Gerichtskosten überbrücken: Prozesskostenfinanzierung erklärt

Was ist eine Prozesskostenfinanzierung?

Die Kosten, die durch Rechtsstreitigkeiten, vor allem wenn sie vor Gericht landen, verursacht werden, sind immens. Wer keine Rechtsschutzversicherung hat, gerät hier schnell ins Straucheln. Sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen können daher auf flexible Finanzierungslösungen angewiesen sein, die es ihnen überhaupt erst ermöglichen, ihr Recht vor Gericht durchzusetzen. Eine Finanzierungslösung, die dabei nicht jedem bekannt ist, ist die Prozesskostenfinanzierung. Aber was verbirgt sich dahinter? Wer kann sie in Anspruch nehmen und welche Vorteile hat sie?

Was ist eine Prozesskostenfinanzierung?

Die Prozesskostenfinanzierung hat eine recht einfache Funktion. Sie dient der Finanzierung der finanziellen Aufwendungen, die durch einen Gerichtsprozess entstehen. Als Finanzierungsgeber springt ein unabhängiger Finanzierer ein. Er übernimmt sämtliche durch einen Prozess entstehenden Gerichtskosten sowie alle Aufwendungen, die durch ein Schiedsverfahren verursacht werden.

Vorab wird zwischen dem Finanzierungsnehmer und dem Prozessfinanzierer ein Anteil vereinbart, den er erhält, wenn der Prozess gewonnen wird. Die Bezahlung erfolgt also im Grunde auf Basis einer Gewinnbeteiligung. Die Höhe der Erlösbeteiligung variiert dabei zwischen den Fällen und wird immer individuell konkretisiert.

Bei welchen Gerichtsverfahren kann eine Prozesskostenfinanzierung in Anspruch genommen werden?

Die Prozesskostenfinanzierung hat sich vor allem in einzelnen juristischen Fachbereichen etabliert. Dazu gehören das Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht ebenso wie das Wettbewerbsrecht und das Patentrecht. Aber auch bei Schadensersatzklagen sowie größeren zivilrechtlichen Klagen hat es sich als Finanzierungslösung etabliert. Dabei kann es sowohl bei Verfahren rund um Zugewinnausgleichsansprüche als auch bei Pflichtteilansprüchen genutzt werden.

Steht die Prozesskostenfinanzierung immer als Option zur Verfügung?

Natürlich möchte der Finanzierer durch die Bereitstellung der Prozesskostenfinanzierung Einnahmen erzielen. Dadurch steht diese Finanzierungsoption auch längst nicht bei jedem möglichen Verfahren zur Verfügung. Wenden sich Verbraucher an einen Finanzierer, erfolgt zunächst immer eine rechtliche Bewertung der sich für den Kläger ergebenden Ansprüche. Erst danach können schließlich die Erfolgsaussichten bestimmt werden. Sind diese vielversprechend, wird der Finanzierer ein konkretes Angebot für die Prozesskostenfinanzierung unterbreiten. Nimmt der Kläger dieses an, wird ein entsprechender Finanzierungsvertrag aufgesetzt. Dieser regelt nicht nur genau, welche Prozesskosten übernommen werden, sondern auch die Höhe der Erfolgsprovision.

Generell kann jeder Finanzierungsvertrag dieser Art individuell gestaltet werden. Doch was heißt das? Wer sich für die Zusammenarbeit mit einem Prozesskostenfinanzierer entscheidet, muss nicht zwingend alle Aufwendungen durch diesen abdecken. Es ist durchaus möglich, dass sich Kläger dafür entscheiden, einzelne Kosten selbst zu tragen und hierfür auch über die nötigen finanziellen Möglichkeiten verfügen. Eine recht häufige Variante ist, dass der Finanzierer für die Anwaltskosten der Gegenseite aufkommen soll. Diese kann vor allem bei größeren Schiedsverfahren schnell in die Höhe schnellen, weil zum Beispiel mehrere Anwälte mit hohen Stundensätzen engagiert werden.

Wer kann eine Prozesskostenfinanzierung in Anspruch nehmen?

Die Prozesskostenfinanzierung stellt ein flexibles Finanzierungsangebot dar, das sowohl für den Kläger als auch für den Beklagten zur Verfügung steht. Die Finanzierungsansätze sind aber verschieden. Wenn ein Beklagter eine Prozesskostenfinanzierung nutzen möchte, springt der Prozessfinanzierer für das Verlustrisiko ein. Er schlüpft also in die Rolle der Versicherung. Hierfür muss eine prozentuale Prämie gezahlt werden.

Die wichtigsten Vorteile der Prozesskostenfinanzierung

Die Flexibilität der Prozesskostenfinanzierung und das geringe Risiko machen sie vor allem für all diejenigen interessant, die die finanziellen Aufwendungen eines Verfahrens nicht allein tragen können. Generell lässt sich mit ihr das finanzielle Risiko auf null minimieren. Der Finanzierer übernimmt hier ausnahmslos alle Risiken. Dies gilt auch dann, wenn der Rechtsstreit verloren wird.

Eine Prozesskostenfinanzierung räumt mehr Freiheit bei der Anwaltswahl ein. Da es keine finanziellen Risiken gibt, können auch hoch spezialisierte Anwälte für das eigene Verfahren engagiert werden. Diese sind in der Regel kostspielig und würden ohne dieses Finanzierungsangebot für viele Verbraucher nicht infrage kommen. Dabei lohnt es sich, solche Experten zu engagieren. Bei ihnen ist in vielen Fällen die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, dass das Verfahren einen positiven Ausgang für den Kläger nimmt.

Generell lässt sich die Höhe der entstehenden Prozesskosten vorab nicht immer unbedingt richtig einschätzen. Die Folge ist, dass sich der Kläger auf ein erhebliches finanzielles Risiko einlässt, das seine Liquidität nachhaltig beeinträchtigen kann. Mit der Prozesskostenfinanzierung wird die eigene Liquidität geschont. Die Finanzierungsnehmer bewahren sich also in diesem Fall finanziellen Handlungsspielraum.

Hohe Transparenz verspricht Sicherheit

Jeder Prozesskostenfinanzierung liegt ein klarer Vertrag zugrunde. Er regelt alle wichtigen Vereinbarungen und Absprachen zwischen dem Prozessfinanzierer und dem Finanzierungsnehmer. Die klare Definition aller Strukturen sorgt dafür, dass die Prozesskostenfinanzierung ein außerordentlich transparentes Angebot ist. Beide Seiten behalten permanent die Kontrolle, wodurch gerade Kläger oft deutlich bessere Möglichkeiten bei der Prozessführung haben.

Der einzige Risikopunkt bezieht sich auf den Erlös bei Prozessgewinn, der durch diese Finanzierungsform natürlich deutlich gemindert wird.

Wie unterscheiden sich Prozesskostenhilfe und Prozesskostenfinanzierung?

Die Prozesskostenfinanzierung stellt ein privates Modell dar, das von der finanziellen Situation des Klägers vollständig unabhängig zur Verfügung steht. Die Prozesskostenhilfe ist stattdessen ein staatliches Angebot. Auch hier werden die Kosten des Rechtsstreits getragen. Es gibt aber eine Besonderheit: Sobald sich die persönliche finanzielle Situation verbessert hat, muss die Prozesskostenhilfe zurückgezahlt werden. Eine Rückzahlungsforderung gibt es bei der Prozesskostenfinanzierung nicht. Demnach kann sich auch die individuelle finanzielle Position dadurch nicht verschlechtern.

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