Manfred Weber: Für ein bürgerliches Europa

EU-Spitzenkandidat Manfred Weber Foto: Stefan Groß

40 Jahre nach den ersten Direktwahlen zum Europäischen Parlament steht Europa am Scheideweg. Die Wahlen am 26. Mai entscheiden, wie es mit Europa weitergeht.

Werden linke Kräfte einen Kulturwandel einleiten und Europa zu einem Verbots- und Umverteilungseuropa umbauen? Oder werden rechte Kräfte und Nationalisten Europa abschaffen? Und wie handlungsfähig ist Europa angesichts der angespannten internationalen Lage? Europa liegt am 26. Mai in den Händen der Menschen. Sie entscheiden, wie es mit Europa weitergeht. Ich kämpfe gemeinsam mit den Kollegen der CSU-Europagruppe für eine maximal starke CSU. Als CSU machen wir Ihnen ein bürgerliches Angebot für ein starkes Europa, das sich um die großen Fragen kümmert und freiheitlich im Kleinen ist. Wir kämpfen für ein bürgerliches Europa!

Europa wird von innen herausgefordert wie nie: Auf der linken Seite des politischen Spektrums streben die Kräfte nach Umverteilung und Verboten. Sie wollen ein anderes Europa und lehnen grundlegende Prinzipien eines erfolgreichen Europas ab: Eigenverantwortung, Solidität und Subsidiarität sind in ihren Augen Auswüchse, die es einzudämmen gilt. Das Europa der Umverteilung ist ein Europa, das solide Haushaltspolitik, Reformwillen und Prosperität bestraft. Das Europa der Umverteilung setzt vielmehr auf die Vergemeinschaftung von Schulden, die Aushöhlung des Stabilitäts- und Wachstumspakts und auf das Aufschieben von Strukturreformen. Das linke Europa bedroht damit die Erfolge der vergangenen Jahre: Stabilisierung unserer Währung, Wirtschaftswachstum und 13 Millionen neue Arbeitsplätze. Das linke Europa legt die Axt an diese Erfolge und bedroht fundamental unseren Wohlstand!

Auf der anderen Seite des Spektrums formieren sich die Kräfte des Rechtspopulismus und ein zerstörerischer Nationalismus. In ganz Europa formieren sich Le Pen, Wilders und Co. Sie wollen die europäische Integration beenden: Die einen wollen das Parlament, in dem sie künftig sitzen könnten, abschaffen. Die anderen wollen gar Europa ganz abschaffen. Richtig ist doch: Europa braucht uns und wir brauchen Europa. Das Europa des Miteinanders ist Garant für Frieden, Freiheit und Wohlstand. Gerade Deutschland und Bayern haben ein fundamentales Interesse an einem funktionierenden Europa. Richtig ist: Wir wollen manches anders in diesem Europa machen. Aber wir wollen dieses Europa nicht in Frage stellen! Die Parteien, die Deutschland aus Europa austreten lassen wollen, sollten im Brexit eine Mahnung sehen: Das ist keine Alternative. Das hat auch nichts mit Nationalgefühl, Subsidiarität oder einem Patriotismus zu tun, der Respekt vor dem Patriotismus des Nachbarlandes hat. Das ist nichts als ein zerstörerischer Nationalismus, der Europa bedroht und damit das größte Friedens- und Wohlstandsprojekt, das unser Kontinent je kannte!

Aber auch die internationale Lage fordert Europa heraus: Auf dem Feld der Sicherheit und der Diplomatie, der Werte sowie der Innovationen braucht Europa einen klaren Kurs!

Wir wollen, dass Europa eine Innovationsunion wird. Die aufstrebenden Regionen Asiens, die USA und andere Regionen Amerikas warten nicht auf uns. Wir müssen Impulse setzen, damit der nächste Innovationsschub europäisch ist. Bayern geht hier vorbildlich voran und investiert kräftig in Bildung, Infrastruktur und Innovationsfelder. So müssen wir auch in Europa auf wichtigen Chancenfeldern wie Mobilität, Energie oder in der Datenökonomie entschlossen vorangehen – und gleichzeitig deutlich machen: Wir machen alle zu Gewinnern der Digitalisierung und nehmen alle mit. Das ist unser Versprechen der Sozialen Marktwirtschaft, das wir als CSU in der Vergangenheit geprägt und entschlossen verteidigt haben – und das wir in eine gute Zukunft führen wollen. Bei uns dienen Innovationen den Menschen und nicht andersherum! Daher liegt mir in diesem Bereich ein Projekt besonders am Herzen: Der Kampf gegen Krebs und Alzheimer. Gemeinsam hat Europa die Chance, große Geißeln unserer Zeit zu bekämpfen. Das kann gelingen, wenn wir Ressourcen und Ziele besser abstimmen, bündeln, ausbauen und einen Masterplan entwerfen. Wir dürfen die kommenden Innovationen nicht den anderen überlassen. Wir wollen dabei aber unseren Weg gehen, bei dem der Mensch, unsere Grundwerte und ethische Prinzipien gelten. So können wir als Innovationsunion Wohlstand sichern und unsere Werte in eine gute Zukunft führen.

Wir müssen Europa zu einer Sicherheitsunion machen. Die internationale Sicherheitslage ist angespannt – wir spüren alle die Anspannung und zunehmende Aggressivität auf dem internationalen Parkett. Wenn es um die Auseinandersetzungen in der Ostukraine geht, wenn es um Dissens über das Iran-Abkommen geht, wenn es um die schreckliche Situation in Syrien geht oder um die Einigung zum weltweiten Klimaschutz, merken wir – es braucht ein starkes Europa. Dafür müssen wir unser Schicksal mehr in die eigenen Hände nehmen und unsere Verteidigungsfähigkeit sicherstellen. Dafür muss Europa auch handlungsfähig sein – hier braucht es Reformen: Im Bereich der Außen- und Verteidigungspolitik wollen wir das Einstimmigkeitsprinzip hinter uns lassen. Aber Europa muss auch seine volle Wirkmächtigkeit auf dem diplomatischen Parkett entwickeln: Europa muss eine Antwort finden auf die vielfältigen Anspannungen und auf den fundamentalen Wandel in den internationalen Beziehungen. Der Wille zum Dialog und zur Verständigung geht verloren, die Dynamik der Kooperation wird schwächer. Doch klar ist auch: Unilateralismus und Nationalismus sind nicht das Zukunftsmodell des 21. Jahrhunderts. Stattdessen brauchen wir einen neuen Willen zur Gemeinsamkeit.

Und: Europa muss eine starke Wertegemeinschaft sein, die bürgernah und bodenständig ist. Wir stehen zu unseren Werten, Traditionen und zu unserem Brauchtum, das in den vielfältigen Regionen Europas zu Hause ist. Dazu gehört für mich auch der Erhalt unserer europäischen Leitkultur, die geprägt ist von Humanismus und Aufklärung. Dazu gehören die abendländisch-christliche Prägung, Prinzipien des Rechts sowie unsere gelebte Alltagskultur. Für mich ist klar: Europa kennt seine Grenzen. Daher kann es keinen Türkei-Beitritt geben! Wir standen stets als CSU hierfür ein – als möglicher nächster Kommissionspräsident will ich dieses Versprechen einlösen und die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beenden. Wir wollen auch die Stimme der Regionen – und damit die Stimme der Heimat der Menschen, ihrer Lebenswirklichkeit, stärken: Der Ausschuss der Regionen muss weiterentwickelt und stärker gehört werden im europäischen System. Das und mehr schafft neues Vertrauen und Bürgernähe, die Europa braucht.

Wir stehen vor großen Herausforderungen: Wir müssen dieses Europa zusammenhalten. Nicht der Streit und die Polarisierung zwischen Nord, Süd, Ost oder West dürfen uns treiben – sondern der gemeinsame Wille, dieses Europa zu gestalten und zusammenzuhalten! Die Entscheidung liegt nun bei den Menschen. Wir als CSU und ich persönlich machen den Menschen ein bürgerliches Angebot: Ich setze mich für ein Europa ein, das nah bei den Menschen ist. Für ein Europa, das starke Regionen hat. Für ein Europa, das seine Identität bewahrt. Für ein Europa, das Innovationen und Forschung fördert. Für ein Europa, das in der inneren Sicherheit kooperiert und nach außen handlungsfähig ist. Für ein Europa, das sich um die großen Fragen kümmert und im Kleinen Freiräume lässt. Wir stehen als CSU für ein bürgerliches Europa ein!

Quelle: Herzkammer