GALERIE THOMAS || Highlights Figuren der Klassischen Moderne

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Wir blicken auf drei Künstler, die sich vor über hundert Jahren zwischen den Polen des Kubismus und des Surrealismus bewegt haben – es sind große Namen der Klassischen Moderne. Sie führen uns direkt in das Epizentrum der Europäischen Avantgarde der frühen 1920er Jahre nach Paris: Max Ernst, Jacques Lipchitz und Fernand Léger und ihre Sichtweise des klassischen Themas der Figur sollen heute im Mittelpunkt stehen.

Als André Breton, die zentrale Figur der literarischen Surrealisten, 1924 sein „Surrealistisches Manifest“ veröffentlichte, spielte darin die Malerei noch eine nebensächliche Rolle – es war allein Max Ernst, den Breton als Maler gelten ließ. Ernst fand mit seinen Techniken der Frottage und Grattage zu seiner malerischen Form der écriture automatique. Bei den „Femmes traversant une rivière en criant“ von 1927 wird diese zu einem flüssig-organischen Formenvokabular, aus dem seine Figuren erwachsen. Aus einer Traumwelt auferstanden befeuern sie in ihrer monumental-bewegten Dynamik die Vorstellung unheilvoller und surrealer Dramatik.

Eigentlich war es der Dichter und Essayist Guillaume Apollinaire, der dem Surrealismus bereits 1917 seinen Namen gab. Doch es ist vor allem der Kubismus, den man mit Apollinaire verbindet, einem der einflussreichsten Akteure der Pariser Avantgarde in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Er etablierte sich mit seinen Schriften schnell als intellektuelle Leitfigur des Kubismus.

Die Leitfigur für die kubistische Skulptur war Jacques Lipchitz, der zwischen 1917 und 1919 seine herausragensten Arbeiten schuf: es sind die Gruppen der Clowns, der Musiker und der Badenden, mit denen er das kubistische Formenvokabular in einzigartiger Weise in die Dreidimensionalität überführt und Geometrie zu Körpern werden lässt. Die Darstellung der 1917/1919 konzipierten „Baigneuse“ schafft eine unnachahmliche Balance zwischen einem klassischen figürlichen Sujet und einer revolutionären künstlerischen Ausdrucksform, die eine Dimension jenseits der reinen Nachahmung der Natur erstrebte und als unabdingbar für die Moderne erkannte.

Der Kubismus war auch für den jungen Fernand Léger der Ausgangspunkt eines neuen Kunstbegriffs. Seine Begeisterung für die Moderne und für den Fortschritt war Ausdruck eines avantgardistischen Ansinnens im Sinne einer radikalen Erneuerung der bestehenden Ordnung und Kunst. Neben seiner Großstadt- und Maschinenbegeisterung sind es in den 1920er Jahren zunehmend neue Sujets, klassische Themen, wie die Frauendarstellungen des vorliegenden Mosaiks, die er bearbeitet. Doch auch er unterwirft die Figur einer ästhetischen Revision, in der das Sujet hinter das Objekt tritt und Form, Farbe und Kontrast zum Ausdrucksmittel eines entindividualierten und universal zu verstehenden Menschenbilds werden.