Klare Regeln, andere Länder: Was Deutschland aus dem Glücksspielgesetz lernen kann

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Mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 ist Deutschland einen großen Schritt in Richtung einheitliche Regulierung gegangen. Doch in der Praxis zeigt sich, viele Regeln greifen nicht immer. Aufwendige Verfahren, unklare Zuständigkeiten und eine langsame Anpassung an den digitalen Markt führen dazu, dass sowohl Spieler als auch Anbieter Wege finden, wie sie die Regeln zu ihren Gunsten umgehen können. Ein Blick ins Ausland verrät, wer fortschrittlicher oder zumindest konsequenter ist und von wem sich die Deutschen in Sachen Glücksspielgesetz ein oder zwei Scheiben abschneiden können.

An den Nordländern orientieren: Spieler schützen, offen spielen

Die skandinavischen Länder zeigen, wie es gehen kann. In Schweden beispielsweise gibt es seit Jahren ein striktes, staatlich gelenktes Regulierungssystem. 2019 hat das Land ein Lizenzmodell für Online-Anbieter eingeführt, das klare Vorgaben macht, was Werbung, aber auch temporäre und permanente Spielsperren betrifft. Bei Verstößen gibt es nicht nur Bußgelder, sondern auch den Lizenzentzug. Norwegen geht noch weiter: Hier kontrolliert der Staat das gesamte Angebot, Banken erhalten die Anweisung Geldtransaktionen an Internetseiten ohne Lizenz zu blockieren.

Diese Klarheit und Konsequenz beim Umgang mit dem Glücksspiel schafft Vertrauen und macht den Schwarzmarkt kleiner. Auch wenn das Modell auf den ersten Blick hart scheint, lebt es doch davon, dass klare Vorgaben den Schutz der Spieler in den Fokus rücken und die Anbieter in die Pflicht nehmen. Zudem zeigt sich an steigenden Steuereinnahmen und sinkenden Süchtigen: Eine konsequente Regulierung zahlt sich nicht nur aus, sie bringt uns allen auch etwas.

Großbritannien: Der lange Weg zu einem klaren Regulierungsrahmen

Seit 2005 gibt es im Vereinigten Königreich ein eigenes Glücksspielgesetz, das die Gambling Commission als zentrale Aufsichtsbehörde etablierte. Diese überwacht Werbung, prüft Lizenz-habende und sieht darauf, dass entsprechende Vorkehrungen gegen Spielsucht getroffen werden. Bezeichnend für den Regulierungsrahmen ist seine Offenheit: Lizenzierte Anbieter müssen ihre Zahlen offenlegen, so dass Öffentlichkeit und Politik Entwicklungen nachvollziehen können.

Auch wenn Kritiker bemängelten, dass dabei zu viel Werbung für Sporttreibende gemacht wird, hat Großbritannien auf der anderen Seite aber auch gezeigt, dass eine zentrale Behörde mit klaren Kompetenzen für mehr Überblick sorgt. Hinzu kommt, dass durch regelmäßige Reformen und öffentliche Konsultationen garantiert wird, dass die Gesetze laufend den Gegebenheiten angepasst werden. Darüber verfügt Deutschland nicht; hier vermischen sich die Zuständigkeiten für das Glücksspiel oft zwischen verschiedenen Behörden und den Länder-Regierungen.

Spanien und Italien: Strenge Regeln gegen exzessive Werbung

Spanien und Italien haben erkannt, dass Werbung für Online-Casinos einen entscheidenden Einfluss auf Spielverhalten hat. In beiden Ländern gilt seit einigen Jahren ein fast vollständiges Werbeverbot im Fernsehen und Radio. Sponsoring im Profisport wurde stark eingeschränkt.

Die Folge: Weniger aggressive Kampagnen, weniger Anreize für riskantes Spielverhalten. Kritiker bemängeln zwar, dass legale Anbieter dadurch weniger sichtbar sind. Doch der Schutz der Verbraucher stand hier klar im Vordergrund. Ergänzend führten beide Länder zudem strenge Vorgaben für Online-Marketing und Social Media ein, sodass auch digitale Plattformen enger überwacht werden. Deutschland diskutiert ähnliche Maßnahmen, bleibt bislang aber halbherzig.

USA: Föderale Vielfalt und die Lehren aus einzelnen Bundesstaaten

Die Vereinigten Staaten bieten ein Labor der Regulierung. Jeder Bundesstaat entscheidet selbst, wie er Glücksspiel handhabt. Während Nevada seit Jahrzehnten für seine liberale Gesetzgebung bekannt ist, haben andere Staaten erst in den letzten Jahren Online-Angebote erlaubt.

Besonders spannend ist New Jersey: Dort floriert der Online-Markt unter strenger staatlicher Aufsicht. Anbieter müssen lokale Partner haben und erfüllen klare Vorgaben für Spielerschutz. Die Steuereinnahmen fließen direkt in öffentliche Kassen. Ähnliche Entwicklungen gibt es auch in Pennsylvania oder Michigan, wo klare Regeln und moderne Kontrollmechanismen für ein stabiles Wachstum sorgen. Deutschland könnte von dieser föderalen Klarheit lernen, anstatt komplizierte Kompromisse zwischen 16 Bundesländern zu suchen.

Schweiz und Österreich: Nachbarländer mit klarer Struktur

Die Schweiz hat 2019 Online-Casinos legalisiert und setzt seitdem auf ein Lizenzmodell. Anbieter benötigen eine Partnerschaft mit einem landbasierten Casino. Gleichzeitig sorgt eine Sperrliste dafür, dass nicht lizenzierte Seiten blockiert werden. Österreich setzt stärker auf staatliche Kontrolle: Die Casinos Austria haben eine Sonderrolle, während private Anbieter unter strengen Auflagen agieren.

Beide Länder zeigen, wie sich klare Strukturen umsetzen lassen, ohne den Markt völlig abzuwürgen. Auch in der Schweiz zeigt der Föderalismus wieder seine Stärken: Hier profitieren die Kantone direkt von den Abgaben, während Österreich mit festen Steuersätzen für stabile Einnahmen sorgt. Deutschland hingegen erlaubt zwar Lizenzen, doch die Bürokratie und die Umsetzung im Alltag hinken hinterher.

Deutschland im Hintertreffen: Graumarkt und Schlupflöcher

Trotz Lizenzmodellen ist der deutsche Markt von Unsicherheiten geprägt. Viele Spieler weichen auf ausländische Anbieter aus, die sich nicht an deutsche Vorgaben binden. Besonders Plattformen mit Sitz in Curaçao oder Anjouan ziehen Kunden an, weil sie unkompliziertes Spielen ermöglichen. Dazu zählen auch Online-Casinos, die kein OASIS haben, also nicht am zentralen Sperrsystem teilnehmen.

Dieses System soll eigentlich den Spielerschutz stärken, doch in der Praxis wirkt es für viele wie ein Hindernis. Wer sich einmal gesperrt hat, findet schnell Angebote ohne Anbindung. Deutschland verliert dadurch Kontrolle, Steuereinnahmen und Glaubwürdigkeit. Zudem entsteht ein wachsender Graumarkt, in dem weder Verbraucherschutz noch steuerliche Fairness gewährleistet sind, was langfristig das Vertrauen in die gesamte Regulierung schwächt.

Perspektiven: Welche Ansätze für die deutsche Regulierung sinnvoll wären

Die Analyse anderer Länder zeigt: Erfolgreich ist vor allem ein klarer, stringenter Rahmen. Deutschland sollte sich entscheiden, ob es den Weg der staatlichen Kontrolle wie Norwegen oder der strengen, transparenten Regulierung wie in Schweden und Großbritannien gehen will. Halbherzige Modelle schaffen nur Unsicherheit.

Zudem braucht es eine Debatte über Werbung, Limits und technische Lösungen. Während in Spanien und Italien restriktive Werbung den Markt beruhigt hat, zeigt New Jersey, wie sich Steuereinnahmen steigern lassen. Für Deutschland könnte ein Mittelweg sinnvoll sein: klare Regeln für Anbieter, Schutzmechanismen für Spieler und eine Behörde mit echten Kompetenzen.

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