Warum Jamaika eine Farce bleibt

Ruderboote am Bodensee, Foro: Stefan Groß

Soll man es als schlechten Scherz oder als bezeichnend empfinden, dass die angedrohte neue Regierungskoalition nach einem karibischen Inselstaat genannt wird, einer parlamentarischen Monarchie, die vor allem für ihre sozialen und wirtschaftlichen Probleme bekannt ist?

Jamaika hat eine der höchsten Kriminalitätsraten der Welt, eine zerfallende Infrastruktur und Banden, die von Drogenhandel und Schutzgelderpressung leben, beherrschen die zahlreichen No-Go-Areas des Landes. Als Ausgleich dafür ist der Gebrauch von Marihuana entkriminalisiert, damit sich das Leben leichter ertragen lässt. Wer es trotzdem unerträglich findet, wandert aus. Ist dies der Zustand, in den Deutschland endgültig gebracht werden soll? Jamaika ist voll multikulti, was Deutschland ganz offensichtlich jetzt auch werden soll.

Von den Medien wird diese Koalition sehnsüchtig herbeigeschrieben, wobei die Autoren, wenn ihre Wünsche in Erfüllung gehen sollten, sich in streng bewachte Wohlstandsinseln zurückziehen oder auswandern werden.

Meines Wissens hat es das in der bundesdeutschen Geschichte noch nie gegeben: Die Verhandlungen haben noch nicht begonnen, da sind laut Medienberichten unter den kleinen Partnern schon informelle Vereinbarungen über die Ressort-Aufteilung getroffen worden. Für die Grünen das Außenministerium und ein Superministerium für Umwelt, Verbraucherschutz und Energie, für die FDP das Finanzministerium mit erweiterten Kompetenzen. Damit wird für alle, die sehen wollen und denken können, deutlich, worum es geht: Das schwarz-gelb-grüne „Zukunftsprojekt“ dient vor allem der Verteilung der staatlichen Pfründe. Allzu lange waren die Grünen und die FDP von den Regierungsprivilegien abgeschnitten. Jetzt können sie es kaum erwarten, endlich dran zu kommen. Besonders ungeduldig scheint Cem Özdemir zu sein, der immer wieder öffentlich auf den Beginn der Verhandlungen drängt.

Kanzlerin Merkel hat die Gespräche allerdings verzögert, bis es nicht mehr ging. Eigentlich war Schweigen vorgesehen, bis das Ergebnis der Niedersachenwahl feststeht. So handelt nur, wer vor den Wählern etwas zu verbergen hat.

Als sich in den Umfragen abzeichnete, dass die CDU keineswegs als strahlende Siegerin hervorgehen würde, sondern sich vielleicht sogar mit Platz zwei hinter der SPD begnügen muss, wurde der politische Druck zu groß. Um nicht geschwächt in die Verhandlungen mit der CSU gehen zu müssen, wurde der Obergrenzen-Kompromiss noch vor der Niedersachsen-Wahl gezimmert. Damit begann eine Diskussion, die eigentlich vermieden werden sollte.

Ausgerechnet Jean-Claude Juncker demaskierte das Unions-Verhandlungsergebnis, indem er seine Sprecherin in Brüssel den Kompromiss von CDU und CSU zur Flüchtlingspolitik ausdrücklich begrüßen ließ: „Wir sehen es als extrem positiv an, dass ein Land, das bereits mehr als eine Million Flüchtlinge aufgenommen hat, sich jetzt bereit zeigt, weitere 200.000 Personen pro Jahr willkommen zu heißen.“

Die CSU fühlte sich getroffen (oder am Ende gar der Wählertäuschung überführt?) und ließ ihren Generalsekretär Scheuer bellen: „Erst mischt sich der Kommissionspräsident mit „Mehr Europa“-Träumereien in den Bundestagswahlkampf ein. Jetzt kommt wieder eine böswillige Falschinterpretation des CDU/CSU-Regelwerks durch die EU-Kommission.“ Böswillig? Nein, Juncker hat nur ausgesprochen, was wirklich geplant ist. Wobei er unerwähnt gelassen hat, dass es laut Vereinbarung jederzeit auch mehr als 200 000 Einwanderer werden können.

Den Grünen ist dieses weit offene Einwanderungstor allerdings noch nicht genug. Sie wollen millionenfache Einwanderung, sofort. Der Hebel dafür ist der so genannte Familiennachzug. Nur mit Familien könne die Integration gelingen. Wahrscheinlicher als eine Integration ist allerdings eine beschleunigte Subkultur-Bildung, deren verheerende Folgen heute schon in Frankreich oder Schweden zu begutachten sind.

Selbst Boris Palmer hält die fiktive 200 000-Obergrenze für zu niedrig. Seit die Union ihren Scheinkompromiss der Öffentlichkeit präsentiert hat, machen die Grünen dagegen Front auf allen Kanälen. Sie sind zwar von 91% der Wähler nicht gewählt worden, gebärden sich aber, als müssten sie die Richtlinien der zukünftigen Koalitionspolitik festlegen.

Unterstützt wird das von Kanzlerin Merkel, die schon vor den Sondierungsgesprächen die Bildung einer Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen vorwegnimmt: „Wir haben einen Wählerauftrag, mit dem wir umgehen müssen“, sagte Merkel den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Es sei die „gemeinsame Verantwortung, ja unsere Pflicht, daraus eine Regierung zu bilden“.

Das ist einfach nur grotesk: Eine Partei, die als letzte in den Bundestag einzog, hat alles andere, als einen Regierungsauftrag. Auch die FDP ist von 89% der Wähler nicht gewählt worden. Sie kann aus ihrem Wiedereinzug in den Bundestag einen klaren Wählerauftrag ableiten. Der lautet aber ganz bestimmt nicht, alle Wahlversprechen fallen zu lassen und koste, was es wolle, in die Regierung einzutreten und damit Merkels Kanzlerschaft zu verlängern.

Ein Neuanfang sieht anders aus. Christian Lindner sollte sich klar machen, dass die Wähler gerade bei der FDP sehr genau hinschauen werden, was die Partei, der sie noch einmal eine Chance gegeben haben, umsetzt.

Lindner hat einen Untersuchungssausschuss wegen der ungesetzlichen Grenzöffnung 2015 versprochen. Der Eintritt in eine Regierung Merkel ist damit nicht vereinbar. Außerdem hat er für eine zügige Abschiebung von Kriminellen plädiert und von allen, die keine Bleibeperspektive haben. Das wäre in einer schwarz-gelben Regierung schon kaum durchzusetzen gewesen, mit den Grünen ist das ganz unmöglich. Wenn aber mit den Grünen, wenn man den einschlägigen Medienberichten trauen darf, in Hinterzimmern bereits die Ressort-Verteilung ausgekungelt wurde, scheinen diese Grundsätze bereits über Bord geworfen worden zu sein. Hat Lindner aus dem Scheitern von Guido Westerwelle wirklich nichts gelernt?

Außer der „Flüchtlings“frage gibt es noch andere Unvereinbarkeiten zwischen den künftigen Regierungspartnern. Davon wird im nächsten Beitrag die Rede sein.

Quelle: Vera Lengsfeld

Finanzen

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