Der Konservatismus bleibt ein wertvoller Anker in einer pluralistisch-eindimensionalen Welt

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Die Welt von heute ist eine der permanenten Bewegung, der Entgrenzung und des Verfalls. Inmitten dieser ständigen Neuorientierung und Umgestaltung mag es wie ein Anachronismus erscheinen, das konservative Denken zu befürworten. Doch gerade in einer Zeit, die von Flüchtigkeit und scheinbarer Unbeständigkeit geprägt ist, bietet der Konservatismus einen wertvollen Anker. Er ist kein Aufruf zu Stillstand oder Rückschritt, sondern ein lebendiger Appell, uns der Wurzeln unserer Geschichte zu besinnen und jene Werte zu bewahren, die den Geist und die Stabilität der abendländischen Zivilisation geprägt haben.

Konservatismus ist nicht gleichbedeutend mit einem Erstarren in der Vergangenheit, sondern mit einer entschlossenen Rückkehr zu den Prinzipien, die der Gesellschaft ihre humane und zivilisierte Ordnung verliehen haben. Er ist ein feiner Gegensatz zur destruktiven Tendenz der Moderne, alles dem scheinbaren Fortschritt zu opfern und dabei den Blick für das Wesentliche zu verlieren. Wer sich als Konservativer versteht, erkennt an, dass die Werte, die über Jahrhunderte hinweg im Dialog mit der Vernunft und dem menschlichen Streben nach Wohlstand, Freiheit und Würde gewachsen sind, nicht nur der Vergangenheit angehören, sondern auch der Zukunft.

Der Konservative gibt es geistigen Kompass vor

Die Stärke des Konservativen liegt in seiner tiefen Verwurzelung. Die Überzeugung, dass die Wahrung und Weitergabe bewährter Werte und Institutionen die Grundlage eines gesunden gesellschaftlichen Gefüges sind, mag in ihrer Einfachheit zunächst unspektakulär erscheinen. Doch es ist genau diese Standhaftigkeit, die den Konservativen von der stets vergänglichen Mode und den flüchtigen Ideologien der Gegenwart unterscheidet. Wo andere in der hektischen Jagd nach dem Neuen und immer Neueren die Kontinuität verlieren, behält der Konservative das Langfristige im Blick.

Besonders hervorzuheben ist die positive Bedeutung des Konservativen für die Aufrechterhaltung eines moralischen und geistigen Kompasses. In einer Zeit, in der relativistische Tendenzen und die Verflüssigung von Werten weit verbreitet sind, stellt sich der Konservative gegen den Strom der Beliebigkeit. Er fordert keine Rückkehr zu einem verstaubten Ideal, sondern eine geistige Erneuerung, die sich auf fundamentale Prinzipien stützt, die nicht nur für eine Gesellschaft von Nutzen sind, sondern auch für den Einzelnen von unverwechselbarem Wert: Verantwortung, Ehrlichkeit, Respekt vor der Tradition, und der Schutz des Individuums in seiner Würde.

Den Menschen nicht isolieren, sondern in Gemeinschaft denken

Der Konservatismus ist auch ern Hüter der sozialen Bindungen. Wo der Individualismus heute oft in eine verzerrte Selbstverwirklichung umschlägt, die das Wohl der Gemeinschaft aus den Augen verliert, bewahrt der Konservative das Prinzip der sozialen Verantwortung. Die Familie, die Nachbarschaft, die Gemeinschaft sind für ihn keine hohlen Floskeln, sondern tragende Säulen des gesellschaftlichen Lebens. Der Konservative erkennt an, dass der Mensch nicht isoliert existiert, sondern in ein Netz von Beziehungen eingebunden ist, die von gegenseitigem Respekt und Vertrauen leben.

Darüber hinaus ist der Konservatismus eine Philosophie der Mäßigung. In einer Welt, die von Extremen geprägt ist, sei es in der Politik, in den Medien oder im gesellschaftlichen Diskurs, sucht der Konservative den goldenen Mittelweg. Er verweigert sich den Polarisierungen, die heute den Dialog prägen, und fördert stattdessen einen Diskurs, der auf der Anerkennung der Unterschiedlichkeit von Meinungen und auf dem Prinzip der gegenseitigen Achtung basiert. Der Konservative ist sich bewusst, dass wahre Veränderung oft aus dem Einklang von Tradition und Innovation erwächst und dass man nicht auf den Sturm von Revolutionen hoffen sollte, sondern auf die behutsame Weiterentwicklung des Bestehenden.

Die Zukunft gestalten

In diesem Sinne ist der Konservatismus eine Philosophie, die nicht nur der Vergangenheit huldigt, sondern auch in der Lage ist, eine Zukunft zu gestalten. Sie bietet die Möglichkeit, das Beste aus der Vergangenheit zu bewahren und gleichzeitig für die Zukunft gerüstet zu bleiben. Der Konservative lehnt nicht ab, sondern er bewahrt und erneuert, was wertvoll ist. Dies ist der wahre Geist des Konservatismus: ein Streben nach einer lebendigen, dynamischen Gesellschaft, die in den Grundwerten ihrer Traditionen verankert bleibt und sich zugleich den Herausforderungen einer sich ständig verändernden Welt stellt.

Über Stefan Groß-Lobkowicz 2263 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".