Wolfgang Schäuble – wie weiter?

Finanzminister Dr. Wolfgang Schaeuble, Foto: Stefan Groß

Auf Sicht fahren

Als Wolfgang Schäuble 2009 Bundesfinanzminister mitten in der Talsohle der Weltfinanzkrise wurde, war das Staunen groß. Dieser alte Mann, das mürrische Schlachtross der Union, sollte den Posten auskleiden, in seinem Alter? Er übertraf alle Erwartungen, war über weite Strecken der beste Minister.
8 Jahre sind vergangen und Schäuble hat seinen Job gut gemacht. Doch wie bei jedem Boxer ist es bei Politikern. Die Wenigsten bekommen einen würdevollen Abgang hin und merken nicht, dass sie Rost angesetzt hatten, der sie im Ring zur peinlichen Nummer werden lässt.
Adenauer hielt 14 Jahre durch, trotz seiner historischen Bedeutung war er in den letzten Jahren ein halsstarriger alter Herr, dem auch wegen des Abbaus geistiger Fähigkeiten einige Ausrutscher geschahen („Abgrund von Landesverrat“).
Helmut Kohl hätte damals – vor 21 Jahren – besser den Staffelstab an eben jenen Schäuble abgegeben. Nach 1998 folgten Demontage, schwarze Kassen und der tiefe Fall.

Warum jetzt Schäuble?

Der Finanzminister legte in der Vergangenheit nie gesteigerten Wert auf Beliebtheit. Jetzt, als ich am Mittwoch (24.5.17) Auto fuhr, traute ich meinen Ohren nicht, als Schäuble im Deutschlandfunk sprach. Die Interviewpartnerin lobte ihn, dass er schon vor dem damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff davon sprach, dass der Islam zu Deutschland gehöre. Es war ein Suggestivinterview, wie es im Deutschlandfunk nicht das erste war. Schäuble schien aber nicht Distanz zu wahren, sondern wollte seine Interviewerin weiterhin beeindrucken wie ein Schulbub die Lehrerin, in die er heimlich verknallt ist. Gefallsucht sozusagen, er legte ständig nach und die Journalistin bekam mit Trick 17 ihr spektakuläres Interview, das den sonst bieder wirkenden Minister in weltmännischem Glanz präsentieren sollte.
Sinngemäß gab er zum Besten, dass jeder, der bestreite, dass die arabische Religion zu Deutschland gehöre, unqualifiziert für politische Aufgaben sei, weil derjenige dann die Realität verkenne. Das ist eine sehr statische Sicht. Realität muss man nicht nur hinnehmen, gute Politik gestaltet diese. Alle nur geduldeten Fälle sowie solche, die nach Asylrecht abgeschoben gehören, sollten dann konsequent in die Heimatländer überführt werden, wenn sie finanziell ein Minusgeschäft sind. Das sollte er als nüchterner Finanzminister stets im Auge haben.
Das ist Schäubles Arbeitswiese, hier müsste er ansetzen. Mir fiele es leichter, seine Aussage ernst zu nehmen, wenn er aktiv darauf hinwirkte, dass der Kostenfaktor Flüchtlingskrise, die seit 2015 rund 50 Milliarden Euro kostete, nicht weiter unnütz Geld kostet, sondern konsequent von ihm angegangen würde. Wer von den Gekommen Geld in die Kassen bringt, ist willkommen. Wer dauerhaft kostet, auch durch Senkung der Lebensqualität derjenigen, „die schon länger hier leben“ infolge Kriminalitätsanstiegs, wird abgeschoben.
Es liegt am mangelnden Willen seiner Dienstherrin, der Bundeskanzlerin und am Versagen des selbst ernannten Leitkulturexperten de Maizière, dass die Grenzen 2015 nicht geschlossen wurden und unser Land erpressbar ist von Gatekeepern am Bosporus und anderswo. Dass in der Flüchtlingskrise nordafrikanische Staaten ihre Gefängnisse öffneten und entleerten, weil das gesinnungsethische Deutschland jeden aufnahm, war ein Fehler, der sich perpetuiert, weil weder Merkel noch Schäuble oder de Maizière darauf drängen, Algerien, Tunesien und Marokko ihre Kriminellen wieder zurück zu schicken.

Senkung der Lebensqualität

Ein Finanzminister kann die harten Zahlen vor sich sehen, 25 Milliarden Kosten pro Jahr. Der Ökonom Raffelhüschen hat 500 Milliarden über die Zeit als Kosten errechnet: ein stolzer Preis für 5 Monate offene Grenzen. Hinzu kommt, dass sich die Lebensqualität merklich verschlechterte. Dass junge, meist nicht besonders qualifizierte Männer in Wettbüros, Shishabars und Fußgängerzonen verweilen, während sie auf ihre Frauen und Kinder warten, die angeblich noch in den Kriegsregionen der Welt zurückgeblieben sind, ist zur normalen Erscheinung geworden in den deutschen Innenstädten während der letzten Jahre.
Auch auf die Gefahr hin, dass mir jetzt Engstirnigkeit zugeschrieben und das Polyglotte aberkannt wird: bei dem Anblick empfinde ich einen Schwund an Lebensqualität, zumal ich als Steuerzahler nicht einsehe, derlei zu finanzieren, während nicht wenige der inzwischen 2 Jahre anwesenden keinerlei Fortschritte machen. Beiträge, besonders für Krankenkassen, steigen, Steuern können auch deshalb nicht gesenkt werden, weil viele junge Bonvivants in der Regel dauerhaft arbeitslos bleiben.
Warum schreitet Schäuble nicht ein und macht der Kanzlerin klar, dass diese Mehrkosten bei gleichzeitig sinkender Lebensqualität in den Innenstädten, besonders in den Abendstunden, eine Zumutung sind, die der Steuerzahler nicht dauerhaft hinnehmen wird? Kulturelle Bereicherung – wo? Auf der Domplatte, in Nizza, Manchester, Paris, London, Stockholm? Eine vernehmbare Distanzierung? Dies kann man nur mit der gehörigen Portion Starrsinn übersehen.

Nicht mehr auf der Höhe des Diskurses

Mit 74 ist es keine Schande, einzugestehen, dass geistige Kräfte nachlassen. Aber muss dies vor angeschalteten Mikrofonen mit stolz geschwellter Brust geschehen? Juden wären (damals) in den arabischen Ländern besser behandelt worden als im europäischen Abendland. Und wenn es im Atlasgebirge schneit, kann man da besser Skilaufen als am Strand von Sylt, könnte man sarkastisch hinzufügen, was nichts über die grundsätzlichen Klimaunterschiede zwischen Deutschland und Marokko aussagt.
Am laufenden Band ein peinlicher Satz nach dem nächsten. Ja, es war einmal, könnte man hinzufügen. Wenn man sich die aktuelle Ausgabe des Cicero ansieht, wird man das Tabuthema Antisemitismus mit anderen Augen sehen. Nicht mehr Skinheads, sondern viele Neubürger sind jetzt hier das Problem. Dass es eine Unkultur von Angriffen auf Ordnungshüter und willkürliche Gewalt im öffentlichen Raum gibt während der letzten 2 Jahre, kann man nur schwerlich übersehen. Schäuble scheint dies nicht wahrhaben zu wollen. Ältere Herrschaften neigen ja dazu, vorwiegend über die gute alte Zeit zu reden, als alles noch anders war.
Ausgerechnet 2 Tage nach dem Anschlag von Manchester hat der Finanzminister nichts Anderes zu tun, als Bedford-Strom, Käßmann, Marx, Merkel und Obama links zu überholen. Nicht Martin Luther ist im Fokus, sondern unsere „neuen Nachbarn“ sind es. Mit welchem Recht und aufgrund welcher Leistung denn? Dass die Standardreaktion auf die Ereignisse der letzten 2 Jahre nicht Hinterfragen demokratischer Grundhaltung der neuen Deutschen sowie die durchschnittliche Produktivität der Gekommenen ist, sondern widersinniges Loben, fällt mir schwer zu verstehen.

Quintessenz

Dass Schäuble nie ein guter Rhetor war, ist bekannt (ähs im Stoiber´schen Takt sind beim Finanzminister normal). Präzise denken konnte er hingegen stets mehr als die meisten seiner Kollegen. Gerade wenn man die Maßstäbe einstiger intellektueller Schärfe anlegt und ein gewisser Niveauabfall erahnbar wird, ist es Zeit zu gehen. Glücklicherweise naht die nächste Bundestagswahl und Schäuble kann in Ehren mit hohen Steuermehreinnahmen abtreten. Er möge bitte nicht den Fehler machen, tapfer bis zum bitteren Ende durchzuhalten und noch eine Legislatur dranzuhängen. Man denke an Heinrich Lübke, der, wäre er nur 5 Jahre Bundespräsident gewesen, in weitaus besserer Erinnerung geblieben wäre.

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