Von Heuchlern und Falschmünzern

Links - rechts rechts - links Foto: Stefan Groß

Die Routiniers unter denen, deren Neigungen und Gewohnheiten im Folgenden beispielhaft beleuchtet werden, erkennt man nicht zuletzt daran, dass sie solchen, die keinen Hehl mehr aus ihren wahren Absichten machen, gerade dafürumso nachträglicher schelten: je deutlicher diese der eigenen Ehrlichkeit tatsächlich, vor allem: tatkräftig Ausdruck verleihen. Die Empörung gutmenschelnder Gesinnungsgenoss*Innen gleicht der Prüderie strenger Sittenwächter, deren sorgfältige Unterscheidungen das jeweilige Strafmaß bestimmen. Wittern die Kontrolleur*Innen im Anblick eines Rüschenverzierten Spitzenhöschens sofort Sexismus, begegnen sie der grassierenden Genderitis mit nahezu lüsterner Empathie. Die Stichwortgebenden, und damit auch immer tonangebenden Tugend- und Toleranzapostel*Innen predigen das passende Weltbild zunehmend schrill und unversöhnlich: wehe dem, der widerspricht!

Hinter den verbalen Verrenkungen verlässlich korrekter Moralinstanzen verbirgt sich der eiserne Wille, eigene Welt, – und Wertevorstellungen möglichst lückenlos, ohne Abstrich, also: unerbittlich geltend machen zu können. Geraten die Apologet*Innen entsprechender Konsekrationen in Verlegenheit, weil Widersprüche reizen, reagieren sie selbst ziemlich gereizt. Gut zur Geltung kommt das etwa, konfrontiert man die schulmeisternden Sonderpädagog*Innen mit dem rabiaten Rechtglauben derer, die ihn in wirklich letzter, unmissverständlicher Konsequenz immer häufiger praktizieren. Entsprechende ´Vorfälle´ werden nach längeren oder kürzeren Schrecksekunden als ärgerliche Kollateralschäden umso lästiger zur Kenntnis genommen und entsprechend eingeordnet, das heißt im Ergebnis: Abgetan als bloße Begleiterscheinungen einer im Großen und Ganzen immer noch segensreichen, wiewohl dauernd ´reparaturbedürftigen´ Entwicklung. Ausrutscher oder Ausnahmen sind das also, die ja bekanntlich überall vorkommen, wie´s allerorten Irre gab und gibt, deren Oberirrlinge aber schön brav in der Minderheit bleiben, bevor sie der Mehrheit erneut zeigen, was ein Haken ist. Wird schon keiner merken, das hier was nicht stimmt.

Haben die Gesinnungs-Kapos mögliche Zusammenhänge von allzu peinlichen Bezügen befreit, also: an der Info-Rampe ´ausselektiert´, dürfen Wut und Trauer, Mitleid und Entsetzen endlich und bis zum erbrechen den moralischen Impetus setzen. Am Weltbild autistisch veranlagter, wiewohl stets in Rudeln aufheulender Gutmenschen auch nur zu rütteln zeitigt dann wahre Shit-Storm-Orgien. Da wird kein Pardon mehr gegeben. Was, nebenbei bemerkt, beide miteinander eint: Vollstrecker und Versteher*Innen vollziehen so ihr Ideal: ohne Rücksicht auf Verluste wird geahndet, was von der ´reinen Lehre´ abweicht.

Was in solchen Zusammenhängen stets betont wird: Der das Schlimme tat, der war ein Mensch, aber kein Moslem mehr. Er und seine Mitstreiter beriefen sich zwar unbedingt auf ihren Glauben, doch mit ´dem´ Islam hat das selbstverständlich nichts mehrzu tun. Die solcherart ´Sonderbehandelten´ sehen das natürlich ganz anders, das tut ihrem Minderheiten-Status dennoch keinen Abbruch, ganz im Gegenteil dient er der gelenkten Beweisaufnahme. Mit Randgruppen kennen sich die Meinungseliten bestens aus, die lassen sich bequem in die entsprechenden Schubladen ein bzw. wegsortieren. Auch so funktionieren ´Endlösungen´. Wem diese Andeutung end-gültig zu weit geht: es geht noch mehr. Denn aus den Tätern machen die Blockwarte der Meinungsfreiheit ihrerseits – Opfer. Haben doch die Durchgeknallten dieser Welt meist nur auf das reagiert, was der böse Westen in Potenz (oder im näheren gesellschaftlichen Umfeld) verbockt hat. Sicher: die Mittel, derer sich die Opfer-Täter bedienen, gelten als unangemessen. Man kann und darf sie folglich als Irre bezeichnen, da greift dann der Psycho-Bonus, mit dem immer öfter hausiert wird: von wegen ´Unzurechnungsfähigkeit´. Fein raus.

Nun haben die irregeleiteten Rechtgläubigen, die man ernst nehmen und für verrückt erklären darf, von den fernen Tagen frommer Feldzüge bis in die Niederungen jüngster Selbstmordanschläge hinein in konjunkturellen Schüben recht unverdrossen und unmissverständlich dafür gesorgt, dass man ihre Schriftzeichentreuen, Blutstrotzenden Fieberphantasien unbedingt ernst nehmen muss: eben als Verrücktheiten, die der menschlichen Natur nun einmal anhaften wie eine unsichtbare, leicht entzündliche Vorhaut: vorzeitige Ejakulationen nicht ausgeschlossen. Die nachgereichten Rechtfertigungen für den Massen, – oder Häufchenmord an unschuldigen Zivilsten mögen sakral konsekriert oder polit-strategisch begründet sein: das Meinungskartell hat immer vorher schon entschieden, was davon wie zu interpretieren sei. Egal, wie sehr man das Phänomen als solches also ´zweckinterpretiert´: der Zweck heiligt auch hier die Mittel, beiderseits; und weiß das gute Gewissen stets auf seiner Seite.

Wortwörtlich genommen ähnelt die tödlich ernst genommene ´Erbauung´ den zahlreichen gleichsam tödlich verlaufenden Ausnahmen selbst, von denen dauernd die Rede ist, wenn im fernen Negombo die Körperteile Ungläubiger in Fetzen durch die Luft fliegen oder im nahen Berlin ein Messerstecher zulangt. Der Schrecken, den die einen verbreiten, kommt den andern spontan ungelegen, aber dennoch recht genug, um damit nachträglich alles Mögliche zu relativieren. Seit Jahren läuft das so. Was jüngst auf einer großen Staateninsel im indischen Ozean passierte, wird fürderhin immer wieder geschehen, immer als Ausnahme aber, und also darf es gar nichts mit den im endlosen Dutzend nachgesprochenen Maximen des Meisters zu tun haben, der am Anfang seiner Laufbahn ein unbedeutender Schwärmer, danach durchweg der Schwertgänger einer rigoros richtenden Abrechnung wurde: davon nämlich strotzt das heilige Buch – in lauter Ausnahmen. Sie widersprechen den Floskeln opportuner, qua Amt um ´Ausgleich´ bemühter Eliten aufs Schärfste, sprechen vielmehr gerade dort, wo das verschnörkelte Hocharabisch doch noch auf den Punkt kommt, eine sehr deutliche Sprache: die der Gewalt. Gnadenlos und unnachgiebig hat sie zu sein. Ohne irgendwelche Einsprüche oder Einwände berücksichtigen zu müssen. Es ist zu Recht bemerkt worden, dass der Koran in seiner eklektischen Beliebigkeit auf keinen wirklich einheitlichen Nenner gebracht werden kann, aber genau da, wo es dem Propheten ernst, bitterernst bestellt war, spricht die Überlieferung eine unzweideutige, allzu deutliche Sprache. Von denen, die ständig beteuern, dass der wahre Islam ganz anders sei, würde kein einziger mehr widersprechen, hätte sich der ´unwahre´, strikt Wortgetreue Islam überall bereits durchgesetzt. Wort und Tat – Maxime und Praxis: bilden eine unauflösbare, nicht weiter zu hinter fragende Einheit.

An ihren Taten sollt ihr sie erkennen. Heißt es in der Bibel. Der Koran ist der Beweis. Er stellt auch ganz von allein die wichtigsten Bezüge her. Die Taten des Propheten haben unbedingt etwas mit dessen eigener Laufbahn, eben: mit ihm selbst zu tun, man kann beides nicht voneinander trennen, wie man die Verbrechen derer, die ihm nacheifern, nicht mehr vom heiligen Buch trennen kann, ´Lehre´ und ´Vollzug´ hängen eben sehr deutlich miteinander zusammen, in heilloser, unentwirrbarer Verstrickung, und so abstrus dieser Zusammenhang einem aufgeklärten Menschen auch weiterhin vorkommen mag: das kratzt alle jene nicht, die sich, gleichsam ´aufgeklärt´, um lästige Divergenzen jenseits kalkulierter Absichten gar nicht mehr scheren wollen. Wie kann denn sein, was gar nicht sein darf? Also blendet man, in ständiger Ausnahme, mit Rücksicht und in eilfertiger Verbeugung, alles aus, was nicht passt oder passen darf, während diese Praktik in anderen Zusammenhängen verpönt bleibt, zu Recht als unwissenschaftlich oder einseitig gebrandmarkt würde. Umgekehrt werden kleinste Kleinigkeiten unermüdlich wiederholt bzw. nachgebetet, passen sie den Wellness-Propagandisten nur in den eigenen, alles relativierenden Kram. Dies freilich einzig, soweit es die Rechtgläubigen allein betrifft. Andernfalls reicht schon ein falscher Blick, um rote Karten zu verteilen. Im Schatten dieser ´Schauprozesse´ setzen die Akteure eine Idylle ins Recht, die dem blöden Volke eingebläut wird wie das simple Einmaleins.

Freispruch also für ´den´ Islam, vorauseilend und verlässlich – Punkt. Merke: heilige Kühe schlachtet man nicht, denn dann rastet gleich die ganze Herde aus. So wird auch in Zukunft, komme was wolle, zur traurigen Ausnahme erklärt, was schon im Spannungsfeld Mekka-Medina für Bewegung sorgte, und dann weit über die arabische Halbinsel hinaus bis an beinahe sämtliche Orte dieser Welt. Ein Wahnsinn das: die eigentliche, im Wirklichen erprobte und vollstreckte Lehre wird zugunsten jener mystischen, noch friedlichen und weitgehend folgenlosen Anfänge des Herrn und Meisters aus der Gesamtbetrachtung einfach heraus gehegt: eine Art ´Lastenausgleich´, der dafür sorgt, dass keiner sich mehr sorgen soll. Man könnte sagen: der Patient wird am offenen Herzen nicht einzig dauerbehandelt, nein: man reißt ihm und seinen Nachfolgern auch und gerade das ´gute Stück´ immer wieder aus. Die resultierende Leiche hat mit den lebend Lauernden nicht viel gemein: denen steckt´s Herz noch immer am rechten Fleck.

Geheuchelt wurde schon immer, dass sich die Balken bogen. Nicht einzig in der Begegnung mit einer sakral-totalitären Ideologie, die noch im 21. Jahrhundert ungebrochen und unverzagt ihren Bestand behauptet und täglich zur blutigen Tat schreiten lässt. Eine weitere, dem europäischen Geisteserbe ´geschuldete´, gleichsam weltumspannend ausgreifende und also ungemein folgenschwere Heilslehre setzte bis zuletzt die Heuchler unter den Eliten in tobsüchtiges, eitelwonniges Entzücken. Wer von Ihnen erinnert sich vielleicht noch an den Meisterkomponisten Hans Werner Henze? Ein arrivierter Schöngeist, den es früh ins vielbesungene Italien zog: von einer Luxusvilla in die nächste, bis er endlich in Marino, in den Albaner Bergen, den lästigen Niederungen dauerhaft entrückte, um dortselbst auch weiterhin wie ein umschmeichelter Sonnenkönig im erlauchtesten Ambiente zu residieren. Kunstbeflissenen Höflingen und recht bald auch revolutionär gesonnenen Freigeistern aus aller Welt gewährte er, der noch im hohen Alter einem verbummelten Dandy der späten Gründerzeit glich, großzügig und wohlmeinend Audienz. Als im verpönten Vaterlande Ende der Sechziger die 68er aufmuckten, im alles andere als aristokratisch gestimmten West-Berlin, erbot sich Henze, bei dieser Sause ernsthaft mitmachen zu dürfen. Er sähe nun, so der Meister, seine Aufgabe ausschließlich darin, das eigene Schaffen ´in den Dienst der Revolution zu stellen´. Praktisch sollte das so aussehen, dass er nur noch Stücke schreiben wollte, die den Bedürfnissen der Arbeiter und Werktätigen entgegen kämen, und umso inniger noch einmal all jenen, die als tätige Umstürzler im Dienst der guten Sache ernst zu machen wild entschlossen waren. Deren unerbittlichste Exponenten begriffen sich ihrerseits als neue Avantgarde, was in diesem Zusammenhang wenigsten in Ansätzen gepasst hätte: ihnen einzig wären die komplizierten, ungemein anspruchsvollen, wiewohl recht ungereimten Ergüsse des Komponisten Spiegelbild eigener theoretischer Verwirrungen gewesen, ähnlich abgehoben und aus Erklügeltem zusammengelogen – gleichsam elitär positioniert und wortreich nachkommentiert. Das verfemte Bürgertum, deren schmale Oberschicht eine Zeitlang über Abonnementkonzerte in den fragwürdigen Genuss Henzesche Werke kam, war ausdrücklich nie gemeint gewesen, wiewohl gerade ihr Obolus den ausgewanderten Gutsherren materiell nicht minder bei Laune hielt. Ein fürwahr peinlicher Zusammenhang wenn man bedenkt, das Henze früh der Kommunistischen Partei Italiens beitrat. Eine Mitgliedschaft, die jenseits des Aufsehens, das er seinerzeit damit noch provozieren konnte, keinerlei wirkliche, sagen wir: der hehren Kunst abholde Konsequenzen zeitigte. Soll heißen: Natürlich hat der Notenschreibende Schwarmgeist niemals irgendwelche politischen Ämter übernommen, deren allzu prosaischen, ermüdend banalen Arbeitsgebieten der Stickdunst niederer Gesinnung und Gesittung anhaftete; ein Dreck, dem unser Ästhet im Privaten längst abgeschworen hatte.

Untätig blieb er dennoch nicht. Die Kunst der Publikumswirksamen Provokation guckte er sich schnell von den Jüngeren ab. Tatsächlich schon im Jahr, das der Erregung ihren Namen gab, anno 68, und auch gleich am Ort, der ihr die passende Spielwiese bot: eben in Westberlin. Hier erbat sich Henze, dass die Uraufführung seines Oratoriums ´Das Floß der Medusa´ unter roter Fahne und dem Portrait des Genossen Che Guevara stattfände, was dann aber daran scheiterte, das sich konterrevolutionäre Mitwirkende der großzügig nachfinanzierten Veranstaltung einfach weigerten, bei einer solchen Schmiere mitzutun, also: sich für sowas ungefragt hergeben zu müssen.

Als Mitte Vierzigjähriger eher Elder Stateman der ´Bewegung´, fand der Komponist fortan Gefallen an weiteren, aus heutiger Sicht abstrus, ja lächerlich anmutenden Polit-Happenings besagter Zuschneidung. Ein Jahr später nahm er ´demonstrativ´, wie es in der Retrospektive noch immer heißt, einen Lehrauftrag in Havanna an und schuf mit dem Recital ´El Cimarron´ eine schwerverdauliche, experimentell-progressiv angehauchte Melange: das Schicksal eines entlaufenen Sklaven besingend, nach Texten Hans Magnus Enzensbergers; auch der einer von den Altvorderen im Tross der jungen Wilden.

Nun gehörten Sklaven oder solche, die noch in gewisser Verwandlung von ihnen übrig geblieben waren kaum zu denen, die der Elitenrevoluzzer Henze in seinen Villen je empfing. Weder sichtete man diese in den Konzerten, deren Eintrittspreise horrend blieben, noch hat der Grandeur Compositeur die Werkhallen oder Elendsviertel der Entrechteten und Beleidigten je aufgesucht. Wer dort arbeitete und lebte, ließ sich sein Bier sowieso in der Ortsnahen, übel riechenden und noch schlechter beleumundeten Eckkneipe abzapfen, an den gesalbten Teetisch des Herrn Henze hat sie keiner von den Umstürzlern unter den Königsschmeichlern je gebeten. Am wenigsten der Maestro himself. Sie kamen auch nicht in die Konzerte des selbstverliebten, im eigenen Lobhudel befangenen Musenfürsten, der nie müde wurde, die progressiven Elemente seiner Kunst zu betonen. Einem schmalen Kreis betuchter, bald schon betagter Liebhaber blieb das sperrige Oeuvre irgendwie geläufig, es hat aber weder auf die vielen gescheiterten Revolutionsanläufe noch überhaupt irgendeinen größeren, Nischen unabhängigen Einfluss ausgeübt, und man kann sagen: der Vielschreiber Henze ist heute vergessen.

Auf den Punkt gefragt: Wie hätte der wackere Henze wohl darauf reagiert, wäre man ihm mit den bedauerlichen Begleiterscheinungen gekommen, die jede echte Revolution, als Blutzoll, verlässlich verhässlicht? Ob er sich davon belästigt gefühlt hätte? In seinem Luxusanwesen roch es nach Zypressen und Oliven, Lorbeer und Jasmin; kaum reizten Schmierenöl oder Folterblut die verwöhnten Nüstern anwesender Gesellschaft. Im Sommergarten des verwöhnten Lebemanns war alle Tage Sonntag, da jubilierten Scharen seltener Vögel aus den nahen Wäldern und Bergen herüber, nicht das aufdringliche Gerassel bewaffneter Jakobiner, die in den eigentlichen Revolutionen auch vor edlen Schlossherren nicht halt machen. Heroische Barrikadenkämpfe mag sich der Komponist, als romantische, ihn inspirierende Reminiszenzen wohl herbeigesehnt haben, aber nur bis vor den Eingang des reich verzierten Torbogens, der ihn ein Leben lang vom lästigen Mob getrennt hat.

Endlich: Heuchler wie den Henze erkennt man nicht zuletzt auch daran, dass sie den Niedergang oder das schnöde Ausbleiben ersehnter Ideale besser verkraften als den eigenen Bedeutungsverlust, den diese oft eitlen, narzisstisch veranlagten Emporkömmlinge zeitlebens so dringend benötigen wie der Herr Glöckler die nächste Botoxspritze. Als sich keiner mehr um ihn und seine Musenmonstren scherte, drückte den geselligen Einzelgänger die Einsamkeit; was er in einer letzten Würdigung anlässlich des hohen Geburtstages noch einmal im Fernsehen seltsam weinerlich, fast infantil zum Ausdruck gab. Hier immerhin ist er mal ehrlich gewesen.Vom alten Henze bis zur jungen Greta ist es, besagten Zusammenhang ernst nehmend, nur noch ein kleiner Katzensprung. Der multimediale Dauerzirkus hat das im Grunde gar nicht unsympathische Küken längst vor Erreichen der Volljährigkeit zur komischen, aber Quotenträchtigen Witzfigur zurecht geblödelt. An diesen Verzeichnungen ist sie selbst nicht ganz unschuldig gewesen. Hinter dem Aufsehen, das die tumb und träge wirkende Klimaaktivistin weniger erregt, mehr ´lüftet´, verschwindet alles, was nicht quotenträchtig vermarktet werden kann. Die ´Bewegung´ verflacht im Vollzuge dessen so verlässlich, wie sie der bloßen Oberflächen verpflichtet bleibt, die der öden Allgemeinplätze und tausendmal vernommenen Tugendsprüche bedarf, um im alltäglichen Medienzirkus bestehen zu können. Klein Greta lässt sich von einem nicht unbeträchtlichen Tross fragwürdiger Gestalten herumreichen; wie ein Maskottchen aus der Plüschabteilung. Auch ihr und der begleitenden Entourage folgt die Heuchelei Protest bei Fuß. Floskel um Floskel gebärdet sich der Kampf ums Klima wie ein endlos fortgereimter Kalauer, dem die Pointe so ausdauernd vorauseilt, dass man den halbgaren Rest schon nicht mehr hören mag. Was wären die kleine Klimapäpstin und ihr Kindergarten ohne den begleitenden Auswuchs, die Hype, deren Potenzen den Protest bei Laune halten, ihrerseits aber dem Klima schaden, das es doch ab sofort und um jeden Preis zu retten gilt? Die ständig in Vorhalte positionierten Smartphones, Gretas dauernde Flüge rund um den Globus, von denen einige ihrer Fans sicher auch, passend zu den Ferien, gern Gebrauch machen, mit dem Geld der Eltern natürlich: Klimakiller pur. Aber eben unverzichtbar. Hier beißt sich ein Kätzchen stets und ständig ins eigene Schwänzchen.

Was tun diese verhätschelten Freitagsdemonstrant*Innen eigentlich konkret und nachweisbar, um den vermeintlichen Weltuntergang irgendwie schon im Alltäglichen auszubremsen? Wie nachhaltig ist denn ein Ansatz, der liebgewonnene, allzu vermeintliche Kleinigkeiten – eben: das unentbehrliche Smartphone – verlässlich außer Acht lässt, indem er sie in besagtem Zusammenhang nicht einmal erwähnt? Welches wären dann die brauchbaren, sozialverträglichen Alternativen? Aber das Soziale taucht in den Planspielchen verwöhnter Mittelklassekids nicht mal als Mäusewitz auf. Als ihnen die Frau Merkel, ausgerechnet sie, ihr Lob zollte, hätten unsere Schulschwänzenden Schaumschwätzer sofort und ohne Ausflüchte zurückschießen können und müssen, mit noch etwas mehr Schaum vor dem Maul, denn das war eine Steilvorlage sondergleichen, aber da kam nicht mal ein kalter Furz von denen zurück. Der Schließmuskel, ständig in Vorhalte, streikte. Sorry, Kinder. Das musste jetzt mal raus.

Über Shanto Trdic 127 Artikel
Studium der Sport-, Sozial-, und Erziehungswissenschaften an derUniversität Bielefeld. Seit 2006 Lehrer an der Gesamtschule Stieghorst,Sekundarstufe 1. Ehemals aktives SPD - Mitglied, nach Austritt keine weiteren Partei, - oder Vereinstätigkeiten.