Die hohe Kunst der Schwarzweiß-Fotografie

Fotografische Schwarzweiß-Bilder bilden weniger Realität ab als Farbbilder. Schwarzweiß-Fotos gehören deshalb (alle) zur Kunst, während Farbfotos nur zum Teil der Kunst angehören. Ständig kommen neue und neuartige digitale Fotokameras auf den Markt. Leica hat eine teure Kamera entwickelt, die neben bisher unerreichter Bildschärfe keine Farben aufnehmen und darstellen kann. Die Schwarzweiß-Aufnahmen sind so scharf, dass einem Fotoliebhaber die Luft wegbleibt.

Für digitale Enthusiasten Schwarzweißer Fotos bleibt folgende große und wichtige Frage offen:

Der Schwarzweiß-Foto-Enthusiast ist auf die Farben angewiesen, die die Digitalkamera aufnimmt und wiedergibt, um diese Farben mit Hilfe digitaler Fotoprogrammen in Grautöne von Schwarz bis Weiß umzuwandeln. Eine Digitalkamera, die wie die neue Leica q2 m keine Farben aufnimmt, kann keine Farb-Information liefern. Haben ein roter Felsen vor einem blauen Himmel die selbe Farbdichte, so ist eine monochrome (farblose) Unterscheidung nicht vorhanden. Eine Unterscheidung zwischen beiden Strukturen ist auch am Computer ohne farbliche Dichtewerte nicht möglich.

Die von der neuesten Leica erzeugten Grautöne basieren wegen den fehlenden Farbdichte-Informationen nur auf die Schwarzweiß-Dichte. In unserem Fall verschwindet der rote Felsen im blauen Himmel. Digitale Kameras, die keine Farben darstellen können, verlieren trotz grandioser Schärfe an künstlerischem Schwarzweiß-Wert. Es ist unmöglich, dass die nicht aufgenommenen Farben richtig und überhaupt in den Schwarzweiß-Fotos abgebildet werden. Bei den geschossenen Fotos handelt es sich somit immer um Kunst, wenn auch um eine eingeschränkte.

Schwarzweiß-Fotografie: Die zeitlose Kunst des Monochromen
von Michael Freeman
mitp, August 2017
ISBN-13 : 978-3958454606
192 Seiten 20 €

Erst als Künstler die Fotografie für sich erkennen, wird die Fotografie zur Kunst.

Die Farbfotografie entwickelt sich aus der monochromen, also der Schwarzweiß-Techniken. Die moderne Schwarzweiß-Fotografie basiert wiederum auf die Neuordnung der Farben. In Abhängigkeit der Farbe mit ihrer Dichte (dunkel, hell) werden verschiedene Graudichten erzeugt.

Schwarzweiß wird bis heute als dokumentarisch korrekt betrachtet, Farbe hingegen gilt als Ablenkung von der Realität. Jeder ist fähig, Farbfotos herzustellen, den diese stellen lediglich die Realität dar. Bei Schwarzweiß-Fotos wird aus Farbe Helligkeit. Das beste Beispiel ist das Lavendelfeld auf S. 121.

Schwarzweiß ist Kunst, da kreativ. Der Spielraum für den kreativen Ausdruck ist in Schwarzweiß bedeutend größer als in Farbe.

Deshalb: Erst fotografieren und dann entscheiden, ob Schwarzweiß oder Farbe (oder verwerfen)! Schwarzweiß erfordert eine extremere Verarbeitung im Gegensatz zu Farbfotos. Der Umgang mit dem digitalen Zonensystem (Dichtewerte des Negativs) basiert auf die Arbeiten von Ansel Adams.

HDR = High Dynamic Range: Mehrere Aufnahmen werden bei unterschiedlicher Belichtung digital in der Kamera zusammengeführt. Das Bild wird verdichtet.

Michael Freeman ist nicht nur ein toller Fotograf, sondern auch ein begnadeter Schriftsteller. Sein Buch ist ein Muss für jeden, der sich für die Schwarzweiß-Fotografie interessiert und zudem etwas lernen will.

Über Nathan Warszawski 535 Artikel
Dr. Nathan Warszawski (geboren 1953) studierte Humanmedizin, Mathematik und Philosophie in Würzburg. Er arbeitet als Onkologe (Strahlentherapeut), gelegentlicher Schriftsteller und ehrenamtlicher jüdischer Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Gesellschaft zu Aachen.