Medienlöwin Alexandra Bader

Die österreichische Autorin Alexandra Bader wurde vor zehn Jahren mit der Medienlöwin ausgezeichnet. Das Foto zeigt Alexandra Bader neben der frueheren Bundesministerin Maria Rauch-Kallat bei der Verleihung der Medienloewin.

Die österreichische Autorin Alexandra Bader wurde vor zehn Jahren mit der Medienlöwin ausgezeichnet. Wichtiger Preis für mutigen Journalismus. Ein Jahr später holte man sie ab. Sie recherchierte über Skandale. Die Medienlöwin Bader wurde gewarnt und bedroht.

Ihre Website ist gesperrt. Die beliebte Ceiberweiber ist nicht mehr im Netz abrufbar (www.ceiberweiber.at). Ihre Wohnung in Wien wurde geräumt. Alexandra Bader kann ihr Arbeitsarchiv und ihre Unterlagen nicht mehr benutzen.

Medienlöwin Alexandra Bader

Alexandra Bader wurde mit der Medienlöwin 2007 ausgezeichnet. Für ihren mutigen Journalismus. Verliehen vom österreichischen Journalistinnenkongress. Feierlich überreicht durch die damalige Bundesministerin Maria Rauch-Kallat. In der hochrangigen Jury sitzen Herausgeberinnen und Chefredakteurinnen wichtiger österreichischer Medien. Weitere Preisträgerinnen in den vergangenen Jahren waren Barbara Coudenhove-Kalergi und Anneliese Rohrer, die ehemalige Ressortleiterin Innenpolitik der bürgerlichen Tageszeitung Die Presse.

Die Jury begründete in der Laudatio ihre Entscheidung für Alexandra Bader:

“Kein Thema ist ihr zu heikel, kein Gegner ist ihr zu groß und kein Konflikt ist ihr zu heiß. Was die Preisträgerin auszeichnet ist Durchhaltevermögen und Löwinnenmut. Die Anerkennung der Jury soll Sie genau darin bestätigen.”

(www.journalistinnenkongress.at/Kongress/Details/9.joko.2007).

Alexandra Bader, die 1963 in der Steiermark geboren wurde, setzte ihre mutigen Recherchen fort. Da kann man brisantes Material finden. Die weitere Entwicklung war für die tapfere Medienlöwin allerdings fatal.

Gefährliche Recherche

Alexandra Bader recherchierte über Korruption im österreichischen Bundesministerium für Landesverteidigung. Bader startete kritische Berichte über Amtsführung und Personalentscheidungen. Stefan Kammerhofer, der damalige Kabinettschef des Verteidigungsministers, geriet in die Kritik der Medienlöwin Bader (Die Kammerhofer-Files:

www.ceiberweiber.at/index.php?type=review&area=1&p=articles&id=2433″www.ceiberweiber.at/index.php?type=review&area=1&p=articles&id=2433).

Alexandra Bader spricht sich deutlich für den Geist der Landesverteidigung aus. Militärische Geheimnisse waren bei ihr nicht in Gefahr. Der österreichische Verteidigungsminister war damals Norbert Darabos. Er wurde im Jänner 2007 in das Amt berufen, obwohl er ein ehemaliger Zivildiener war. Seine Bestellung als Bundesminister für Landesverteidigung löste deshalb Erstaunen und Kritik in der Öffentlichkeit aus.

Darabos legte das Amt des Verteidigungsministers im März 2013 zurück. Zu riskant wurden Hinweise auf Korruption in seinem Ministerium. Darabos wurde wiieder Bundesgeschäftsführer der SPÖ. Er bekleidete diese Parteifunktion bereits von 2003 bis 2007, also unmittelbar vor seiner Zeit als Verteidigungsminister.

Norbert Darabos wurde 1964 geboren und wuchs im Burgenland auf. Derzeit bereitet Darabos sich auf das Amt des Landeshauptmannes (österreichischer Begriff für Ministerpräsident) im Burgenland vor und bekam dafür im östlichen Bundesland der Republik im Juni 2015 das Amt des Landesrats für Soziales und Gesundheit

Brutal niedergespritzt

Kabinettschef Stefan Kammerhofer war vor seiner politischen Karriere Lokführer bei den Österreichischen Bundesbahnen. In seiner Funktion als Kabinettschef hielt er sich in der Öffentlichkeit gerne im Hintergrund. Er gilt aber als ein Mann, der mit der Eisenbahn darüber fährt, wenn es Kritik gibt.

Mit ihren Recherchen geriet die Publizistin Bader in die Schienen des jetzt 54jährigen Kammerhofer. Stefan Kammerhofer leitete Aktionen gegen Alexandra Bader ein: Erteilung von Kasernenverbot, Rauswurf bei Veranstaltungen, Intervention und Jobverlust, Anpöbelungen.

Schließlich wurde die Publizistin Bader aus ihrer Wohnung in Wien geholt und in die Psychiatrie des SMZ Süd gebracht. Dort wurde sie sofort niedergespritzt. Mit zwei Nadeln. Hinein gerammt. Innerhalb von Sekundenbruchteilen ist Dunkelheit und Leere. Alexandra Bader war drei Tage lang bewusstlos. Erst nach Wochen gelang Alexandra Bader die Flucht aus der Psychiatrie.

Es gibt den begründeten Verdacht, dass man die Abwesenheit Alexandra Baders nutzte, um ihre Wohnung nach Material und Notizen zu durchsuchen

Attacke mit Neuroleptika

Mit schweren Medikamenten wurde Alexandra Bader misshandelt: Neuroleptika. Diese lösen jedenfalls gesundheitliche Folgeschäden aus.

Nach dem Erwachen aus der Narkotisierung durch Neuroleptika: Starke Müdigkeit und Erschöpfung, die Bewegungen lassen sich nicht mehr koordineren, ähnlich einer Parkinson-Erkrankung. Die Betroffenen gehen mühsam mit steifen Gliedern wie Roboter durch die Gänge der Psychiatrie. Lesen kaum noch möglich, jede Zeile anstrengend, die Fähigkeit zur Konzentration massiv geschwächt.

Es dauert Monate bis sich jemand aus einem solchen Anschlag durch Neuroleptika wieder erholen kann. Mindestens 3 Monate, wenn jemand zuvor sehr gesund und fit war. Und alles sofort für eine Erholung eingeleitet wird. Es kann aber auch länger als ein Jahr dauern.

Solche Neuroleptika befinden sich auf der „Roten Liste“: Ein Arzneimittelverzeichnis für Deutschland, das Auskunft gibt über Nebenwirkungen und Bedrohungen (www.patienteninfo-service.de). Beispielsweise über das gefährliche und berüchtigte Neuroleptikum Haldol, das in österreichischen Psychiatrien gerne eingesetzt wurde.

Dubioser Gutachter

Die Arbeit von Alexandra Bader soll noch mit einer anderen Methode blockiert werden. Man setzte einen Sachwalter ein. Grundlage dafür ist ein sogenanntes „Gutachten in Abwesenheit“, das von Kurt Meszaros erstellt wurde, der als Psychiater in Wien agiert. Er sah Alexandra Bader nie persönlich. Das Bezirksgericht Wien-Favoriten verwendete das Gutachten von Meszaros als Begründung für Sachwalterschaft und Enteignung.

Meszaros ist bereits aus anderen Fällen bekannt für solch dubiose Gutachten. Meszaros urteilte über einen anerkannten Prüfer des österreichischen Rechnungshofes in einem solchen Gutachten in Abwesenheit am 22. Juli 2014:

„Im Langzeitverlauf stellen sich Zeichen einer akzentuierten Persönlichkeitsstruktur, mit einem tiefgreifenden Muster von Großartigkeit und Wichtigkeit (trägt alles Gute in sich) einer erhöhten Anspruchshaltung“.

Demnach leidet der Prüfer des Rechnungshofes an: „Einer erhöhten Anspruchshaltung“. Das Gutachten wurde vom Landesgericht Wien in Auftrag gegeben. Meszaros sendete das Gutachten über den Prüfer des Rechnungshofes an die Staatsanwaltschaft Wien.

Der Prüfer des Rechnungshofes wollte zuvor in einer Studie nachweisen, dass eine Privatisierung von Bundesimmobilien einen zu geringen Preis erzielte. Es handelt sich um den sogenannten BUWOG-Skandal (Bundeswohngesellschaft). Laut seiner Prüfung wäre durch den zu geringen Kaufpreis ein Verlust von 1 Milliarde Euro verzeichnet worden.

Klandestine Kanzlei

Der für solche Fälle bereits bekannte Rechtsanwalt Dr. Burghardt wurde als Sachwalter von Alexandra Bader eingesetzt. Seine Kanzlei befindet sich im noblen Zentrum von Wien: Am Hof. Im Palais Collalto. Ein berühmtes Palais. 1762 gab der damals sechsjährige Wolfgang Amadeus Mozart im Palais Collalto sein erstes öffentliches Konzert.

Jetzt residiert im historisch bedeutsamen Palais der berüchtigtste Sachwalter von Wien. Kein Firmenschild beim Hauseingang. Keine Website im Netz. Bei telefonischen Anfragen legt Dr. Burghardt rasch den Hörer auf. Läutet man an der gut gesicherten Kanzleitüre, kommt manchmal eine Stimme aus der Gegensprechanlage. Ein kurzer Dialog. Die Tür wird nicht geöffnet.

Ein Firmenschild beim Haustor ist in Österreich verpflichtend. Die Gewerbeordnung sieht ein solches Firmenschild vor, damit eine Auffindbarkeit jedenfalls gegeben ist. Ein guter Rechtsanwalt kennt § 66 der Österreichischen Gewerbeordnung, wo diese Bestimmung zu finden ist.

Schon eine kurze Recherche über diesen Sachwalter führt jedenfalls zur Erkenntnis: Er würde, selbst bei Bedarf, keinesfalls als „Treuhänder“ beauftragt, da seine Methoden bereits dokumentiert sind. Er hält auch die Regeln des „ordentlichen Kaufmanns“ und der Gewerbeordnung erkennbar nicht ein. Dennoch wird er weiterhin von österreichischen Bezirksrichtern als Sachwalter bestellt.


Strukturen für Kontakte aufgebaut

Dieser Sachwalter verfügt über eine spezielle Banksoftware, über die er hunderte Konten bearbeitet. Die hohe Zahl der Fälle rechtfertigt der Sachwalter: Nur auf diese Weise sei es möglich die erforderlichen Strukturen aufzubauen, gerade auch was „Kontakte“ betrifft.

Der Sachwalter betonte dies in einem Beitrag für die Fachzeitschrift „Anwalt aktuell“. Dort schreibt er weiters:

„Ich bin einer der bösen Sachwalter mit vielen Sachwalterschaften (…) Wer sind die Kritiker, die uns ständig beschuldigen: hauptsächlich Alten- und Behindertenverbände und Beschwerdestellen (Volks- und Patientenanwaltschaft) … unter hundert Eingaben sind – naturgemäß – hundert Beschwerden“.
(in: Anwalt Aktuell 2012, H. 9, S. 28)

Der Sachwalter mit den „naturgemäß hundert Beschwerden“ macht selbst die Aussage, dass unter seinen Fällen auch ein Generaldirektor zu finden ist, dessen Vermögen er übernahm.

In der Kanzlei des Sachwalters widmet sich ein weiterer Anwalt ausschließlich den einträglichen Immobiliengeschäften. Versteigerungen und der Verkauf von Immobilien sind eine der wesentlichen Tätigkeiten dieses Sachwalters. Die Kanzlei ist seit mehr als 20 Jahren mit Sachwalterschaften beschäftigt und der spezielle Tätigkeitsbereich wird dabei beschrieben:

„Sonstige Vermietung und Verpachtung von eigenen oder geleasten Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen.“

Finanziell und politisch motivierte Sachwalterschaft

Was bedeutet dieser Einsatz einer entwickelten Methode von sogenannter Sachwalterschaft:

Alle Konten, alle Gelder und alles Vermögen werden vom Sachwalter übernommen. Der Sachwalter und seine Mitarbeiter betreten Wohnung und Büro des Betroffenen. Sie können dort in alle Bereiche eindringen. Der Sachwalter führt Räumungen durch.

The European veröffentlichte bereits Berichte von diesem Angriff auf die Grundrechte in Österreich:

Grundrechte in der Europäischen Union werden verletzt: Der Fall Österreich
http://www.theeuropean.de/johannes-schuetz/12302-der-fall-oesterreich

Enteignung durch das Instrument Sachwalterschaft: So werden in Österreich die Grundrechte verletzt
http://www.theeuropean.de/johannes-schuetz/12442-so-werden-die-grundrechte-in-oesterreich-verletzt

Marion N. erzählte dort über ihre Erfahrungen mit Sachwalter Burghardt:

„Wohnung großteils leergeräumt bzw. komplett verwüstet, nur noch ein Wert von 300 Euro laut Sachverständigengutachten. Wertvolle Bilder, Teppiche, antike Möbel, Geschirr, Porzellanfiguren, grosse Kristalluster, Tisch- und Stehlampen, Schmuck, über 200 alte Bücher verschwunden. Wertpapiere und Konten geplündert“.

Arbeitsstrukturen zerschlagen

 Die Wohnung von Alexandra Bader wurde durch Sachwalter Burghardt im Oktober 2015 geräumt. Damit wurde die Journalistin Alexandra Bader wesentlich von ihren Produktionsmitteln abgetrennt. Sie kann ihr Arbeitsarchiv und ihre Unterlagen nicht in der erforderlichen Weise nutzen. Das zerstört auch mögliche Buchprojekte.

Es war eine Eigentumswohnung. Die Wohnung wurde von Burghardt verkauft. Vom Erlös bekam Alexandra Bader gar nichts.

Alexandra Bader kann über ihre Gelder nicht mehr selbst verfügen. Die Sachwalterschaft teilte der Publizistin mit, dass sie ab jetzt von 200 Euro im Monat leben wird.

Alexandra Bader wirkt im persönlichen Gespräch aufgrund der Vorfälle verunsichert. Aber sie ist in der Lage, ihren Angelegenheiten in jeder Weise nachzukommen. Der Sachwalter kann deshalb nur einen Zweck erfüllen: Ihre Recherchen zu überwachen und zu behindern.

Alexandra Bader gibt ein klares Bekenntnis ab: „Ich will weiterarbeiten, ich will weiter publizieren“.

 

 Bild:

Das Foto zeigt Alexandra Bader neben der früheren Bundesministerin Maria Rauch-Kallat bei der Verleihung der Medienlöwin.

 

Finanzen

Über Johannes Schütz 99 Artikel
Johannes Schütz ist Medienwissenschafter und Publizist. Veröffentlichungen u. a. Tabula Rasa Magazin, The European, Huffington Post, FAZ, Der Standard (Album), Die Presse (Spectrum), Medienfachzeitschrift Extradienst. Projektleiter bei der Konzeption des Community TV Wien, das seit 2005 auf Sendung ist. Projektleiter für ein Twin-City-TV Wien-Bratislava in Kooperation mit dem Institut für Journalistik der Universität Bratislava. War Lehrbeauftragter an der Universitat Wien (Forschungsgebiete: Bibliographie, Recherchetechniken, Medienkompetenz, Community-TV). Schreibt jetzt insbesondere über die Verletzung von Grundrechten. Homepage: www.journalist.tel

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