“Russia Contemporary” – Ausstellung mit dem Russian Museum St. Petersburg – Galerie Gmurzynska Zug – 12. Juni bis 30. September 2014


Die Galerie Gmurzynska, die seit Gründung einen Fokus auf die Russische Avantgarde und die Entdeckung zeitgenössischer russischer Namen setzt, zeigt in Kooperation mit dem Russian Museum, St. Petersburg vom 12. Juni bis 30. September 2014 in der Ausstellung „Russia Contemporary“ Arbeiten markanter zeitgenössischer Positionen in der Galerie Dependance in Zug.

Kuratiert von Evgenia Petrova, Deputy Director for Academic Research, State Russian Museum, und Isabelle Bscher, Galerie Gmurzynska, zählen zu den Hauptwerken der Ausstellung die Skulpturen von Sergei Danilov, Vladimir Kozin und Evgenia Konovalova sowie die Leinwandarbeiten von Igor Baskakov. Ergänzend werden Fotoarbeiten von Andrei Chezhin und Videos von Nikolai Kopeikin, Vika Ilyushkina, Julia Zastava, Tanya Akhmetgalieva und Maxim Svishchev präsentiert, die einen Eindruck der zeitgenössischen Strömungen auch in diesen Genres bieten.

Die Ausstellung bietet einen Ausschnitt der Gegenwartskunst Russlands: Auf den ersten Blick könnte der Ausschnitt willkürlich wirken. Die Künstler haben keine gemeinsame Sprache entwickelt und sind nicht Teil einer bestimmten Bewegung, mitunter kennen sie sich nicht einmal. Doch so unterschiedlich die Arbeiten sind, zeigen sie im Gegensatz zu dem expressiven Schweigen im 20. Jahrhundert eine starke und mutige Komponente der Sozialkritik. Dabei können im heutigen Russland Ernsthaftigkeit schnell als repressiv und klare Aussagen als Propaganda wahrgenommen werden. Gleichzeitig gilt es, Position zu beziehen und sich vom Mainstream zu unterscheiden. Zeitgenössische Künstler müssen diese gefährliche Gradwanderung lösen, sowohl in ihrer öffentlichen Wahrnehmung als auch mit sich selbst. Dabei bedienen sie sich amüsanter bis absurder Bildsprache und sorgfältig gewählter, nur scheinbarer Randbemerkungen, die kritische Elemente fast kaschieren. Verschiedentlich greifen sie dieselben klassischen Sujets und etablierte Ausdrucksformen auf, um diese höchst unterschiedlich und im russischen Zeitgeist des frühen 21. Jahrhunderts für sich zu nutzen. Eine dieser Stilrichtungen, der sich auch die Künstler dieser Ausstellung bedienen, ist die Darstellung von Insekten. Die Darstellung von idyllischen Szenen von Vögel und Stillleben von Insekten war im 18 Jh. und Anfang des 19 Jh. populär, jedoch mehr um malerische Fähigkeiten darzustellen. Zeitgenössische, russische Künstler haben jetzt – alle unabhängig voneinander – diese Welt des „Fliegens und Krabbelns“ oder die Welt der banalen westlichen Werbesujets für sich entdeckt und zwar nicht, um die Natur darzustellen, sondern um sie geschickt als Metaphern für sozialkritische Komponenten zu benutzen. Dieses Phänomen eint die Künstler dieser Ausstellung.

So präsentiert Evgenia Konovalova in der Serie „Carrier Cockroaches Project“ Kakerlaken als zuverlässige Boten von Informationen über die zeitgenössische Welt, die sie in Briefmarken-Format auf ihrem Rücken tragen.

Sergei Danilov greift in seinen Arbeiten den Gedanken auf, dass Insekten das einzig Verlässliche und Beständige in der heutigen Welt sind. Er präsentiert sie in goldener Farbe, präzise dargestellt und angeordnet auf ebenso goldenen Sockeln, isoliert von ihrer natürlichen Umwelt.
Vladimir Kozin, einer der wichtigsten Künstler aus St. Petersburg, kreiert neben Alltagsgegenständen und Pflanzen auch überdimensionale Fliegen und Läuse aus altem Automobilgummi. Das riesige Format der Exponate, die Grobheit des Materials und dessen Anmutung als Abfall laden das zuvor Banale, Bedeutungslose emotional auf. Der Künstler bewegt sich aufgrund seiner Persönlichkeit und seines Œuvre in außergewöhnlichen Randgebieten, die die kommerzielle Massenproduktion von Pop Art und epigonale, nicht im Kunstmarkt etablierte Outsider Art integrieren.

Die Arbeiten von Igor Baskakov stehen in der Tradition der Sotsart, auch wenn vordergründig mit der Darstellung weltweit bekannter Marken die Poster- und Werbetradition der früheren Sowjetunion aufgegriffen wird. Die Arbeiten könnten angesichts des Einflusses westlicher Werte, Marken und Symbole auf das ehemalige Sowjet-Gebiet als Parodien verstanden werden, zeigen jedoch vielmehr die generelle Unmöglichkeit von intellektueller Unabhängigkeit auf. Widersprüchlich-ironisch erstellt er seine Arbeiten in Öl auf Leinwand: Sie sind Unikate – im Gegensatz zur Anmutung vielfach reproduzierbar, ein Massenprodukt zu sein.

Mit Andrei Chezhin wird das Werk eines weiteren bekannten St. Petersburgers vorgestellt. Seine Fotoarbeiten führen den Betrachter in symmetrisch konstruierte, komplexe und unreale Welten, die es zu entdecken und individuell zu erschließen gilt.

Neben den Videoarbeiten von Vika Ilyushkina, Julia Zastava, Tanya Akhmetgalieva und Maxim Svishchev wird das Filmprojekt “Star Worms“ von Nikolai Kopeikin bzw. dem von ihm mitbegründeten NOMFILM Studio vorgestellt, das auch durch seinen Soundtrack besticht.

Galerie Gmurzynska

Vorstadt 14

CH-6300 Zug

Tel. +41 (41) 710 25 02

Email: galerie@gmurzynska.com

Öffnungszeiten: Mo-Fr 10 – 18 Uhr, Sa 10 – 16 Uhr.

Galerie Gmurzynska

Galerie Gmurzynska ist seit 1963 auf die Meisterwerke der Klassischen Moderne, der zeitgenössischen Kunst und auf Künstler der russischen Avantgarde spezialisiert. An den drei Standorten Zürich, St. Moritz und Zug informiert die Galerie über die wichtigste Kunst des letzten Jahrhunderts. Mehr als 100 Kataloge, Bücher und Werksverzeichnisse sind in enger Zusammenarbeit mit weltweit renommierten Experten entstanden. Galerie Gmurzynska wird in Zukunft ihr Galerieprogramm erweitern und ihren Fokus vermehrt auf die Werke des frühen 20. Jahrhunderts und deren Einfluss auf die heutige Kunst legen und baut so eine Brücke zwischen moderner und zeitgenössischer Kunst.

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