Sevim Dagdelen kritisiert: „Der Bundeskanzler weiß seit Längerem von den Ukraine-Friedensgesprächen“

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Sie schreibt auf Facebook: „Wie die Berliner Zeitung berichtet, weiß der Bundeskanzler seit Längerem von den Ukraine-Friedensgesprächen. Doch statt sich aktiv in die Beendigung des Krieges einzubringen, verabredet sich Merz erst einmal lieber zum Vorlesen in einer Berliner Grundschule und gibt sich dann hektisch überrumpelt.

Die Berliner Zeitung offenbart ein Totalversagen, mit dem sich die Bundesregierung und die Europäer ins diplomatische Abseits manövriert haben und das einfach nur noch sprachlos macht:

(…) Als besonders problematisch wird von Beobachtern die Rolle Deutschlands und seines Bundeskanzlers gesehen: Russland suchte explizit den Draht nach Berlin. Quellen mit unmittelbarer Kenntnis berichten, die russische Verhandlungsseite habe proaktiv versucht, Deutschland an den Tisch zu holen. Moskau brauche einen westeuropäischen Ansprechpartner für eine neue, nachhaltige Sicherheitsarchitektur auf dem europäischen Kontinent. Die historische Verantwortung Deutschlands – 26 Millionen getötete Sowjetbürger, darunter vor allem Ukrainer und Russen im Zweiten Weltkrieg – sowie Deutschlands Einfluss in Europa machten Berlin zum natürlichen Gesprächspartner.

Doch weil Berlin „geopolitisch den Geisterfahrer“ spiele, orientieren sich die Russen zunehmend nach London. Tony Blair würde dabei eine zentrale Rolle spielen – kein Regierungsvertreter, aber einer, der mit seinem Thinktank bestens vernetzt ist. Auch im Nicht-Westen. (…) Putin kennt den langjährigen britischen Premier aus Zeiten der geheimdienstlichen Zusammenarbeit bei der Terrorbekämpfung und während des Afghanistan-Krieges. Anders als Blair sind sich Merz und Putin noch nie begegnet.

Persönliche Kontakte und die Überwindung von Misstrauen sind aus Sicht erfahrener Diplomaten die Grundvoraussetzung zur Klärung der scheinbar unüberwindbaren Differenzen. Es wird in diesem Zusammenhang an Adenauers Reise nach Moskau erinnert: Nach reichlich Wodka kam die Einigung, Zehntausende deutsche Gefangene aus sibirischen Lagern 1955 zurückkehren zu lassen. Mut zu mehr Adenauer oder Angst vor einem Shitstorm aus den sozialen Medien – vor dieser Frage steht Merz offenbar.

Die EU hat sich bisher selbst aus dem Spiel genommen, „mit verschränkten Armen und Schmollmund“, wie ein Diplomat bemerkte. Die Erwartung, jede relevante Initiative müsse zuerst in Brüssel vorstellig werden, stößt in Kiew zunehmend auf Unverständnis. Dort fragt man sich offen, wie lange man noch auf einen Partner warten soll, der jede Lösung, die nicht den eigenen unrealistischen Maximalpositionen entspricht, routiniert abblockt.

Im Vorfeld zum nun publik gewordenen Witkoff-Plan gab es bereits Geheimtreffen zwischen ukrainischen und russischen Akteuren aus Elitezirkeln beider Länder sowie Staatsangehörigen mit Pässen der EU, Israels und der USA. Die Treffen zogen sich über mehrere Orte: Moskau, Genf, Bodrum, Istanbul und Dubai. In diesen Formaten entstand ein erster Fahrplan zu zentralen Fragen wie möglichen Sicherheitsgarantien nach Vorbild von Artikel 5 der NATO und der Finanzierung des Wiederaufbaus. Der Kreml befasste sich tatsächlich mit den Vorschlägen der Initiative, die die Grundlage für die aktuellen Friedensplan-Verhandlungen bildeten. Ein Teilnehmer formulierte es bemerkenswert deutlich: „Interessanterweise sind die persönlichen und freundschaftlichen Kontakte zwischen Ukrainern und Russen viel aktiver und enger als jene zwischen Westeuropäern und der Ukraine.“ (…)“

👉 https://www.berliner-zeitung.de/…/panik-in-berlin-hat…

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