Die Nichtwahl von Frauke Brosius-Gersdorf war richtig

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Frauke Brosius-Gersdorf zeigt mit ihren Aussagen bei Lanz sehr deutlich, warum ihre Nichtwahl aus demokratischer Sicht eher beruhigend als bedenklich ist.
Wer im Nachhinein ein legitimes parlamentarisches Verfahren zur Besetzung eines Spitzenamtes als „Angriff auf unsere liberale Demokratie“ und „nicht legitim“ bezeichnet, offenbart ein problematisches Verständnis von Gewaltenteilung und Parlamentssouveränität.

Demokratische Wahl ist keine Abnickpflicht

Die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts ist ein hochpolitischer Vorgang: Richterinnen und Richter entscheiden über Grundrechte, Staatsorganisation und das Kräfteverhältnis zwischen Regierung, Parlament und Bürgern. Gerade deshalb braucht es:
– einen echten Meinungsbildungsprozess in den Fraktionen und im Plenum
– die Möglichkeit, eine vorgeschlagene Person aus inhaltlichen Gründen abzulehnen
– die Freiheit der Abgeordneten, auch gegen parteipolitische Deals zu stimmen
Wenn Brosius-Gersdorf fordert, es müsse „Fraktionsdisziplin“ gelten und es gehe „nicht um Gewissensentscheidungen“, stellt sie den Kern des freien Mandats auf den Kopf. Abgeordnete sind eben nicht dazu da, Personalpakete „durchzuwinken“, sondern im Zweifel Nein zu sagen, wenn sie eine Person für ungeeignet halten – fachlich, charakterlich oder wegen deren öffentlichen Positionen. Dass sie genau diese demokratische Kontrolle als „nicht legitim“ kritisiert, ist kein gutes Zeugnis für ihr Demokratieverständnis.

Technokratischer Elitismus statt liberaler Demokratie

Wer behauptet, bei einem Richteramt gehe es „um ein juristisches Amt und kein politisches Amt“, ignoriert die Realität: Verfassungsrichter sind nicht bloß Fleißjuristen, sondern prägen die Grundlinien der Rechtsprechung und damit Politik. Eine Kandidatin, die selbst öffentlich zugespitzte Positionen zu Schwangerschaftsabbruch, Corona-Maßnahmen und Impfpflicht vertreten hat, kann sich nicht zugleich darauf berufen, ihre Person sei nur juristisch und „unpolitisch“ zu beurteilen.
Demokratisch legitim ist nicht der geschlossene Zirkel, der Kandidaten „auskungelt“, sondern das transparente, kontroverse Ringen um Personen, die am Ende eine breite Mehrheit überzeugen müssen. Genau diese offene Auseinandersetzung, auch kritische Berichte, innerparteilicher Streit, ablehnende Stimmen, als Gefahr für die Demokratie zu framen, wirkt eher wie verletzte Eitelkeit als wie rechtsstaatliche Nüchternheit.

Liberale Demokratie braucht robuste Richter – keine beleidigten

Aus meiner Sicht ist es durchaus ein Qualitätsmerkmal, wenn eine Kandidatin an der Hürde des Parlaments scheitert, weil Zweifel an ihrer Unabhängigkeit, Mäßigung oder ihrem Rollenverständnis bestehen.

Ein Verfassungsrichteramt verlangt:

– Akzeptanz der parlamentarischen Entscheidung, auch wenn sie persönlich schmerzt
– Respekt vor Gewissensentscheidungen der Abgeordneten
– Zurückhaltung in eigener Sache
Wer sein eigenes Scheitern zur Systemfrage erklärt, macht deutlich, dass er das Amt zu stark mit der eigenen Person verknüpft. Eine liberale Demokratie braucht Richter, die das Recht auch gegen den Zeitgeist und gegen eigene politische Sympathien anwenden und nicht Richter, die politischen Widerspruch schon im Vorfeld als „Angriff“ etikettieren.
Ob man Brosius-Gersdorf nun „schlechte Verliererin“ nennt, ist Geschmackssache. Inhaltlich entscheidend ist:
– Sie relativiert das freie Mandat.
– Sie setzt Fraktionsdisziplin über Gewissen.
– Sie deutet legitime Kritik und Ablehnung als Angriff auf die Demokratie.
Genau diese Haltung ist für eine Verfassungsrichterin problematisch. Insofern ist es aus demokratischer Sicht eher beruhigend, dass sie es nicht geworden ist. Das Verfahren hat gezeigt, dass das Parlament noch in der Lage ist, Personalvorschläge zu korrigieren und das ist kein Angriff auf die liberale Demokratie, sondern ihr funktionierender Selbstschutz.
Über Sylvia Pantel 30 Artikel
Sylvia Maria Pantel (1. Januar 1961 in Düsseldorf) ist eine deutsche Politikerin, die der Werteunion angehört und zuvor Mitglied der CDU war. Von 2013 bis 2021 vertrat sie die CDU im Deutschen Bundestag während der 18. und 19. Legislaturperiode. Bei den Bundestagswahlen 2013 und 2017 gewann Pantel den Wahlkreis Düsseldorf II und zog jeweils direkt ins Parlament ein. 2021 verfehlte sie jedoch sowohl das Direktmandat als auch den Wiedereinzug über die Landesliste der CDU Nordrhein-Westfalen, auf der sie Platz 40 innehatte. In der 19. Legislaturperiode war sie ordentliches Mitglied des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Darüber hinaus arbeitete sie als stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Gesundheit, im Ausschuss für Inneres und Heimat sowie im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Pantel engagierte sich viele Jahre als Kreisvorsitzende der Frauen-Union Düsseldorf und führte zudem den CDU-Ortsverband Düsseldorf-Rath. Sie gehörte dem Kreisvorstand des CDU-Kreisverbandes Düsseldorf an und war von 2013 bis 2021 Mitglied im Bundesvorstand der Frauen-Union. Außerdem ist sie Mitglied der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, dem Arbeitnehmerflügel der CDU. In einem Interview mit der Rheinischen Post bekundete sie ihr Interesse an einer weiteren Bundestagskandidatur. Am 28. März 2024 erklärte Pantel ihren Austritt aus der CDU und trat anschließend der Werteunion bei. Zuvor hatte sie alle Parteiämter niedergelegt und einen Wechsel zur Werteunion unter der Führung von Hans-Georg Maaßen nicht ausgeschlossen. Heute ist Pantel Landesvorsitzende der Werteunion Nordrhein-Westfalen sowie stellvertretende Bundesvorsitzende. Für die Bundestagswahl 2025 kandidierte sie als Direktkandidatin im Düsseldorfer Süden.