzielle Unterschicht. Ich finde das vollkommen in Ordnung, ja sogar notwendig, um gute Leute in wichtige Funktionen der Gesellschaft zu bekommen. Ich habe auch kein Problem damit, dass man ohne Schulabschluss und vielleicht sogar ohne irgendeine abgeschlossene Berufsausbildung so viel verdient, wenn das durch sonstige Leistungen irgendwie gerechtfertigt ist. Schul- und berufliche Ausbildung sind zwar ohne Zweifel sehr wichtig, sind aber auch nicht alles.

Also dass Sie als Präsident des EU-Parlamentes deutlich überdurchschnittliche Bezüge hatten, finde ich voll okay. Nicht nur das Zweifache des EU-Durchschnittseinkommens, nicht nur das Dreifache, nicht nur das Vierfache, nicht nur das Fünffache, nein, ruhig das Zehnfache des EU-Durchschnittsverdieners. Das ist in Ordnung. Plus fürstliche Altersversorgung on top, wobei die mal etwas genauer unter die Lupe genommen werden sollte.

Warum hat Ihnen das Zehnfache des EU-Durchschnittseinkommens noch lange nicht gereicht?

Aber dass Ihnen das fast Zehnfache noch lange nicht reichte und Sie nochmals ca. 111.000 EUR (9.250 EUR mtl.) netto hinzu kassiert haben, das finde ich mit Verlaub schon ziemlich dreist. Und dann noch landauf und landab zu reisen und den Leuten stundenlang von „sozialer Gerechtigkeit“ im Ohr zu liegen, dass mehr von oben nach unten umverteilt werden müsse, Sie ja aber hauptsächlich Geld bezogen, das von unten, den normalen Steuerzahlern nach oben zu Ihnen umverteilt wurde, das, lieber Herr Schulz, entbehrt nicht einer gewissen Ironie, um es sehr vornehm zu formulieren.

Wieso haben Sie die Sitzungspauschaulenauszahlung erst einstellen lassen, nachdem REPORT MAINZ dies aufgegriffen hatte?

Sehr geehrter Herr Schulz, Sie haben diese zusätzlichen Zahlungen der Sitzungspauschale in Höhe von ca. 111.000 EUR p.a. (9.250 EUR mtl.) netto on top im April 2014 auf persönliche Anordnung hin einstellen lassen. Man würde ja schrecklich gerne glauben, dass dies aus innerer Einsicht und persönlicher Integrität erfolgte. Seltsamerweise geschah diese Einstellung der Zusatzzahlungen kurze Zeit nachdem ARD REPORT MAINZ über diese Sitzungspauschale des EU-Parlamentspräsidenten zu recherchieren begonnen hatte und dann darüber berichtete und Ihnen sichtlich unangenehme Fragen stellte, die Sie offensichtlich nicht wahrheitsgemäß beantworteten.

Dies, sehr geehrter Herr Schulz, wirft zusätzlich kein gutes Licht auf Ihre persönliche Glaubwürdigkeit und Integrität. Warum ist Ihnen das erst nach zweieinviertel Jahren aufgefallen, dass dies nicht statthaft ist, diese 111.000 EUR p.a. auch noch zusätzlich zu den über 170.000 EUR netto zu kassieren? Hatte das damit zu tun, dass es nun publik wurde? Wenn ja, was denken Sie, was die SPD-Wähler, darunter auch viele Arbeiter und Geringverdiener, davon halten sollen, dass Sie jahrelang derart agierten?

Haben Sie nach der Sendungsausstrahlung die Wiederaufnahme der Sitzungspauschalen-Auszahlung angeordnet?

Nun gibt es aber inzwischen Gerüchte, dass Sie, nachdem der Bericht von ARD REPORT MAINZ ausgestrahlt und die Aufregung sich wieder gelegt hatte, wenige Monate später persönlich anordneten, man solle Ihnen die zusätzlichen 111.000 EUR ab sofort wieder auszahlen. Ich frage Sie hiermit: Stimmt das?

Sehr geehrter Herr Schulz, Sie sind nicht nur Vorsitzender der ältesten Partei Deutschlands, woraus bereits eine besondere Verantwortung erwächst. Sie sind auch der Kanzlerkandidat der SPD und der Herausforderer der amtierenden Bundeskanzlerin. Sie wollen Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden, sehen sich selbst als Idealbesetzung für dieses hohe, sehr schwierige Amt. Finden Sie nicht, dass das deutsche Volk wissen sollte, wie es um die persönliche Glaubwürdigkeit und Integrität des Bewerbers für dieses Amt steht?

Bitte widerrufen Sie dieses Gerücht, dass Sie diese zusätzlichen 111.000 EUR (9.250 EUR mtl.) netto seit 2014 doch wieder beziehen. Bitte versichern Sie, dass diese Zusatzzahlungen seit April 2014 nicht erneut an Sie ausgezahlt wurden. Das sind Sie der deutschen Bevölkerung und vor allem Ihren potentiellen Wählern schuldig.

Selbstkritik

Wulf Rohwedder, „freier Redakteur / Content Manager“ von „tagesschau faktenfinder“ moniert in seinem Artikel, dass von dem „reichsten Kanzlerkandidaten der Geschichte“ und vom „Multimillionär“ Schulz gesprochen wurde, ohne dass dies beides belegt würde. Dazu folgendes. Der Ausdruck „der reichste Kanzlerkandidat der Geschichte“ stammt nicht von mir. Er findet sich in dem genannten Focus-Artikel, der sich auf meinen Artikel beruft. Ob der Focus diesen Ausdruck von jemand anders übernommen oder selbst kreiert hat, kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall stammt er nicht von mir.

Ich sprach von „Abkassierer“ und „Millionär“. Letzteres kann ich nicht beweisen. Diese Kritik ist berechtigt. Es könnte natürlich sein, dass Schulz einen Großteil seines „Monstergehaltes“ von über 280.000 EUR p.a. netto verjubelt oder aber verschenkt hat. Ich gestehe also, dass der Millionär-Begriff eine journalistische Zuspitzung war, da ich Martin Schulz zutraute, auf die Idee zu kommen, das Geld verzinslich anzulegen.

P.S.: Wulf Rohwedder

P.S.: Es scheint übrigens nicht das erste Mal zu sein, dass der „freie Redakteur / Content Manager“ der ARD Wulf Rohwedder mit – sagen wir mal – seltsamen Artikeln auffällt.

P.P.S.: ARD

Bei der ARD handelt es sich nach eigenen Angaben nicht um den einseitigsten und manipulativsten Rundfunksender der gesamten westlichen Welt, sondern um eine sehr seriöse Sendeanstalt, die sich aus Zwangsgebühren finanziert, die zig Millionen deutsche Haushalte zu entrichten haben, selbst wenn sie niemals ARD-Sendungen anschauen oder hören und für hochgradig manipulativ halten.

Quelle: Jürgen Fritz

 

Finanzen

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