Zwei Amerikaner, die unterschiedlicher nicht sein könnten – US-Präsident Donald Trump und Papst Leo XIV.

Donald Trump vor Vatikan, generiert durch KI

Zwei Amerikaner auf den wichtigsten Posten der Welt. Der eine ist einer, der die Selbstinszenierung liebt, der andere ein Mann der Verantwortung für die Schwächsten übernimmt und für den die Demut eine Tugend ist. Was könnte Donald Trump also vom neuen Papst Leo VIX. lernen? Von Stefan Groß-Lobkowicz.

US-Präsident Donald Trump ist eigentlich so etwas wie Gott selbst, oder Gottes gleich- und ebenbürtig, wenn es sich zumindest um seine eigene Wahrnehmung handelt. Und Papst kann er schon längst. Anfang Mai kursierte ein KI-generiertes Bild, wo Trump als Pontifex mit erhobenem Zeigefinger posierte. Der einstmalige Unternehmer, der oft Pleite ging und mit fragwürdigen Krediten finanziert wurde, die er oft nicht zurückbezahlte und der derzeit mit enormen Schulden und teuren Gerichtsverfahren kämpft, verdingte sich auch gern als Showmaster mit bescheidenem Erfolg. Doch der Selfmademan hat das Gen, sich als Weltregent, Sonnenkönig, als den größten Menschen aller Zeiten zu präsentieren. „Ich werde der größte Präsident sein, den Gott jemals geschaffen hat“ – mit diesen Worten feierte er sich bei einem Besuch im Vatikan 2017 auf Twitter.

Trump, der nicht konfessionsgebundene Christ

Trump hat gerade unter den weißen Christen seine Anhänger, die ihm schon 2017 den Einzug ins Weiße Haus ermöglichten. Doch Trump selbst hat wenig mit Religion am Hut, er ist Pragmatiker, nicht spirituell, nicht mystisch, sondern selbstverliebt ins positive Denken. Er ist noch nicht einmal religiös unmusikalisch, sondern ihn treibt der Glaube an sich selbst – dies bleibt die wichtigste Konstante seines Lebens. Trump, der als Kind in der Presbyterianischen Kirche konfirmiert wurde, bekannte sich Oktober 2020 dazu, dass er sich inzwischen als „nicht konfessionsgebundenen Christen“ sehe. Aber trotz seiner protestantischen Prägung hat er ein Faible für Katholiken wie Mutter Teresa von Kalkutta und Papst Johannes Paul II. Selbst sammelt er Bibeln und verkauft seit Ostern 2024 sogar seine eigene mit dem klangvollen Namen „God Bless the USA“ für stolze 60 US-Dollar, die nach eigenen Angaben in Zusammenarbeit mit dem Country-Musiker Lee Greenwood entstand, dessen Hit „God Bless the USA“ auf jeder Wahlkampfveranstaltung Trumps gespielt wurde. Wie der am 14. Juni 1946 im Jamaica Hospital Medical Center in New York City geborene Politiker erklärte, ist das, was den Amerikanern am meisten fehle Christentum und die Religion. Trump selbst glaubt fest daran, dass der Glaube den Menschen zurückgegeben werden müsse und plädiert sogar dafür, dass jeder Amerikaner eine Bibel zu Hause haben muss. „Und ich habe viele, es ist mein Lieblingsbuch“

Der Präsident, der mit dem Hammer regiert

Am 5. November 2024 setzte er sich bei der Präsidentschaftswahl gegen Kamala Harris durch und ist seit dem 20. Januar 2025 der 47. Präsident der USA. Wie schon 2017 bei seiner Antrittsrede geht es ihm um Massenausweisungen und einen radikalen Regierungsumbau, auch das rechtskonservative „Project 2025“ steht wieder auf seiner Agenda. Sein Slogan „America First“ von 2017 bleibt auch 2025 das Credo eines Präsidenten, der für globale Verunsicherung sorgt und ein rigider Verfechter des Protektionismus ist. Die amerikanische Hegemonie weltweit zu sichern, diese Vorherrschaft auf militärischen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Grundlagen, ist seine Art eines Glaubensbekenntnisses. Der Republikaner, der buchstäblich mit dem Hammer regiert und im Weißen Haus das Tafelsilber zerschlägt, ist alles andere als ein Geist, dem die Worte Demut, Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe in das Herz gelegt sind. Trump ist ein Neoliberaler. Er setzt auf eine Marktwirtschaft, die nicht den Armen und Schwachen dieser Welt dient, sondern jene noch reicher macht, die es ohnehin schon sind. Trump polarisiert und sein Dämon bringt eine Kraft hervor, die ihn in all seiner Radikalität und Unberechenbarkeit, in seiner egomanen Kleingeistigkeit und der Unfähigkeit des Verzeihens als einen Menschen kennzeichnet, dem Seelenruhe, Gleichmut und Apatheia Fremdwörter sind und bleiben. Statt auf Versöhnung setzt er auf Konfrontation, statt auf Liebe schwingt er unentwegt Hasspredigten, statt zu verzeihen, wütet er bei jeder Kritik an seiner Person.

Von seinen Versprechungen, die er im Siegestaumel in seiner Antrittsrede 2017 verkündete, hat er wenig verwirklicht. Damals sprach er vom Beginn einer Zeitenwende, wo „die vergessenen Männer und Frauen unseres Landes“ nicht mehr vergessen werden. Wo die Zeit, wo zu viele Amerikaner in einer anderen Realität leben und in „innerstädtischen Problemvierteln in Armut gefangen sind“ vorbei sein sollte und wo „verrostete Fabriken“, die wie „Grabsteine“ über der „Landschaft unserer Nation verstreut liegen“, endgültig der Vergangenheit angehören. „Dieses Massaker Amerikas endet hier und jetzt.“ Massakriert hat Trump höchstens die Demokratie, als er den Sturm auf das Kapitol in Washington, D.C. am 6. Januar 2021 mit entzündete. Nach einer aufstachelnden Rede des noch amtierenden, aber bereits abgewählten Präsidenten, drangen 800 und 1200 Aufrührer ins Kapitol, dem Sitz des Kongresses der Vereinigten Staaten ein. Es wurde zu einem der düstersten Tage für die US-Demokratie.

Der neue Papst Leo XIV.

Seit seiner Wahl am 8. Mai 2025 ist der Augustinerpater Kardinal Robert Francis Prevost OSA der erste Amerikaner auf dem Stuhle Petri, der bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Papst Leo XIV. auf der Benediktionsloggia im Vatikan betonte, dass Gott uns alle liebt und „das Böse“ nicht siegen wird. […] Die Welt braucht sein Licht. Die Menschheit braucht ihn als Brücke, um von Gott und seiner Liebe erreicht zu werden. Helft auch ihr uns und helft einander, Brücken zu bauen durch den Dialog, durch die Begegnung, damit wir alle vereint ein einziges Volk sind, das dauerhaft in Frieden lebt.“

Lob und Kritik von Trump, Vance und Bannon

Auf seiner Plattform Truth Social gratulierte Trump mit den Worten: „Welch eine Freude und eine große Ehre für unser Land!“ „Ich freue mich darauf, Papst Leo XIV. kennenzulernen. Es wird ein bedeutsamer Moment sein!“ Auch der bekennende Katholik und US-Vizepräsident J.D. Vance sendete seine Grüße auf X nach Rom: „Ich bin sicher, dass Millionen amerikanischer Katholiken und anderer Christen für seine erfolgreiche Arbeit an der Spitze der Kirche beten werden.“ Weit weniger begeistert äußerte sich jedoch Trumps ehemaliger Vertrauter Steve Bannon kurz vor der Papstwahl. „Ich glaube, dass Kardinal Prevost eines der dunklen Pferde ist, und leider auch eines der fortschrittlichsten“, sagte der Ultrarechte vor einer Woche in einer TV-Show von Piers Morgan auf X.

Der Augustinerpater kritisierte die US-Migrationspolitik

Das Verhältnis zwischen dem neuen Pontifex zum amerikanischen Präsidenten und Vizepräsidenten ist nicht ungetrübt. Erst am 3. Februar war Robert Francis Prevost mit Vance aneinandergeraten. Auf einem Prevost zugeschrieben X-Account schrieb der Kardinal: „JD Vance liegt falsch: Jesus verlangt von uns nicht, unsere Liebe zu anderen abzustufen“, sein Verständnis der christlichen Nächstenliebe ist verkehrt. Wiederholt kritisierte der 69-Jährige Kardinal, geboren 1955 in Chicago, dass er unzufrieden mit einzelnen Positionen des US-Präsidenten und seinem Vize sei – insbesondere wegen der Haltung der US-Regierung zu Migrationsfragen.

Leo XIV – ein Herzensmann

Mit dem neuen Papst, Leo XIV., kommt nun ein Mann auf dem Papstthron, der sich die Seelsorge in das weite Herz geschrieben hat, der sich für die Ärmsten und Schwächsten interessiert, dem es ein innerstes Anliegen ist, die Menschen – nicht nur in Nord- und Mittelamerika – miteinander zu verbinden, sondern ihnen eine Zukunft zu schenken, die diese oft nicht haben. Prevost plädiert für eine dienende Kirche, die sich von den Bedürfnissen der Menschen leiten lässt. Für ihn ist die Kirche kein Selbstzweck. Sie ist der lebendige Leib Christi für eine Welt, die sucht, leidet und hofft.“ In seiner ersten Predigt vor den Kardinälen, die er einen Tag nach seiner Wahl in der Sixtinischen Kapelle hielt, betonte er: „Der Mangel an Glauben hat oft dramatische Begleiterscheinungen: dass etwa der Sinn des Lebens verlorengeht, die Barmherzigkeit in Vergessenheit gerät, die Würde des Menschen in den dramatischsten Formen verletzt wird, die Krise der Familie und viele andere Wunden, unter denen unsere Gesellschaft nicht unerheblich leidet.“

Papst Leo XIV. sieht sich in der Tradition von seinem Namensvorgänger Leo XIII. (1810-1903) stehend, der sich im 19. Jahrhundert für die Rechte der Arbeiter einsetzte. In seiner ersten Ansprache vor dem Kardinalskollegium betonte er, dass Leo XIII. mit „Rerum Novarum“ 1891 die erste Sozialenzyklika geschrieben hat und damit „die soziale Frage im Kontext der ersten industriellen Revolution“ thematisierte. „Heute stehen wir vor einer neuen: der Revolution der Künstlichen Intelligenz und ihre Auswirkungen auf Gerechtigkeit, Arbeit und Menschenwürde.“

Die Welt ist amerikanischer geworden – Dem Spalter aus Washington steht jetzt ein Versöhner gegenüber

„America First“, ob in Washington oder Rom, die Welt ist auf alle Fälle seit heute wieder deutlich amerikanischer geworden. Vielleicht vermag der neue Pontifex seinen Landsmann einige christliche Tugenden zu vermitteln, die Trump aus seiner Welt der Oberflächlichkeit, der Selbstüberschätzung und seiner Egozentrik herausführen, um dem Selfmade-Milliardär einen Hauch mehr Menschlichkeit zu schenken. Mit Leo XIV.  hat Amerika einen Staatsmann, der zwar nicht aus den USA heraus regiert, aber das Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken weltweit ist. Während im Weißen Haus ein Spalter regiert, so im Vatikan nun ein Versöhner, einer, dem es um das Wohl der gesamten Menschheit geht. Amerika bleibt, was es seit langer Zeit ist – ein Land, zerrissener denn je.

Über Stefan Groß-Lobkowicz 2263 Artikel
Dr. Dr. Stefan Groß-Lobkowicz, Magister und DEA-Master (* 5. Februar 1972 in Jena) ist ein deutscher Philosoph, Journalist, Publizist und Herausgeber. Er war von 2017 bis 2022 Chefredakteur des Debattenmagazins The European. Davor war er stellvertretender Chefredakteur und bis 2022 Chefredakteur des Kulturmagazins „Die Gazette“. Davor arbeitete er als Chef vom Dienst für die WEIMER MEDIA GROUP. Groß studierte Philosophie, Theologie und Kunstgeschichte in Jena und München. Seit 1992 ist er Chefredakteur, Herausgeber und Publizist der von ihm mitbegründeten TABVLA RASA, Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitete und dozierte er ab 1993 zunächst in Praktischer und ab 2002 in Antiker Philosophie. Dort promovierte er 2002 mit einer Arbeit zu Karl Christian Friedrich Krause (erschienen 2002 und 2007), in der Groß das Verhältnis von Metaphysik und Transzendentalphilosophie kritisch konstruiert. Eine zweite Promotion folgte an der "Universidad Pontificia Comillas" in Madrid. Groß ist Stiftungsrat und Pressesprecher der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung. Er ist Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland Bayerns, Geschäftsführer und Pressesprecher. Er war Pressesprecher des Zentrums für Arbeitnehmerfragen in Bayern (EZAB Bayern). Seit November 2021 ist er Mitglied der Päpstlichen Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice. Ein Teil seiner Aufsätze beschäftigt sich mit kunstästhetischen Reflexionen und einer epistemologischen Bezugnahme auf Wolfgang Cramers rationalistische Metaphysik. Von August 2005 bis September 2006 war er Ressortleiter für Cicero. Groß-Lobkowicz ist Autor mehrerer Bücher und schreibt u.a. für den "Focus", die "Tagespost".