Als Sachwalter der Freiheit versteht sich der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer – womit ihm einige „Rechtslastigkeit“ unterstellen. Von Benedikt Vallendar.
So etwas hatte es schon lange nicht mehr gegeben: 60.000 Petenten, um einen neuen Minister zu verhindern. Doch für Wolfram Weimer, den parteilosen Hessen, kampferprobten Journalisten und Einserabiturienten dürfte die Kampagne gegen ihn vor allem Werbung – und zugleich ein wirksames Mittel zur Profilierung im turbulenten Politgeschäft gewesen sein. Bis heute ist die Personalie Wolfram Weimer als neuer deutscher Kulturstaatsminister im Kabinett Merz ein Politikum. Auch wenn die kritischen Stimmen inzwischen leiser und weniger geworden sind, auch aus Reihen der mitregierenden SPD. Der Vorwurf: Weimer unterscheide nicht zwischen Konservatismus und Autoritarismus und pflege eine „gefährliche Nähe“ zur AfD, bei allen Bemühungen, sich rhetorisch von ihr abzugrenzen. Dass allen voran die Linke bis heute nicht wirklich mit ihrer stalinistischen Vergangenheit gebrochen hat und allen voran die Altgranden Gregor Gysi, Bodo Ramelow und der langjährige Stasi-IM André Brie in der Partei den Ton angeben, will dort nur keiner wissen; derweil sich die schrill-hübsche Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek vor allem in Talkshows zu gefallen weiß.
Linke Lebenslügen
Angeblich habe Wolfram Weimer „keine Ahnung“ vom Kulturbetrieb und treibe seit Jahren Lobbyarbeit fürs bürgerliche Establishment, werfen ihm Gegner vor; will sagen: seine zahlreichen Artikel, Kolumnen und sonstigen Statements für die Fleißigen, konfessionell Gebundenen und um das Wohlergehen ihrer Familien bemühten Teile der deutschen Gesellschaft, mit denen das linksgrüne Lager bis heute auf Kriegsfuß steht, Solidarität mit muslimischen, leider oft bildungsfernen Migranten inklusive. Zugleich gilt es in diesen Kreisen als schick, den Nachwuchs auf teure Privatschulen zu schicken. Was Weimer wiederholt als nur eine unter vielen linken Lebenslügen entlarvt hat, und was ihm die Szene bis heute richtig übelnimmt.
Blick auf die Römische Republik
Einst war der neue Kulturstaatsminister Doppel-Chefredakteur der Die Welt und der Berliner Morgenpost (2001-2002) und machte als konservativer Gralshüter und Kenner des Berliner Politbetriebs von sich reden. Kunst im Sinne Schillers als „Tochter der Freiheit“ zu verstehen, sei sein Credo, heißt es; ein wiedergeborener Axel Springer, an dem sich die linke Publizistik immer wieder aufs Neue abarbeitet, da offenbar auch die Demokratie auf Feindbilder nicht verzichten möchte.
Kurz nach dem Anschlag auf das World Trade Center in New York 2001 hatte es Spekulationen um seine Person gegeben – infolge derer kurz darauf das von ihm gegründete Politmagazin „Cicero“ erschien, bis heute ein wichtiger Teil der deutschen Presselandschaft. Den Namen „Cicero“ habe Weimer in Anspielung an den gleichnamigen antiken Philosophen und Staatsmann gewählt, heißt es; einer, der sich für freies Denken und Handeln in den engen Kategorien der römischen Republik engagiert und dafür mit dem Leben bezahlt hatte; erschlagen von Häschern des späteren Kaisers Augustus, den dafür zu kritisieren sich der Historiker Weimer allerdings bis heute nicht genötigt sah.
Dass es mit Weimer „Stress“ geben würde, dürfte Bundeskanzler Friedrich Merz wohlfeil einkalkuliert haben. Denn von jeher agiert der als christlicher Gralshüter und Mittler in Zeiten zurückgehender konfessioneller Bindung; aber auch als einer, der kein Blatt vor den Mund nimmt und kurz nach dem Anschlag in New York auf einer Redaktionssitzung vor „aggressiven muslimischen Jugendlichen“ auf den Straßen Berlins gewarnt hatte.
Wie sehr sich Weimers Prophezeiungen bewahrheiten sollten, wissen wir spätestens seit dem Massaker der Hamas an jüdischen Jugendlichen und Kindern am 7. Oktober 2023; das als Auch-Gefahr für den Westen zu vermitteln, sich der neue Kulturstaatsminister nunmehr von Amts wegen auf die Fahnen geschrieben hat.
