Miriam Meckel: „Briefe an mein Leben“

Miriam Meckel: Briefe an mein Leben: Erfahrungen mit einem Burnout, Rowohlt Verlag

„Wir können uns einen Lebensweg als eine Leiter vorstellen, deren Stufen man Schritt für Schritt erklimmt. Manchmal bricht eine Sprosse ein, manchmal muß man länger auf einer Stufe pausieren und manchmal klettert man einfach wieder runter, weil es oben gar nicht so schön ist.“
Daß Schicksalsschläge auch mit einkalkuliert werden müssen auf der Karriereleiter, steht schon auf der Homepage der Professorin Dr. Miriam Meckel, dem letzten prominenten Burnoutopfer, die ihre Erfahrungen in dem Buch „Briefe an mein Leben“, erschienen beim Rowohlt Verlag, niedergeschrieben hat. Dort findet sich ausführlich und perfekt strukturiert eine wahre Informationsflut zur Person der Autorin, sogar persönliche Präferenzen vom Lieblingsgedicht bis hin zum Lieblingsgeräusch finden unter der Rubrik „Pipifax“ den Weg in die Öffentlichkeit! Persönliche Vermarktung auf höchstem Niveau oder vielleicht soll besonders unter diesem Link die perfektionistisch anmutende Karriere der Professorin für Cooperate communication, geschäftsführenden Direktorin am Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement der Universität St. Gallen in der Schweiz und Beraterin für Kommunikationsmanagement und Public Affairs, ein Hauch von menschlicher Schwäche angedeutet werden. Zumindest wird dem/der Leser/in sofort klar, daß selbst der körperliche Zusammenbruch im Jahre 2008 nicht „ungenutzt“ bleiben kann, sondern Anlaß zur Verschriftlichung in 2009 und medienwirksamen Veröffentlichung in 2010 darstellen muß. Der Rowohlt Verlag brachte am 12. März 2010 das 224 seitenstarke Buch heraus, in dem Prof. Meckel schildert, wie sie den Zusammenbruch erlebt und verarbeitet hat. Perfekt vermarktet wurde dies bereits in der Programmvorschau des Verlages, wo von einer Läuterungsgeschichte die Rede ist, von Offenheit einer aufs Reden und Kommunizieren spezialisierten Person, von ihrem eigenen Verstummen und ihren persönlichen Erfahrungen mit einem Burnout.
Fakt ist, Miriam Meckel hat ein Buch über ihre Erfahrungen geschrieben, in dem sie scheinbar sehr persönlich ihre eigenen Geschichte erzählt und diese gemäß der Prämisse „dem Glück der Unerreichbarkeit“ an die breite Öffentlichkeit weiterreicht, denn die eigentliche Geschichte der Miriam Meckel ist eine von Erfolg, Ehrgeiz und endlosen Aktivitäten; sie ist überall in der Welt als Moderatorin, Vortragende und Dozentin gefragt. Sie ist solange unterwegs bis ihr der völlige Gesundheitscrash die Gelegenheit bietet, einzuhalten und ihr Leben zu überdenken. In einer Klinik im Allgäu stellt sie sich einem vorbestimmten und strengen internen Tagesablauf. Der an Öffentlichkeit gewöhnten Powerfrau wird zur Einstimmung auf die kommenden Wochen mit Therapien aller Art ein Wochenende des Alleinseins verordnet, ohne Kontakt mit anderen Menschen, ohne Kommunikationsmittel jeglicher Art! Die erzwungene Stille soll einen Rückzug auf die eigene Person provozieren, gekoppelt mit völlig neuen Wahrnehmungen, die der rastlosen Powerfrau offensichtlich am Anfang gehörig zu schaffen machen. Die Situation entpuppt sich als eine Art Lebens- und Sinnkrise für die Autorin und ein Sammelsurium unverarbeiteter Lebenserfahrungen unterschiedlichster Couleur wird aus der professionell verborgenen Tiefe geholt, gemäß einer totalen Rückbesinnung auf die verstörte Psyche, die bis dato vom makellos funktionierenden Köper verdeckt worden waren. In ihrem Buch beschreibt Miriam Meckel also einen ganz normalen Alltag in einer psychosomatischen Klinik, in der therapeutische Ansätze verschiedenster Art dazu herausfordern sollen, inne zuhalten, das bisherige Leben zu überdenken und sich neue Perspektiven für die Zukunft vorzustellen. Ihre Niederschrift gleicht eher Tagebuchaufzeichnungen – gespickt mit persönlichen Eindrücken. Aber schon während des Lesens nimmt man Miriam Meckel die Einsicht auf Änderung nicht ab. Der Bericht mag eine Art Befreiung für sie bedeuten, aber muß die Öffentlichkeit davon wissen? Die Autorin entwirft ein eindeutiges Bild von sich selbst gemäß den Richtlinien einer optimalen Publicity und von Anfang an hat der Leser den Eindruck, daß das perfekte Image nach wie vor nicht beschädigt werden darf. Frau Meckel, die auch schon vor ihrem Zusammenbruch morgens nach dem Aufstehen klassische Musik hörte, ist belesen, sieht angeblich nie fern, ernährt sich gesund, treibt Sport, bevorzugt natürlich „guten Wein“ und „guten Tee“.Sie bleibt auch während ihrer sogenannten Therapie bisweilen „mäklig“ und in eigenartiger Distanz zu den anderen Mitpatienten. Bleibt zu hoffen, daß Frau Meckel ihre Erfahrungen mit „einem Burnout“ insgeheim doch zur Läuterung verholfen haben. Zumindest wäre es eine bittere Enttäuschung für den ein oder anderen empathischen Rezipienten, wenn es sich doch nur um eine gelungene PR Aktion handeln würde.
Fazit: Mangels besonderer schriftstellerischen und belletristischen Qualitäten der Verfasserin, die zumindest den Verdacht der Selbstvermarktung unter dem Deckmantel eines persönlichen Schicksals kaschieren sollten, erscheint das Buch etwas überteuert und es entsteht der Eindruck, daß der sich Absatz des Buches aus der Prominenz der Verfasserin begründet.

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