Ein konservativer Knochen – Zum Tod des Thriller-Autors Frederick Forsyth

Rote rose, Rote blume, Grab, Quelle: GoranH, Pixabay License, Freie kommerzielle Nutzung, Kein Bildnachweis nötig

Konservative Kerle mit Ecken und Kanten haben inzwischen Seltenheitswert. Das gilt zumindest für die schreibende Zunft. Der britische Thriller-Autor und Journalist Frederick Forsyth, der am 09. Juni im Alter von 86 Jahren gestorben ist, stellt insofern eine Ausnahme dar.

Forsyths Tod ist der traurige Anlass, sich noch einmal seine Autobiographie vorzunehmen, die vor zehn Jahren erschienen ist. (Frederick Forsyth: Outsider. Die Autobiographie. C. Bertelsmann, München 2015, 384 Seiten). Dieses Buch liest man mit Genuss und Wehmut. Genuss, weil es so spannend geschrieben ist wie ein Thriller. Wehmut, weil es eines der letzten Bücher Forsyths war. Damals wollte der 1938 geborene Autor eigentlich schon in den literarischen Ruhestand eintreten.

Nicht nur als Schriftsteller hat Forsyth mit „Der Schakal“, „Die Akte Odessa“ und anderen Werken Maßstäbe gesetzt, wobei die in den 1970er Jahren erschienenen Bücher wohl die stärkeren sind. In seinen späteren Jahren schrieb er nur noch des Geldes wegen.

Auch als Journalist war Forsyth, der nebenbei ohne Honorar – wie er in seiner Autobiographie enthüllte – auch für die Briten spionierte, ein unbestechlicher Zeitgenosse. „Ein Journalist sollte sich nie mit dem Establishment gemein machen, allen verführerischen Schmeicheleien zum Trotz. Unsere Aufgabe besteht darin, die Mächtigen zur Rechenschaft zu ziehen nicht, uns mit ihnen zu solidarisieren.“ Diese wahren Worte müssen so manchem Journalisten in den Ohren klingeln.

Ähnlich wie die „eiserne Lady“ Margaret Thatcher wurde der junge Forsyth sehr von seinem Vater geprägt. Überhaupt hatte er sehr positive Erinnerungen an die 40er, 50er und 60er Jahre, die heutzutage oft als grundsätzlich muffig beschrieben werden. Forsyth, der seine Schreibmaschine, schöne Frauen und Autos, das Jagen, Fischen und Tauchen liebte, war ein Sprachgenie. Er sprach unter anderem fließend Deutsch und berichtete als Journalist aus der DDR. Sein Vater wollte, dass sein einziger Sohn Deutsch lernte, „um das Land und die Menschen kennenzulernen“.

Dies war nach dem Zweiten Weltkrieg nicht selbstverständlich. Mit modischen Erscheinungen wie Smartphones und dem Internet fremdelte der sprachgewandte Brite zeitlebens. Seine Lässigkeit und sein klares Weltbild fußten auf den frühen Erfahrungen in den 50er Jahren: „Die Fünfziger waren eine gute, sorglose und unkomplizierte Zeit für Teenager, vor allen den Drogen und Sorgen und der politischen Korrektheit. Materiell besaßen wir wesentlich weniger als die Jugend heutzutage, doch ich glaube, wir waren glücklicher.“

Mit 17 Jahren war er der jüngste Pilot, den die britische Luftwaffe je hatte. Die Lust auf ferne Länder und das Fliegen hat er nie abgelegt. Seine Weltsicht speist sich nicht aus Büchern, sondern aus hautnaher Erfahrung, auf akribischer Recherche. Feine psychologische Nuancierungen à la Graham Greene, Eric Ambler oder John le Carré, allesamt auf der Linken beheimatet, waren seine Sache nicht, weder in seinen Thrillern noch in seiner süffigen Lebensbilanz.

Forsyth entspricht dem Typus des anständigen Briten, der seine Heimat liebt, einem Bier in einem Pub nicht abgeneigt war und den Kopf nicht voller wirrer ideologischer Ideen hat. Dass er das schändliche Vorgehen der britischen Regierung im Biafra-Krieg anprangerte, dass er fest zur westlichen Wertegemeinschaft und zu Israel stand und die Gefahren von Sowjetkommunismus, Islamismus, alten Nazis und Europa-Gigantomanie niemals verschwiegen hat, zeigt, dass er einfach ein guter Kerl war.

Insbesondere seine Ausführungen über den Antisemitismus im Foreign Office und auf Seiten der britischen Linken, die Verlogenheit des Establishments und bei der BBC liest man mit Gewinn. Kein Wunder, dass der Zeitungsmann Forsyth bei der BBC scheitern musste, denn politische Ranküne, ideologische Anpassung und Leisetreterei waren nicht sein Ding. „Die Sache mit Journalisten ist, dass sie im Lügen ziemlich gut sind. Darin haben sie Übung“, so Forsyth bissig.

Forsyth war immer ein Macher. Lamentieren war nicht seine Stärke. Und so fing er mit dem Romanschreiben an, weil er große Geldsorgen hatte. Und im Frühjahr 1990 war er aufgrund der Machenschaft des Chefs einer Investmentfirma finanziell ruiniert. Seine Antwort: Noch mehr Romane schreiben. Schriftsteller sind oft nervöse Typen. Forsyth war angenehm normal und neurosenfrei. Seine einzige Sucht waren Stille und Einsamkeit. Die hat er beim Schreiben gefunden, und die fand er „in einer zunehmend lärmenden, hektischen und überfüllten Welt“ vor allem auch „unter dem Wasser der Ozeane“. Möge er in Frieden ruhen.

Über Ansgar Lange 32 Artikel
Ansgar Lange wurde 1971 in Arnsberg / Westfalen geboren. Er studierte Politische Wissenschaft, Geschichte und Germanistik in Bonn und schrieb seine Magisterarbeit über "Christa Wolf und die DDR" bei Professor Hans-Peter Schwarz. Während seines Studiums war er freier Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Schloss Eichholz . Anschließend arbeitete er in einer Bonner Kommunkationsagentur und journalistisch (u. a. Deutschlandfunk, Die Furche, Die Tagespost, Die Politische Meinung, Die Neue Gesellschaft / Frankfurter Hefte). Seit 2009 ist er als Geschäftsführer einer Ratsfraktion in Remscheid tätig.