Herzog Ernst August II. Konstantin von Sachsen-Weimar

Wer ein Volljährigkeitsalter von 21 Jahren im Kopf hat, sollte darauf verwiesen werden, dass der wettinische Herzog obigen Namens dieses Alter nicht erreicht hat. Immerhin wurde er der Vater des mit Goethe befreundeten Herzogs Carl August, und der Kaiser erklärte ihn schon mit 18 Jahren als volljährig.
Wer dem jungen Mann als Schicksalsausgleich für die kurze Lebensspanne eine sorglose Kindheit gewünscht hätte, muss erneut enttäuscht werden. Dem Vater war es wohl wichtiger, der Jagdleidenschaft nachzugehen, als sich um den Prinzen zu kümmern. Als dieser zehn wurde, verstarb der prunkliebende alte Herr.
Allerdings: in Belvedere in Weimar wurde dem Knaben eine sorgfältige Erziehung zuteil, nach des Vaters Tode in den Händen der Linie Sachsen-Gotha. Wiederum half der Kaiser beim Einspruch anderer ernestinischer Herzöge. Der Herzog von Sachsen-Coburg-Saalfeld hatte fortan ein Wörtchen bei der Erziehung mitzureden, und natürlich auch bei der Verwaltung von Sachsen-Weimar.
Im Jahre 1755 ernannte der junge Herzog seinen Erzieher, den Reichsgrafen von Brünau, zum Kanzler, der wohl auch den größeren Teil der Regierungsaufgaben übernahm. Nun hätte der Tod des jungen Herzogs das Ende seiner Linie bedeutet. Also war man schnell auf Brautschau gegangen. Anna Amalia von Braunschweig-Wolfenbüttel wurde schließlich die Herzogin, der Weimar bald seinen Musenhof zu verdanken hatte.
Der spätere Herzog von Sachsen-Weimar, Karl August, der Freund Goethes, war der Erstgeborene. Der zweite Sohn, Friedrich Ferdinand Konstantin, kam erst nach dem Tode des Vaters auf die Welt. Ernst August II. Konstantin starb bereits 1758 „an Auszehrung“. In weiser Voraussicht hatte er in seinem Testament die Regentschaft seiner Frau festgelegt, wo bei ihr eigener Vater sie in den ersten Jahren tatkräftig unterstützte.
So und meist ausführlicher lässt sich dieser Teil der Geschichte von Sachsen-Weimar darstellen, wie es auch Gottfried Albin de Wette, Ferdinand von Biedenfeld, Joachim Berger und manch andere getan haben.
Und doch gibt es einiges mehr von diesem jungverstorbenen Herzog zu berichten. In Jena hatte sich zu seinen Lebzeiten die DGJ gebildet, die jenaer Deutsche Gesellschaft. Man war schließlich bemüht, nicht nur die Wissenschaft zu bündeln, sondern gesellte auch den Austausch mit den Künsten hinzu. Damals gab es weder Eisenbahn noch eine ausgebaute Straße zwischen Weimar und Jena, und eine Kutschfahrt verlief wohl über holprige Wege. Trotzdem hatte man es geschafft, den Prinzen als Mitglied aufzunehmen. Und so wurde dessen Geburtstag in Jena von der Deutschen Gesellschaft gefeiert Man beauftragte einen Komponisten mit einer Kantate zum Lobe des hohen Herren, unterbrochen von einer Lobesrede. Es musizierte das Collegium musicum der Universität.
Etwa aus dieser Zeit ist ein Bild aus der Johannisstraße überliefert. Im Halbkreis von Fackeln musizieren etwa drei Dutzend Mitwirkende. Die Pauken sind in Tische eingelassen. An den Fenstern drücken sich die Nasen der Zuhörer platt. Und im Archiv befinden sich sogar erstmals Namenslisten der Musikanten. Eigentlich war die Mitgliederzahl im Collegium musicum auf 24 beschränkt, und die handschriftlich überlieferten Noten aus der Gründungszeit der Akademischen Konzerte können durchaus mit dieser Kammerorchesterbesetzung aufgeführt werden. Aber auf ein paar mehr kam es wohl manchmal nicht darauf an. Von den fünf erhaltenen Geburtstagskantaten, von denen eine wegen Tintenfraßes in der Restauratorenwerkstatt liegt, könnte man nach einer Aufarbeitung eigentlich mal wieder etwas zu hören bekommen. Neben Gesangssolisten in allen üblichen Stimmlagen, manchmal in Einzelfällen verdoppelt, gibt es einen Chor, den man auch aus den Solisten bilden kann. Es liegen Stimmen vor für Clarini, die damaligen Trompeten, manchmal für Corni, die Hörner, für Pauken, alle nur in einzelnen Sätzen präsent, ab und zu sind Traversflöten gefordert, einzeln oder zu zweit, eigentümlicherweise keine Oboen, die Violinen geteilt, dazu Bratschen, und das Basso continuo, manchmal mit ausgeschriebenen Violoncellostimmen und natürlich dem Cembalo, ab und zu eine Violone, deren Stimme man heutzutage auch auf dem Kontrabaß spielen kann. Wegen der Stimmverdopplung in einigen Fällen erreichte die obige Musikantenschar durchaus die dort genannten drei Dutzend.
Die meisten der Kantaten stammen angeblich von Karl Christian Agthe. Ein Musiker dieses Namens lebte aber von 1762 bis 1797, also deutlich später, kann es also nicht gewesen sein. Gab es einen Namensvetter aus der vorangegangenen Generation?
Herbert Unger, dem man in Thüringen so manchen Musikalienschatz aus den Archiven zu verdanken hat, fand noch mehr Jena-Bezüge in den Werken. Manchmal wird die Universität als „Salana“ oder gar „Saline“ genannt. Zumindest könnte der Beginn der einen Kantate „Singt, frohe Musen“ über all den anderen auch stehen, dort findet man aber „Tag, der mit anmutsvollem Glück“ oder „Auf schallet und lobet erhabene Triebe“.
Nicht auszumalen, wäre dieses jährliche Anjubeln der Obrigkeit zur Tradition geworden. Immerhin war der junge Herzog den Studenten wohlgesonnen und unternahm die beschwerliche Reise von Weimar nach Jena. Später hat Erbgroßherzog Carl Alexander wiederholt an den Akademischen Konzerten oder Aufführungen der Singakademie teilgenommen, manchmal zusammen mit seiner Frau, den Prinzessinnen, Franz Liszt. Und er hat seinen reichlichen Obulus an Eintritt gezahlt, obwohl der Hof für die Akademischen Konzerte eigentlich gezahlt hatte. Später nutzte man die Eisenbahn. Heute gibt es keine Deutsche Gesellschaft mehr. Und die Obrigkeit müsste vielen solcher Verpflichtungen nachkommen. Aber zu einem solchen Jubilate wohl doch erscheinen. So bleibt die Hoffnung auf eine Wiederaufführung der Kantaten. Und vielleicht eine erfolgreiche Suche nach dem Komponisten.

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