Die inklusive Gesellschaft gestalten – 10 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention

Bildquelle: Reinhold Roppert

Corinna Rüffer lud ein und sehr sehr viele kamen. Über 300 Anmeldungen hatten die Grünen im Bundestag für ihre Veranstaltung erhalten. Einen extra Hashtag dazu gibt es auch: #InklusionGestalten

Das Paul-Löbe-Haus steht direkt neben dem prächtigen Gebäude des deutschen Bundestags. Für meinen Geschmack hat das gewaltige Bauwerk, in dem das Treffen stattfand, viel zuviel Glas und nackten Beton und zu wenig Seele. Ich fühle mich darin so unwohl wie in einem Rohbau, den man schnell wieder verlassen möchte. Die Grünen hatten aber im unteren Bereich liebevoll mit viel fröhlicher Blumendeko für freundlichere Atmosphäre gesorgt. 

Daß Inklusion machbar wäre, zeigte auch dieser Tag, denn so gut wie alle Behinderungen  wurden mitbedacht, sogar einen extra Liegeraum gab es für diejenigen, die sich wegen Erschöpfung zurückziehen wollten. Eine gute Idee, die ich lobend erwähnen möchte und die man sich für weitere Veranstaltungen dieser Art merken sollte. 

Es war schön, in Berlin so viele bekannte Gesichter zu treffen, die ich schon lange schätze. Um nur ein paar zu nennen: Raul Krauthausen, Michel Arriens, Klaus-Dieter Seiffert, Markus Ertl, Sonja Strohmenger, Rolf Allerdissen, Katrin Langensiepen, Andreas Scheibner,  … und Lukas Krämer, der liebenswerte Mitarbeiter von Corinna Rüffer, der sich als Kameramann betätigte.

Das gelungene Video von Lukas findet Ihr hier: https://www.youtube.com/watch?time_continue=2&v=CYtfA-JAJGI

Überraschend traf ich auch auf einige Münchner aus meinem persönlichen Bekanntenkreis, die ebenfalls angereist waren, um auf die unglaublichen Probleme mit dem Bezirk Oberbayern aufmerksam zu machen.

Im Nachhinein erfuhr ich noch via Twitter und Facebook von befreundeten Schwerbehinderten, dass sie auch da waren, die ich aber in der Menge nicht gesehen hatte. Das ist schade, denn solche Treffen, zu denen Menschen aus ganz Deutschland angereist kommen, gibt es ja leider viel zu selten und der Austausch untereinander ist so wichtig. 

Viele meiner Freundinnen und Freunde mit Behinderungen (u.a. auch aus unserer Selbsthilfegruppe) schrieben mir dann auch noch, dass sie sehr gerne mit dabei gewesen wären, dass sie es sich aber aus finanziellen Gründen nicht leisten konnten, oder aus Mangel an erforderlichen Assistenzleistungen und wegen ihrer Behinderung nicht in der Lage waren, anzureisen. Das tut mir besonders leid, denn hier wird auch wieder ein Teil der Ausgrenzung, die ich anprangere, deutlich. Wer von der Grundsicherung oder von dem knappen Taschengeld, das man in den Behindertenwerkstätten verdient, leben muss, verliert auch die Möglichkeit, unterwegs zu sein und an interessanten Veranstaltungen wie dieser teilnehmen zu können und somit können sie ihre Anliegen auch gar nicht mit in die Workshops mit einbringen. So bleiben sie ungehört. Das ist keine Teilhabe. 

Das Programm begann mit der Begrüßung durch Katrin Göring-Eckhardt, der eine Rede von Corinna Rüffer folgte. Danach sprach noch Frau Prof. Dr. Theresia Degener und dann waren wir endlich bei den Workshops angekommen, wegen der wir ja gekommen waren, um unsere Anliegen und Anregungen in die Behinderten-Politik Deutschlands mit einbringen zu können.

Hier noch ein Link zur Programmübersicht der Konferenz: 
https://www.gruene-bundestag.de/termine/die-inklusive-gesellschaft-gestalten-10-jahre-un-behindertenrechtskonvention#m-tab-0-programm

Workshop 1:

Wie weit wollen wir gehen? Auswirkungen vorgeburtlicher Diagnostik

Workshop 2:
Recht bekommen – Zugang zu Teilhabeleistungen 

Workshop 3:
Eine Schule für alle – Inklusive Bildung richtig machen

Workshop 4:
Ein Dunkelfeld – Armutsrisiko Behinderung 

Die Workshops wurden geleitet von Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Dr. Oliver Tolmein, Stana Schenck, Arthur Hackenthal, Sven Lehmann, Nancy Poser, Jenny Bießmann, Corinna Rüffer, Margit Stumpp, Dr. Brigitte Schumann, Dr. Reinhard Stähling, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Martina Puschke und Anne Gersdorff.

Es wurde wieder deutlich, dass die Probleme sehr vielfältig sind und dass so gut wie jeder von uns einen scheinbar unendlichen Kampf mit den Behörden, Krankenkassen, usw. führen muss. Eine Lösung für das Problem, das unendlich viel Kraft, die man nicht hat, kostet, gab und gibt es bisher nicht. Nicht aufgeben und weiterkämpfen ist alles, was man uns dazu sagen kann. Immer wieder vor das Sozialgericht ziehen, um seine Rechtsansprüche tatsächlich zu bekommen. Rechtsansprüche hat man eigentlich und muß sie sich nicht erkämpfen, aber da hakt eben das deutsche System ganz gewaltig, weil die Macht und deren Missbrauch in den Behörden zu groß ist und zu Ausgrenzung und Ohnmacht der Betroffenen führt. Alleine der Ermessensspielraum, der den Behörden vom Gesetzgeber zugestanden wird, ist dehnbar wie ein ausgelutschter Kaugummi und wird so gut wie nie zu Gunsten der Betroffenen ausgelegt, sondern zum Vorteil der Behörden. Das war und ist ein grundlegender Fehler, den Behörden diesen Spielraum zuzugestehen. Viele Formulierungen im Gesetz sind schwammig und nicht eindeutig definiert wie z.B. „angemessen“. Was wissen Sachbearbeiter*innen, die keinerlei medizinische Ausbildung haben, schon von einem „angemessenen Bedarf“? Willkürliche Auslegungsmöglichkeiten darf es nicht geben. Das schadet den Schwerbehinderten und verhindert Inklusion und Selbstbestimmung. Auch ist es widersinnig, dass der Kostenträger die Bedarfsprüfungen durchführen darf, weil er IMMER zu seinen eigenen Gunsten und gegen die Interessen der Betroffenen, die nur als Kostenfaktoren und nicht als Menschen betrachtet werden, handeln wird. 

„Inklusion ist ein Menschenrecht, aber die Regierung und die Behörden missachten es und verstoßen dagegen“, meinte mein Assistent, Reinhold Roppert, dazu, der mittlerweile auch schon viel an Behördenirrsinn live mitbekommen hat, so dass er sich dazu auch ein eigenes Urteil bilden konnte.

Die Richtlinien der UN-Behindertenrechtskonvention sind in Deutschland nicht ausreichend in den Gesetzen berücksichtigt. Vor allem aber hat man dabei die unendlichen und unfairen Tricksereien der Kostenträger nicht mitbedacht. 

Ein Vater eines behinderten Jungen erzählte, dass er nun sechs Jahre lang vor dem Sozialgericht geklagt hat und endlich Licht am Horizont erreicht, aber dass ihn dies auch jede Menge Geld gekostet hat, das man ja angeblich gar nicht braucht, wenn man vor das Sozialgericht ziehen muss. Die Wahrheit ist aber, dass man eben doch immer wieder Anwälte selbst bezahlen muss. 

Das Budget für Arbeit war kurz ein Thema, das aber von allen nur verächtlich als „Mogelpackung“ bezeichnet wurde. Wer sich diesen Spiegel-Artikel durchliest, begreift auch schnell warum: https://www.spiegel.de/karriere/behinderte-katastrophale-bilanz-zum-bundesteilhabegesetz-a-1283889.html

Katrin Langensiepen, Abgeordnete des Europäischen Parlaments mit einer sichtbaren Behinderung, machte deutlich, was sie von den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen hält: Nämlich gar nichts. Der Applaus gab ihrer flammenden Rede Recht, denn sie machte deutlich, dass Arbeitgeber in den Werkstätten für sich arbeiten lassen können und sich auch gleich von der Ausgleichsabgabe freikaufen und damit gleich doppelt verdienen, da sie so billigste Arbeitskräfte haben und keine Bürokratie. 

Mittlerweile sind sogar MEHR Schwerbehinderte in den Werkstätten beschäftigt als das noch vor der UN-Behindertenrechtskonvention der Fall war. Es entstehen weiterhin neue Werkstätten, weil das Modell für die Betreiber und Arbeitgeber so lukrativ ist. 

Katrin Langensiepen erzählte auch davon, wie schwer es ist, einen Besichtigungstermin in den Werkstätten zu bekommen und meinte dazu, dass es leichter sei, einen Termin in einer JVA (Justizvollzugsanstalt) zu bekommen als in so einer Werkstätte… 

Das lässt meines Erachtens schon tief blicken. Abgrundtief. 

Zitat eines weiblichen Gasts: „Der Lohn in den Werkstätten ist ein Hohn!“ Damit hat sie sicher Recht, denn dieser ist nur ein Taschengeld, das natürlich nicht der geleisteten Arbeit entspricht und kein selbstbestimmtes Leben erlaubt. 

Entgegen der Erwartung, dass die Werkstätten im Zuge der Umsetzung der UNBRK abgebaut würden, werden es jedoch noch mehr. 

Ein weiteres Problem, das bei dem Treffen genannt wurde, war die Arbeit des MDK, der als voreingenommen wahrgenommen wird, da die Ergebnisse oftmals mit dem Leistungsträger schon vorher abgesprochen zu sein scheinen und quasi im vorauseilenden Gehorsam im Sinne der Auftraggeber erledigt werden. (Anmerkung: So wie man das auch schon von Gerichtsgutachtern kennt, wie z.B. im Fall Mollath, mit dem diese für die „Gutachten“ selbst nicht mal gesprochen haben.)

Andreas Vega vom Münchner Netzwerk „Selbstbestimmt leben“ trug unter anderem vor, dass sich der Bezirk Oberbayern nun das Recht herausnehmen will, Schwerbehinderte mit mehreren Behördenmitarbeitern gleichzeitig zur Bedarfsermittlung zuhause in ihren Wohnungen aufzusuchen, was gegen geltende Gesetze verstößt, wenn die Betroffenen dieser Belästigung in ihren privaten Räumen nicht zugestimmt haben. 
(Zum besseren Verständnis für Nichtbetroffene: Wer das dominante und oftmals feindselige Auftreten der Sachbearbeiter kennt, versteht sicher, warum dies zumeist nicht erwünscht ist, weil es zusätzlich einschüchternd wirkt.)

Von den Gehörlosen fordern die Behörden, dass sie sich im Budget für Arbeit selbst Gebärdendolmetscher suchen und diese auch selbst bezahlen. Es sei nicht das Problem des Amtes. 

(Das ist natürlich eine Unverschämtheit, denn damit sind Gehörlose nicht gleichgestellt, sondern eindeutig benachteiligt.)

Eine Frau aus München, die mir persönlich bekannt ist, da wir uns schon bei mehreren Veranstaltungen zur gleichen Thematik getroffen haben, machte erneut deutlich, wie schwer es ist, für Kinder mit einer Behinderung eine inklusive Beschulung zu erhalten. Gerade in Bayern wurde mir dieses Problem schon vielfach vorgetragen und die Eltern erhalten bei ihrem erbitterten Kampf für die beruflichen Zukunftschancen ihrer Kinder kaum Unterstützung. Immer wieder bekommt man von ihnen zu hören, dass seitens der zuständigen Behörde geltende Gesetze einfach missachtet werden und so steigert sich die Angst der Eltern, dass ihre Kinder später in den Werkstätten landen werden, weil man ihnen das Recht auf gleiche Bildung verwehrt.

Das neue BTHG II (Bundesteilhabegesetz) wird mit Argwohn erwartet. Das alte war schlecht, vom neuen hat man bisher auch noch nichts gehört, das eine Verbesserung bringen wird. Die Bundesländer haben wieder unterschiedliche Regelungen und auch die „Bedarfsermittlungsinstrumente“ (Fragebögen) sind nicht einheitlich. Angeblich wurden „wir“ an den Entscheidungsfindungen beteiligt, aber das gilt eben nur für die üblichen Vorzeigebehinderten, die in den Staatsministerien und Behörden angestellt sind oder von diesen gefördert werden, also quasi frei nach „Alle Menschen sind gleich“ den Gleicheren unter den Gleichen. 
Ich habe mir bereits diverse Bögen angesehen und empfinde sie entwürdigend und demütigend, weil sich kein gesunder Bürger für sein Leben so rechtfertigen und erklären muß, wie es Schwerbehinderte und psychisch Kranke tun müssen, geschweige denn in dieser intimen Form. Wer sich näher dafür interessiert, findet einiges von dem Material hier: https://umsetzungsbegleitung-bthg.de/service/links-und-materialien/material-bedarfsermittlung-icf/

Auch die sogenannten Budgetkonferenzen finden häufig in einem herablassenden und bevormundenden Stil statt, damit sich Betroffene immer als Bittsteller fühlen und sich nicht trauen, auf ihr Selbstbestimmungs-Recht zu pochen. Wie so etwas z.B. auf Depressive wirkt, die ohnehin schon niedergeschlagen und ggf. sogar selbstmordgefährdet sind, kann sich jeder selbst ausmalen. Diese, für viele wirklich quälende, Prozedur wird übrigens immer wieder – zumeist jährlich – wiederholt. 

Es soll vereinzelt auch nette Sachbearbeiter geben, die sich wirklich bemühen, diese sind bei der o.g. Kritik natürlich ausdrücklich ausgenommen. 

Ein wichtiger und hochbrisanter Aspekt, der auch noch seitens der vortragenden Politiker genannt wurde, aber in dem Zeitrahmen auch zu wenig diskutiert werden konnte: 

Die ARMUT von Schwerbehinderten steigt überproportional im Verhältnis zur normalen Bevölkerung!

Es waren so viele gekommen, die mitdiskutieren wollten, aber das war im zeitlichen Rahmen der Workshops leider nicht möglich, da zu viele Anliegen und Probleme aufeinander trafen und so blieben viele ungehört, die sich zu Wort gemeldet hatten. Mein Lösungsvorschlag für die nächste Veranstaltung wäre, dass man die Themen vorher schon in mehrere Gruppen aufteilt und somit mehr Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit gibt, ihre Wünsche vorzutragen. Viele Betroffene kamen ja auch von weit her auf eigene Kosten angereist, was zeigt, wie groß ihr Wunsch nach Gehör in der Politik ist.

Ich konnte nur an zwei Workshops teilnehmen, deshalb habe ich nur einen Ausschnitt der Diskussionen mitbekommen, aber auffällig war, dass seit  Jahren viel diskutiert wurde, dass eigentlich alles längst x-fach geklärt wurde, wo und wie es hakt, dass immer noch die gleichen Probleme wie früher diskutiert werden und es noch immer nicht zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention kam, die Deutschland vor 10 Jahren unterzeichnet hat. Immer nur Versprechen, die nicht erfüllt werden. Trotz der großen Enttäuschung gegenüber der Politik, die wirklich überall aus den zahlreichen unterschiedlichen Statements heraushörbar war, war es ein sehr positives Treffen, denn die Begegnung mit Gleichgesinnten wirkt belebend. Die Gespräche in den Pausen waren sehr angeregt. Mit vielen hätte ich gerne auch noch gesprochen, aber es war zeitlich nicht möglich und so reichte es bei manchen  nur zu einem kurzen Hallo, einem intensiven Blick mit einem herzlichen Lächeln. 

Anschließend kam es zur Schlussrunde mit einer Zusammenfassung der  Ergebnisse der Workshops und danach folgte noch eine Rede von Helene Jarmer, der ersten gehörlosen Abgeordneten im österreichischen Nationalrat (2009 – 2017), der ich leider nicht bis zum Ende lauschen konnte, da ich zum Zug musste. 

Es sollte sehr viel mehr solcher inklusiven Veranstaltungen geben. 

Und natürlich sollte die Politik die UN-Behindertenrechtskonvention endlich umsetzen… Aber daran glaubt wohl niemand der Betroffenen mehr so recht. Sie werden trotzdem weiter kämpfen. Tag für Tag und Jahr um Jahr. Eine andere Wahl haben sie gar nicht. 

Was es uns allen obendrein schwer macht, ist der Irrsinn, dass jede Behörde in jedem Bundesland die Gesetze anders umsetzt und somit nichts allgemein verbindlich geregelt ist. 

Was nutzen uns die besten Bundesgesetze wie z.B. das Persönliche Budget für Schwerbehinderte, wenn sich die Behörden dann gar nicht daran halten müssen und ihr eigenes Süppchen kochen können?

Was wir hingegen dringend brauchen, sind kostenneutrale juristische Hilfen, die uns nicht nur beraten, sondern auch bis zum Ziel begleiten. Der unüberwindliche Hürdenlauf durch den Paragraphendschungel ist selbst für Gesunde (z.B. Eltern und pflegende Angehörige) eine unerträgliche Zumutung und eine nicht hinnehmbare Erschwernis für kranke Menschen. Den zusätzlichen Kampf können viele gar nicht leisten und scheitern so am System. Das ist keine Inklusion, sondern das Gegenteil: Ausgrenzung aus der Gesellschaft! 

Ein sozialer Staat kommt auf Hilfsbedürftige zu und reicht ihnen die Hand, anstatt ihnen immer mehr Barrieren in den Weg zu stellen!

Im schlimmsten Fall kann der unfassbare Behördenzirkus und der extrem schwere Weg durch die Instanzen der Sozialgerichte zu einer groben Unterversorgung und zum Tod führen. Irgendwie erinnert mich das auch wieder fatal an die Methoden der NS-Diktatur… 

Deutschland steht nicht hinter der Inklusion, sondern ganz hinten bei der Inklusion. 

Skandalös für dieses reiche Land mit dieser finsteren Vergangenheit, in der Schwerbehinderte und psychisch Kranke von den Nazis systematisch ermordet wurden.

Quo vadis, Germania?

Es sollte mehr Politiker*innen wie Corinna Rüffer und Katrin Langensiepen geben, die sich wirklich interessieren und sich für unsere Rechte einsetzen. 

Ich habe mich dazu entschieden, selbst in die Politik einzusteigen, um etwas zum Positiven zu verändern, es wenigstens zu versuchen, anstatt alles zu erdulden. Quasi Politik aus Notwehr. 
Hoffentlich machen das noch ganz viele von uns, damit unsere Probleme mitgedacht werden müssen. Wir, die noch kämpfen können, müssen laut und sichtbar lästig werden und für diejenigen mitkämpfen, die sich nicht mehr wehren können. Mir ist dabei (fast) egal, in welcher Partei sich die Betroffenen engagieren, Hauptsache, sie bringen sich ein und sind der Stachel, der den trägen Teil derer, die es sich im starren System schon allzu bequem gemacht haben, antreibt, endlich vom Labern ins Handeln zu kommen. 

(Für eine Kandidatur bei Kommunalwahlen muss man übrigens gar kein Parteimitglied sein, es können auch Parteilose kandidieren und hoffen, dass das Thema auf offene Ohren und Herzen bei den Parteimitgliedern trifft. Sucht Euch dafür unbedingt Parteien, die Euch und Eure Anliegen ernstnehmen und sich an Eure Seite stellen, sonst vergeudet Ihr nur sinnlos Zeit und Energie.)

Deutschlands Politik ist festgefahren in alten Machtstrukturen und bisher nicht in der Lage, Barrierefreiheit und das Selbstbestimmungsrecht für Schwerbehinderte (und psychisch Kranke) mitzudenken. Es haben sich nur wenige auf den Weg gemacht. Die GroKo hingegen steckt fest, weil sie lieber nur noch den Wirtschaftsinteressen das Wort redet und die einfachen Bürger im Lande eiskalt vergisst. Die Armut wächst, die Schlangen an den Tafeln werden länger und die Obdachlosenzahlen steigen. Das System wird so nicht besser und so hat Deutschland auch zurecht einen sehr schlechten Ruf, was Inklusion angeht. Man merkt, dass es einfach nicht ihr Thema ist, da man es zu leicht ignorieren kann, weil es zu wenig Betroffene gibt, die ihr Druck machen. Eine Schande für ein reiches Land, in dem man uns immer weisgemacht hat, wir müssten nun ALLE den Gürtel etwas enger schnallen, aber dass es uns gut gehen werde, wenn es der Wirtschaft gut geht. Stattdessen müssen wir fassungslos zusehen, wie Superreiche ungehindert das Land plündern und Steuergelder in Milliardenhöhe bei CumEx- und CumCum-Betrügereien klauen und Politiker sich die Diäten ständig erhöhen, während das nackte Überleben mit Kassenleistungen und in der Grundsicherung immer schwieriger wird und Schwerbehinderte sowie psychisch Kranke mit Bürokratie zugeschüttet und erstickt werden. 

Lieben Dank nochmals an Corinna Rüffer und ihr Team, die dieses wunderbar inklusive – weil wirklich in jeder Hinsicht barrierefreie – Treffen ermöglicht haben. 

Finanzen

Über Patricia Koller 21 Artikel
Die Autorin Patricia Koller recherchiert und schreibt zu sozialen Themen (wie z.B. Opfer von Gewaltverbrechen) und kämpft als Aktivistin für die Verbesserung der Rechte von Schwerbehinderten und psychisch Kranken. Sie ist ehrenamtliche Helferin für Schwerbehinderte und psychisch Kranke und Leiterin der Selbsthilfegruppe “Persönliches Budget für Schwerbehinderte – Behindertenrecht”.