Ist er ein Engel, Verdis Duca di Mantua? Wie kommt bloß Regisseur Andreas Wiedermann, der Einfallsreiche, da drauf? Der lässige Schürzenjäger kriegt bei ihm und seinen Kostümbildnerinnen Barbara Gruber und Karin Schaffer Flügel. Als schlanker, schöner Jüngling mit weißem Lendenschurz lockert er das ganze schöne, schaurige Kostümfest dieser Inszenierung, die immer wieder zu Stehenden Bildern erstarrt, auf. Mehr „G`wand“ geht nicht in einer Oper. Ein Dauer-Dressing-Festival à la Caravaggio & Co. ist dieser „Rigoletto“.
Licht an, Licht ab (gut gemacht, Paul Robl und Weronika Wrona!). So ging`s die pausenlosen 2 ½ Stunden in Münchens Allerheiligen-Hofkirche bei Giuseppe Verdi und Francesco Marie Piaves Schauer-Geschichte zu. Der vor 20 Jahren gegründeten „Opera Incognita“ jüngster und eigenwilligster Versuch, sich vom Althergebrachten zu unterscheiden. Das gelang, nach Anlauf-Problemen, musikalisch schlank wie noch nie. Was Ernst Bartmann am Klavier und am Pult mit seinen vier meisterhaften Instrumentalisten hinlegte, verblüffte. Auch wenn der Maestro aus Dorfen, wo die Aufführung Ende April Premiere hatte, die Tempi gern herunterschraubte: Dieser verschlankte „Rigoletto“ grenzt musikalisch an ein Wunder.
Ein kleines ereignete sich auch auf der Bühne. Zum einen beim famos spielenden und singenden „Volk“ am herzoglichen Hofe. Zum andern, was die Interpretation von Titelheld und Tochter angeht. Diese Gilda, beseelt verkörpert von Anna Krikheli, ließ einen zauberhaften Koloratursopran hören, und das bis hin zu ihrer zarten “Zugabe“ als Sterbende im dunkelblauen Schluss-Bild. Ihr betrogener Vater, der Hofnarr Rigoletto alias Robson Bueno Tavares. stand ihr, was Stimmführung und Gebaren angeht, in nichts nach. Da konnte der Duca des Matias Raveila nicht mithalten, allerdings noch sehr gut Roxana Mihai in drei Partien, ganz sicher auch Gustavo Castillo Estrada als Sparafucile und verfluchender Monterone.
Der magere Szenen-Applaus verwunderte nicht, Duca-Matias Raveila schaffte weder sein „Ella mi fu rapita!“ noch den Gassenhauer „La donna è mobile“ zur vollen Zufriedenheit. Doch entschädigte ein Künstler, der eigentlich nicht bis zum Schluss warten, sondern als erster genannt werden müsste: Anton Empl. Sein Bühnenbild brachte – Wiedermann als Ideengeber und Bewegungs-Perfektionist sei Dank – die Geschichte optisch unterhaltsam rüber. Bedauerlich wäre, wenn die ganze pittoreske Ausstattung in einem Kostüm-Depot versänke.