Markus Zabel: Verlassene Orte in Hessen

Die Faszination des Verfalls

Markus Zabel: Verlassene Orte in Hessen. Die Faszination des Verfalls, Sutton Verlag, Erfurt 2021, ISBN: 978-3-96303-250-9, 29,99 EURO (D)

Das fotografische Festhalten von Lost Places und Urban exploring wird von immer von mehr Menschen als künstlerischer Ausdruck entdeckt. Markus Zabel ist einer dieser Urban Explorer, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, „die Schönheit im Verfallenen zu suchen, Gebäude zu erkunden, die seit Jahren verlassen sind, Bilder zu schießen, die den ehemaligen Glanz dieser verborgenen Welten zeigen und deren Geschichte erneut zu erzählen.“ (S. 5) Hier werden Objekte in Hessen vorgestellt, die überregional bekannt sind und deren Verfall bereits weit fortgeschritten ist. 

Die Bilder erzählen Geschichten vom Auf- und Niedergang bedeutender Gebäude und werden immer von einem längeren Text eingeleitet, wo Funktion und Historie der Objekte als Hintergrundwissen präsentiert werden. Zu dem Objekt gibt es zahlreiche großformatige Abbildungen von außen und innen. 

So zum Beispiel das Alte Kieswerk „Eiertanz“ an der Bundesbahnstrecke Wabern-Bad Wildungen, das zur Belieferung von Straßenkunden und als Kiesverladebahnhof diente. Der Abbau von Baustoffen wie Kies, Sand und Schotter erfolgte mit Baggern oder ähnlichen Fördergeräten, die teilweise vergammelt noch auf dem Gelände zu finden sind.

Oder das Schloss Rittershain, ein 1322 erbautes Jugendstilschloss inklusive Park, das mitten in der Natur des Landkreises Herzfeld-Rotenburg zu finden ist. Nach wechselnden Nutzungen und Eigentümern gehört es nun einer Familie aus dem Ruhrgebiet, die sich nicht mehr um das Anwesen kümmert. Auf den Bildern ist vor allem der Kontrast zwischen Verfall und noch erhaltenen künstlerischen Werken spannend. 

Grenzwertig wird es dann beim Haus des als „Kannibale von Rotenburg“ bekannten Armin M. Dort brachte er einen Mann um, nahm sich dabei selbst auf Video auf, zerstückelte den Leichnam und fror die abgepackten Fleischstücke für den späteren Verzehr ein. Dort „erzählen die hinterlassenen Gegenstände vom Leben“ des Mörders. (S. 76) Bestimmt nicht jedermanns Sache. 

Insgesamt gesehen ist ein weiterer gelungener Beitrag zur regionalen Wiederentdeckung vergessener Orte in der BRD. Das Einfangen der Atmosphäre und der sinnlichen Ausstrahlung der vergessenen Orte in Hessen wird von einem einordnenden Text begleitet. Die Folgen des natürlichen Verfalls, der romantischen Kontrast und die geheimnisvolle Stimmung auf den Bildern werden hier anschaulich in Szene gesetzt.  

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Über Michael Lausberg 545 Artikel
Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.