Dieser Roman eignet sich als perfekte Sommerlektüre. Es geht um Sex, Reichtum, den amerikanischen Traum, Intrigen und Mord. Und auch Corona spielt eine Rolle. Als Leser registriert man die Anspielungen auf das Tragen von Masken oder das Abstand halten mit einem gewissen Befremden, als läge diese Zeit unendlich weit zurück.
Conor O’Toole, der Protagonist von Teddy Waynes 2024 erschienenem Roman „Der Gewinner“, ist ein angehender Anwalt, der aus schwierigen Familienverhältnissen kommt. Sein Vater, so erfahren wir im Laufe der Lektüre, hat sich das Leben genommen. Conor und seine Mutter haben diese schmerzliche Wahrheit nach außen immer ausgeblendet und den Suizid als Herzinfarkt verkauft. Conor ist ein begabter Tennisspieler und ein guter Sohn. Er unterstützt seine einsame, arbeitslos gewordene Mutter, die an Diabetes leidet und Angst vor einer Ansteckung mit dem Covid-Virus hat.
In Massachusetts ergattert der blendend aussehende junge Mann einen Sommerjob als Tennislehrer für gut betuchte Manager und Anwälte. Zunächst geht es der nicht unsympathisch gezeichneten Hauptfigur darum, für seine Mutter zu sorgen, mit Tennisstunden Schulden abzubezahlen und bald eine Anstellung als Anwalt zu bekommen.
Doch dann kommt Catherine ins Spiel, eine geheimnisvolle Frau in der Mitte ihrer Jahre, schön, offenkundig dem Alkohol zugetan und gelangweilt. Sie nimmt sich Conor als Spielzeug und zahlt ihm das Doppelte des üblichen Stundensatzes für die angebotenen Tennisstunden für andere Dienstleistungen. Ältere Semester werden sich an Mrs. Robinson und den Film „Die Reifeprüfung“ erinnert fühlen, nur mit deutlich mehr Sex.
Zunächst scheint dies das perfekte Arrangement für Conor zu sein, der immer mehr aus der Rolle des sich sorgenden Sohns herauswächst und immer stärker den eigenen Vorteil in den Blick nimmt. Bald darauf lernt er Emily kennen, die – wie es der Zufall will – die Tochter der reifen Catherine ist. Nun nimmt das Unglück seinen Lauf, und aus dem erotisch angehauchten Gesellschaftsroman wird auch noch ein Kriminalstück.
Teddy Wayne ist kein neuer John Updike und liefert auch nicht DAS amerikanische Sittengemälde unserer Zeit. Conor hat auch nicht das Format von Tom Ripley aus den Romanen von Patricia Highsmith. Doch „Der Gewinner“ ist ein süffig geschriebener Roman, den man in einem Rutsch an einem sonnigen Wochenende bei dem einen oder anderen Drink auf der Terrasse oder dem Balkon lesen kann. William Somerset Maugham soll gesagt haben: „Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält.“ Teddy Wayne unterhält.
Teddy Wayne: Der Gewinner. Roman. Hoffmann und Campe Verlag: Hamburg 2024. 366 Seiten. 25 Euro.

