Bayerische Chemieindustrie – Investitionen und Arbeitsplätzen drohen abzuwandern

Hartel: „De-Industrialisierung hat längst begonnen“

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Im Rahmen ihrer heutigen gemeinsamen Mitgliederversammlung weisen der Verein der Bayerischen Chemischen Industrie e.V. (VBCI) und der Verband der Chemischen Industrie e.V., Landesverband Bayern (VCI-LV Bayern) auf die schwierige wirtschaftliche Lage hin: „Nach den teilweise extremen Anstiegen bei den Energiepreisen haben sich die Wogen zwar weitgehend geglättet. Aber die Preise sind zum echten Problem für den Standort Deutschland geworden. Seit über einem Jahr geht die Produktion der Chemiebranche in Deutschland kontinuierlich zurück. Die Gefahr ist groß, dass in der energieintensiven und exportorientieren Chemie Investitionen und Arbeitsplätze und Wertschöpfung immer stärker ins Ausland abwandern. Die De-Industrialisierung hat längst begonnen“, so Dr. Christian Hartel, Vorstandsvorsitzender der Bayerischen Chemieverbände.

Aus Sicht der bayerischen Chemieindustrie wurde die Bedeutung der Industrie und die enge Verzahnung zwischen Chemieprodukten und der Wertschöpfung in vielen anderen Branchen im vergangenen Jahr vielen bewusst. „Die chemische Industrie wird als Lösungsindustrie wahrgenommen. Auch Herausforderungen in vielen anderen Bereichen können nur mit Hilfe der Chemieindustrie bewältigt werden. Fest steht: Ohne Chemie keine klimaneutrale Transformation! Dazu braucht es die richtigen Rahmenbedingungen. Europa steht sich dabei oftmals selbst im Weg: Statt strategisch kluger Anreize wie dem US-amerikanischen Inflation Reduction Act verlieren wir uns beim Green Deal im Regulierungsdickicht und verfolgen Strategien, die uns eher Gestaltungsspielraum nehmen“, beklagt Hartel.

Wirtschaftliche Lage und Geschäftsjahr 2022

Auf das vergangene Geschäftsjahr blickt Hartel mit Sorge: „Seit dem ersten Quartal 2022 beobachten wir einen stetigen Rückgang der Produktionsmengen der Chemieunternehmen in Deutschland. Seitdem befindet sich unsere Branche in einer Seitwärtsbewegung. Für 2023 wird ein Rückgang der Produktion in der Chemie von fünf Prozent prognostiziert. Hauptursachen hierfür sind die schwache Nachfrage sowie die hohen Energiekosten. Keine guten Bedingungen für eine energieintensive Branche. Leider sind auch keine positiven Impulse aus dem Ausland zu erwarten. Positiv ist, dass sich die Lieferkettenschwierigkeiten deutlich gebessert haben, auch wenn hier noch nicht von Normalität gesprochen werden kann“, stellt Hartel fest.

Klare Forderungen für zukunftssichere Chemieindustrie

Um den Wirtschafts- und Chemiestandort Bayern zukunftssicher und wettbewerbsfähig aufzustellen, sind aus Sicht der Bayerischen Chemieverbände eine Reihe von Maßnahmen notwendig. „Erstens brauchen wir für die klimaneutrale Transformation einen international wettbewerbsfähigen Strompreis in Form eines Industriestrompreises. Nicht als Dauersubvention, sondern als Brücke bis genügend regenerativer Strom zur Verfügung steht. Zweitens brauchen wir ein Umdenken beim EU-Chemikalienrecht. Die Abkehr von der weltweit etablierten und bewährten Risikobewertung hin zu einer pauschalen Stoffeigenschaftsbetrachtung ist aus unserer Sicht ein Irrweg. Und drittens brauchen wir dringend beschleunigte Genehmigungsverfahren speziell bei Netzinfrastruktur und Industrieanlagen. Ansonsten ist die klimaneutrale Transformation nicht zu stemmen“, so Hartel.

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