Wer ist der richtige Ansprechpartner für gutes Sehen?

Augenoptik und Ophtalmologie heute

Wenn ein Sehtest ansteht, eine neue Brille benötigt wird oder Probleme mit dem Sehen bzw. mit den Augen auftreten, so stellt sich die Frage: „Wer ist der richtige Ansprechpartner für gutes Sehen?“ Vielfältige Qualifikationen berechtigen in Deutschland zu einer Überprüfung der Augen. Hinter den Berufsabschlüssen stehen jedoch sehr unterschiedliche Kompetenzen und Tätigkeitsgebiete. Abhängig von den individuellen Wünschen und Bedürfnissen lohnt es sich deshalb, sich im Vorfeld zu informieren.
Der Beruf des Augenoptikers ist im deutschsprachigen Raum ein traditioneller Handwerksberuf. Er basiert auf einer dreijährigen Berufsausbildung mit anschließendem Gesellenabschluss. Diese duale Ausbildung erfolgt im Augenoptikfachgeschäft und an einer Berufsschule, in denen theoretische und praktische Kenntnisse zu Sehhilfen vermittelt werden sowie das Anfertigen von Brillen erlernt wird. Die ausgebildeten Augenoptiker(-gesellen) sind in Beratung und Verkauf sowie in der Anpassung und Anfertigung von Sehhilfen tätig.
Die aktuellen Entwicklungen des Marktes erfordern, zusätzlich zur Ausbildung zum Augenoptiker auch eine Ausbildung zum Fachverkäufer für Augenoptik anzubieten. Die Inhalte der Ausbildung sind vor allem auf den Verkauf und kompetente Beratung ausgelegt, nicht auf die Anfertigung von Sehhilfen. Sowohl Augenoptikergesellen als auch Fachverkäufer für Augenoptik dürfen nicht eigenständig Überprüfungen der Augen durchführen.
Augenoptikermeister haben zusätzliche Qualifikationen, so durch eine ein- bis zweijährige Ausbildung an einer Fachschule, einschließlich einer Meisterprüfung, nach Richtlinien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (Augenoptikermeisterverordnung vom 29. 8. 2005).
Danach darf der Augenoptikermeister eine Sehschärfeprüfung sowie eine Refraktions- (Prüfung eines Auges) und Korrektionsbestimmung (Prüfung der Zusammenarbeit beider Augen) vornehmen, d.h., die Vermessung der Augen von Kindern und Erwachsenen zur Bestimmung einer Fehlsichtigkeit. Im Anschluss an die Refraktions- und Korrektionsbestimmung erfolgt eine Versorgung mit einer Sehhilfe.
Dabei passt der Augenoptikermeister Brillen, aber auch Kontaktlinsen und vergrößernde Sehhilfen an. Darüber hinaus berechtigt der Meisterabschluss zur Ausbildertätigkeit im Handwerksberuf. Damit ist der Augenoptikermeister traditionell und im Normalfall der Ansprechpartner für eine Augenprüfung als Grundlage für eine neue Brille oder Kontaktlinsen.
Der Augenarzt (Facharzt für Augenheilkunde bzw. Ophthalmologe) ist aufgrund seiner universitären und klinisch-medizinischen Ausbildung Ansprechpartner für Augenerkrankungen. Er diagnostiziert, ob etwas physiologisch (also normal) oder pathologisch bzw. krankhaft verändert ist. Für eine ärztliche Diagnostik zur Abklärung krankhafter Veränderungen am Auge, zur Heilbehandlung und für chirurgische Eingriffe, ist somit der Augenarzt der richtige Ansprechpartner. Eine Brillen- oder Kontaktlinsenverordnung kann dabei ein „Nebenprodukt“ sein, denn es ist nicht zentrale Aufgabe eines Augenarztes, Fehlsichtigkeit zu bestimmen und optische Korrektion und Versorgung zu verordnen.
Unumstritten ist, dass die häufigste Ursache für Sehprobleme eine Fehlsichtigkeit ist, die in der Regel mit einer Sehhilfe behoben werden kann. Demnach wird in der Mehrzahl der Fälle häufiger der Augenoptikermeister als der Augenarzt aufgesucht. So lag z.B. der Prozentsatz an ärztlichen Verordnungen im Jahr 2009 bei 24%. 76% der Verordnungen erfolgten durch einen Augenoptikermeister.
Zu einem Rückgang von Augenarztbesuchen für eine Brillenverordnung hat auch die deutsche Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre beigetragen.
Ebenso haben sich durch rasante technologische Entwicklungen die diagnostischen, therapeutischen und chirurgischen Potenziale der Augenärzte, z.B. bei grünem Star (Glaukom), bei grauem Star (Katarakt), bei Netzhauterkrankungen oder in der Laser-Chirurgie in den letzten Jahren so stark erweitert, dass diese modernen Schwerpunkte die Tätigkeitsfelder eines Ophthalmologen dominieren. Würde jeder Patient bei einem Sehproblem eine vollständige augenärztliche Diagnostik durchführen lassen, wäre dies ökonomisch nicht verhältnismäßig, individuell oft nicht problemadäquat und mit erheblichem zeitlichem Aufwand verbunden.
Kann ich also zur Vorsorge auch zum Augenoptikermeister gehen, bzw. erkennt er bei einer Augenprüfung auch Augenerkrankungen?
Traditionell sah die Meisterausbildung eine Prüfung auf Auffälligkeiten und Risikofaktoren für Augenerkrankungen nicht vor. In den vergangenen Jahren wurden aber zunehmend mehr Lehrinhalte integriert, die es dem Augenoptikermeister auf Grundlage des Meisterprüfungsberufsbildes ermöglichen, im Rahmen der Refraktions- und Korrektionsbestimmung auch auf Sehleistungsminderungen zu prüfen, die nicht mit einer Sehhilfe behoben werden können.
Damit kann der Augenoptikermeister ggf. zum Augenarzt verweisen, wenn es sich nicht um einen „Normalfall“ bei einer Sehhilfenversorgung handelt. Dies ist auch im Berufsbild für Augenoptikermeister so verankert. Der Augenoptikermeister kann im Rahmen der Sehhilfenbestimmung bei einer reduzierten Sehleistung z.B. Screeningteste (Siebteste) durchführen, die ihm ermöglichen, andere, die Sehleistung mindernde, Beeinträchtigungen aufzudecken und für die Korrektionsbestimmung zu berücksichtigen.
Die technologische Entwicklung ist auch an der Augenoptik nicht vorbeigegangen: innovative Messtechniken erlauben eine genauere Vermessung der Augen. Zunehmend hat sich die Augenoptik in den vergangenen Jahren vom Handwerk hin zur Gesundheitsdienstleistung entwickelt. So wurde im deutschsprachigen Raum in den 1970er Jahren mit dem Hochschulstudium zum Diplomingenieur für Augenoptik (FH) der technologischen Entwicklung Rechnung getragen und ein adäquater Beruf geschaffen, der auf der Messtechnik in der angewandten Augenoptik beruht.
Im internationalen Vergleich ist dies der Optometrist, der sich mit der „Messung“ der „Optik“ beschäftigt und schon seit den 1920er Jahren an universitären Einrichtungen seine optometrische Ausbildung genießt. Die Ausbildungsinhalte zum Optometristen sind international jedoch weniger technisch-optisch, vielmehr optometrisch und klinisch-medizinisch.

Berufsbild Optometrist in Deutschland und international:
Für eine europäische Harmonisierung muss sich Deutschland den europäischen Rahmenbedingungen sowohl in der Ausbildung (Bologna-Prozess) als auch in der Augenoptik/Optometrie anpassen. Klinisch-optometrische Inhalte gewinnen zunehmend an Bedeutung, sowohl in der Ausbildung als auch in der Anwendung.
Die Ausbildung in der Optometrie erfolgt international an Universitäten in Bachelor- und Masterstudiengängen oder OD-Studiengängen (Doctor of Optometry). In Deutschland ist es seit 2005 an fünf Hochschulen möglich, ein 3 ½-jähriges Studium zum Bachelor of Science (B.Sc.) und ggf. anschließendes 1 ½-jähriges Studium zum Master of Science (M.Sc.) zu absolvieren.
Der Bachelor of Science ist der erste berufsqualifizierende Hochschulabschluss für Augenoptik/Optometrie. Mit diesem Abschluss ist der Absolvent in der Lage, auf wissenschaftlichem Niveau Fehlsichtigkeiten zu erkennen, zu bestimmen und zu korrigieren (Refraktions- und Korrektionsbestimmung). Darüber hinaus beinhaltet seine Tätigkeit die Versorgung mit Sehhilfen, die Abgrenzung von Augenkrankheiten und die Wiederherstellung normaler Zustände des visuellen Systems. Zusätzliches Wissen besitzt er in angrenzenden Gebieten, zum Beispiel der Lichttechnik, dem Arbeitsschutz, der Technischen Optik und der Betriebswirtschaft, woraus sich weitere Einsatzgebiete über die Optometrie hinaus ergeben.
In Anlehnung an die aktuellen Entwicklungen auf europäischer Ebene basiert die Ausbildung in der Optometrie heute auf einer fundierten Hochschulausbildung mit klinisch-optometrischen Ausbildungsinhalten. Die wichtigste Kompetenz eines Hochschulabsolventen ist eine qualifizierte und verantwortungsvolle Befundung bei einer optometrischen Untersuchung und eine Entscheidung über „auffällig“ oder „nicht auffällig“, um eine sichere Empfehlung für eine Sehhilfenversorgung durch einen Augenoptiker, eine optometrischen Versorgung oder Überweisung an einen Arzt geben zu können. Dafür ist Wissen in den Bereichen Anatomie und Physiologie, Pathologie und Pharmakologie sowie in Techniken zur Anwendung von Geräten und Untersuchungsmethoden erforderlich. Darüber hinaus ist klinisch-optometrische Erfahrung notwendig, die zum einen durch fallbezogenes Lernen ermöglicht wird und zum anderen durch die optometrische Untersuchung an Patienten bereits während des Studiums.
Die optometrische Untersuchung beinhaltet verschiedene Teste sowie Mess-, Prüf- und Untersuchungsmethoden, um funktionsbeeinträchtigende Auffälligkeiten des visuellen Systems und Risikofaktoren für häufige Augenerkrankungen zur Gesundheitsvorsorge und Früherkennung aufzudecken. International basiert das Berufsbild des Optometristen auf einer Hochschulausbildung. In Anlehnung an das Konzept der Optometrie ist nach der Satzung des World Councils of Optometrie das Berufsbild des Optometristen wie folgt definiert:
Optometristen erbringen Gesundheitsdienstleistungen rund um das Auge und das visuelle System. Die Gesundheitsdienstleistungen beinhalten die Refraktions- und Korrektionsbestimmung, die Sehhilfenanpassung und -abgabe, die Abgrenzung von Augenkrankheiten und die Wiederherstellung normaler Zustände des visuellen Systems.
International ist der Optometrist der „Primary Eye Care Provider“, d.h. er ist der primäre Dienstleister für den Gesundheitsstatus des Auges und des visuellen Systems. Das Berufsbild des Optometristen basiert international auf einer Hochschulausbildung mit einem praktischen Jahr, in dem optometrische Untersuchungen unter Aufsicht eines Optometristen durchgeführt werden. Erst danach kann sich der Hochschulabsolvent als Optometrist registrieren lassen (à engl.: residency) und damit selbstständig in der Praxis tätig sein.
Die klinisch-optometrische Ausbildung ermöglicht dem Optometristen, der erste Ansprechpartner für gutes Sehen und Augenerkrankungen zu sein, gewissermaßen der „Gatekeeper“ für das Sehen. Dieser wird regelmäßig bzw. bei Problemen der Augen betreffend aufgesucht, so dass der Optometrist den Gesundheitsstatus der Augen untersucht. Er entscheidet zusammen mit dem Patienten über die weitere Versorgung, z.B. mittels Sehhilfen durch einen Optiker (international: optician), behandelt selbst mit professionellem optometrischem Vision Training oder überweist ggf. zu einem Ophthalmologen.
Der Berufstand der Augenoptik in Deutschland ist zurzeit auf dem Weg von einem handwerksorientierten zu einem akademischen Beruf. Gerade in den letzten Jahren hat sich das Berufsbild immer weiter vom Handwerk in Richtung eines dienstleistenden Gesundheitsberufes gewandelt. Es stellt sich die Frage einer Neupositionierung der Augenoptik bzw. Optometrie in Deutschland.
In der derzeitigen Situation befindet sich Deutschland in „BOX 3“ der internationalen Klassifizierung der optometrischen Tätigkeit. D.h., nach berufspolitischen Vorgaben sind der Verkauf, die Refraktions- und Korrektionsbestimmung und die Verordnung von Sehhilfen erlaubt, sowie optometrische Mess- und Prüfmethoden. Deutschsprachige Länder wie Österreich und die Schweiz haben in der Hochschulausbildung die zusätzlichen Inhalte der „BOX 4“ bereits integriert und teilweise für die berufliche Praxis legalisiert. In den Niederlanden sind diese seit zehn Jahren sowohl in der Hochschulausbildung als auch in der Praxis erfolgreich realisiert.
Der Berufsverband (ZVA) in Deutschland hat sich in Anlehnung an internationale Standards eine Höher- bzw. Neupositionierung der Augenoptik zum Ziel gesetzt. Die Grundlage dafür bietet eine Hochschulausbildung. Dies spiegelt sich auch in den Zahlen der Absolventen nieder. Aktuell hat die Mehrzahl der Absolventen einen Hochschulabschluss (3:2).
Derzeit wurde für Berufspraktiker eine Qualifizierung zum Optometristen (Hwk) geschaffen (Rechtsvorschrift vom 12. 1. 2010 durch das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit). Diese ist für Augenoptikermeister konzipiert, die nicht über eine Hochschulausbildung mit klinisch-optometrischen bzw. medizinischen Inhalten verfügen, um damit beruflichen Praktikern eine Möglichkeit eines „Updates“ zu geben.
Die Fortbildungsmaßnahme ist berufsbegleitend und stark komprimiert, so dass sie nicht mit einem Hochschulabschluss vergleichbar ist. Diese Qualifizierung ist ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Hochschulabschluss im Bereich Augenoptik/Optometrie, um kompetent, verantwortungsvoll und marktgerecht als „Primary Eye Care Provider“ tätig zu sein.

Zusammenfassung:
Die Qualifikationen in Deutschland, die zur Überprüfung der Augen berechtigen, sind vielfältig. Da sich hinter den Abschlüssen jedoch bestimmte Kompetenzen und Tätigkeitsgebiete verbergen, sollte in Abhängigkeit des vorliegenden Problems (z.B. Fachberatung, Sehschärfeprüfung, Screening, Gesundheitsvorsorge, Verdacht auf Augenerkrankung) der jeweilige Spezialist ausgewählt werden. Zudem ist sicher auch die Qualität der jeweiligen Tätigkeit, die Erfahrung und das Verantwortungsbewusstsein entscheidend und nicht zuletzt die technische Ausstattung des Betriebes, des Geschäftes oder der Praxis.

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