Bolzano Film Festival Bozen: Programm, Rahmenprogramm, Bildungskooperationen

links: Vincenzo Bugno (künstlerischer Leiter des BFFB) rechts Luigi Loddi (Präsident des Filmclub) Copyright Bolzano Film Festival Bozen.
Die Wettbewerbsfilme & Reale non Reale
Nachstehend die zwölf Filme, die um den Preis des Landes Südtirol für den besten Film, den Preis der Stiftung Südtiroler Sparkasse für die beste künstlerische Leistung in den Kategorien Regie, Drehbuch, Schnitt, Fotografie, Ton, Schauspiel und Musik des Wettbewerbs und den Publikumspreis der Stadt Bozen konkurrieren werden: VERA von Tizza Covi, Rainer Frimmel (A/I 2022), ADENTRO MIO ESTOY BAILANDO (THE KLEZMER PROJECT) von Leandro Koch und Paloma Schachmann (A/ARG 2023), IM TOTEN WINKEL von Ayse Polat (D 2023), GIGI LA LEGGE von Alessandro Comodin (I/F/BEL 2022), GORGONA von Antonio Tibaldi (I/USA 2022), LE MURA DI BERGAMO von Stefano Savona (I 2023), MATTER OUT OF PLACE von Nikolaus Geyrhalter (A 2022), PIAFFE von Ann Oren (D 2022), SISTERS von Linda Olte (I/LAT 2022), MONICA von Andrea Pallaoro (I/USA 2022), STAMS von Bernhard Braunstein (A 2023) und THE HAMLET SYNDROM von Elwira Niewiera, Piotr Rosołowski (D/PL 2022).
Vincenzo Bugno erklärt: „Wir haben uns bemüht, kohärent zu sein und ein Programm mit Spielfilmen auszusuchen, die sicherlich im geografischen Kontext der vorangegangenen Ausgaben entstanden sind, zumeist aus Ländern, die ebenfalls den Alpenbogen überblicken. Eine Identität, die sich heute in den meisten Fällen kulturell und stilistisch zu erweitern scheint und das Konzept der Zugehörigkeit in Frage stellt, sei es in Bezug auf Individuen, Sprachen, Grenzen, ethnische und nationale Definitionen. Alle diese Filme hinterfragen die sichtbare und unsichtbare Realität, die sie umgibt. Dies ist zweifellos zeitgenössisches Kino.
Neben den Filmen des Wettbewerbs haben wir fünf Dokumentarfilme ausgewählt, die uns besonders beeindruckt haben, thematisch äußerst unterschiedlich sind und das Publikum sicher nicht gleichgültig lassen werden.“
Diese sind IL CERCHIO von Sophie Chiarello (I 2022), SHE CHEF von Melanie Liebheit und Gereon Wetzel (A/D 2022), THE HOMES WE CARRY von Brenda Akele Jorde (D 2022), TRIESTE È BELLA DI NOTTE von Matteo Calore, Stefano Collizzolli und Andrea Segre (I 2022) und UMBERTO ECO – LA BIBLIOTECA DEL MONDO von Davide Ferrario (I 2022).
 
Focus Europe: Galicia
Gastland des #36bffb ist Galicien, aus dessen reicher Filmlandschaft der Koordinator der Festivalsektion, Ricardo Apilanez, zusammen mit Vincenzo Bugno sechs Filme ausgewählt hat, die auf dem Festival gezeigt werden. Seit seiner Definition als „Novo Cinema Galego“ (NCG) im Jahr 2010 hat sich in Galicien, einer Region im äußersten Nordwesten Spaniens, das unabhängige Kino dank bedeutender Titel – die auf den wichtigsten Festivals der Welt gezeigt wurden – zu einer überraschenden, soliden und sehr artikulierten Realität entwickelt, sowohl in produktionstechnischer als auch in ästhetischer Hinsicht – eine rare zeitgenössische Kinorealität in Europa.

 

Erneute Zusammenarbeit mit IDM / FINAL TOUCH #8: das Weiterbildungsprogramm
Die IDM Film Commission Südtirol ist seit jeher ein wichtiger Partner des Bolzano Film Festival Bozen, da sie vom Beitrag der Veranstaltung zur Schaffung von Verbindungen zwischen den Filmschaffenden verschiedener Länder in einem Grenzgebiet, wie es Südtirol von Natur aus ist, überzeugt ist. In diesem Jahr hat die IDM Film Commission Südtirol ihr Engagement im Rahmen des Bolzano Film Festival Bozen weiter verstärkt. Neben dem üblichen Förderprogramm für Spielfilme, FINAL TOUCH, wurde auch ein Preis, der IDM Award, ins Leben gerufen, mit dem jene Produktionsfirma ausgezeichnet wird, die ein Projekt mit besonderem Bezug zum Südtiroler Gebiet vorstellt.
Die 8. Ausgabe von FINAL TOUCH, konzipiert von IDM in Zusammenarbeit mit dem Bolzano Film Festival Bozen, findet am 21. und 22. April statt. In diesem Jahr werden zwei Dokumentarfilme und zwei Spielfilme ausgewählt. Die ausgewählten Autor*innen haben die Möglichkeit, ihre Werke in einer geschlossenen Sitzung mit dem Expert*innenteam zu besprechen, das den Teilnehmer*innen gezielte Ratschläge für den Schnitt und die Fertigstellung von Spielfilmen in der Postproduktion sowie nützliche Vorschläge für den Vertrieb geben wird. Die lokale Szene wird durch SOUVENIRS OF WAR (IT) von Georg Zeller vertreten, Produktion: Helios. Ebenfalls in der Auswahl sind REFUGEE GIRLS (IT) von Leonardo Cinieri Lombroso, WIESENWOOD (DE) von Jannis Alexander Kiefer, Produktion: Maze Pictures Srl, und UNSPOKEN (DE) von Piotr J. Lewandowski. Zum Ende der Veranstaltung am 22. April werden außerdem zwei Preise verliehen: Ein Projekt erhält den mit 5.000 € dotierten Cine Chromatix Italy Post-Production Prize für Postproduktionsdienstleistungen. Ein zweites Projekt erhält den TRUE COLOURS International Distribution Prize , welcher eine ausführliche Beratung über die am besten geeignete Strategie für den internationalen Vertrieb vorsieht.

 

Crossovers: das Seminar an der Freien Universität Bozen
Crossovers: Films and Documentaries as Tools for Social Research ist der Titel des von IDM geförderten Seminars, das am 20. und 21. April an der Freien Universität Bozen stattfinden wird. Thema sind Überschneidungen (crossover) zwischen Dokumentarfilm und Sozialwissenschaften, audience design und audience strategies. An den beiden Konferenztagen werden teilnehmen: Roberto Farneti, Unibz; Daniele Ietri, Unibz; Marta Andreu (Dozentin, Beraterin und Filmproduzentin); Isona Admetlla, World Cinema Fund (Berlinale); Vincenzo Bugno, World Cinema Fund (Berlinale) & Bolzano Film Festival Bozen; Roberto Cavallini, Albolina Film; Nicolò Gallio (Berater und Tutor); Hanna Reifgerst, Nordische Filmtage Lübeck; Heidi Gronauer, ZeLIG School for Documentary; Eleonora Matropietro, Universität Mailand; Gayatri Parameswaran (Nowheremedia – Berlin); Verena Marchiotto, Studentengruppe Unibz K! kero.

 

Masterclasses / Carte Blanche
Während des Festivals finden zwei öffentlich zugängliche Masterclasses statt.
In der ersten Veranstaltung wird Vasco Pimentel, Sounddesigner und Toningenieur von mehr als 150 Filmen, Cutter und leitender Produzent, sein Wissen weitergeben. Pimentel gilt als wahrer Klangkünstler und hat im Laufe seiner Karriere mit zahlreichen Regisseur*innen aus seiner Heimat und anderen europäischen Ländern zusammengearbeitet, unter anderem Miguel Gomes und Wim Wenders. Letzteren will Pimentel durch die gemeinsame Arbeit am Film LISBON STORY in die Masterclass integrieren. Der Film ist eine Hommage an die portugiesische Hauptstadt und ihre Musik und ist stark von der Begegnung des deutschen Regisseurs mit der Musikgruppe Madredeus geprägt. „… Die Stadt hatte die Gruppe und ihre Musik sicherlich inspiriert, was uns wiederum dabei half in die Stadt einzutauchen und unseren Weg innerhalb der Erzählung zu finden…“, so Wenders, welcher den Film Federico Fellini widmete.
Die zweite Masterclass wird von Marta Andreu, spanischer Produzentin und authentischer Dichterin und Philosophin des Dokumentarfilms, gehalten. 2017 gründete Andreu WALDEN, einen kreativen Raum für Dokumentarfilme, für die „Reproduktion des Realen“. Seit 2000 hält sie weltweit Workshops für internationale Festivals und Institutionen (DocNomads, Di Tella University, EICTV, CCC, Frontera Sur, AricaLab, DocumentaMadrid, DOCSP, Ibermedia, Playdoc, Ventana Madrid, CIMA, Eurodoc, Torino Film Lab, Visions du Reel, DocMontevideo). Mit ihrer Produktionsfirma Playtime hat sie mehrere Filme produziert, seit mehreren Jahren ist sie Mitglied in der Jury des Berlinale World Cinema Fund. Mit Surviving Landscapes hinterfragt Andreu die Beziehung zwischen Natur, Landschaft und Bildern: eine Reise, die von einem hundert Jahre alten, wiedergefundenen Bild eines Vulkans (aus einem Film, den Jean Epstein 1923 in Italien drehte) zu einem gemalten Berg führt, der von Cézanne mehr als achtzig Mal wie besessen verfolgt und später zweimal vom Kino beklagt wurde (in zwei Filmen von Jean Marie Straub und Danièlle Huillet) und von dort zu einer fragilen Begegnung zwischen einem Berg und einer zeitgenössischen Filmemacherin, Salomé Lamas, auf einer portugiesischen Insel (in ENCOUNTERS WITH LANDSCAPE).

 

Kleinsprachen DOC: Filme, die von Minderheiten erzählen
Die nunmehr dritte Ausgabe der Sektion Kleinsprachen DOC wird in Zusammenarbeit mit der Freien Universität Bozen, dem Masterstudiengang Angewandte Linguistik und dem Kulturverein La Fournaise organisiert. Sie befasst sich nicht nur mit gesprochenen Sprachen, die auf eine lange Tradition zurückblicken, wie Baskisch und Bretonisch in Frankreich oder Yonaguni in Japan, sondern auch mit Gebärdensprachen, die in mehreren Ländern erst in den letzten Jahren offiziell anerkannt wurden, und zwar aus dem Blickwinkel der oft widersprüchlichen Weitergabe durch die Generationen. Kleinsprachen DOC wird kuratiert von Silvia Dal Negro, Daniele Ietri, Eleonora Mastropietro und Daniela Veronesi.

 

BFFB Talks & more
Zu jedem Film des #36bffb wird ein Gast anwesend sein, der nach der Vorführung Fragen des Publikums beantworten wird. Darüber hinaus werden unter dem Motto: Let’s talk! weitere Veranstaltungen während des Festivals organisiert: In einer einzigartigen Atmosphäre, der Bar Luna des Hotel Mondschein, mitten im historischen Zentrum von Bozen und nur einen Schritt vom Kino entfernt, finden täglich die sogenannten BFFB Talks statt, wertvolle Termine, um gemeinsam mit den internationalen Gästen des Festivals einzigartige Momente über das Kino in all seinen Facetten zu teilen:
20/4 – GESPRÄCH MIT DEN EHRENGÄSTEN DES FESTIVALS Christine A. Maier (Director of Photography) und Jacopo Quadri (Editor), moderiert von Vincenzo Bugno;
21/4 – NEW GALICIAN CINEMA: BEYOND THE CLICHES – Artistic and cultural-geographic identity (21.04 / 11:00 – Beli Martinez (producer, lecturer), Jaime Pena (curator, film reviewer), Beatrice Fiorentino (film reviewer, lecturer, director of „Settimana della Critica“, Venedig), Eloy Enciso (director „Longa Noite“), Diana Toucedo (director „Trinta lumes“) Moderatoren: Vincenzo Bugno / Ricardo Apilanez;
23/4 – DI PICCOLE PERSONE E GRANDI SENTIMENTI – Talk anschließend an den Film von Sophie Chiarello, IL CERCHIO (I 2022), in Zusammenarbeit mit dem Forum Prävention gegen Gewalt Südtirol

 

FAS und ZeLig, wichtige Kooperationen mit dem lokalen Filmnetzwerk
Auch bei der 36. Ausgabe des Festivals wird die Zusammenarbeit mit der FAS (Filmverband Südtirol) und der Schule für Dokumentarfilm, Fernsehen und neue Medien ZeLIG in Bozen erneuert. Die FAS ist der Berufsverband aller Filmschaffenden in Südtirol und hat das Ziel, das Autor*innenkino in der Region zu fördern. Die Fachschule ZeLIG ist eine Institution, die sich auf die Ausbildung im Bereich des Dokumentarfilms spezialisiert hat und gleichzeitig eine Produktionsfirma für Arbeiten in verschiedenen Formaten und medienübergreifende Projekte ist – womit sie ihren Schüler*innen Arbeitsmöglichkeiten bietet. Das BFFB, das seit jeher Partner der ZeLIG ist, freut sich, auch in diesem Jahr einige der von den Schüler*innen der Schule produzierten Filme im Programm zu präsentieren.

 

Local Heroes
Die filmischen Erzählungen der LOCAL HEROES, den jungen Filmschaffenden aus der Region, sind ein fixer Bestandteil des Filmfestivals und bilden einen Teil der Filmidentität der Region. Einige der Filme sind mit aufwendigen Recherchen und Produktionen – auch durch die IDM unterstützt -verbunden, während andere wiederum auf Low Budget und Minimalismus setzen. Allen sieben Filme haben, im weitesten Sinne, die Grenzerfahrung als Thema gemeinsam.

 

Dalla cinepresa al compasso – eine Ausstellung während des Festivals
Im Centro Trevi in Bozen wird Maria Gabloner eine Ausstellung gewidmet und im Rahmen des Festivals auch der Dokumentarfilm HERTHILDE GABLONER/MARIA GARDENA: LA DONNA CHE VISSE DUE VOLTE von Franco Delli Guanti und Ludovico Maillet gezeigt.
Die Veranstaltung ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit dem Zentrum für audiovisuelle Medien Bozen, dem Centro Trevi und dem Amt für Erwachsenenbildung, Bibliotheken und audiovisuelle Medien der Abteilung für italienische Kultur der Autonomen Provinz Bozen.
Maria Gardena, geborene Herthilde Gabloner (Bozen, 1920 – Bozen, 2008), Architektin und Schauspielerin, unabhängig und nonkonformistisch, begann in den 1940er Jahren eine Schauspielkarriere unter dem Künstlernamen Maria Gardena. Die Tochter des bekannten Grödner Bildhauers Ignaz Gabloner spielte bereits mit 19 Jahren die Hauptrolle in Enrico Guazzonis Film HO VISTO BRILLARE LE STELLE.

 

LiLi / Little Lights: ein innovatives, mehrsprachiges Projekt für Kinder
Ein Pilotprojekt mit dem Ziel auch den jüngsten Zuschauer*innen die Welt des Kinos näherzubringen. Die Besonderheit daran ist eine Live-Erzählung im Kino: Die Dialoge des Films (Le proprietà dei metalli von Antonio Bigini, ein großer Erfolg auf der letzten Berlinale) werden von einer professionellen Synchronsprecherin, Natascha Noack, „gesprochen“, um den Sinn der Originalsprache zu erhalten und den Inhalt verständlich zu machen.

 

BFFB labs
Die Festivalleitung betonte auf der Pressekonferenz, dass es sich beim BFFB um ein „work in progress“ handelt, das besonders offen für die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Realitäten der Stadt ist. „Die Einbeziehung junger Menschen liegt uns besonders am Herzen“, erklärte der künstlerische Leiter Vincenzo Bugno, „und wir freuen uns besonders, dass es in der Stadt Initiativen wie das CREATIVE DANCE LAB und die SchauspielAkademie Südtirol gibt, die jungen Menschen die Möglichkeit bieten, sich direkt (und nicht nur) mit dem Kino auseinanderzusetzen, und dass das Festival die Möglichkeit hat, deren Aktivitäten und Produktionen zu präsentieren“.

 

Das gesamte Festivalprogramm ist online verfügbar unter: www.filmfestival.bz.it