Eher negative wirtschaftspolitische Bilanz der neuen Bundesregierung

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Eher negative wirtschaftspolitische Bilanz nach den ersten 100 Tagen

30% der teilnehmenden Ökonominnen und Ökonomen bewerten die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der neuen Bundesregierung in den ersten 100 Tagen als „eher negativ“; weitere 12% sogar als „sehr negativ“. Rund ein Drittel (32%) steht den wirtschaftspolitischen Maßnahmen neutral gegenüber. Eine eher positive Bilanz ziehen 25% der Teilnehmenden. Als Gründe für eine positive Bewertung werden insbesondere der stärkere Fokus auf öffentliche Investitionen sowie Investitionen in die Verteidigung genannt. Kritisch sehen die Teilnehmenden dagegen vor allem die fehlenden Reformanstrengungen im Bereich der Sozialsysteme. Zudem vermissen sie bisher klare Impulse für weitere Strukturreformen, den Abbau von Bürokratie und Fortschritte beim Klimaschutz.

Ökonomenpanel_August_2025

Positive Impulse durch Investitionen, aber Kritik an „Mütterrente“

In einer offenen Frage konnten die teilnehmenden Ökonominnen und Ökonomen wirtschaftspolitische Entscheidungen der Bundesregierung benennen, die sie als besonders gelungen oder als besonders kritisch einschätzen. Am häufigsten wurde dabei die Stärkung öffentlicher Investitionen positiv hervorgehoben, die durch die Einrichtung eines Sondervermögens ermöglicht wurde. Allerdings gaben auch 29 Teilnehmende an, keine gelungene Entscheidung benennen zu können. Unter der Kategorie „Sonstiges“ sind verschiedene kleinere Aspekte zusammengefasst, darunter ein verändertes Auftreten Deutschlands auf der weltpolitischen und europäischen Bühne, die Abschaffung des deutschen Lieferkettengesetzes sowie die Abschaffung der Gaspreisumlage. Ebenfalls positiv bewertet wurden der sogenannte „Investitionsbooster“ durch verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen, zusätzliche Ausgaben für die Verteidigung sowie erste Schritte in der Steuerpolitik durch die angekündigte Senkung der Körperschaftsteuer.

Bei den kritisch bewerteten Entscheidungen wurde die Ausweitung der „Mütterrente“ am häufigsten genannt, gefolgt von der umfangreichen Reform der Schuldenbremse einschließlich der Schaffung des Sondervermögens für Infrastruktur. Unter der Kategorie „Rentenpolitik“ wurde das verabschiedete Rentenpaket kritisch beurteilt und die insgesamt fehlende Reformbereitschaft bemängelt. In der Kategorie „Energiepolitik“ dominierte die Kritik, dass die Stromsteuersenkung ausschließlich dem verarbeitenden Gewerbe zugutekommt. Zudem wurde der Regierung vorgeworfen, zu stark auf fossile Energieträger wie Gas zu setzen. Unter „Sonstiges“ wurden verschiedene Punkte wie etwa die Unstimmigkeiten bei der Wahl der Verfassungsrichterin oder der geplante Haushalt zusammengefasst. Einzelne Entscheidungen wie die geplante Senkung der Umsatzsteuer in der Gastronomie sowie das geplante Tariftreuegesetz wurden ebenfalls kritisch bewertet.

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Klarer wirtschaftspolitischer Kurswechsel unter Schwarz-Rot nicht erkennbar

Im Vergleich zur vorherigen Ampel-Regierung erkennen die teilnehmenden VWL-Professorinnen und VWL-Professoren keine gravierenden wirtschaftspolitischen Unterschiede zur aktuellen schwarz-roten Bundesregierung. 39% der Teilnehmenden sehen lediglich „eher wenig“, weitere 4% sogar „sehr wenig“ Veränderungen im wirtschaftspolitischen Kurs im Vergleich zur früheren Scholz-Regierung. Mit „neutral“ antworten 17% der Teilnehmenden. Deutliche Abweichungen von der Wirtschaftspolitik der Ampel-Regierung nehmen hingegen 41% der Ökonominnen und Ökonomen wahr (davon 39% „eher stark“ und 2% „sehr stark“). Als wichtigste und am häufigsten genannte Änderung nennen die Teilnehmenden die Erhöhung des Verteidigungsetats. Zudem wird angemerkt, dass sich die Stimmung in der Wirtschaft zwar bereits gebessert habe, bisher jedoch noch zu wenige konkrete Maßnahmen ergriffen worden seien. In der Steuer- und Sozialpolitik sehen die Ökonominnen und Ökonomen hingegen überwiegend ein „Weiter-so“.

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Wirtschaftspolitische Kompetenz der neuen Regierung bestenfalls als mittelmäßig eingeschätzt

Eine wirtschaftspolitische Kompetenz spricht die Mehrheit der teilnehmenden Ökonominnen und Ökonomen der schwarz-roten Regierung nur in begrenztem Maße zu: 53% bewerten sie als „mittel“, während rund ein Drittel sie mit „eher gering“ (26%) oder „sehr gering“ (5%) einschätzt. Nur 14% der Teilnehmenden attestieren der Regierung unter Friedrich Merz eine „eher hohe“ wirtschaftspolitische Kompetenz. Zwar erkennen einige der teilnehmenden VWL-Professorinnen und VWL-Professoren eine wirtschaftspolitische Kompetenz an – insbesondere beim Bundeskanzler selbst und der neuen Wirtschaftsministerin –, kritisieren jedoch ein mangelndes Durchsetzungsvermögen innerhalb der Koalition. Andere kritisieren die stärkere Ausrichtung der Wirtschaftspolitik an Interessen großer Unternehmen, was aus ihrer Sicht zu Lasten des Mittelstands geht.

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Positive Impulse für die Konjunktur

Die Hälfte der teilnehmenden Ökonominnen und Ökonomen beurteilt die bisherigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Regierung als „eher positiv“ für die konjunkturelle Entwicklung. Demgegenüber sehen 12% der Teilnehmenden einen „eher geringen“ Einfluss auf die Konjunktur. Weitere 34% gehen von einem „neutralen“ Effekt aus. Als Hauptgrund für eine positive Einschätzung wird vielfach der expansive Fiskalimpuls genannt, der sich aus den zusätzlichen Mitteln für Infrastruktur und Verteidigung ergibt. Als hemmende Faktoren werden hingegen die lange Umsetzungsdauer der Investitionen sowie negative Effekte durch die neuen US-Zölle angeführt.

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Leicht positive Auswirkungen auf mittelfristiges Wachstum erwartet

Gefragt nach der mittelfristigen Wirkung der Regierungsmaßnahmen in den ersten 100 Tagen auf das Wirtschaftswachstum, ergibt sich ein gemischteres Bild als bei der kurzfristigen konjunkturellen Entwicklung. 34% der teilnehmenden VWL-Professorinnen und VWL-Professoren bewerten die Maßnahmen als „eher positiv“ und 37% schätzen ihre Wirkung als „neutral“ ein. Gleichzeitig fällt der Anteil negativer Einschätzungen im Vergleich zu den kurzfristigen Auswirkungen höher aus: 22% der Teilnehmenden beurteilen die bisherigen Maßnahmen als „eher negativ“, weitere 4% sogar als „sehr negativ“ für das Wirtschaftswachstum. Als Gründe für die kritische Bewertung nennen die Ökonominnen und Ökonomen einen zu geringen Fokus auf wachstumsfördernde Maßnahmen. Zwar entfalte die Ausweitung staatlicher Ausgaben einen konjunkturellen Impuls, werde aber eher als „Strohfeuer“ wahrgenommen. Strukturelle Reformen zur Steigerung des Arbeitsangebots oder zur Förderung von Innovation blieben bislang aus. Positiv hervorgehoben wird hingegen der potenzielle Wachstumseffekt durch zusätzliche Investitionen in eine leistungsfähige Infrastruktur.

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Quelle: ifo