Ulrike Kriener – Inspiration pur

Ulrike Kriener und Holde Heuer
Ulrike Kriener gelang 1986 mit Doris Dörries Filmkomödie MÄNNER der Durchbruch. Weitere Bekanntheit erlangte sie als Kriminalhauptkommissarin Ellen Lucas in der ZDF-Krimireihe. Mit Karoline Herfurth, die auch Regie führte, spielt Ulrike Kriener in EINFACH MAL WAS SCHÖNES (Kinostart am 17. November 2022) den schwierigen Charakter einer Trinkerin.
„Es ist wesentlich, zu spielen und die Gesellschaft behutsam für das Gemeinsame zu öffnen“, sinniert Ulrike Kriener mit sanfter Stimme. „Wir brauchen Gemeinschaft und Kunst, um uns als Gesellschaft weiter zu entwickeln, besonders in schwierigen Zeiten. Jederzeit und alle Zeit! Denn so kann, so darf es nicht sein. So nicht!“
Der Zweifel ist ihr Mahner wie Scout. Immer aber über alle Maßen ist er hilfreich.
„In den Zeiten der Pandemie; den furchtbaren Monaten eines zerstörerischen russischen Angriffskrieges auf die Ukraine; all den Klima – wie Energiekrisen; das hat uns allen besonders bewußt gemacht, wie schnell unser Leben ganz anders aussehen kann, wie plötzlich alle unsere Pläne über den Haufen geworfen werden.“
Die Ausnahme-Menschen-Darstellerin Ulrike Kriener will der Wahrheit so nah wie möglich kommen. Auch wenn das, künstlerisch betrachtet, nicht immer gutgehen kann, wagt sie es. Vielleicht gerade deshalb wird diese Ausnahme-Künstlerin und vielfach Ausgezeichnete über alle Maßen von Jung und Älter besonders verehrt wie geschätzt.
Ulrike Kriener macht es sich nicht leicht, obwohl ihr Spiel umso leichter wirkt wie auch glaubhafter: Eben wie eine Feder im Sommerwind, deren feinen Flügen wir Zuschauer fasziniert folgen …
„Jeder Künstler strebt nach Vollkommenheit, nach der vollkommenen Schönheit. Sie zu erreichen, sind nicht alle, aber sehr viele Mittel recht! Das gilt für jeden Künstler: für einen Schriftsteller, einen Musiker, einen Maler. Und einen Schauspieler eben auch.“
„Und welche Risiken liegen für Sie in ihrem hohen künstlerischen Anspruch? Wieviel Vorbereitung, welches Erleben. Wieviel Darstellungs- Magie?“
„Die Route ist beliebig. Klare Antworten liegen einzig in Wunschfantasien!“
Dazu zählt auch die Ohnmacht in diesen schwierigen Zeiten. Wie in einem Drama, das um die Themen Zeit und Vergänglichkeit, wie einst schon die psychoanalytischen Erkenntnisse eines Sigmund Freuds oder die mittlerweile leidenschaftlich geführten Auseinandersetzungen mit jenen essentiellen Fragen, die schon Schiller sein Lebtag umtrieben:
Was ist die Freiheit des Einzelnen?
Was ist politische Macht, und wo endet sie?
Was ist Gerechtikeit?
All das, aber vor allem die individuelle Verantwortung des Einzelnen für das soziale Miteinander treibt die Vollblutkünstlerin Ulrike Kriener an. Und der Beginn davon ist für sie stets allerhöchster Werte-Anspruch an sich selbst.
Hält vielleicht gerade dieser hohe Anspruch an die Kunst, bzw. an das Leben besonders jung?
Eine ewig junge Ulrike Kriener wirkt mit Mitte Sechzig nach wie vor natürlich mädchenhaft. Als wären die Erfahrungen außen vor geblieben an dieser junggebliebenen Frau, die scheinbar gerade erst ihre künstlerische Eigenständigkeit auszuleben beginnt, obwohl schon Jahrzehnte in jedem Schauspiel-Akt die höchsten Weihen anstrebend.
Und dann noch vollkommen ohne sichtbare kosmetisch-chirurgische Hilfsmittel, womit sich auf Kosten der Ausdruckskraft mittlerweile zu oft auch europäische Schauspieler nach Hollywoodmanier forever young glauben.
„Schon Erich Kästner schrieb, das das Leben lebensgefährlich ist. Also: einfach weitermachen. Nicht den Mut verlieren. Weitermachen!?“
„Weitermachen,“ sagt Ulrike Kriener. „Weitermachen mit dem Mantra: Herr, dein Wille geschehe.“
„Ja. Ja. Ja. Wir haben doch zunächst einmal nur das JETZT, diesen einen einzigen Moment, der im nächsten, beim nächsten Atemzug schon wieder vergangen ist.“
Dein Wille geschehe.
Diese Zeile aus dem Vaterunser begleitet die Ausnahme-Künstlerin, die in schweren traurigen Zeiten, in der Zeit als sie und ihr Mann Georg Weber ihren Sohn Max am 25. Dezember 1992 verloren haben. Einen Tag nach ihrem  Geburtstag. Und doch kehrte das Vertrauen ins Leben langsam wieder zurück. Auch mit der Geburt ihres Sohnes Paul, wieder Weihnachten 1994. Das große Glück.
„Fragil und durchlässig war dieses Gefühl nun. Denn wir hatten erfahren, wie schnell sich das Leben ändern konnte.“
Traurige Zeiten, wie wir alle sie erleben können, und Herr, dein Wille geschehe annehmen, damit etwas tröstliches geschieht, etwas beruhigendes einem Windhauch gleich, das gut tut.
Herr, dein Wille geschehe.
„Er geschieht sowieso. Mir, dir, einem anderen … alles ist offen und alles ist gut so wie es ist. Denn das wahrhaftig Einzige, das der Mensch besitzt ist einzig das Bewußtsein für das Jetzt! Sich wiederfinden in seiner Spiritualität, möglicherweise im Glauben!“
„Denn nicht im Menschen selbst gründet das Glück. Es ist das Mysterium eines jeden Suchenden, der findet. Die Anfrage für einen Dokumentarfilm über mein Verhältnis zu Kirche und Glauben, führte mich ins Lasalle-Haus in die Schweiz. Hugo Enomiya-Lassalle, ein  Jesuit und Zen-Meister in den 20iger Jahren, der zum Brückenbauer zwischen fernöstlicher und westlicher Spiritualität wurde. Der damalige Leiter des Lasalle-Hauses Niklaus Brantschen empfahl mir die Teilnahme am Sesshin; vier Tage Schweigen in Meditation. Diese Erfahrung, die ich in diesen stillenTagen machte, gehört zu den glücklichsten meines lebens. Die Meditation ermöglichte Verbindungen zu mir, zu anderen, zur Welt, die ich so nicht kannte.“
„Wunder-bar! Der geübte Selbstfinder entwickelt irgendwann das Gefühl für seine innere Uhr. Man wird zur Zeit-Weisen, weiß wie ein Zen-Schütze, der viele Male den Bogen hebt und spannt bis ES da ist, wenn der richtige Augenblick gekommen ist ..:
„Aus der Götter Schoß, das Glück! …
… aus den Wolken muß es fallen. …
… und der Mächtigste von allen …
… Herrschern ist der Augenblick.“, schrieb schon Schiller.“
„Einzig der Augenblick. Das hier und jetzt!, zählt.“
„Thomas Bernhard, einer der ganz großen beharrlichen Einsamen, hat auch  die Fähigkeit besessen, diesen geeigneten, noch besser geeignetsten Zeitpunkt herauszufinden und zu bestimmen. Sein jüngerer Kollege Peter Altenberg empfahl statt „Carpe diem!“: Carpe horam, pflücke die dir irgendwie ergiebige Stunde.“
„Ja, wie der Zen-Schütze, so nennt man das auch bei Forschern oder Künstlern: die Inkubationszeit vor der Intuition. Sie wird oft mit Müßiggang verwechselt. Oder wie der Volksmund sagt: die Zeit ist noch nicht reif. Ich suchte immer Verbindung, empfand mich auf dem Weg in die Spiritualität, das Aufgehobensein im Glauben. Während der Schweigewoche las ich in der Abendandacht Auszüge aus dem Kohelet-Buch vor. Mir gefiel der poetische Text sofort. Ich empfand ihn verblüffend modern. Sehr klar und unverblümt fragt Kohelet nach dem Sinn des Lebens. Fragt, wozu wir die Mühe der Arbeit und des Lernens, der Weltgestaltung auf uns nehmen, wenn am Ende doch alles nichtig, alles Windhauch ist. Er beschreibt Ausbeutung und Unterdrückung und Leid. Er sieht die Ungerechtigkeit und dass der Gerechte ebenso wie der Ungerechte mal Glück hat und mal nicht. Rechtschaffenes Verhalten nicht belohnt wird. Glück und Unglück uns treffen ohne unser Zutun. Er ruft uns auf, das Leben zu genießen in dem , was wir tun: jetzt. Der Atem der Menschen kehrt sowieso zu Gott zurück, wie der Fluss zurückkehrt an den Ort, wo er entsprungen ist. Ein großer Kreislauf der Schöpfung … Aber kein Leben nach dem Tod.“
Selbstbewußt spricht Ulrike Kriener weiter:
 „Auf diesem Weg wurde ich 2005 Schirmherrin für das ambulante Kinderhospiz der Malteser. Ich fühlte mich ermutigt durch meine Erfahrung, ein Kind verloren zu haben, Eltern gegenüber zu treten, die das Gleiche erleben mußten. Ich traue mir zu für sie zu sprechen. So ist mein Sohn Max doch bei mir. In dem, was ich tue und wozu ich mich bekenne.“ (Zitat aus Ulrike Krieners Hör-Buch ALLES IST WINDHAUCH, Patmos Verlag mit Audio-CD, Ulrike Kriener liest die Bibel, Musik von Quadro Nuevo. Als Lesung zu buchen über Axel Hegmann: Tel. 0049 1741565989).
Wertschöpfung könnte ebenfalls ein Mantra dieser ungewöhnlichen Frau sein. Ihre Suche nach Verantwortung. Ob in der Gestaltung der Film-, Fernseh- und Bühnen-Menschenbilder oder ihren zeitaufwendigen Schenkungen an die Gemeinschaft wie für die Malteser und jetzt auch ihre Verantwortlichkeit als Botschafterin der Wissenschafts-Stiftung WALTER SCHULZ mit berührenden An-Reden ihrerseits. Ein sich Mitteilen, dass das Publikum zuhören lässt:
„Als mich die Walter-Schulz-Stiftung, bzw. 
Professor Wolfgang Eiermann fragt, ob ich bereit wäre, 
das schöne Amt der Schirmherrin zu übernehmen, 
habe ich zunächst gezögert.  
Denn ich, als Schauspielerin … was habe ich mit 
wissenschaftlicher Forschung zu tun? Überhaupt… 
Wissenschaft: Problematisieren, systematisieren, 
reflektieren, prüfen, fragen … 
Das ist alles so anders als 
in der Welt in der ich mich bewege. Im Assoziieren, 
Spekulieren, Träumen, Fühlen … ich will nichts 
beschönigen. Meine sehr mittelmäßige Abi-Note hatte 
viel mit Durchlavieren in den sogenannten Laberfächern 
zu tun. Trumpf bedienen in Biologie, Chemie, Mathe, 
Physik … da sah es bei mir eher düster aus.  
Aber jetzt steh’ ich überraschenderweise doch hier. Denn 
das erste Gespräch mit Professor Eiermann war heiter, 
offen und führte ganz schnell weg von meinen 
Vorbehalten und hin zum Eigentlichen:  
zur Freude am Engagement, zur Notwendigkeit, 
diejenigen zu unterstützen, die sich dem Kampf gegen 
Krebs verschrieben haben. Und, dass bei der Wahl des 
Preisträgers ein besonderes Augenmerk auf junge 
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen gelegt wird, 
hat mich absolut überzeugt. Da war die charmante 
Drohung von Professor Eiermann, dass es in meinem 
gesetzten Alter, durchaus von Vorteil sein kann, eine
Menge guter Mediziner zu kennen, schon gar nicht mehr 
nötig. 
Mittlerweile ist für mich noch ein weiterer Aspekt 
hinzugekommen. Wir alle haben in den letzten 
anderthalb Jahren erleben müssen, wie es ist, NICHTS 
zu wissen. Dieser Zustand ist nicht leicht zu ertragen. 
Und er kann Angst auslösen. Aber als weit 
beängstigender empfand ich das Ausmaß an 
Schuldzuweisungen, Irrationalität und manipulativer 
Spekulation, kurz an Wissenschaftsfeindlichkeit, was 
sichtbar wurde.  
Ich glaube, wir alle müssen wachsam und kritisch sein, 
dass zukünftig nicht Meinungen und Behauptungen 
nichtwissenschaftliche Fakten ersetzen wollen. Mir 
jedenfalls haben, während der Pandemie, die 
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen Halt gegeben. 
Ihre präzisen, unaufgeregten Fragen, die kritischen 
Analysen, das Anerkennen der Vorläufigkeit von 
Ergebnissen, sowie ihre kollegialen Verbindungen auf 
internationaler Ebene. Das alles hat mich beruhigt und 
lässt mich hoffen, dass wir diese Krise meistern. 
In diesem Sinne freue ich mich heute unsere 
Preisträgerin, Frau Doktor Laura Hinze begrüßen zu 
dürfen, deren Werdegang und Forschung in der 
Leukämie-Behandlung ebenfalls Hoffnung gibt …“
… Leukämie-Behandlung ebenfalls Hoffnung gibt …“
Ulrike Kriener war u.a. langjährige Wunschkandidatin von Professor Dr. med. Wolfgang Eiermann, seines Zeichens ehemals legendärer Chef der Frauenklinik Nymphenburg, Welt-Reisender in Sachen neuester medizinischer Forschungs-Erkenntnisse und u.a. Vorstand der WALTER SCHULZ-Stiftung neben der Vorsitzenden Monika Thieler.
Die Zeit mit Ulrike Kriener ist kurzweilig. Sie lacht viel und gerne. Da ist sie wieder. Diese Ulrike Kriener-eigene Komik. Ist es ein Teil ihrer alten Heimat Bottrop. Dieser um die Ecke schauende Witz eines Jürgen von Manger, bzw. Adolf Tegtmeier in seinen herrlich komischen ZDF-Serien ua dat bisken Frühschicht … Dieses Direkte, aber niemals Unvermeidliche! Ulrike Kriener ist und bleibt engagiert!
„Vor allem mein Kopf hält mich jung. Man muss daran glauben. So einfach ist das. Eingebettet in innerer Ruhe und Konzentration entsteht Kreativität. Ein Teil meines Lebens.“
Wofür sie gerne Verantwortung übernimmt … immer unterwegs für Neues, Spannendes, für das Leben, in dem etwas Einmaliges entstehen kann. Wie auch die Ruhe der Natur, in guter Musik, Gesprächen mit Freunden.
„Ich brauche auch das Fremde, um mein Eigenes zu sehen. Die Wahrheit ist, ich habe vieles instinktiv getan – nicht nur bewußt und reflektiert. So lebe ich mich aus. Ruhelos, aber auch im Innehalten.“
Wie schon der Dichter Novalis formuliert: „Wohin gehen wir? Immer nach Hause.“