Liebe, Leidenschaft und Eifersucht à la Rachmaninow

Brachten Stimm-Glanz in zwei russische Opern-Einakter: Sopranistin Kristina Mkhitaryan mit Tenor Andrei Danilov und Bariton Kostas Smoriginas. Foto: Hans Gärtner

19 Jahre war er alt, und in 17 Tagen brachte er sie zu Papier: die Kurz-Oper „Aleko“: Sergei Rachmaninow, gerne „Herr cis-Moll“ genannt, Klaviervirtuose und Hollywood-Filmkarrierist. Die Welt kannte ihn, wusste aber nicht, dass er zwei Beiträge zur Opernliteratur lieferte, „Aleko“ 1893 und „Francesca da Rimini“ 13 Jahre später, beide am Moskauer Bolschoi-Theater uraufgeführt – um dann vergessen zu werden.

Nicht vom Chef des Münchner Rundfunkorchesters, dem umtriebigen, aber seit sieben Jahren hart, empathisch und höchst erfolgreich in München arbeitenden Kroaten Ivan Repusic. Selten gespielte (wie Verdis „Luisa Miller“) und total unbekannte Opern sind sein Special. Im Prinzregententheater, erstaunlich gut besucht von einem Publikum, das Repusics Idee, das wenig Gängige zum Leuchten zu bringen, gerne folgte, führte er Rachmaninows Ein-Stunden-Opern auf. Mit seinem starken, bis zur wohltönenden Bass-Klarinette toll besetzten Orchester und dem von Stellario Fagone präparierten BR-Chor. Dem Ex-Staatsopernchorleiter gelang eine 20 minütige Passage stummen Chorsingens, auf die man als Besucher der von Julia Smilga moderierten Einführung im Gartensaal besonders achtete.

Beiden Einaktern, deren durchgehend düstere Musiksprache nicht jedermanns Geschmack sein dürfte, ist das Grundmotiv „Liebe, Leidenschaft und Eifersucht“ gemeinsam. Beide Frauen, Semfira in „Aleko“ und Francesca, die ihren Schwager Paolo dem ihr angetrauten Lanciotto Malatesta, Sohn des Regenten von Rimini, vorzieht, lieben „verboten“. Den deutschen Übertiteln ist es zu danken, dass man auch ohne lange im informativen Programmheft lesen zu müssen, den grausig-vertrackten Handlungen folgen konnte.

Auch ohne Szenenbild und Personenregie kam die konzertante Version zu Höhepunkten, die sich vor allem in der „Francesca“ mehrmals steigerten, dies  dank einfühlsam unterstützter Cello-, Flöten- und Violin-Passagen, die unter Repucics kleinteiligem, dabei stets aufs große Ganze ausgerichteten Dirigat zu Hörerlebnissen wurden. Kostas Smoriginas führte einen Bassbariton vor, der spätestens seit seinem Salzburger Osterfestspiel-Escamillo in unseren Breiten zur Elite seines Fachs zählt. Als mordender Titelheld in „Aleko“, mehr noch als Lanciotto in seinem gewaltig ausgreifenden Monolog zog er alle Aufmerksamkeit auf sich und wurde zurecht als Star des Abends gefeiert. Ihm folgte die wunderbare Kristina Mikhitaryan, erst als Semfira, dann aber noch intensiver und zusammen mit ihrem zupackenden „Lover“ Andrei Danilov als Paolo – eine Sopranistin, die Schönheit in jeder Hinsicht, bis zu ihrem Todesschrei in Dantes Vorhölle, versprühte. Mit Shavleg Armasi, Natalya Boeva und Dmitry Golovnin rundete sich das Gesangsensemble zu dem, was nicht erwartet, aber letztlich Fakt wurde: ein konzertanter Opernabend der Sonderklasse.

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Prof. Dr. Hans Gärtner, Heimat I: Böhmen (Reichenberg, 1939), Heimat II: Brandenburg (nach Vertreibung, `45 – `48), Heimat III: Südostbayern (nach Flucht, seit `48), Abi in Freising, Studium I (Lehrer, 5 J. Schuldienst), Wiss. Ass. (PH München), Studium II (Päd., Psych., Theo., German., LMU, Dr. phil. `70), PH-Dozent, Univ.-Prof. (seit `80) für Grundschul-Päd., Lehrstuhl Kath. Univ. Eichstätt (bis `97). Publikationen: Schul- u. Fachbücher (Leseerziehung), Kulturgeschichtliche Monographien, Essays, Kindertexte, Feuilletons.