Tabak gehört seit Jahrhunderten zu den meistgehandelten und profitabelsten Waren auf dem Weltmarkt. Für 2025 rechnet die Tabakindustrie mit einem Umsatz von mehr als 950 Milliarden US-Dollar. Für die EU mit 700.000 vorzeitigen Tabaktoten pro Jahr gilt das Rauchen als größtes vermeidbares Gesundheitsrisiko. Restriktionen bei den chemischen Zusatzstoffen und bei der Werbung sowie Jugendschutz und Kampagnen gegen das Rauchen haben den Absatz von Zigaretten deutlich reduziert. Deshalb sind vor allem die großen Konzerne wie Philip Morris oder British American Tobacco inzwischen zu Pionieren bei der Umstellung auf angeblich weniger schädliche e-Zigaretten geworden. Nach einer Erhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung von 2024 rauchen 33,6 Prozent der jungen Männer und 18,4 Prozent der jungen Frauen zwischen 18 und 27 Jahren. E-Zigaretten werden immer beliebter, aber viele rauchen auch parallel herkömmliche Zigaretten. Pfeifen und Zigarren sind dagegen ein Nischenprodukt geworden und allenfalls noch bei Senioren beliebt. Sie waren aber weniger schädlich als Zigaretten, weil weniger „auf Lunge“ geraucht wurde.
Der kleine Schritt von der Absatz- zur Suchtförderung
Wir alle kennen den nervösen Griff des Rauchers zur nächsten Zigarette, denn Nicotin macht süchtig und abhängig. Die Tabakindustrie ist mit immer billigerer Produktion und dem Massenkonsum von Zigaretten zu dem Marktgiganten geworden, der sie heute ist. Mit intensivstem Marketing wurden immer neue Kundenkreise gewonnen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts galt das Rauchen für Frauen noch als unschicklich. Eine raffinierte Kampagne des Sigmund Freud-Enkels Edward Bernays im Jahre 1929 stilisierte das Rauchen mit der Bezeichnung „torches of feedom“ oder „freedom sticks“ als Symbol weiblicher Emanzipation. Auch als Schlankmacher wurden sie erfolgreich beworben. Die verkaufsfördernden Manipulationen gingen aber weit darüber hinaus. In Europa löste der „American Blend“ die traditionellen Orient-Tabake und Eigenanbau ab, weil sein Rauch milder war und durch leichteres Inhalieren das Nikotin schneller ins Gehirn transportierte. Experimentell getestet und beigemischt wurden bisher rund 600 Zusatzstoffe wie Düngemittel, Weichmacher, Feuchtigkeitsbinder oder Aromen, die alle helfen sollten, den Rauchgeschmack angenehmer zu machen oder die Nikotinaufnahme zu verstärken. Die Suchtgefahr wurde bewusst ignoriert und für die Absatzziele in Kauf genommen. Durch steigende Verkaufspreise, Tabaksteuern und Gesundheitskampagnen ist der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland laut Statista von über 1000 Zigaretten 2012 in diesem Jahr auf 784 gesunken.
Ein Nebeneffekt mit Tentakeln in kriminelle Milieus ist seit Jahrzehnten der Verkauf von unverzollten und unversteuerten Zigaretten. Auf diesem Schwarzmarkt wurden 2024 rund 1,7 Milliarden Zigaretten umgeschlagen, weltweit liegt der Anteil laut Philip Morris International bei 2,2 Prozent des Gesamtkonsums.
Gesundes Rauchen mit Nikotin ohne Tabak?
Der chinesische Apotheker und Ingenieur Han Li erfand 2003 den ersten brauchbaren Prototyp der e-Zigarette. Er war selbst ein starker Raucher wie sein Vater, der an Lungenkrebs gestorben war. Li wollte deshalb eine weniger schädliche Form des Rauchens ohne Verbrennen des Tabaks entwickeln und damit Teer und möglichst viele aggressive Chemikalien im Rauch reduzieren. Seine Erfindung wandelte in Propylenglykol oder Glycerin gemischtes Nikotin durch Erhitzung in leicht inhalierbaren Dampf um. 2004 kam seine e-Zigarette unter dem Namen „Ruyan“ (Rauch) auf den chinesischen Markt. Ihr schneller Verkaufserfolg interessierte die Riesen der internationalen Tabakindustrie, die mit Absatzeinbußen auf den wichtigsten Märkten zu kämpfen hatten. Sie übernahmen die von Han Li angemeldeten Patente, ohne dass der Erfinder Millionär wurde, und seit Anfang der 2010er Jahre haben sie mit den e-Zigaretten wieder erfreulich steigende Verkaufserfolge. Der Investmenthändler Smartbroker bezeichnet Tabakaktien sinnigerweise als „Dauerbrenner im Depot“, und „Eine Branche, die sich neu erfindet.“
Die e-Zigaretten sind allerdings unter gesundheitspolitischen Aspekten dadurch gefährlich, dass sie mit allen möglichen Aromen und Geschmacksvarianten für jugendliche Einsteiger besonders angenehm sind. Der Dampf schmeckt nicht bitter und kratzt nicht im Hals wie bei den Zigaretten. Beliebt sind Aromen wie Kirsche, Brombeere, Virginiatabak, Menthol, Blaubeere oder Kokosnuss, die alle ziemlich harmlos klingen. Der britische Onlinehändler Edge erklärt auch die verschiedenen Arten des Vapens, „mouth to lung“ als dem Zigarettenrauchen am ähnlichsten, „direct to lung“ als schneller und effizienter, oder „restricted direct to lung“, was sparsamer mit der Flüssigkeit umgeht. Die Statistiken zeigen aber, dass der Schritt zur brennenden Zigarette kurz ist und viele „Dampfer“ auch schnell parallel zum Raucher werden.
Von der e-Zigarette zum K-Pod
Profitable Branchen inspirieren wie so oft auch kriminelle Nachahmer. Die relativ simple Technik der e-Zigaretten durch die Verdampfung einer Flüssigkeit hat schnell einen Weg in gefährlichere Anwendungen gefunden. Dabei sind die Kriminellen fast immer auch einen oder mehrere Schritte weiter als die Gesundheitsbehörden. Die Tabakrichtlinie der EU wird zwar gelegentlich angepasst und erweitert, aber etwa ihr Verbot, dem Tabak charakterisierende Aromen wie Früchte, Gewürze, Kräuter, Alkohol, Süßigkeiten, Menthol oder Vanille zuzusetzen, wird mit den K-Pod Verdampfern leicht unterlaufen. Der Online-Markt für diese Produkte ist vielseitig und legale wie illegale Zusatzstoffe werden über soziale Netzwerke erfolgreich vertrieben. Dieser Markt hat auch die inzwischen von der Politik weitgehend legitimierte Cannabis-Industrie angezogen. K-Pods mit Cannabis oder synthetischen Cannabinoiden sind besonders in den USA, aber inzwischen auch in Europa angekommen. Daneben werden K-Pods mit Ketamin angeboten, einem in der Medizin verbreiteten Betäubungs- und Schmerzmittel, das aber auch halluzinogene Wirkungen hat und leicht süchtig macht. In Asien wird vor allem Etomidat zugesetzt, ein medizinisches Beruhigungsmittel vor Operationen, das wie Ketamin halluzinatorisch wirkt.
K-Pods in Südostasien
Die Verbreitung der K-Pods unter Jugendlichen in Singapur, einem Inselstaat mit sehr effizienter Schmuggelkontrolle, hat gerade zur Verschärfung der Strafbarkeit für Konsumenten und Händler geführt. Malaysia erhöht gerade die entsprechende Steuer um 900 Prozent als Vorstufe zum Verbot. Die internationale Online Vape-Industrie hat das als Warnsignal verstanden und informiert darüber auf ihren Websites, besonders über die verpönte, aber wirksame Prügelstrafe mit dem Rattanstock. Davor sollen die reisenden Vape-Kunden gewarnt werden, denn die Pods gehören für viele schon zum Reisegepäck wie die Zahnbürste. Die Region trägt eine historische Bürde durch die Flutung Chinas mit Opium durch die Briten im frühen 19. Jahrhundert und die Opium- und Heroin-Schwemme aus dem Goldenen Dreieck von Thailand, Laos und Myanmar zwischen 1960 und 1980. Bis heute ist die grüne Grenze dort nur unzureichend kontrollierbar und zu den alten Schmuggeltraditionen kommen als neue begehrte Produkte die Ausgangsstoffe zur Herstellung der neuen psychoaktiven Drogen für die amerikanischen und europäischen Märkte.
International scheint es schwer, wenn nicht aussichtslos zu sein, den dynamischen Wachstumsmarkt der K-Pods einzuschränken oder zu kontrollieren. Wo offener Verkauf illegal oder stark reguliert ist, stehen Telegram-Verkaufsgruppen auf Messaging Apps oder im Darknet zur Verfügung. Wie bei traditionellen Tabakprodukten und Alkohol ist der Anreiz, zur persönlichen e-Zigaretten- und K-Pop-Nutzung zu greifen, offensichtlich so hoch wie das Ignorieren von Gesundheitsgefahren. Nach wie vor bleiben früher Tod oder die Amputation von Raucherbeinen keine ausreichende Abschreckung. Bei K-Pods mit gefährlichen Drogen bis zu Fentanyl steigt mit der Suchtgefahr und Abhängigkeit auch die Möglichkeit, sich ungewollt durch eine Überdosis ins Jenseits zu befördern. Gerade Modedrogen und das Vapen im Show- und Musikbusiness reizen Jugendliche zum Nachahmen und Ausprobieren. In den Schulen lässt es sich leichter verbergen als traditionelles Rauchen, insgesamt entzieht es sich weitgehend den Gesundheitsvorsorge- und Präventionsinstrumenten des Staates.
Die Selbstdarstellung der Tabakindustrie als Vorkämpfer für einen gesunden und risikolosen Tabakgenuss mit der neuen Dampftechnik klingt bei immer noch weltweit sieben Millionen Tabaktoten pro Jahr reichlich heuchlerisch. Dazu kommt, dass die kriminellen Verteilungswege der Vape-Industrie noch weniger zu kontrollieren sind.
