Sachwalter von Döbling

Bezirksgericht Döbling (Foto: justiz.gv.at)

Sachwalterschaften sind im Villenbezirk von Wien rentabel. Anfang des Jahres gab es 545 Fälle in Döbling. Doch kommt es auch zu Zwischenfällen bei der Vermögensübernahme. Ein Erwachsenenvertreter wurde mit einem Messer am Hals verletzt. Von Johannes Schütz.

Döbling gilt als der Bezirk der Noblesse von Wien, mit prächtigen Villen, im Westen der Stadt gelegen, unterhalb des Kahlenbergs. Dort laden die glänzenden Heurigen von Grinzing die deutschen Touristen zur Weinseligkeit. In den Bezirksteilen Neustift am Walde und Nussdorf promenieren die Wiener in ihren heimischen Buschenschank. In der Himmelstraße, Hausnummer 24, lebte einst die beliebte Schauspielerin Paula Wessely mit ihrem Mann Attila und ihren drei begabten Töchtern.  Der russische Oligarch Roman Abramowitsch kaufte, in dieser Cottage von Wien, eine Immobilie um rund 10 Millionen Euro.

Sachwalterschaften dürften im Villenbezirk Döbling rentabel sein und gerne betrieben werden.  Es gab 545 Fälle von Sachwalterschaft am 1. Januar 2023 im Bezirksgericht Döbling. „Pflegebefohlene“ werden jene genannt, deren gesamtes Vermögen vom Sachwalter übernommen werden soll. Ohne strafrechtliche Begründung. Zivilrechtlich durchgeführt. Mit dem Argument: Schwach.

Mit starken Muskeln

Gerne eingesetzt vom Bezirksgericht Döbling wird der Sachwalter Axel Bauer. Er ist nicht nur ein enger Vertrauter von Christian Burghardt, des führenden Sachwalters von Wien, sondern auch Präsident der European Bodybuilding Federation. Axel Bauer bekam die Lizenz, als Wertungsrichter bei Weltmeisterschaften, die besten Bodybuilder auszuwählen.

Trotz seiner stählernen Muskeln kam es im Mai 2020 zu einem ernsten Zwischenfall, als Bauer in das Haus eines Pflegebefohlenen trat.  Der Sachwalter wurde mit einem Messer am Hals verletzt. Der Pflegebefohlene, so erfuhr man, war ein reicher Mann, der mehrere Zinshäuser sein Eigentum nannte. Seine monatlichen Einkünfte wurden vor Gericht mit 30.000 Euro genannt.

Der Pflegebefohlene wurde verhaftet, aufgrund seines Kampfes mit dem Sachwalter, dann vor Gericht gestellt. Am 7. August 2020 fand der Prozess im Landesgericht für Strafsachen Wien statt. Der einst reiche Mann, der dem Sachwalter sein Vermögen übergeben musste, wurde auf Grundlage eines psychiatrischen Gutachtens als geistig abnormer Rechtsbrecher beurteilt. Nach § 21 (1) des Strafgesetzbuches sollte er in eine Anstalt gebracht werden.

Recherche beim Landesgericht für Strafsachen Wien

Auf Anfrage  teilte die Pressesprecherin des Landesgerichts für Strafsachen Wien, sie ist dort gleichzeitig auch Vizepräsidentin, zu diesem Fall in einer kurzen Korrespondenz mit:

„Sehr geehrter Herr Schutz!
Das Urteil erging am 21.8.2020, es war eine Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB.
Beste Grüße“.
(Pressesprecherin LGS Wien, Email, 20. 3. 2023)

Die Frage nach weiteren Fakten erschien dringend notwendig. Darauf erfolgte die Antwort:

„Sehr geehrter Herr Schütz!
Ich sehe gerade, ich habe mich mit dem Urteildatum leider vertan, es war der 7.8.2020. Der Sachverhalt wurde als versuchte absichtlich schwere Körperverletzung eingestuft.

Es war ein Sachverständiger aus dem Fachgebiet der Psychiatrie anwesend und hat – wie es bei § 21 Abs 1 StGB – vorgesehen ist, das Gutachten erstattet.

Nähere Angaben zu den handelnden Personen sind in einem Verfahren zur Unterbringung nicht vorgesehen,dh auch zur Frage ob eine betroffene Person noch angehalten wird oder nicht.

Dazu wäre die Medienstelle des LGS Wien auch nicht berufen, es handelt sich um eine Vollzugsangelegenheit, ich glaube aber nicht, dass die Generaldirektion (angesiedelt beim BMJ) dazu Angaben macht.

Beste Grüße“
(Pressesprecherin LGS Wien, Email, 21. 3. 2023)

 

Die Vizepräsidentin des Landesgerichts für Strafsachen Wien schätzte die Möglichkeiten realistisch ein. Tatsächlich gab die Pressestelle des Bundesministeriums für Justiz auf Anfrage keine weiteren Hinweise:

Sehr geehrter Herr Mag. Schütz,
wir bitten um Verständnis, dass wir auch in diesem Fall keine Auskünfte erteilen können, da wir grundsätzlich keine Auskünfte zu Einzelstrafsachen erteilen.
Mit freundlichen Grüßen,
Claudia Simon
Bundesministerium für Justiz
Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
(Mag. Claudia Simon, Bundesministerium für Justiz, Email, 24. 3. 2023)

Aktuelle Fälle

Sachwalterschaft wird jetzt amtlich mit dem Begriff „Erwachsenenvertretung“ bezeichnet. Auch aktuell gibt es einen Fall von Sachwalterschaft im Bezirksgericht Döbling, bei dem Axel Bauer mit der Übernahme des Vermögens beauftragt wurde. Es geht um eine Eigentumswohnung in Neustift am Walde und ein Wertpapierdepot. Es konnte Einblick in die Dokumente genommen werden. Über die Vorgangsweise soll in einem weiteren Beitrag berichtet werden.

Finanzen

Über Johannes Schütz 100 Artikel
Johannes Schütz ist Medienwissenschafter und Publizist. Veröffentlichungen u. a. Tabula Rasa Magazin, The European, Huffington Post, FAZ, Der Standard (Album), Die Presse (Spectrum), Medienfachzeitschrift Extradienst. Projektleiter bei der Konzeption des Community TV Wien, das seit 2005 auf Sendung ist. Projektleiter für ein Twin-City-TV Wien-Bratislava in Kooperation mit dem Institut für Journalistik der Universität Bratislava. War Lehrbeauftragter an der Universitat Wien (Forschungsgebiete: Bibliographie, Recherchetechniken, Medienkompetenz, Community-TV). Schreibt jetzt insbesondere über die Verletzung von Grundrechten. Homepage: www.journalist.tel