Wie führt Putin den Krieg nach dem Treffen mit Trump

Der russische Präsident Putin mit seinem Außenminister Lawrow (links) am 16. August in Alaska (Foto: Press Service of the President of the Russian Federation)

Es folgten schwere Angriffe auf die Ukraine. Nordkoreanische Soldaten wurden für ihren Einsatz an der europäischen Front geehrt. Jetzt besucht Putin den chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Von Johannes Schütz.

„Next Time in Moscow“, säuselte Putin, umgeben von der ewigen Eislandschaft Alaskas, beim Treffen mit US-Präsident Trump. Doch war dies kein Vorschlag, der eine Milderung des russischen Vormarsches in die Gebiete der Ukraine verspricht. Putin hätte erklären müssen: „Nächstes Mal in Sotschi“.

Mit einer Einladung nach Sotschi wäre in der Sprache der Diplomaten klargestellt worden, dass die Kriegshandlungen beendet werden, denn US-Präsident Trump kann in der Schwarzmeerregion nur empfangen werden, wenn bereits vereinbart ist, dass ein Friedensvertrag mit der Ukraine unterzeichnet wird.

Doch erklärte Michail Rostowski (МИХАИЛ РОСТОВСКИЙ), der Chefkommentator der regimetreuen Tageszeitung Moskowski Komsomolez, bereits in seinem Kommentar des Treffens von Putin mit Trump, der russische Präsident würde weiterhin auf die Armee setzen, die die ukrainischen Streitkräfte in die Enge treibt, demnach würde sein Auftritt in Alaska nicht das Ende der „speziellen Militäroperation“ (специальная военная операция CBO) in der Ukraine bedeuten.
(Vgl. dazu die beiden Kommentare von Rostowski am 16. 8. 2025:
www.mk.ru/politics/2025/08/16/putin-perevernul-stoly-vvp-vyskolznul-iz-kapkana-i-teper-gonit-v-nego-ukrainu.html
www.mk.ru/politics/2025/08/16/sdelki-net-no-putin-vyigral-sammit-na-alyaske-zavershilsya-na-zagadochnoy-note.html)

Rostowski ist ein Insider, seine Interpretation der politischen Absichten der russischen Führung erwies in den vergangenen Tagen sich als treffend, der Krieg in der Ukraine soll auf dem Schlachtfeld entschieden werden. Entsprechend stürmisch führten seither die russischen Streitkräfte den  Krieg.

Schwere Angriffe auf die Ukraine

Am Abend des 20. August gaben die russischen Militärs die Antwort auf das Treffen mit Trump. In der folgenden Nacht wurde einer der schwersten Luftangriffe auf die Ukraine seit Beginn des Krieges durchgeführt. Laut russischen Quellen wurden 574 Drohnen und 40 Raketen abgefeuert. In den Nachrichten zur „Speziellen Militäroperation in der Ukraine“ vom 21. August wurde erklärt, dass der starke Angriff auch die Westukraine erschüttern sollte:

„Die Streitkräfte der Russischen Föderation haben die ukrainische Hinterlandverteidigung vollständig zerstört. Das russische Militär hat den stärksten Angriff der letzten Zeit auf die militärische und kritische Infrastruktur der Ukraine durchgeführt. Die Angriffe wurden hauptsächlich im westlichen Teil des Landes registriert, der als „sicher” galt“.

Das russische Verteidiungsministerium verlautbarte dazu in der offiziellen Mitteilung: „Heute Nacht haben die Streitkräfte der Russischen Föderation einen Gruppenangriff mit Präzisionswaffen sowie mit unbemannten Kampfflugzeugen (…)  durchgeführt. Das Ziel des Schlags wurde erreicht“ (Цель удара достигнута).
(Иван Чупров, „Новости СВО за 21 августа. ВС РФ выжгли украинский тыл дотла“, Аргументы и Факты, 21. 8. 2025, www.aif.ru/politics/russia/novosti-svo-za-21-avgusta-vs-rf-vyzhgli-ukrainskiy-tyl-dotla)

Eine heftige Explosion ereignete sich in einem Gasspeicher in der Region Dnipropetrowsk, berichtete die russische Tageszeitung Moskowski Komsomolez (Московский комсомолец) am 21. August. Eine Detonation, eine riesige Flammensäule, die den Himmel über der Stadt verfärbte.
(Арсений Сотоф, „Очевидцы на Днепропетровщине сообщили о мощной детонации на газовом объекте“, Московский комсомолец, 21. 8. 2025, www.mk.ru/politics/2025/08/21/ochevidcy-na-dnepropetrovshhine-soobshhili-o-moshhnoy-detonacii-na-gazovom-obekte.html)

Gefährliche Waffensysteme der Russen brachten Zerstörung

Dnipropetrowsk liegt rund 250 Kilometer westlich von Donezk und wird noch von der Ukraine gehalten. Doch greifen Soldaten der Gruppe „Восток“ (Osten) der russischen Streitkräfte dort bereits Stellungen an. Die Nachrichtenagentur TASS veröffentlichte am 24. August einen Bericht des russischen Verteidigungsministeriums, dass die Ukraine innerhalb eines Tages in der „Sonderoperationszone“ etwa 1.270 Soldaten verloren hätten.
(„ВСУ за сутки потеряли на всех направлениях СВО порядка 1 270 военнослужащих“, ТАСС. 24. 8. 2025, www.tass.ru/armiya-i-opk/24859827)

Am 27. August besetzte die Truppengruppe „Zentrum“ der Russischen Föderation die Ortschaft Pervomajskaja. Dazu wurde erklärt:
„Der Feind wurde mit Hilfe des schweren Flammenwerfersystems TOS Solntsepek (Солнцепек) vernichtet. Die Verluste der ukrainischen Streitkräfte werden noch ermittelt. Das Dorf Pervomajskoe ist in unserer Hand!“

Die Stellungen der ukrainischen Soldaten wurden dabei vom „Solntsepek“ angegriffen, dieses russische Waffensystem mit Brandraketen gilt bei Experten als gefährlich und zerstörerisch. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums verloren dabei die zentralen Streitkräfte der ukrainischen Armee am 27. August mehr als 400 Soldaten und Offiziere.
(Иван Чупров, „Новости СВО за 27 августа. Позиции боевиков ВСУ выжег «Солнцепек»“, Аргументы и Факты, 27. 8. 2025, www.aif.ru/politics/russia/novosti-svo-za-27-avgusta-pozicii-boevikov-vsu-vyzheg-solncepek)

Nordkoreanische Soldaten im Krieg gegen die Ukraine

Das Staatsfernsehen von Nordkorea brachte am 22. August die Übertragung einer imposanten Bühnenshow, die die Soldaten des Landes ehren sollte, die an der europäischen Front kämpften. Kim Jong-un, als oberster Führer des Landes, lobte den Einsatz seiner nordkoreanischen Volksarmee gegen die Ukraine: „Helden, die der Nation Ruhm gebracht haben“.

Es wurde auch ein Video veröffentlicht, das nordkoreanische Soldaten im Krieg gegen die Ukraine zeigt, wie sie Stellungen der ukrainischen Streitkräfte angreifen.  Das Video vom Einsatz der Soldaten kann noch im Archiv des Korea Central TV (KCTV) betrachtet werden:
https://kcnawatch.org/kctv-archive/68a87731a4754

Am 12. Juli 2025 kam der russische Außenminister Sergej Lawrow nach Pjöngjang. Kim Jong-un bekräftigte erneut die Bereitschaft Nordkoreas, alle Maßnahmen Russlands gegen die Ukraine bedingungslos zu unterstützen.  Er betonte, dass Pjöngjang und Moskau in allen strategischen Fragen übereinstimmen.
(Дмитрий Ульянов, „Северная Корея пообещала России поддержку в мерах по Украине“, Московский комсомолец, 13.07.2025, www.mk.ru/politics/2025/07/13/severnaya-koreya-poobeshhala-rossii-podderzhku-v-merakh-po-ukraine.html)

Putin war bereits im Juni 2024 bei Kim Jong-un in Pjöngjang, dabei bedankte sich Putin für die Unterstützung Nordkoreas im Krieg gegen die Ukraine.

Putin fährt jetzt zu Xi Jinping nach China

Es wird einen völlig beispiellosen Besuch Putins in China geben, der derzeit intensiv vorbereitet wird“ (Состоится совершенно беспрецедентный визит Путина в Китай), wurde von seinem Pressesprecher Dmitri Peskow (Дмитрий Песков) am 27. August mitgeteilt.

Putin wird vier Tage nach China reisen, vom 31. August bis 3. September. Die russische Tageszeitung Wedomosti berichtete, dass dabei umfangreiche Verhandlungen zwischen Delegationen der Russischen Föderation und der Volksrepublik China vorgesehen sind. Zuletzt besuchte der russische Präsident im Mai 2024 die Volksrepublik China. Putin und der chinesische Staatspräsident Xi Jinping unterzeichneten damals bereits ein umfangreiches Dokumentenpaket mit Vereinbarungen (подписан пакет документов).

(„Песков анонсировал «беспрецедентный» визит Путина в Китай“, Ведомости, 27. 8. 2025, www.vedomosti.ru/politics/news/2025/08/27/1134519-peskov-anonsiroval)

Zum Abschluss seines Aufenthalts wird Putin auch an einer Parade in Peking teilnehmen, bei der das chinesische Militär mehrere Arten von Kampfflugzeugen vorführt, so schrieb dazu noch die Wochenzeitung Argumenty i Fakty.
(Яна Талески, „Песков назвал беспрецедентным предстоящий визит Путина в Китай“, Аргументы и Факты, 27. 8. 2025, www.aif.ru/politics/peskov-nazval-besprecedentnym-predstoyashchiy-vizit-putina-v-kitay)

Diplomatie ist kein Schachspiel

Gerne wurde von russischen Kommentatoren das Treffen von Putin mit Trump als ein Schachspiel bezeichnet, von Täuschung und Fallen war die Rede. Die Einladung für Präsident Trump, nach Moskau zu kommen, kann nur als einer der diplomatischen Schachzüge betrachtet werden, die von Putin erwartet werden.

Trump sollte damit in eine Falle gelockt werden. Ein Besuch in Moskau würde als ein Einverständnis mit dem russischen Vormarsch gegen die Ukraine verstanden werden. Der amerikanische Präsident hätte deshalb nur kurz antworten sollen: „An interesting proposal“.  Ansonsten keine weiteren Bemerkungen, um den Vorschlag von Putin in einem notwendigen Vakuum zu belassen. Keinesfalls darf signalisiert werden, eine solche Entscheidung für Moskau wäre „quite possible“.

Doch das russische Schachdenken als Grundlage diplomatischer Gespräche ist Donald Trump eher fremd. Er will Geradlinigkeit und Offenheit. Deshalb sollte er auch dieses Schachspiel der Russen nicht kopieren.

Allerdings ist es dann schwierig, die Verhandlungen mit Putin zu führen, da die Russen auf Rösselsprünge sichtlich nicht verzichten wollen. Trump wird deshalb nur mit konsequentem Handeln ein erfolgreiches Ergebnis erreichen können.

Links:

Wie beurteilen russische Medien das Treffen von Putin mit Trump?Tabula Rasa Magazin, 20. 8. 2025
Stark unterschiedliche Positionen führender Medien zeigen einen Richtungskampf in Russland. Nach dem Abschied von Putin könnte das Amt gelöst werden von militärischen Männerphantasien und an wirtschaftlichen Argumenten orientiert werden. Um diese Möglichkeit wird von den Eliten in Russland offenbar noch gerungen.
www.tabularasamagazin.de/johannes-schuetz-wie-beurteilen-russische-medien-das-treffen-von-putin-mit-trump

Krieg. Desinformation. Justiz.
Diese Themen sollten uns im neuen Jahr bewegen
Tabula Rasa, 1. 1. 2024
Die Konzepte der russischen Machthaber müssen schonungslos analysiert werden. In der Berichterstattung wurden Fakten oft verfälscht oder verschwiegen. In einem langfristig angelegten Plan könnten chinesische Soldaten bis ans Schwarze Meer vordringen.
www.tabularasamagazin.de/johannes-schuetz-krieg-desinformation-justiz-diese-themen-sollten-uns-im-neuen-jahr-bewegen

Über Johannes Schütz 123 Artikel
Johannes Schütz ist Medienwissenschafter und Publizist. Veröffentlichungen u. a. Tabula Rasa Magazin, The European, Huffington Post, FAZ, Der Standard (Album), Die Presse (Spectrum), Medienfachzeitschrift Extradienst. Projektleiter bei der Konzeption des Community TV Wien, das seit 2005 auf Sendung ist. Projektleiter für ein Twin-City-TV Wien-Bratislava in Kooperation mit dem Institut für Journalistik der Universität Bratislava. War Lehrbeauftragter an der Universitat Wien (Forschungsgebiete: Bibliographie, Recherchetechniken, Medienkompetenz, Community-TV). Schreibt jetzt insbesondere über die Verletzung von Grundrechten. Homepage: www.journalist.tel