Ex-Google Chef Eric Schmidt befürchtet: China plant die Überwachung der Welt mit Huawei

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Schon lange warnen Experten vor dem chinesischen Telekommunikationsausrüster Huawei. Immer wieder wird dem Unternehmen, das maßgeblich am neuen 5G-Ausbau weltweit seine Finger mit im Spiel hat, die Gefährdung der nationalen Sicherheit unterstellt. Ob MI6 oder amerikanische Geheimdienste, alle sind sich einig: Wir dürfen den Chinesen eine derart informelle Macht nicht überlassen. Nun hat auch der ehemalige Chef von Google und Ex-Verwaltungsratschef von „Alphabet“, Eric Schmidt, Bedenken geäußert.

Huawei ist Chinas Aushängeschild, wenn es um globale Kommunikation und die Sammelwut von Informationen von Milliarden Nutzern geht. Dass die Chinesen hier mittlerweile selbst in der Champions League spielen, beweisen die Unternehmenszahlen. So konnte der Megakonzern 2019 mit einem gigantischen Jahresumsatz von 109 Milliarden Euro aufwarten und übertraf mit einem reinen Nettogewinn von fast acht Milliarden Euro alle Analystenträume. Der im Jahr 1987 von Ren Zhengfei gegründete Telekommunikationsausrüster mit Sitz in Shenzhen hat mit 240 Millionen verkauften Smartphones 2019 Apple weit hinter sich gelassen und liegt im Rennen um die Absatzmärkte nunmehr nur noch hinter Samsung auf Platz 2.

China rüstet auf – nicht nur bei den Handys, sondern auch beim Ausbau der Mobilfunknetze. Doch Huawei steht immer wieder in der Kritik der Intransparenz. Vorwürfe, China will damit seine globale Macht auf dem Kommunikationssektor ausweiten, letztendlich die westliche Demokratie gleich mit ins Nirwana befördern und die Big Data für politische Zwecke instrumentalisieren, sind keineswegs neu.

Genau diese Sicherheitsbedenken hat Ex-Google-Chef Eric nun untermauert. Huawei spielt mit inakzeptablen Praktiken – und das könnte für jedes Land der Welt gefährlich werden. Schmidt, von April 2011 bis zum 10. August 2015 Executive Chairman von Google und selbst Informatiker, ist mittlerweile Vorsitzender des Defence Innovation Board des Pentagon und arbeitet damit für die US-Regierung. Gegründet wurde die Beratungsschmiede 2016 mit dem Ziel, dem Militär die Denke von Silicon Valley näher zu bringen. Schmidt wünscht sich eine noch modernere, technologisch-innovativere Einsatztruppe. Amerika kann seine strategisch-militärische Führungsrolle nur so behalten, ohne den Status der Supermacht zu verlieren und diese den Chinesen zu überlassen.

Huawei – Die Sammelkrake des Kommunismus

In seiner neuen Funktion als innovativer Sicherheitschef warnt Schmidt, selbst ein guter Chinakenner, nunmehr vor der drohenden Gefahr, die von Huawei auch für die westlichen Demokratien ausgehen könnte. Das chinesische Unternehmen kann überhaupt nicht, so der Vorwurf, autonom agieren. Alle Informationen, die Huawei als Datensammelkrake wie ein großer Schwamm aufsaugt, landen letztendlich auf dem Tisch der chinesischen Sicherheitsbehörden. „Es steht außer Frage, dass Informationen von Huawei-Routern letztendlich in Hände gelangt sind, die dem Staat zu gehören scheinen“.

Damit käme Peking eine Macht zu, die nicht nur gigantisch wäre, sondern vor der alle Länder dieser Welt berechtigte Angst haben müssten. Das China die Künstliche Intelligenz gerade für Spionagezwecke instrumentalisiert, ist genauso plausibel wie das kleine Einmaleins. „Die Chinesen sind in Schlüsselbereichen der Forschung und Innovation genauso gut und vielleicht sogar besser als der Westen“. Sie gelten als die besten Ideenverwerter und Kopierweltmeister, wenn es um den Raub geistigen Eigentums im gigantischen Ausmaß geht. Und diese Entwicklung wird sich dramatisch dynamisieren, so der Ex-Google-Chef, der die Innovationsfähigkeit der Asiaten lange unterschätzt hat. Mittlerweile ist er davon überzeugt, dass die Volksrepublik spätestens in fünf Jahren den Anschluss zu den Hightechindustrien endgültig vollzogen hat. Peking verfügt über Know-how, viel Geld und vor allem über ein gigantisches Meer an Arbeitskräften.

Kaum einer weiß es besser als Schmidt, dass die Zukunft der Wirtschaft an den digitalen Plattformen hängt. Hier wird mehr Geld als bei ehemals linearen Geschäftsmodellen verdient und die Plattformökonomie krempelt schon heute die globale Wirtschaft um. E-Commerce-Giganten wie Amazon oder Alibaba, die zu den größten Entwicklern und Nutznießern der Plattformökonomie zählen, sind die Gewinner.

Es steht nichts weniger als die westliche Demokratie auf dem Spiel

Beim gigantischen Aufstieg von Huawei schaut der Westen derzeit resigniert zu. Wenn die westliche Wertewelt aber Innovationstreiber sowohl bei der Künstlichen Intelligenz als auch auf dem Gebiet des Quantencomputings bleiben will, muss diese endlich aus ihrem Dornröschenschlaf aufwachen und Huawei Paroli bieten, so der Informatiker und Manager und US-Sicherheitsberater. Sie darf sich vom chinesischen Telekommunikationsanbieter keineswegs blindlings in die Ecke spielen lassen. „Es liegt im Interesse des Westens, dass jede Technologieplattform westliche Werte in sich trägt.“ Das ist nicht nur im Interesse der freiheitlichen Werte westlicher Zivilisationen, sondern davon hängt letztendlich das Überleben der liberal-ökonomischen Werteordnung ab. „Wir müssen unsere Kräfte bündeln, um im Wettbewerb bestehen zu können“. Gelingt China letztendlich der Durchmarsch, käme es genau zu dem Gau, den der Sicherheitsexperte als schlimmstes Szenario eines neuen digitalen Krieges und damit als größte Gefahr sieht, die den Westen herausfordert. Das Horrorszenario wäre die Entkoppelung der Technologiesektoren von China und den USA. „Wenn man diese globalen Plattformen einmal voneinander trennt, bekommt man sie nicht mehr zurück.“ Und die große Frage bleibt: „Operieren sie auf globalen Plattformen oder operieren sie auf ihren eigenen Plattformen? Je stärker die Plattformen voneinander getrennt sind, desto gefährlicher ist es.“ Wenn China den globalen Wettlauf gewinnt, wird es die Welt dominieren. Der Traum von dieser Weltherrschaft ist dann keine Zukunftsspekulation und Fiktion mehr, sondern dunkle Realität. Dann entscheidet China, „ob wir uns nun koppeln oder abkoppeln. Sie haben die Ressourcen, sie haben das Geld, sie haben die Technologie.“ Das schlimmste wäre, wenn sich das Internet in zwei Teile aufspalten würde.

Und das China im Kampf um die globale Weltherrschaft jedes Mittel einsetzen wird, davon ist Schmidt überzeugt. Die Chinesen benutzen Huawei schon jetzt als Spionageinstrument, denn alle seine Operationen seien eine Form der „Signalaufklärung“, vergleichbar mit den Aktivitäten des britischen Government Communications Headquarters und der amerikanischen NSA.

China aber weist alle Schuld zurück

Huawei hat wiederholt die Anschuldigungen der US-Regierung unterdessen zurückgewiesen. „Die Behauptungen von Eric Schmidt, seien einfach nicht wahr und werden, wie bei ähnlichen Behauptungen in der Vergangenheit, nicht durch Beweise untermauert“, so Victor Zhang, Huawei’s britischer Chef, gegenüber der BBC. Aber auch die Düsseldorfer Europazentrale des Konzerns kann die Ängste von Sicherheitsbedenken nicht ausräumen, weil das Procedere aus China immer dem gleichen Strickmuster folgt. Sobald Peking in die Defensive gerät, schlägt es mit Donnerkanonen zurück. Immer sind es die Chinesen, die sich unbegründet angegriffen fühlen, immer folgt ein Offensivschlag. Die Unschuldserklärungen von Seiten Huaweis, kein verlängerter Arm des chinesischen Staates zu sein und keine sensibeln Kundendaten an die Behörden weiterzugeben, bleiben Stereotype.

Huawei ist genauso intransparent wie das Wuhan-Labor

Auch bei der vieldiskutierten Frage, woher das Coronavirus stamme, ob aus dem Labor oder vom Wildtiermarkt in Wuhan, beteuert China immer, dass sich das Virus natürlich verbreitet habe. Vorwürfe, die sich unterdessen immer weiter verhärten, widersprechen zunehmend der Pekinger Unschuldstrategie und legen den Verdacht nahe, dass es sich tatsächlich um einen Unfall im Labor mit einer künstlich erzeugten Sars-Biowaffe handle. Wie bei den Spionagetätigkeiten durch Huawei also auch beim Coronavirus – China wäscht seine Hände buchstäblich in Unschuld. Vertrauen aufzubauen ist, hier schwer. Kontrolle, wie sie Schmidt fordert, ist auf alle Fälle notwendig und geboten.

Der digitale Kampf hat begonnen

Samuel P. Huntington sorgte mit seinem 1996 erschienenen Buch „The Clash of Civilizations“ (Kampf der Kulturen) weltweit für Schlagzeilen. Der amerikanische Politikwissenschaftler, der am John M. Olin Institute for Strategic Studies der Harvard-Universität in Cambridge lehrte, prognostizierte für das 21. Jahrhundert einen Kulturkampf zwischen dem Westen, China und dem Islam. Dieser Kulturkampf ist mittlerweile zu einem digitalen geworden, zum Kampf der Plattformbetreiber, zum Kampf um nationale Sicherheitsinteressen und Spionagehoheit, zum Kampf um gigantische Datenmengen, die letztendlich dem Macht und Einfluss verschaffen sollen, der sie besitzt. Damit hat Huntington Francis Fukuyamas und dessen prognostiziertes Ende der Geschichte, wie er es 1992 in „The End of History and the Last Man“ publizierte, wissenschaftlich widerlegt.

Glaubte Huntington im Anschluss an Georg Wilhelm Friedrich Hegel mit seiner Geschichtsphilosophie daran, dass das Ende der Geschichte dazu führt, dass alle systemisch-weltpolitischen Widersprüche in einer letzten Synthese „aufgehoben“ werden und die Dialektik damit an ihr Ende gekommen sei, weil sich die liberale Demokratie gegen alle Staats- und Wirtschaftssysteme durchgesetzt habe, so hat ihn die Geschichte das Gegenteil bewiesen.

Nach dem Zusammenbruch der UdSSR und des sozialistischen Ostblocks haben sich zwar innerhalb Europas die Prinzipien des Liberalismus in Form von Demokratie und Marktwirtschaft durchgesetzt, aber eben nicht in China, das den Sieg des Kommunismus gerade in der Überwindung des liberalen Kapitalismus und seiner freiheitlichen Rechtsordnung sieht. Doch den Hauptkampf um das „bessere“ System führt Peking unterdessen mit den Waffen der Künstlichen Intelligenz, auf dem Feld der Plattformökonomie und als die immer noch am schnellsten wachsende Weltwirtschaft.

Das Ende des klassischen Kalten Krieges hat einen neuen, den digitalen hervorgebracht, der nunmehr in altbewährter Dialektik um die Weltherrschaft kämpft. Will der Westen im Systemwettlauf nicht verlieren, muss er sich gewaltig anstrengen. So ist auch Eric Schmidts Kampfansage an Huwawei letztendlich zu verstehen

Über Stefan Groß-Lobkowicz 2124 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".