Die russischen Medien betonen weiter die Bedrohung für die Länder der westlichen Kultur. Gefährliche Waffensysteme wurden dafür entwickelt. Putin, Xi und Kim werden als nukleare Triade präsentiert. Dabei stören die Stellungnahmen des deutschen Kanzlers Merz. Von Johannes Schütz.
кошмар, angeregt und geleitet vom französischen Cauchemar, wird in Russland als Ausruf gerne eingesetzt, um ein Erlebnis mit Angst und Schrecken spürbar zu vermitteln. Begleitet von Jammer und Schaudern, ohne Mitleid, stärker als Furcht es je benennen könnte.
„Auf dem Gipfeltreffen der Shanghai Cooperation Organization in China wurde Amerikas Cauchemar wahr“ (кошмар Америки), erklärten in den vergangenen Tagen mehrfach Journalisten der Moskowski Komsomolez.
(www.mk.ru/economics/2025/09/01/koshmarnyy-son-kollektivnogo-zapada-stanovitsya-yavyu-putin-si-i-modi-demonstriruyut-blizost.html)
Die Militärparade am 3. September in Peking sollte dies deutlich demonstrieren. An neuen Entwicklungen gezeigt wurden Hyperschallwaffen, Mikrowellenwaffen (микроволновое оружие) und Kampflaser (китайского боевого лазера). Einige der erstmals gezeigten Waffenmodelle beeindruckten Experten durch ihre technischen Möglichkeiten. Sie machen die Volksrepublik China zu einer „harten Nuss“ (крепким орешком), die auch die Fähigkeiten der Vereinigten Staaten von Amerika übersteigen, so wurden die Analysten der Woennaja Chronika (Военная хроника) zitiert.
Die Länder des Westens werden „auf dem Weg zu einer militärischen Konfrontation mit der Volksrepublik China mit unangenehmen Überraschungen konfrontiert„.
(Сергей Вальченко, „Эксперты назвали опасные для США «изюминки» китайского парада“, Московский комсомолец, 4. 9. 2025, www.mk.ru/politics/2025/09/04/eksperty-nazvali-opasnye-dlya-ssha-izyuminki-kitayskogo-parada.html)
In einem Gespräch mit der Tageszeitung Iswestija, einen Tag vor der großen Waffenschau, erklärte Dmitri Peskow, der Pressesprecher des russischen Präsidenten Putin: „Das politische System des Westens hat sich erschöpft (…) Wenn ein Modell seine Wirksamkeit verliert, werden auf seiner Grundlage lebensfähigere und effektivere Systeme aufgebaut. Dieser Prozess ist derzeit sehr aktiv“.
(„Песков назвал устаревшей политическую систему Запада“, Известия, 2. 9. 2025, https://iz.ru/1946978/2025-09-02/peskov-nazval-ustarevshei-politicheskuiu-sistemu-zapada)
Sturm aus dem Osten
An der Militärparade in Peking nahmen auch Einheiten teil, die den Cyberwar führen, sowie kriegerische Weltraumstreitkräfte. Erstmals präsentierte die Volksrepublik China die nuklearen Boden-, See- und Luftwaffensysteme.
Dazu zählt die Interkontinentalrakete Dongfeng 61 mit einer Reichweite bis zu 15.000 Kiliometer. Vorgänger war die Dongfeng 41, ausgestattet mit 10 Atomsprengköpfen, es können damit mehrere Ziele getroffen werden, durch MIRV-Technologie bewirkt (Multiple Independently-targetable Reentry Vehicle). Die genaue Anzahl der MIRV-Sprengköpfe, die die Dongfeng 61 trägt, wurde noch nicht publik gemacht, doch wird es mindestens eine so hohe Zahl wie beim Vorgängermodell sein. Durch entwickelte Technologien soll Dongfeng 61 die gegnerischen Raketenabwehrsysteme effektiv überwinden.
Dongfeng bedeutet „Sturm aus dem Osten“, auch Wang Dong Feng, in China ein berühmter Neijiaquan-Kämpfer des 10. Dan, der 1986 in Wien angesiedelt wurde, darf diesen Namen führen. Nach seinen eigenen Aussagen gibt es in China nur sieben Kämpfer mit vergleichbaren Fähigkeiten bei den Techniken des Neijiaquan.
Nukleare Triade
Moskowski Komsomolez erklärte, dass bei der Militärparade in Peking eine „nukleare Triade“(ядерную триаду) gebildet wurde.
(Петр Осинцев, „Китай впервые показал свою ядерную триаду на параде в Пекине“, Московский комсомолец, 3. 9. 2025, www.mk.ru/politics/2025/09/03/kitay-vpervye-pokazal-svoyu-yadernuyu-triadu-na-parade-v-pekine.html)
„Drei Staatschefs, eine Tribüne“: Wladimir Putin stand rechts von Xi Jinping, links der nordkoreanische Führer Kim Jong-un. Es soll damit eine neue Weltordnung entstehen, denn „eine Parade besteht nicht nur aus Panzern„. Dazu würde gut der Song aus der Sowjetzeit „Wir warten auf Veränderungen“ (Мы ждем перемен) des Rockmusikers Wiktor Zoi passen, so empfindet die Journalistin Ljudmila Aleksandrowa.
(Людмила Александрова, „Три лидера, одна трибуна“, Московский комсомолец, 3. 9. 2025, www.mk.ru/politics/2025/09/03/tri-lidera-odna-tribuna-parad-eto-ne-tolko-tanki.html)
Im Zentrum der neuen Welt soll Wladimir Putin sein, denn „die Parade in Peking hat die Geopolitik verändert (…) Sie war ein deutliches Signal an die westlichen Länder: China demonstrierte eine Stärke, die man nicht ignorieren kann„.
(Вячеслав Новороссийский, „Путин в центре нового мира: Пекинский парад изменил геополитику – и Западу это не нравится“, 3. 9. 2025, www.mk.ru/politics/2025/09/03/putin-v-centre-novogo-mira-pekinskiy-parad-izmenil-geopolitiku-i-zapadu-eto-ne-nravitsya.html)
Krieg gegen Ukraine wurde verstärkt
Kim Jong-un erklärte bei einem Treffen mit Putin die „brüderliche Pflicht“ Nordkoreas: „Wenn es etwas gibt, womit wir Russland helfen können, werden wir dies unbedingt tun und es als brüderliche Pflicht betrachten, alles tun, um Russland zu helfen.“
(www.mk.ru/politics/2025/09/07/putin-i-tramp-ostanavlivayut-voynu.html)
Inzwischen wurden die Angriffe auf die Ukraine verstärkt. In der Nacht und am Morgen des 7. September wurde das Hinterland der Ukraine mit rund 900 Drohnen attackiert. Getroffen wurde auch das Gebäude des ukrainischen Ministerkabinetts in Kiew, in der Gruschewski Straße. Das oberste Stockwerk, in dem sich das Büro des Premierministers und der Sitzungssaal befanden, brannte fast vollständig aus
Es war einer der härtesten Angriffe der russischen Streitkräfte seit Beginn des Krieges und sollte der Beginn einer starken Offensive sein. Als Beweis dafür wurden auch die Produktionszahlen der Angriffsdrohnen genannt, vom Typ Gerania-2, es waren zuletzt 100 Stück pro Tag, jetzt soll die Anzahl auf 500 Stück pro Tag gesteigert werden.
(Дарья Федотова, „Шла на поражение специально“, Московский комсомолец, 7. 9. 2025, www.mk.ru/politics/2025/09/07/shla-na-porazhenie-specialno-udarivshaya-po-kabminu-geran-poslala-signal-zelenskomu.html)
Spezialisten für Horrorfilme
Schrecken wurde auch von Putin betont, in seinem Gespräch mit dem slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico. Putin warnte ihn vor der Europäischen Union, die kein Märchenprinz wäre, sondern „Spezialisten für Horrorfilme“ (специалисты по фильмам ужасов).
Fico war der einzige Staatschef der EU, der an der Militärparade in Peking teilnahm. Putin empfing den slowakischen Ministerpräsidenten in seiner Pekinger Residenz Diaoyutai. Von diesem Treffen berichtete Elena Egorowa für Moskowski Komsomolez. Demnach begann Fico die Unterredung mit einem langen und sehr emotionalen Monolog, dabei verglich er die Europäische Union mit einer Kröte, die am Grund eines Brunnens sitzt.
Putin „hörte diese verwirrende Rede (эту сбивчивую речь) mit Interesse und sogar mit Vergnügen an„, so beschreibt Elena Egorowa die Begegnung.
(Елена Егорова, „Путин рассказал Фицо неизвестные подробности своих переговоров с Трампом“, Московский комсомолец, 2. 9. 2025, www.mk.ru/politics/2025/09/02/putin-rasskazal-fico-neizvestnye-podrobnosti-svoikh-peregovorov-s-trampom.html)
„Damit erklärte der slowakische Ministerpräsident, wie wenig die Europäische Union von den Geschehnissen in der Welt versteht“, teilte Dmitri Peskow, der offizielle Sprecher des Kremls, am 2. September den Journalisten mit.
Die Beziehungen zwischen der Slowakei und Russland sollen vertieft und ausgeweitet werden, Möglichkeiten für eine enge Zusammenarbeit sollen gesucht werden, erklärte Fico.
(„Песков прокомментировал слова Фицо о сравнении ЕС с жабой“, Известия, 2. 9. 2025, https://iz.ru/1947537/2025-09-02/peskov-prokommentiroval-slova-fitco-o-sravnenii-es-s-zhaboi)
Das Gespräch von Fico mit Putin wurde von Iswestija auch als Video veröffentlicht:
https://iz.ru/video/embed/1947149#inside
Putin im Konflikt mit Aserbaidschan
„Jede Erklärung und jeder Schritt der Staatschefs führt zu einer neuen Eskalation des Konflikts, und der Dialog zwischen den Ländern gleicht zunehmend einem Spiel am Rande der diplomatischen Belastbarkeit„, beschreibt Moskowski Komsomolez das Verhältnis von Russland mit Aserbaidschan.
Bei den Veranstaltungen in China kam es zu keinem bilateralen Treffen von Putin mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Aliyev, das bestätigte Juri Uschakow, der Berater des russischen Präsidenten, für Moskowski Komsomolez.
Bei der Militärparade hätte Putin den Präsidenten von Aserbaidschan nur kühl betrachtet (холодно): „Aliyev komplett ignoriert: Putin hat den Präsidenten Aserbaidschans bei der Parade in Peking fast nicht bemerkt“.
(Вячеслав Новороссийский, „Алиеву – полный игнор: Путин почти не заметил президента Азербайджана на параде в Пекине“, Moskowski Komsomolez, 3. 9. 2025, www.mk.ru/politics/2025/09/03/alievu-polnyy-ignor-putin-pochti-ne-zametil-prezidenta-azerbaydzhana-na-parade-v-pekine.html)
Tatsächlich steigen die Spannungen zwischen den beiden Ländern zunehmend. Aliyev unterstützt die Ukraine, es sollen keine Gebietsverluste geduldet werden. Aserbaidschan führte inzwischen Gespräche mit dem amerikanischen Präsidenten Trump und sucht eine enge Zusammenarbeit mit der Europäischen Union.
Kanzler Merz in russischen Medien
„Wir befinden uns bereits in einem Konflikt mit Russland“, erkannte Kanzler Merz am 29. August. Dies berichtete Iswestija.
(„Мерц заявил о пребывании Германии в состоянии конфликта с Россией“, Известия, 30. 8. 2025, https://iz.ru/1945563/2025-08-30/mertc-zaiavil-o-prebyvanii-germanii-v-sostoianii-konflikta-s-rossiei)
Am folgenden Tag kommentierte Maria Sacharowa, die offizielle Sprecherin des russischen Außenministeriums, die Aussagen des deutschen Kanzlers: „Meiner Meinung nach ist das ein Fall für Psychiater“ (это уже к психиатрам).
(„Захарова: слова Мерца о вмешательстве РФ в дела ФРГ— это к психиатрам“, Известия, 30. 8. 2025, https://iz.ru/1945780/zakharova-nazvala-zaiavlenie-mertca-o-vmeshatelstve-rf-cherez-sotcseti-absurdnym-izi)
Am 30. August erklärte dann Kanzler Merz die Notwendigkeit, dass Russland wirtschaftlich geschwächt werden müsste, als eine Konsequenz der offensichtlichen Konfrontation. Wiederum antwortete Sacharowa als Sprecherin des Außenministeriums, laut Bericht von Iswestija reagierte sie „scharf“. Sie sprach den deutschen Kanzler auf russisch als „Herr Merz“ (хер Мерц) an. Dazu die Erklärung der Iswestija: „хер – herr – deutsch Herr, Sir. – Redaktion“ (herr — нем. господин, сэр. — Ред.) .
(„Захарова ответила на призывы Мерца истощить Россию“, Известия, 3. 9. 2025, https://iz.ru/1947896/2025-09-03/zakharova-otvetila-na-prizyvy-mertca-istoshchit-rossiiu)
Neues Welt-Chaos
Es ist bekannt, dass in Staaten wie Russland warnende Stimmen rasch in die Psychiatrie gebracht werden. Offensichtlich wollte dies die Sprecherin des russischen Außenministeriums eindringlich unter Beweis stellen.
Tatsächlich sind die Weltmachtpläne der herrschenden Elite Russlands aus den Schriften des führenden Moskauer Politologen Sergej Karaganow seit Jahren bekannt. Als Berater von Putin legte Karaganow solche Konzepte vor. Karaganow führte dabei offen den Konflikt mit den Ländern des Westens, die er als dekadent betrachtete, da sie die Ausgaben für die Rüstung vernachlässigen. In den Konzepten von Karaganow soll Russland, gemeinsam mit der starken Militärmacht China, die Grenzen aus der Sowjetzeit vor Gorbatschow wieder erobern.
Die Okkupation der Krim war strategisch nicht notwendig. Es war nicht geplant, dass Russland von der Europäischen Union angegriffen wird. Die Krim hätte auch zu einer entmilitarisierten Friedensregion werden können, die als Ferienressort geschätzt wird. Doch Karaganow wollte ein „Greater Eurasia“, somit eine Übernahme europäischer Territorien durch eine asiatische Allianz, die die Europäische Union verdrängt. Dabei nahm Karaganow nicht nur die Slowakei, sondern betrachtete auch Ungarn und sogar Österreich auf der Seite Russlands. Damit würde eine Art von Balkan-Union entstehen, die bis Wien reicht und die Europäische Union spaltet. Solche Pläne waren jedenfalls schon 2018 aus russischen Fachpublikationen hinreichend bekannt.
Wenn schon, wie es Sacharowa für das russische Außenministerium erklärte, von Fällen für die Psychiatrie gesprochen wird, so müsste wohl Karaganow untersucht werden, mit seinen Tagträumen und Assoziationen zur Supermacht, durchaus auch Putin mit seiner Leidenschaft für asiatische Kampftechniken. Karaganow ist in einer solchen Verfassung nicht der Schöpfer, wie er behauptete, einer neuen Weltordnung, vielmehr ist er verantwortlich für ein neues Welt-Chaos.
Links:
Organisiert Putin die antiwestliche Union beim Treffen in China
Tabula Rasa, 3. 9. 2025
Putin wird bei der Militärparade in Peking rechts von Xi Jinping sitzen und links der nordkoreanische Führer Kim Jong-un. Eine Allianz von Russland mit China und Nordkorea im Kampf um die neue Weltordnung.
www.tabularasamagazin.de/johannes-schuetz-organisiert-putin-die-antiwestliche-union-beim-treffen-in-china
Forscher für China: Der Quantenphysiker Zeilinger erhält den Nobelpreis
Tabula Rasa Magazin, 6. 12. 2022
Anton Zeilinger erhält den Nobelpreis für Physik. Einen dunklen Schatten wirft dabei die enge Zusammenarbeit mit China. An der Quantenforschung ist die Militärindustrie der Volksrepublik China besonders interessiert.
www.tabularasamagazin.de/forscher-fuer-china-der-quantenphysiker-zeilinger-erhaelt-den-nobelpreis
