Singapur gehört zu den ethnisch, kulturell und religiös buntesten Metropolen weltweit. Von den über 6 Millionen Einwohnern sind nur 3,6 Millionen Singapurer Staatsbürger. 545.000 „Permanent Residents“ haben eine Dauer-Aufenthaltsgenehmigung und fast zwei Millionen sind Gastarbeiter und ausländische Geschäftsleute, weitgehend ohne Aussicht auf Einbürgerung. Die „Bio-Singapurer“ sind zu 74 Prozent Chinesen, in der Mehrzahl die Nachfahren von Einwanderern, die seit dem 18. Jahrhundert in die damalige britische Kolonie kamen. 15 Prozent sind Malaien, 10 Prozent Inder und ein Prozent Eurasier oder sonstige Minderheiten. Wie in allen Industrieländern weltweit werden die Singapurer immer älter und immer mehr erreichen ein biblisches Alter.Die Zahl der über 80-Jährigen lag 2024 bei 142.000, die der über 100-Jährigen bei 16.000.Damit liegt der Stadtstaat deutlich hinter Japan, knapp hinter Frankreich, aber deutlich vor allen anderen Industrieländern. Bemerkenswert sind die Unterschiede an Langlebigkeit zwischen den drei großen ethnischen Gruppen. Unter den über 90-Jährigen waren 17.100 Chinesen, 1.900 Inder und 900 Malaien. Die Lebenserwartung steigt durch ein hochentwickeltes und hervorragendorgansiertes Gesundheitssystem und zunehmend durch erheblich subventionierte ambulante und stationäre Betreuung für ältere Bürger in Wohnortnähe. Pflege und Betreuung werden durch ausreichendes Fachpersonal aus Südost- und Südasien erleichtert, das wegen derguten Gehälter gern nach Singapur kommt.
Unterschiedliche Bestattungen für alle ethnischen und religiösen Gruppen
Im vorigen Jahr starben 24.588 Singapurer, 67,3 pro Tag.Wegen der hohen Bevölkerungsdichte der Inselrepublik gibt es kaum Reserveflächen für Friedhöfe. Deshalb werden seit der Eröffnung des ersten Krematoriums im Jahre 1962 fast alle Toten feuerbestattet. Für die malaiische Minderheit, die Nachkommen der eigentlichen Ureinwohner, gibt es weiterhin die Erdbestattung, weil der Islam das so erfordert. Zurzeit gibt es zwei staatliche Krematorien, betrieben von der Umweltbehörde und zwei weitere religiöse. Die Asche kann in den Kolumbarien der Religionsgemeinschaften bestattet oder in einem von der Naturschutzbehörde betreuten Park verstreut werden. Seit 2004 stehen auch mehrere Stege für Seebestattungen zur Verfügung.
Die Bestattungsindustrie ist durch staatliche Lizenzierungeffizient organsiert und bietet einen rundum betreuten Service vom Totenbett bis zur Verstreuung der Asche. Der Tod kostet nicht nur das Leben, sondern kann für die Nachkommen auch ins Geld gehen. Für die Masse der Durchschnittsverdiener bieten die zuständigen Stadtverwaltungen eine Totenwache mit Aufbahrung in der Nähe der Wohnung an. Dafür gibt es überall Mehrzweckhallen, die von den Bestattungsunternehmen entsprechend dekoriert werden. Tradition und die ethnisch-religiöse Differenzierung verlangen unterschiedlich lange Totenwachen mit entsprechend gestaffelten Kosten. Die trauenden Hinterbliebenen buchen das „funeral package“ eines Bestattungsunternehmens, in der günstigsten Variante für „Christen, Katholiken und Freidenker“ ab 2.600 Euro, für Buddhisten, Taoisten und Hindus jeweils 1000 bis 2000 Euro mehr, vor allem wegen der längeren Totenwache und der Beteiligung von Priestern. Wer mehr investieren kann und möchte bucht das Service-Paket eines „Funeral Parlour“. Die Totenwache zwischen 3 und 7 Tagen findet dann in einer Suite statt, die größeren sind mit einem Nebenraum mit Toilette und Dusche für die Nachtwache ausgestattet und deutlich höherwertiger dekoriert. Der Sarg steht dann hinter einer Balustrade und auf einem großen Bildschirm können die Trauergäste eine Foto-Dokumentation aus dem Leben des Verstorbenen in Dauerschleife verfolgen. Seine Anteilnahmezeigt man mit der Größe der mitgebrachten oder bestellten Blumengebinde, Kränze wie in Deutschland sind nicht üblich. Wie bei deutschen Nachfeiern ist die Stimmung meistens nicht übermäßig gedämpft, weil diese Totenwachen oft Verwandte und Freunde zusammenbringen, die sich sonst selten treffen.
Nach dem Ende der Totenwache geht es weiter zum Krematorium, wo der Sarg noch einmal in einem kapellenartigen Raum aufgebahrt und zum letzten Abschiednehmen geöffnet wird. Sobald einer der Öfen frei ist, wird der Sarg auf einen ferngesteuerten Wagen gelegt. Die Angehörigen und die Trauergäste können dann durch ein großes Fenster verfolgen, wie er durch ein sich automatisch öffnendes Tor in den Ofen geschoben wird. Nach zwei oder drei Tagen kommt als Abschluss die Genehmigung der Umweltbehörde zum Verstreuen der Asche in einem dafür bestimmten Park. Für Familien, die das wünschen, stehen kommunale oder Kolumbarien der Religionsgemeinschaften zur Verfügung, in denen man eine Nische für die Urne für 30, 40 oder sogar 99 Jahre pachten kann. Große Nischen als Familiengruft kosten bis zu 25.000 Euro. Sterbeversicherungen wie in Deutschland gibt es in Singapur nicht, aber viele Lebensversicherungen bieten eine Teilauszahlung für Begräbniskosten an.
Deutschlands Friedhöfe müssen sich anpassen
Die Bestattungskosten sind insgesamt in beiden Ländern vergleichbar. Allerdings entfallen in Deutschland immer mehr die Kosten für Friedhofsgebühren und Grabsteine. Durch den Trend zur Feuerbestattung und kleine Urnengräber sowieWald- und Seebestattungen werden immer mehr Friedhofsflächen nicht mehr benötigt. Nach einem Bericht der „Verbraucherinitiative Bestattungskultur – Aeternitas“ warschon 2019 fast die Hälfte der rund 35.000 Hektar Friedhofsfläche in Deutschland zur Überhangfläche geworden. Viele Kommunen denken deshalb an Umwidmung und Bebauung. Gleichzeitig steigt die Bereitschaft, Teile der Friedhöfe für muslimische Bestattungen freizugeben, Ende 2024 hatten sich bereits mehr als 300 Friedhofsträger darauf eingestellt. Die Umstellung verlief nicht ohne administrative Probleme, weil der traditionelle Sargzwang aufgehoben werden musste, was inzwischen in 14 Bundesländern so geregelt ist. Nach muslimischem Ritus wird die Leiche nur in weiße Tücher gewickelt begraben und eine Feuerbestattung kommt nicht in Frage. Da muslimische Bestattungen möglichst noch am Sterbetag erfolgen sollen, musste auch die Wartezeit aufgehoben werden, die zur Vermeidung eines Scheintods mit bis zu 96 Stunden gesetzlich festgelegt war.Der Überschuss an Friedhofsflächen wird damit zunehmend durch muslimische Beerdigungen kompensiert. Von den 5,5 Millionen Muslimen in Deutschland, von denen inzwischen rund drei Millionen eingebürgert sind, wollen immer mehr auch hier begraben und nicht mehr in die alte Heimat überführt werden. Das war über lange Zeit kostengünstiger, aber die Bindung an ländliche Räume in den Herkunftsländern lässt nach und für viele wird Deutschland zum Familien- und Lebensmittelpunkt. Das ist ein Beitrag zur Integration der Ausländer, denn ohne Zuwanderung würde die Bevölkerung deutlich schrumpfen. Die Prognosen gehen bis 2040 von 8 bis zu 18 Prozent aus. Die ländlichen Gebiete sind besonders betroffen, weil es dort auch viele junge Leute in die Städte zieht. Mit steigenden staatlichen Renten- und Pensionsausgaben und einer immer älter werdenden Bevölkerung wächst in vielen Branchen der Fachkräftemangel. Solange die Wirtschaft stagniert, mag das das überwiegend eine Finanzierungsfrage bleiben. Aber mittel- bis langfristig wird Deutschland als Industrienation auf die Arbeitskraft der 23 Millionen Einwohner mit Migrationshintergrund und ihr niedrigeres Durchschnittsalter angewiesen sein. Unter ihnen sind 12 bis 13 Millionen bereits eingebürgert und viele auch weitgehend integriert. Die sprachliche Integration und die Ausbildung der migrantischen Jugend bleibt eine wichtige, vielleicht entscheidende Aufgabe für Regierung, Wirtschaft und die deutschen Nachbarn. Die Geschichte klassischer Einwanderungsländer wie der Vereinigten Staaten oder Kanadas zeigt, wie viel Integrationmöglich ist, dabei aber auch, welche Probleme entstehen und auch langfristig schwer zu lösen sind.
