Boris Palmer: Burka ja, Kopfschleier für Kinder und Jugendliche, nein

Straßenschild, Foto_ Stefan Groß

Warum ich mir wünsche, dass die Kinder muslimischer Einwanderer kein Kopftuch tragen

Ein Burkaverbot halte ich derzeit für überzogen, weil ich Burkas nur sehe, wenn Patientinnen zu Gast an unserer Uniklinik sind. Es fehlt ein Erfordernis für ein Gesetz. Wenn die Zahlen größer würden, hielte ich es aber für angemessen, denn Burka und menschliche Kommunikation auf Augenhöhe geht eben nicht zusammen.

Ein Kopftuchverbot halte ich unter keinen Umständen für angemessen. Ein Kopftuch erlaubt Kommunikation mit dem Gegenüber. Ein Hipster-Vollbart verdeckt unter Umständen mehr Gesicht. Ich toleriere also Kopftücher.

Ich habe aber trotzdem eine Vorstellung einer Gesellschsaft, in der das Kopftuch nicht die Norm, sondern die absolute Ausnahme ist. Daher formuliere ich eine klare Erwartung an Einwanderer: Stellt Euch der Integration Eurer Kinder nicht in den Weg, erlaubt ihnen ohne Kopftuch aufzuwachsen.

Warum?

Das Kopftuch als religiöse Vorschrift ist für mich ein Relikt aus einer Zeit, in der Frauen eben nicht gleichberechtigt waren und Gott das Leben der Menschen im Alltag bestimmt hat. In diese Zeit will ich nicht zurück. Ich möchte in einer aufgeklärten, emanzipierten Gesellschaft leben.

Gott verlangt nicht, dass Frauen sich vor Männerblicken verbergen. Gott verlangt nicht, dass Frauen getrennt von Männern und abgesetzt in Nebenräumen beten. Wenn es Gott überhaupt gibt, dann verlangt er nicht, dass Frauen sich männlichen Blicken entziehen und separiert werden.
Das Kopftuch ist für mich Ausdruck eines Aberglaubens.

Nun gibt es viel Aberglauben. Manche Leute haben Angst vor Handystrahlen und kaufen Aluhelme. Andere lassen Wünschelrutengänger nach Wasseradern suchen oder beten Nägel vom Kreuz Jesu Christi an. Das ist aber alles gesellschaftlich ohne jede Konsequenz.

Der Aberglaube Kopftuch hingegen schafft massive Konflikte. Er ideologisiert den Streit um islamische Einwanderung. Er macht Religion zum Unterscheidungsmerkmal in der Öffentlichkeit. Er kann Frauen an der Selbstentfaltung hindern und unterdrücken.

Und ganz konkret steht das Kopftuch der Integration entgegen, wenn öffentliche Ämter zu Recht nicht zulassen, dass der Staat Menschen mit Kopftuch in bestimmte Funktionen wie etwa das Richteramt beruft.

Das bedeutet also, dass in Deutschland aufwachsende Mädchen wegen eines Aberglaubens viele Lebenschancen vorenthalten und andauernde Konflikte aufgeladen werden. Ich finde, verantwortliche und fürsorgliche Eltern sollten das nicht tun. Und wir sollten als Gesellschaft diesen Eltern klar sagen, dass wir erwarten, dass sie es nicht tun.

Wenn sie anders entscheiden – dann ist das so und niemand darf Menschen deswegen diskriminieren oder ausgrenzen. Aber Toleranz heißt gerade nicht, alles wertfrei und beliebig zu betrachten. Toleranz heißt, etwas aushalten, das man auch respektvoll kritisieren darf: „Tu, was du nicht lassen kannst, aber wisse, dass ich es nicht gutheiße!“