Olaf Rippe (Hrsg.): Die Mistel. Eine Heilpflanze für die Krankheiten unserer Zeit

Apotheke, Foto: Stefan Groß

Olaf Rippe (Hrsg.): Die Mistel. Eine Heilpflanze für die Krankheiten unserer Zeit, Pflaum Verlag, München 2017, ISBN: 978-3-790-51052-2

In früheren Zeiten schon galt die Mistel als wichtige magische Pflanze mit ungeheuren Heilkräften. Sie wurde von Druiden mit goldenen Sicheln geerntet und durfte dort laut Sage nicht zu Boden fallen, sonst würde sie ihre heilende Wirkung einbüßen. Zur Zeit der Wintersonnenwende und auch als Weihnachtsschmuck wurde sie an die Haustüren gehängt, um das Haus vor Schaden zu bewahren. Wer sich unter Misteln das erste Mal küsste, sollte ein glückliches Liebespaar werden und bleiben.

In der heutigen Moderne wurde die Kraft der Mistel zur Bekämpfung wichtiger Krankheiten wie Krebs, Herzleiden oder Altersbeschwerden wiederentdeckt. In diesem Sammelband beschäftigen sich Fachleute aus verschiedenen Sichtweisen und Berufszweigen mit therapeutischen Ansätzen und Möglichkeiten des Einsatzes der Mistel in Bezug auf die Linderung von Krankheiten.

Zuerst gibt der Herausgeber Olaf Rippe grundlegende Informationen über den Einsatz der Mistel in der Phytotherapie und Komplexmittelhomöopathie. Dabei betrachtet er die medizinischen Anwendungen der Mistel von der Antike bis in die Gegenwart bei Nervenleiden, Schlafstörungen, Stresskrankheiten, Herzbeschwerden, Gelenksleiden, Alters- und Immunerkrankungen. Dann geht die Heilpraktikerin Margret Madejsky auf die therapeutischen Merkmale der Mistel in der Frauenheilkunde ein und nennt dabei einige Pflanzen, die sich mit ihr bei der Heilung gut ergänzen. Der anthroposophisch orientierte Mediziner Stephan von Löwensprung analysiert die Mistel als anthroposophisches Heilmittel zur Behandlung von Tumorerkrankungen und des Immunsystems, aber auch als Präventiv- und Selbstregulationsmaßnahme. Der Apotheker Roland Andre setzt sich dann mit der Bedeutung der Mistel bei der mittelalterlichen Mystikerin Hildegard von Bingen auseinander. Derselbe Autor gibt dann Hinweise zur eigenständigen Herstellung von Mistelpräparaten wie Mistelöl, Salben oder Tropfen und gibt auch Rezepthinweise. In dem eher botanisch gehaltenen Kapitel über die Gattung der Misteln und ihrer Verwandtschaftsbeziehungen behauptet die Biologin Ruth Mandera, dass die Mistel wie alle Blütenpflanzen „das Seelische bzw. Astralische die wachsende Pflanze von außen umschwebt und verhüllt.“, wobei sie sich auf Rudolf Steiner bezieht. (S. 256) Der Ethnopharmakologe Christian Rätsch setzt sich mit der Symbolik der Mistel in Mythos und Magie in der antiken Welt, besonders bei den Kelten und Germanen, auseinander. Im opulenten Anhang werden verschiedene Mistelpräparate und ihre Indikationsmöglichkeiten, ein 10-Punkte-Programm als Ergänzung zur Misteltherapie, Adressen von anthroposophisch orientierten Kliniken oder Herstellern, Hinweise zur Einnahme von Naturheilmitteln sowie ein Literaturverzeichnis als Ergänzung angeboten.

Das therapeutische Spektrum der Mistel wird hier umfassend von Fachleuten dargestellt. Die Heilpflanze wird in einem größeren Zusammenhang als kulturhistorische Medizin gesehen, die immer schon eine gewisse Symbolik hatte. Eine Mischung zwischen anthroposophischer Sichtweise und wissenschaftlicher Methoden schimmert in dem Werk durch und es werden konkrete Anwendungen der Misteltherapie aufgezeigt. Für Menschen, die sich nicht so genau mit der Misteltherapie beschäftigt haben, empfiehlt es sich, im Anhang das Kapitel zur Einnahme durchzulesen.

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Dr. phil. Michael Lausberg, studierte Philosophie, Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Köln, Aachen und Amsterdam. Derzeit promoviert er sich mit dem Thema „Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Er schrieb u. a. Monographien zu Kurt Hahn, zu den Hugenotten, zu Bakunin und zu Kant. Zuletzt erschien „DDR 1946-1961“ im tecum-Verlag.