Carsten Linnemanns „Arbeitsverweigerung“

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„Ein klassischer Fall von Arbeitsverweigerung“, mault ein gestandener Christdemokrat, wohlgemerkt weder früher noch heute ein Merkelianer, am Telefon über seinen Generalsekretär Carsten Linnemann. Heute habe er ja im Plenum gesprochen, sogar zu einem zentralen Thema, zum Sozialstaat. Aber ansonsten sei er in der Versenkung am Tiergarten unter getaucht.

In der Tat: Wer sich von ChatGPT Linnemanns öffentliche Stellungnahmen der vergangenen zwei Monate zusammen stellen lässt, wird feststellen, dass der CDU Generalsekretär gerne schweigt. Dabei beschäftigen sich die meisten seiner wenigen Erklärungen mit dem Berufsbeamtentum für Lehrer und Feuerwehrleute. Das ist sicher ein wichtiges Thema, aber gehört gerade nicht zu den zentralen oder gar existenziellen Fragen, die seine Parteifreunde umtreiben

Ausser in einem internen Mitgliederbrief Mitte August, in dem er selbstkritisch konzediert, dass die Stimmung in der Partei nicht so gut wie gewünscht sei, ist nicht zu erkennen, dass Linnemann die CDU auf ihre neue Rolle als Regierungspartei einstellt, den Parteivorsitzenden und Bundeskanzler Friedrich Merz dabei unterstützt, den Spagat zwischen recht markigen Wahlkampfversprechen und koalitionären Kompromissen aus und Merz damit den Rücken frei zu halten.

Nun ist Carsten Linnemann kein Intellektueller wie Kurt Biedenkopf oder Heiner Geißler. Aber der Grund für Linnemanns Zurückhaltung scheint vielen Christdemokraten ein politischer zu sein. Seine überraschende Weigerung, in das Merz Kabinett einzutreten, hatte er schon so begründet: „Wir sind nicht die Außenstelle 1a, wir sind nicht der verlängerte Arm des Kanzleramts. Sondern ich möchte, dass die CDU vor Ideen nur so sprudelt, jeden Monat welche raushaut und auch mal die Regierung kritisiert. Das gehört dazu“ (https://shows.acast.com/…/round-table-mit-carsten…).

Die Außenstelle des Kanzleramtes ist Linnemann sicher nicht geworden. Und dass die von ihm versprochenen Ideen nicht sprudeln, mag der neuen Regierung gut tun. Doch der eigentliche Grund für Linnemanns „Arbeitsverweigerung“ wird darin liegen, dass er die Zeit nach einem möglichen Scheitern der schwarz-roten Koalition im Auge hat, um dann um so unbelasteter die Zeit nach Merz mit oder gar selbst gestalten zu können.

Nach nur sechseinhalb Monaten trennte sich einst die neue CDU-Parteivorsitzende Angela Merkel von ihrem Generalsekretär Ruprecht Polenz . Nur ist Linnemann schon Merzens zweiter Generalsekretär.