Rekordmonat der Hinrichtungen in den USA

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Es ist der Rekordmonat der Hinrichtungen. In Florida wurde erneut ein Häftling hingerichtet. Es war die 15. Hinrichtung in diesem Jahr – damit hält der Bundesstaat nun einen traurigen Rekord. Von Helmut Ortner.

Seit der Oberste Gerichtshof der USA 1976 die Todesstrafe wieder einführte, wurden 2014 in Florida acht Menschen hingerichtet. Das war die höchste Zahl jemals. Bis jetzt: am Dienstagabend (28. Oktober) wurde Norman Mearle Grim Jr., getötet. Er war vor mehr als 25 Jahren wegen Vergewaltigung und Tötung seiner Nachbarin verurteilt worden war. Nun starb er nach der Injektion von drei Medikamenten im Florida State Prison. Um 18.14 Uhr wurde der 65-Jährige für tot erklärt.

Die Hinrichtung war die 15. in Florida in diesem Jahr, ein trauriger Rekord. Damit wurden in Florida mehr Menschen hingerichtet als in jedem anderen Bundesstaat, gefolgt von Texas und Alabama mit jeweils fünf Hinrichtungen.  Zwei weitere Hinrichtungen sind geplant, die auf Todesurteile zurückgehen, die vom republikanischen Gouverneur Ron DeSantis unterzeichnet wurden. Er gilt als Verfechter der Todesstrafe und hat sich die strikte Durchsetzung von Exekutionen auf die Fahne geschrieben. 2023 hatte er die bis dahin nötige Einstimmigkeit unter den zwölf Geschworenen einer Jury für die Verhängung der Todesstrafe aufgehoben. Seither reichen acht Stimmen.

Nicht nur Florida, die USA erleben derzeit eine Welle der Hinrichtungen. Eine Woche vor der Hinrichtung in Florida wurde der 54-jährige Anthony Boyd in der »William C. Holman Correctional Facility« in Alabama durch die neu eingeführte Hinrichtungsmethode des Stickstoffgases exekutiert. Boyd war vor mehr als drei Jahrzehnten wegen Beihilfe eines Mordes verurteilt worden, nachdem dieser eine Drogenschuld von 200 Dollar nicht beglichen hatte. 32 Jahren hatte er bis zu seiner Hinrichtung im Gefängnis verbracht, In seinen letzten Worten beteuerte er seine Unschuld und kritisierte das Strafrechtssystem: „Ich habe niemanden getötet. Ich war an keiner Tötung beteiligt.“ Er fügte hinzu: „Es kann keine Gerechtigkeit geben, bis wir dieses System ändern“,

Insgesamt wurden 2025 in den USA bereits 40 Menschen hingerichtet – mindestens 18 weitere sollen bis Ende des Jahres getötet werden. Die Gründe hinter dieser Entwicklung werfen lange Schatten, Experten sehen Verbindungen zur politischen Stimmung während Donald Trumps Präsidentschaft. Trump ist ein klarer Befürworter der Todesstrafe. Bei einer Mehrheit der amerikanischen Gesellschaft findet er Zustimmung. Nicht nur konservative Republikaner sehen darin eine notwendige und sinnvolle Reaktion der Justiz im Sinne der Gerechtigkeit. Rache und Vergeltung wird eine klärende, bereinigende Funktion zugeschrieben: Der Mörder bezahlt mit seinem Leben, danach ist die Welt wieder im Gleichgewicht. Auch Angehörige von Opfern sprechen von Gerechtigkeit, die es nun endlich gebe, wenn wieder ein Täter hingerichtet worden ist. Auge um Auge, Zahn um Zahn …  Die Gegner argumentieren, die Todesstrafe sei unmenschlich, grausam und sinnlos. Und sie warnen vor Justizirrtümern: Es gebe keine Möglichkeit, zu verhindern, dass auch Unschuldige exekutiert würden.  Auch wenn gesellschaftlich die Skepsis zunimmt – von einer landesweiten Abschaffung der Todesstrafe ist man in den USA noch weit entfernt. Die Hinrichtungen werden fortgesetzt. Ganz im Sinne des amerikanischen Präsidenten.

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Vom Autor erschienen:

Helmut Ortner

OHNE GNADE  

Eine Geschichte der Todesstrafe

Nomen Verlag, 230 Seiten, 22 Euro

Über Helmut Ortner 119 Artikel
Geboren 1950 in Gendorf/Oberbayern und aufgewachsen in Frankfurt am Main. Schriftsetzerlehre, anschließend Studium an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main, Schwerpunkt Grafik-Design. Es folgt Wehrdienstverweigerung – und Zivildienst. Danach journalistische Lehrjahre: Redakteur, Chefredakteur (u.a. Journal Frankfurt, Prinz). Ab 1998 selbständiger Printmedien-Entwickler mit Büro in Frankfurt. Konzepte und Relaunchs für mehr als 100 nationale und internationale Zeitschriften und Zeitungen, darunter Magazine wie Focus, chrismon, The European und Cicero, sowie Tages- und Wochenzeitungen, u.a. Das Parlament, Jüdische Allgemeine, Frankfurter Rundschau, Allgemeine Zeitung, Wiesbadener Kurier, Darmstädter Echo, De Lloyd Antwerpen, NT Rotterdam sowie Relaunchs in London, Wien, Sofia, Warschau und Dubai. Zahlreiche Auszeichnungen (u.a. European Newspaper Award, Hall of Fame, CP Award Gold). Daneben journalistische Beiträge zu politischen und gesellschaftlichen Themen, veröffentlicht in div. Tageszeitungen und Magazinen. Erste Buchveröffentlichung 1975, seither mehr als vierzig Veröffentlichungen. Übersetzungen in bislang 14 Sprachen (2018). Zahlreiche Preise und Einladungen: Stadtschreiberpreis der Stadt Kelsterbach, Lesereise Goethe-Institut Südamerika, Teilnahme an Buchmessen in Havanna, Istanbul und Buenos Aires sowie Lit.Col. Köln 2017. Zuletzt Lesereisen nach Lissabon, Turin, Tokyo. Helmut Ortner lebt und arbeitet in Frankfurt am Main und in Darmstadt. Er ist passionierter Radrennfahrer, Eintracht Frankfurt-Fan und Pat Metheny-Liebhaber.