Zeit, wie ein Zentralbanker über Gold zu denken

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Viele betrachten Gold als eine Art Währung. Damit machen sie jedoch einen grundlegenden Denkfehler. Denn der Wert von Gold ändert sich in Wirklichkeit nie. Was sich ändert, ist der Wert von Währungen im Verhältnis zum Goldpreis. Diese bewegen sich unterschiedlich schnell, aber dennoch als Gruppe gemeinsam im Verhältnis zu Gold, das statisch bleibt. Damit ist es also nie so, dass der Goldpreis „steigt“, sondern nur, dass bestimmte Währungen im Verhältnis dazu schneller abwerten. Das Ausmaß dieser Abwertung wird nicht nur durch die relative Stärke der Währungen beeinflusst, sondern auch durch externe Faktoren wie die Goldreserven, die Nachfrage des Schmucksektors und die Marktvolatilität.

Warum ist das so wichtig? Weil auch die Zentralbanker so über Gold denken, und wenn wir ihr Verständnis dieser Anlageklasse besser verstehen, können wir auch ihre Entscheidungszusammenhänge besser nachvollziehen. Die globalen Zentralbanken haben in diesem Jahr so viel Gold angekauft wie zuletzt vor 25 Jahren. Das ist ein wichtiger Hinweis in Bezug auf ihr Verständnis von risikofreien Vermögenswerten und deutet auf ein abnehmendes Vertrauen zwischen den Staaten hin. Nach Angaben des World Gold Council haben sich die Goldkäufe der Zentralbanken im Jahr 2022 auf 673 Tonnen belaufen – so viel wie zuletzt 1967. Zu den größten Goldkäufern gehörten die Zentralbanken von Indien, Katar und Usbekistan, außerdem mehrere ungenannte Käufer, die offensichtlich der Meinung waren, dass eine Meldung dieser Käufe erhebliche Marktauswirkungen haben würde.

Warum kaufen die weltweiten Zentralbanken so viel Gold?

Dafür gibt es zwei Hauptgründe. Zunächst einmal gilt Gold in Phasen wirtschaftlicher Turbulenzen bekanntlich als sicherer Hafen. Daher haben die Marktvolatilität und die geopolitische Unsicherheit viele Zentralbanken dazu veranlasst, ihre Goldbestände zu erhöhen. Zweitens wird es häufig als gute langfristige Inflationsabsicherung betrachtet. Angesichts einer anhaltend hohen Inflation halten viele Zentralbanken ihr Vermögen daher lieber in Gold als in Barmitteln. Gold gilt seit jeher als ultimative Form des „risikofreien“ Geldes, das die Wertentwicklung von Fiat-Währungen misst.

Wir scheinen in eine neue Ära der Deglobalisierung und multipolaren Machtstrukturen einzutreten. Das weltweite monetäre Umfeld ist durch stark steigende Zinsen, eine grassierende Inflation und drohende Rezessionen gekennzeichnet. In dieser neuen Ära sehen wir bereits erste Hinweise auf eine Abkehr von der traditionellen Wahrnehmung von Gold als risikofreiem Wertspeicher oder sogar unpolitischem Zahlungsmechanismus. Das jüngste Beispiel dafür war die Ankündigung Ghanas, für den Kauf von Öl Gold statt US-Dollar zu verwenden. Tatsächlich ist ein zunehmender Trend zur Entdollarisierung zu erkennen. Dreh- und Angelpunkt dieser Entwicklung ist die wichtige und sich verändernde Beziehung zwischen Rohstoffen, Gold und Dollar.

Die Ära des minimalen Vertrauens

Was hat sich im Jahr 2022 verändert, dass es zu dieser enormen Nachfrage nach Gold gekommen ist? Der wichtigste Auslöser war ein Verlust von Vertrauen in Institutionen und Staaten. Das Schöne an Gold ist, dass es – anders als staatlich ausgegebene Währungen – kein Vertrauen erfordert. Als von Natur aus unpolitisches Geldinstrument mit begrenztem Angebot war Gold in einer multipolaren Welt schon immer erste Wahl. In diese Richtung bewegen wir uns auch jetzt wieder, wenn auch durch einen Sturm kurzfristiger makroökonomischer und geopolitischer Volatilität.

Der Dollar ist im Jahr 2022 zwar erstarkt. Die Aufwertung der US-Währung war jedoch hauptsächlich auf die Zinsprognosen und Zinspolitik der US-Notenbank (Fed) zurückzuführen. Angesichts der weiterhin rekordhohen Emissionstätigkeit und des Mangels an Käufern und Liquidität am Staatsanleihenmarkt wird die Fed jedoch früher oder später von ihrem Straffungskurs abkehren müssen. Momentan beharrt die Fed noch darauf, dass sie ihre Zinserhöhungen fortsetzen wird, bis die Inflation auf ein akzeptables Niveau gesunken ist. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis sie sich dazu gezwungen sehen wird, das Ruder herumzureißen. Wenn es so weit ist, wird ein Rückgang der realen Dollarzinsen auch auf US-Dollar-Basis ein günstiges Umfeld für Währungsmetalle schaffen, sodass der USD-Goldpreis mit der Stärke des Goldpreises in anderen Währungen gleichziehen dürfte.

Über Jupiter:

Jupiter ist ein spezialisierter Vermögensverwalter mit einem aktiven Ansatz, der auf höchsten Überzeugungen basiert, und der es sich zur Aufgabe gemacht hat, für seine Kunden einen positiven Mehrwert zu leisten, indem er ihnen hilft, ihre langfristigen Anlageziele zu erreichen. Angefangen mit der Gründung im Jahr 1985 bietet Jupiter heute eine Reihe von aktiv verwalteten Strategien für britische und internationale Kunden, darunter Aktien-, Anleihen-, Multi-Asset- und alternative Strategien. Jupiter ist Mitglied des FTSE 250 Index und verfügt über ein verwaltetes Vermögen von 54 Mrd. Euro (Stand: 30.09.2022).

Unabhängiges Denken und individuelle Verantwortlichkeit zeichnen Jupiter aus. Die Fondsmanager folgen ihren Überzeugungen und suchen nach den Anlagemöglichkeiten, von denen sie überzeugt sind, dass sie das beste Ergebnis für Jupiters Kunden erzielen. Sie tun dies mithilfe fundamentaler Analysen und Research, eines klaren Anlageprozesses und eines Risikomanagements mit Fokus auf guter Stewardship.

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