Wach auf, Deutschland! Wenn Rentner im reichen Europa hungern

senior menschen board armut schwarz und weiß, Quelle: Frantisek_Krejci, Pixabay License Freie kommerzielle Nutzung Kein Bildnachweis nötig

Deutschland, eine der führenden Wirtschaftsnationen Europas mit einem Bruttoinlandsprodukt von über 4,1 Billionen Euro, gilt als Symbol für Wohlstand und Stabilität. Dennoch zeigt sich eine erschreckende Realität: Rund 3,8 Millionen Rentner – fast 20 % – sind armutsgefährdet. Trotz beeindruckender Exporterfolge und industrieller Spitzenleistungen kämpfen viele Menschen im Alter sowie einkommensschwache Familien täglich ums Überleben. Diese Diskrepanz zwischen wirtschaftlicher Stärke und sozialer Ungerechtigkeit wirft die drängende Frage auf, wie ein so wohlhabendes Land solch gravierende Ungleichheiten zulassen kann.

Altersarmut: Ein Systemversagen mit Ansage

Aktuelle Zahlen zeigen: Rund 20 % der deutschen Rentner leben an der Armutsgrenze (Statista, 2024). Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hinkt Deutschland in Sachen Rentenversorgung hinterher. Die Rentenquote liegt bei nur 45 % des durchschnittlichen Einkommens – weit entfernt von den 84,5 % in Finnland oder den über 70 % in Italien.

Hauptursachen:

  1. Prekäre Arbeitsverhältnisse: Viele Menschen, insbesondere Frauen, waren ihr Leben lang in Niedriglohnjobs, Teilzeit oder befristeten Anstellungen beschäftigt. Das Rentensystem honoriert diese Lebensläufe nicht ausreichend.
  2. Unfaire Verteilung: Anders als in skandinavischen Ländern, wo alle Einkommensgruppen ins System einzahlen, sind in Deutschland Selbstständige und Besserverdienende oft ausgenommen. Die Last tragen Geringverdiener.

Familienarmut: Kinder als Armutsrisiko

Kinder gelten in Deutschland zunehmend als Armutsrisiko. Ein wachsender Anteil der Familien lebt von Sozialleistungen oder am Existenzminimum. Ein Drittel der Alleinerziehenden ist auf Hartz IV angewiesen, und die Kinderarmut liegt bei rund 21 %. Trotz Kindergeld und Familienförderung ist das Problem nicht gelöst.

Gründe für die Misere:

  • Hohe Lebenshaltungskosten: Mieten, Energie und Lebensmittelpreise steigen unaufhaltsam, während die Löhne vielerorts stagnieren.
  • Bürokratische Hürden: Viele Familien scheitern an komplizierten Antragsverfahren für soziale Unterstützung.

Die Rolle des Großkapitals: Wer profitiert?

Die soziale Ungerechtigkeit in Deutschland wird durch ein Steuersystem begünstigt, das die Reichen bevorzugt. Während multinationale Konzerne Steuervergünstigungen und Schlupflöcher nutzen, zahlen Arbeitnehmer und kleine Unternehmen hohe Abgaben. Besonders die Rüstungsindustrie und andere Großunternehmen erzielen Milliardengewinne, ohne dass diese in die Sozialkassen fließen.

Fakten:

  • Arbeitnehmer zahlen oft über 50 % ihres Einkommens an Steuern und Sozialabgaben.
  • Großkonzerne tragen durch legale Steuertricks einen minimalen Anteil zum Staatshaushalt bei.

Bürokratie: Ein Hindernis für soziale Gerechtigkeit

Ein weiterer Stolperstein für viele Bedürftige ist die Bürokratie. Ältere Menschen und sozial Schwache werden mit endlosen Formularen und Anforderungen konfrontiert. Viele verzichten aus Überforderung auf zustehende Leistungen.
Ein empathisches Verwaltungssystem könnte hier Abhilfe schaffen – doch das Gegenteil ist der Fall: Häufig erleben Betroffene Schikane und mangelnde Unterstützung.

Gesellschaftliches Bewusstsein: Warum fehlt der Widerstand?

In Deutschland fehlt es an einem breiten gesellschaftlichen Bewusstsein für soziale Gerechtigkeit. Während in Frankreich Millionen Menschen regelmäßig auf die Straße gehen, herrscht hierzulande oft Resignation. Historisch bedingt ist der deutsche Ansatz geprägt von Gehorsam und Reformwillen innerhalb des Systems.

Ein Wandel ist nur möglich, wenn die Bevölkerung erkennt, dass sozialer Aufstieg und Wohlstand für alle keine Selbstverständlichkeit sind, sondern erkämpft werden müssen. Widerstandsgeist und zivilgesellschaftliches Engagement sind dringend nötig.

Fazit: Zeit für ein Umdenken

Deutschland kann sich nicht länger als sozialen Rechtsstaat bezeichnen, solange Millionen Menschen in Armut leben. Ein solidarisches Rentensystem nach skandinavischem Vorbild, das alle Einkommensgruppen einbezieht, wäre ein erster Schritt. Doch ohne gesellschaftlichen Druck bleibt jede Reform ein Wunschtraum.

Wir brauchen keine Kriegsmentalität – was wir brauchen, ist Widerstandsgeist und gesellschaftlichen Mut! Dazu gehören Bewusstsein, Motivation und Mut. Was in unserem Land falsch läuft, ist, wie Heinrich Mann sagte, die „Untertanenmentalität“. Die Obrigkeit darf nicht mehr unangefochten das Sagen haben. Es reicht nicht, nur die Fassade zu wahren – es braucht echte Reformen. Papier ist geduldig, aber nur Taten bringen Veränderung.

Mut zur Veränderung

Es ist unsere Aufgabe, Gleichbehandlung zu fördern und Armut konsequent zu bekämpfen. Soziale Gerechtigkeit beginnt im Kopf und im Herzen. Nur durch gemeinsames Engagement können wir eine gerechtere Gesellschaft schaffen.

Quellen / Literaturhinweise

  • Statista (2024): Armutsgefährdungsquote in Deutschland.
  • Destatis (2023): Sozialberichterstattung und Armutsstatistik in Deutschland.
  • OECD (2023): Pensions at a Glance – Country Profile Germany.
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS, 2023): Rentenversicherung in Zahlen.
  • Europäische Kommission (2023): Employment and Social Developments in Europe Report.
Über Hossein Zalzadeh 22 Artikel
Hossein Zalzadeh ist Ingenieur, Publizist und politisch Engagierter – ein Mann, der Baustellen in Beton ebenso kennt wie die Bruchstellen von Gesellschaften. Zalzadeh kam Anfang zwanzig zum Studium nach Deutschland, nachdem er zuvor in Teheran als Lehrer und stellvertretender Schulleiter in einer Grundschule tätig gewesen war. Er studierte Bauwesen, Sanierung und Arbeitssicherheit im Bereich Architektur sowie Tropical Water Management an mehreren technischen Hochschulen. An bedeutenden Projekten – darunter der Frankfurter Messeturm – war er maßgeblich beteiligt. Seine beruflichen Stationen führten ihn als Ingenieur auch in verschiedene afrikanische Länder, wo er die großen sozialen Gegensätze und die Armut unserer Welt ebenso kennenlernte wie ihre stillen Uhrmacher – Menschen, die im Verborgenen an einer besseren Zukunft arbeiten. Bereits während des Studiums engagierte er sich hochschulpolitisch – im AStA, im Studierendenparlament sowie auf Bundesebene in der Vereinten Deutschen Studentenschaft (VDS) – und schrieb für studentische Magazine. In diesem Rahmen führte er Gespräche mit Persönlichkeiten wie Willy Brandt und Herta Däubler-Gmelin über die Lage ausländischer Studierender. Seit vielen Jahren kämpft er publizistisch gegen das iranische Regime. Geprägt ist sein Schreiben vom Schicksal seines Bruders – Jurist, Schriftsteller und Journalist –, der vom Regime ermordet wurde. Derzeit schreibt er an seinem Buch Kampf um die Menschlichkeit und Gerechtigkeit – ein Plädoyer für Freiheit, Würde und den Mut, der Unmenschlichkeit zu widersprechen.