Wir praktizieren in Deutschland nicht zu wenig, sondern zu viel Demokratie

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Die Stimmung in der Wirtschaft und insbesondere im Mittelstand ist immer noch außerordentlich pessimistisch: Viel zu viele zukunftsweisende Vorhaben und Projekte werden verzögert oder ganz gestoppt. Schuld daran ist einerseits eine überbordende Bürokratie aber andererseits auch immer häufiger Einsprüche oder Einwände „demokratischer“ Verbände, Gremien und Betroffener. Sogar in den politischen Parteien hat sich eine derart übertriebene „demokratische“ Geisteshaltung eingeschlichen: Es gibt nahezu keine wichtige politische Entscheidung mehr – man denke nur an Bürgergeld oder Rente, an Frankenschnellweg,
Windräder, Stadtumlaufbahn u.v.m. – gegen die nicht sofort „demokratische“ Minderheiten Einspruch erheben. Vereine wie die Deutsche Umwelthilfe mögen gut gestartet sein aber inzwischen schädigen ihre Kampagnen und Gerichtsverfahren meines Erachtens deutlich mehr als sie nutzen. Durch die Summierung solcher Lähmungen und Verzögerungen ergibt sich ein dramatisch negatives Gesamtbild, das mit „German Stillstand“ noch milde umschrieben werden könnte.

Während in anderen europäischen Ländern die Wirtschaft boomt – z.B. Polen (!), Portugal, Griechenland (!) – bricht in Deutschland das Wachstum ein mit dramatischen Folgen für den Wohlstand aller. Wenn man dann noch die von rot-grün besonders geförderte grundsätzliche Abneigung gegen Leistung – Work Life Balance – und die große Skepsis gegen die Förderung von Begabungen dazu nimmt, könnte einem angst und bange werden.

Während China „demokratiefrei“ alles auf Leistung und Zukunft setzt, beschäftigen wir uns mit unseren Wehwehchen und blockieren oft wegen „demokratischer“ Einzelinteressen die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit unseres ganzen Landes. Hier muss politisch und von der Mentalität aller Bürger her ein grundlegender Umdenkungsprozess erfolgen. Wenn Willi Brandt einst sagte „Wir wollen mehr Demokratie wagen“ gilt heute: „Wir müssen mehr wirtschaftliche Dynamik wagen“

Über Ingo Friedrich 70 Artikel
Dr. Ingo Friedrich war von 1979-2009 Abgeordneter des Europäischen Parlaments, von 1992 bis 1999 Vorsitzender der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament. Er war Schatzmeister der Europäischen Volkspartei (EVP) und Präsident der Europäischen Bewegung Bayern. Seit 2009 ist er Präsident des Europäischen Wirtschaftssenats. Von 1999-2007 war Friedrich einer der 14 gewählten Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments. 2004 erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz. Friedrich ist Ehrenmitglied des Europäischen Parlaments und war Präsident der Wilhelm Löhe Hochschule.