Wirtschaft trifft Kunst

2003 entstanden: Malerei auf Holz von Leonhard Rosenberger, freischaffender Künstler, der in einem südostbayrischen Wirtschaftsunternehmen tätig war. Foto: Hans Gärtner

Das Buch, um das es hier geht:

Ulrike Lehmann (Hg.): „Wirtschaft trifft Kunst“. Warum Kunst Unternehmen gut tut, 581 Seiten, illustriert, Verlag Springer Gabler, Wiesbaden 2017, ISBN 978-3-658-17298-5

Auch wenn – fünf Jahre ist es her – die Dortmunder Künstlerin und Kunstprofessorin Ursula Bertram bereits selbst und mit prominenten Stimmen aus den unterschiedlichsten Forschungs- und Arbeitsbereichen für eine Förderung der Wirtschaft durch Kunst eintrat und dies immer wieder mit Eifer tut, ist Ulrike Lehmanns facettenreiches Plädoyer für eine Verschwisterung von Kunst und Unternehmertum keineswegs zweitranging. Es mag erstaunen, dass es beide Male Frauen sind, die sich für eine wechselseitige Befruchtung von Wirtschaftsleuten und Kunstmenschen einsetzen.

Dass es eine der, auch pädagogisch gut begründbaren, Aufgaben von Wirtschaft – im globalen wie im regionalen „Sinn“ – sein müsse, Kunst nach Kräften zu fördern, steht auf vielen Bannern von Managern und wird in deren Eröffnungs-Reden dick unterstrichen und mit Nachdruck publik gemacht; dass aber die Wirtschaft von der Kunst direkt und indirekt profitieren kann – dieser Aspekt muss sich noch stärker in die Köpfe der Verantwortlichen für eine zukunftsweisende Kommunikation – hier Wirtschaft, dort Kunst – einnisten.

Dieses Buch lässt – mit seiner fundamentalen Einführung aus der versierten Feder der Herausgeberin und teils strikt am Thema bleibenden, aber durchaus auch beispielhaft ausschweifenden Beiträgen – keinen Zweifel daran, dass es nicht nur notwendig, sondern auch möglich ist, „Wirtschaft“ und „Kunst“ zum Vorteil und im Interesse beider Seiten zusammenzubringen.

Die Wirtschaft fange an, wenn auch da und dort nur zögernd, wie die Herausgeberin durchblicken lässt, „von Kunst und Künstlern zu lernen, deren andere Sichtweisen zuzulassen und mit ihnen zu arbeiten.“ Was so viel heißt wie etwa: Entwicklung kreativer Lösungen im Zusammenwirken der Wirtschaftler mit Künstlern. Oder: neue Sichtweisen auf die eigenen Zielsetzungen ausprobieren. Und: sich gemeinsam anstrengen, Ideen nicht nur in den Köpfen zu behalten, sondern sie auch „händisch“ wirksam werden zu lassen.

Immer wieder wird von den hier versammelten fast 30 Beitragslieferant*innen der Terminus „Kreativität“ ins Feld geführt, von der als Kunsthistorikerin mit reicher Museumsleitungserfahrung ausgewiesenen Herausgeberin selbst (Kunst als „Kreativitätsmotor“), aber auch von kompetenten, weltweit bekannten bis regional etwa im Feld „Kunst im öffentlichen Raum“ erfolgreichen Autor*innen als entscheidende vorantreibende Fähigkeit ins Feld geführt. Da wird auf das Kunst-Förder-Programm der Florentiner Medici-Familie ebenso retrospektiv eingegangen wie prospektiv auf Ansätze einer fruchtbaren Konnexion Kunstschaffender und gestalterisch wie manipulativ arbeitender Wirtschaftsangehöriger eingegangen. Eins der vielen interessanten Kapitel: „Bits, Bytes und Beuys“ lässt aufscheinen, was „künstlerisches Denken im modernen Management“ bewirkt.

Die Entstehung des Buches, zu dem die findige Herausgeberin ein enormes Aufgebot an Text-Lieferant*innen unterschiedlicher Couleur bietet, wird auf die von Ulrike Lehmann initiierte Veranstaltungs-Reihe „Forum Wirtschaft meets Kunst“, Freiburg i. Br. 2013, zurückgeführt. Darüber ist Näheres in einem Kurzbeitrag zu erfahren. Anliegen der von Freiburg i. Br. nach Düsseldorf umgezogenen Herausgeberin ist es, mit eigenen Überlegungen und von ihr für das Buch aus jeweils berufenem Munde zusammengetragenen Statements und Essays, von denen einige mit beredten Fotos bzw. auch eigenen Grafiken, wie im Fall des Künstlers und Autors Roland Schappert, illustriert sind, „vor allem Wirtschaftern Anreize zu bieten, Kunst in ihr Unternehmen einzubinden – im Personalengagement, in Marketing und Kommunikation, in einer Sammlung, Ausstellung, als Kunst am Bau oder als künstlerische Intervention in der Arbeitswelt“. Vielen Insidern werden Namen wie Judith Dobler, Dirk Boll oder Thomas Rusche, die Texte beigesteuert haben, geläufig sein. – Das Buch empfiehlt sich Kunst-Denkern und -Praktikern im weitesten Sinn ebenso wie den diversen Vertretern von Wirtschaft und Industrie im In- und Ausland.

 

 

Über Hans Gärtner 456 Artikel
Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.

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