Andreas Gerritzen heißt der prominente Sammler aus Bremen, der 200 seiner in den letzten 25 Jahren zusammengetragenen Gemälde dem Olaf-Gulbransson-Museum am Kurpark 5 in Tegernsee leihweise anheimstellte, um sie in einer spektakulären Sonderausstellung, kuratiert von Michael Beck, einer staunenden Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Es geht um nichts weniger als um das weit ausgreifende und von breitem Interesse getragene Thema „Europäische Landschaftsmalerei des 19. und 20. Jahrhunderts“.
„Raus in die Natur“ war deren Devise, die Michael Beck mit einem trefflichen Ausrufezeichen versah.
Gerritzens begreiflicher Schwerpunkt, den er als Privatsammler setzte, war ein geografischer. Er begann beim nordwestdeutschen Landschafter Friedrich Wilhelm Otto Modersohn (1865 – 1943) aus Soest, dem Mitbegründer der berühmten Künstlerkolonie Worpswede. Dieser war den Malern der „Schule von Barbizon“ zugetan, in deren Tradition er kunsthistorisch zu stellen ist. Im französischen Barbizon ging es um das Zeichnen und Malen in freier Natur. Modersohn stellte sich strikt gegen den malerischen Akademismus. Er heiratete 1901 in Bremen die 25jährige gebürtige Dresdnerin Paula Becker, die 1907 in Worpswede starb. Als Paula Modersohn-Becker war sie eine der bedeutendsten Vertreterinnen des frühen Expressionismus.
Am Tegernsee ist also Bekanntschaft zu schließen mit großen deutschen und aus Frankreich stammenden Malerpersönlichkeiten fern von Bayern. Um nur einige der klangvollsten unter ihnen zu nennen, sollen hier wenigstens Gustave Courbet, Fritz Mackensen, Camille Pissarro und Théodore Rousseau aufgeführt sein. Mit dem Wiener Carl Schuch, dem Münchner Carl Spitzweg und Hans Thoma, der aus dem Schwarzwald kam und 85jährig in Karlsruhe starb, sind drei „Südlichter“ genannt, die bei Andreas Gerritzen besonderes Sammler-Wohlgefallen fanden. Die von insgesamt 30 bildenden Künstlerinnen und Künstlern stammenden Ölbilder und Aquarelle – allesamt Kostbarkeiten – werden durch die Hinzunahme einiger Skulpturen von Barlach, Blumenthal, Karsch, Klimsch, Marcks und Scheibe ergänzt.
Hört man den Kunstsammler Andreas Gerritzen, so fällt von ihm ein Satz aus der Reihe: „Meine Werke sprechen miteinander“. Der kunstbegeisterte Bremer Mediziner mit einem Faible für Oberbayern sieht in den von ihm geliebten und gehüteten, nun für längere Zeit außer Haus gegebenen Bildschöpfungen des 19. und 2o. Jahrhunderts ungeahnte Kräfte wirksam werden. Wie immer sich die, die seine Bilder in Tegernsee auf sich wirken lassen werden, auch mit ihnen beschäftigen – sie dürften dabei nur Positives erleben.
„Im Kanon der Schöpfung“ könnten wir, wie die Münchner Filmemacherin Angelika Weber das als Besucherin der Vernissage dieser Ausstellung sah, „einen Mehrwert schaffen … von klassischen bis impressionistischen und modernen (Kunst-)Werken aus Malerei, Architektur, Literatur und Naturwissenschaften – die Darstellung der Natur offenbart ihre kosmische Wirkungskraft“.
Also: nichts wie „Raus in die Natur!“ bei nächstbester Gelegenheit! Zur Vertiefung des dort Gesehenen und Erlebten geht es rein in die Ausstellung gleichen Namens. Das Tegernseer Museum, das den Namen des Malers und Karikaturisten Olaf Gulbransson (1873 – 1958) trägt, ist – vielen nicht bekannt und manchen auch ziemlich egal – eine Zweiggalerie der in München beheimateten Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Nächstes Jahr ist es sechs Jahrzehnte her, dass es errichtet wurde. 2008 wurde es um einen Baukörper erweitert, in dem Sonderausstellungen wie diese stattfinden.
Sie ist bis 10. Januar 2026 jeweils dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

